Fischboote am Ufer des Étang de Bages. Foto: Hilke Maunder

Étang de Bages: Aale für Entdecker

In aller Herrgottsfrühe schiebt Gérard Barbouteau seinen bunten Kahn in den Étang de Bages, stakt ihn einige Meter und startet dann den Außenborder.

Lagunenseen. Fischerboote am Étang de Bages. Foto: Hilke Maunder
Fischerboote am Étang de Bages. Foto: Hilke Maunder

Mutiger sind die Möwen, die sich gierig auf die Bugkante hocken und hoffen, etwas vom Beifang zu erhaschen, den Gerard zurück in den See wirft. Dorade, Wolfsbarsch und Crevetten wandern in schwarze Eimer für den Verkauf.

Reusen trocken am Ufer der Lagune von Bages. Foto. Hilke Maunder
Reusen trocken am Ufer der Lagune von Bages. Foto. Hilke Maunder

Flott steuert er die Stangen an, die sich am Horizont im Licht der aufgehenden Sonne abzeichnen. Dort greift er ins dunkle Wasser und zieht die erste Reuse hoch, blickt hinein und strahlt. Heute hat sich das frühe Aufstehen gelohnt!

Am Étang de Bages. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Gérard ist einer der letzten Aalfischer am Lagunensee von Bages. Der Reichtum des 5500 ha großen Küstensees ist legendär. 85 Fisch- und 25 Krebsarten leben hier. Rosa Flamingos und Uferschnepfen sehen Gérard bei seinem einsamen Tagewerk zu.

Aale sind die Hauptzutat für das lokale Gericht Bourride. Foto: Hilke Maunder

Und heute sogar fast 40 Kilogramm Aale. „Ihr Fleisch ist feiner, ihr Geschmack ist aromatischer als das der Flussaale“, sagt Gérard stolz. „Doch was nützt das, wenn in Nordeuropa Aal in großem Stil gezüchtet wird. Der schmeckt zwar nicht, aber macht unser Geschäft kaputt. Und drückt die Preise“.

In Bages erinnern Fotografien an das Leben von einst. Foto: Hilke Maunder
In Bages erinnern Fotografien an das Leben von einst. Foto: Hilke Maunder

Um fast 20 Prozent sind sie seit dem neuen Jahrtausend gesunken. Fast alle der zehn Aalfischer von Bages haben noch ein zweites Einkommen. Gérard vermietet Gästezimmer.

Blick auf den Étang de Bages vom Felskegel des Fischerortes. Foto: Hilke Maunder
Blick auf den Étang de Bages vom Felskegel des Fischerortes. Foto: Hilke Maunder

Faszinierende Landschaften

Denn seit den 1960er-Jahren ist die Ausgleichsküste im Süden von Narbonne zwischen Autobahn A9, Route Nationale 9 und Mittelmeer malariafrei.

Ihre Lagunen und Nehrungsstreifen sind auf 80.000 Hektar als Parc naturel régional de la Narbonnaise en Méditerranée streng geschützt . Er ist damit genauso groß wie der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft!

Lagunenseen des Languedoc: Abendstimmung am Étang de Bages. Foto: Hilke Maunder
Abendstimmung am Étang de Bages. Foto: Hilke Maunder

Bausünden gibt es hier nicht. Sondern weite, wilde Urlandschaften und eine Handvoll Orte wie Bages, authentisch und noch recht ursprünglich. Seit einigen Jahren lassen sich verstärkt auch Künstler, Neorurale und Großstädter im Ort nieder, renovieren seine alten Häuser und sorgen für eine beginnende Gentrifizierung.

Lagunenseen des Languedoc: Ein Bohlenweg erschließt das Ufer des Étang de Bages. Foto: Hilke Maunder
Ein Bohlenweg erschließt das Ufer des Étang de Bages. Foto: Hilke Maunder

Das spült frisches Geld in die Kassen der Kommune, die mit Mitteln der EU, der Region und des Landes in den Ausbau eines sanften Tourismus investiert.

Fischerdorf mit Aussicht

Blick auf Bages von Westen aus. Foto: Hilke Maunder

Seit dem 11. Jahrhundert klammert sich das Fischerdorf  mit weißen Häusern an einen Kalkkegel, den Lagunenseen und Salzmarschen umgeben. 12.000 Hektar amphibischer Landschaften mit Süß-, Brack- und Salzwasser, in dem 350 Tierarten leben.

Lagunenseen des Languedoc: Abendstimmung am Étang de Bages. Foto: Hilke Maunder
Abendstimmung am Étang de Bages. Foto: Hilke Maunder

Rosa Flamingos staken durch flache Fluten. Ibisse waten schneeweiß, Reiher im Silbergrau durch das feuchte Land.

Lagunenseen im Languedoc: In der warmen Jahreszeit sind Flamingos hier Stammgäste. Foto: Hilkw Maunder
In der warmen Jahreszeit sind Flamingos hier Stammgäste. Foto: Hilke Maunder

Bunte pointus, traditionelle Holzkähne, sind am Ufer an den Kies gezogen. Einige sind in den Farben der Region Okzitanien angemalt: gelb der Rumpf, darauf das rote Kreuz des Languedoc.

In den Farben Okzitanien: ein Fischerboot am Ufer des Étang de Bages. Foto: Hilke Maunder
In den Farben Okzitanien: ein Fischerboot am Ufer des Étang de Bages. Foto: Hilke Maunder

Das Mosaik von Landschaften, das sich vom Belvédère des Remparts bietet, gehört zu den schönsten Panoramen des Département Aude.

Lagunenseen: Salzsee im Parc Régional Naturel Narbonnaise bei Bages. Foto: Hilke Maunder
Salzsee im Parc Régional Naturel Narbonnaise bei Bages. Foto: Hilke Maunder

Blau glitzernde Lagunen erstrecken sich zu den Füßen. Dann folgen sandig gelbe Riegel, und schließlich das ferne Mittelmeer. Schnurgerade Kanäle sehe ich, rosa funkelnde Salzseen mit weißen Rändern und tief im Süden die Schneekappe des Canigou, König der katalanischen Pyrenäen.

Lagunenseen im Languedoc: beim Étang de Bages: Salzüberkrustet: Ufer eines Étang im reggionalen Naturpark von Narbonne. . Foto: Hilke Maunder
Salzüberkrustet: Ufer eines Étang im regionalen Naturpark von Narbonne. Foto: Hilke Maunder

Alte Gassen, neue Kunst

Lauft vom Hauptplatz der alten Bourg durch die Porte du Cadran Solaire, einem Torbogen mit Sonnenuhr, hinein in das Gewirr der alten Gassen.

Jenseits der Sonnenuhr auf dem Tor beginnt das mittelalterliche Gassengewirr von Bages. Foto: Hilke Maunder
Jenseits der Sonnenuhr auf dem Tor beginnt das mittelalterliche Gassengewirr von Bages. Foto: Hilke Maunder

Hier blühen auch im Winter die Geranien, tragen Orangen- und Zitronenbäumen in versteckten Gärten ihre Früchte. Schaut auch bei Latuvu vorbei, einer sehr engagierten Kunstgalerie, die auch artists in residence Unterkunft und Atelier bietet.

Wunderschön: eine kleine Pause auf diesem Platz im Herzen des alten Bages. Foto: Hilke Maunder
Wunderschön: eine kleine Pause auf diesem Platz im Herzen des alten Bages. Foto: Hilke Maunder

Und immer wieder führen euch  die Treppenwege, Gassen und Stiegen zurück ans Ufer des Étangs, zurück zu den Hütten und Werkstätten der Fischer. Dort entdecke ich an Holztoren, von denen die Farbe abblättert, Läufe von Wildschweinen, dicht an dicht angenagelt.

Trophäen der Wildschwein-Jagd zieren dieses Garagentor von Bages. Foto: Hilke Maunder
Trophäen der Wildschwein-Jagd zieren dieses Garagentor von Bages. Foto: Hilke Maunder

Andere Türen zieren Disteln als Barometer-Pflanzen. Je nach Wetterstand sind die Blüten geöffnet oder geschlossen.

Disteln werden als Barometerpflanzen auf Haustüren genagelt. Foto: Hilke Maunder
Disteln werden als Barometerpflanzen auf Haustüren genagelt. Foto: Hilke Maunder

Aale für Entdecker

Auch Gérard ist mittlerweile ans Ufer zurückgekehrt, hat Netze und Reusen zum Trocknen aufgehängt und den Fisch sortiert: Seezunge, Seewolf und Dorade, Crevetten und Aal.

Bages: Aale: Sie prägend auch die Küche im Le Portanel. Foto: Hilke Maunder
Aale: Sie prägend auch die Küche im Le Portanel. Foto: Hilke Maunder

Auch der Küchenchef vom Restaurant Le Portanel ist zum Kai gekommen, wo tagein, tagaus, bei jedem Wind und Wetter, die Fischer von 10 – 11.30 Uhr ihren Fang verkaufen.

Blick auf Bages vom Étang, Foto: Hilke Maunder
Blick auf Bages vom Étang, Foto: Hilke Maunder

Jean-Christophe Rousseau nimmt den ganzen Eimer Aal. Denn l’anguille ist der Star seiner Karte, die ihn in neun Varianten präsentiert: gebraten, geräuchert, grün, in Aspik oder Suppe.

Und nach Rezepten, die tief in der Region verwurzelt sind: die Pinhata, die Anguilles à la Narbonnaise, die Bourride d’Anguilles und der Civet d’Anguilles mit Fitou-Rotwein.

im alten Zentrum von Bages. Foto: Hilke Maunder
im alten Zentrum von Bages. Foto: Hilke Maunder

Bages: meine Reisetipps

Schlemmen

Restaurant Le Portanel

Wer nicht neugierig auf Aal ist, kann zum Paradeblick aufs Wasser hier Spanferkel in Banyuls-Jus genießen.
• Pas du Portanel – La Placette, Tel. 04 68 42 81 66, www.leportanel.net

Shopping

Les Saveurs du Pêcheur

Was Jean-Marie Martin in den Étangs fängt, verarbeitet der kleine Familienbetrieb und packt ins Glas: Fischeintöpfe und -suppen, Krebs-Vélouté, Aalragout und Terrinen.
• Rue de la Rivière, Tel. 04 68 42 80 77

Der Hameau du Lac,  ein Ausstellungsort für aktuelle Kunst. Foto: Hilke Maunder

In der Nähe

• L.A.C – Kunst im Weinkeller: Mehr Infos gibt es in diesem Blogbeitrag !

• Die Réserve Africaine von Sigean: Afrika am Mittelmeer – hier habe ich es euch vorgestellt.

• Narbonne: Meine kleine Liebeserklärung gibt es hier.

Schlafen

La Milhauque. Foto: Hilke Maunder
Wunderschön: Frühstück im Freien bei La Milhauque. Foto: Hilke Maunder

La Milhauque

Richtig gut passt zum Thema die Unterkunft des Fischer un sin Fru. Gérard und Florence Barbouteau haben ein altes Landhaus in ein charmantes Chambre d’Hôte verwandelt, das abends für alle Gäste einen köstlichen Table d’Hôte serviert. Hier habe ich euch ihre Unterkunft vorgestellt.

La Milhauque: Blick auf den Étang de Bages bei Peyriac-sur-Mer. Foto: Hilke Maunder
Wunderschön: Der Sonnenaufgang über dem Étang de Bages. Foto: Hilke Maunder

Noch mehr Betten*

Booking.com

Immer wieder blitzt zwischen den Fassaden das Blau des Étang de Bages auf. Foto: Hilke Maunder
Immer wieder blitzt zwischen den Fassaden das Blau des Étang de Bages auf. Foto: Hilke Maunder

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Lagungenseen: Surfer auf dem Étang de Bages
Windsurfer am Étang de Bages. Foto: Hilke Maunder

Weiterlesen

Im Blog

Mehr zu den Lagunenseen des Languedoc erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Im Buch

MARCO POLO Languedoc-Roussillon/Cevennen*

Diesen Titel habe ich nach Axel Patitz und Peter Bausch inzwischen seit sechs Ausgaben umfangreich erweitert und aktualisiert.

Strandvergnügen und Kultur, quirlige Städte und wildromantische Landschaften: Von den Cevennen über das Languedoc bis hin zum Roussillon findet ihr dort Highlights und Kleinode, Tipps für Entdecken und Sparfüchse – und Adressen, die ich neu entdeckt und getestet haben. Denn dieser Landstrich ist seit 2014 meine zweite Heimat.

Wandert rund um den Mont Lozére, radelt durch die Petite Camargue, schippert im Hausboot auf dem Canal du Midi, taucht mit der Zahnradbahn in die faszinierende Tropfsteinwelt der Cevennen ein oder entdeckt die Côte Vermeille bei einer Schnorchelwanderung. Wer mag, kann ihn hier* direkt bestellen.

Der Reisebegleiter vor Ort: Ralf Nestmeyer, Languedoc-Roussillon*

Zwischen dem Delta der Camargue und den Gipfeln der Pyrenäen hat Ralf Nestmeyer nahezu jeden Strand gesehen, jede Stadt besucht, jedes Wehrdorf besichtigt – im Languedoc etwas intensiver, im Roussillon fokussiert er auf bekannten Highlights. Inzwischen ist der wohl beste Führer für diese wunderschöne Ecke Frankreichs 2021 in 9. Auflage erschienen.

Das 588 Seiten dicke Werk ist der beste Begleiter für Individualreisende, die diese Region entdecken möchten und des Französischen nicht mächtig sind. Wer möchte, kann den Band hier* direkt bestellen.

Okzitanien abseits GeheimtippsOkzitanien: 50 Tipps abseits der ausgetretenen Pfade*

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Katharerburgen erzählen vom Kampf gegen Kirche und Krone, eine gelbe Pflanze vom blauen Wunder, das Okzitanien im Mittelalter reich machte. Acht Welterbestätten birgt die zweitgrößte Region Frankreichs, 40 grands sites – und unzählige Highlights, die abseits liegen. 50 dieser Juwelen enthält dieser Band. Abseits in Okzitanien: Bienvenue im Paradies für Entdecker!  Hier* gibt es euren Begleiter.

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Bages: Foto: Hilke Maunder
In Bages trocknen die Netze der Fischer. Foto: Hilke Maunder