Blick auf das Stadtzentrum von Annonay mit dem Pont Valgelas. Foto: Hilke Maunder
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Sternstunden in Annonay

In Annonay seid ihr den Sternen sehr nahe. Dort könnt ihr mit örtlichen Ballonclubs in die Vergangenheit entschweben. Das Landstädtchen, auf einem Hügel hoch über den Schluchten von Deûme und Cance im Département Ardèche gelegen, hat am 4. Juni 1783 Luftfahrtgeschichte geschrieben.

Abheben mit heißer Luft

In Annonay war den Gebrüdern Montgolfier die weltweit erste Fahrt eines Heißluftballons gelungen – ein Ereignis, das alljährlich am ersten Wochenende im Juni auf historischem Boden, der Place des Cordeliers, beim Festival de l’art de l’envol nachzuerleben ist.

Himmlisches Papier

Joseph und Étienne Montgolfier fertigten ihren 770 Kubikmeter großen Ballon aus einem Material, das bis heute für ein solides Einkommen der Familie sorgt: Papier. Seit dem 17. Jahrhundert wird es handgeschöpft von einer einst königlichen Papiermanufaktur am Stadtrand.

Dieses Wandbild erinnert in Annonay an den Beginn der Luftfahrt. Foto: Hilke Maunder
Dieses Wandbild erinnert in Annonay an den Beginn der Luftfahrt. Foto: Hilke Maunder

Die vieux quartiers von Annonay

Beginnt euren Bummel durch das alte Annonay am Pont Valgelas. Die Brücke aus dem 14. Jahrhundert bildete im Mittelalter den Eingang zur Stadt. Heute führen schmale Gassen mit hohen Häusern durch das historische Herz.

Über ihnen erhebt sich seit dem 12. Jahrhundert der romanische Glockenturm der Église Notre-Dame. Sie stammt aus dem 11. Jahrhundert, wurde jedoch im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgebaut und erhielt in den 1950er- und 1960er-Jahren neue Glasfenster von Gabriel Loire.

Die traboules von Annonay

Wer die Chance hat, einmal hinter die Haustüren zu gucken, wird auch in Annonay die traboules entdecken. Die traboules sind schmale Durchgänge oder überdachte Gassen, die typischerweise in den alten Vierteln von Lyon und Saint-Étienne in Frankreich zu finden sind.

Dort wurden die  traboules von Seidenarbeitern und Kaufleuten genutzt, um Waren zu transportieren, ohne sie den Elementen auszusetzen.

Offene Treppenhäuser, versteckt im Innenhof: die traboules von Annonay. Foto: Hilke Maunder
Offene Treppenhäuser, versteckt im Innenhof: die traboules von Annonay. Foto: Hilke Maunder

Das Papier der Künstler

Mit dem handgeschöpften Papier aus Annonnay entschwebten nicht nur die ersten Ballonfahrer in die Lüfte, sondern schufen auch weltberühmte Maler ihre Meisterwerke.

Degas bevorzugte Pauspapier für seine Pastellfarben. Matisse griff für seine Gouache-Scherenschnitte zum Lavis B. Picasso skizzierte seine Werke auf C’à Grain.

Aristide Maillol wählte Montval. Und auch Ingrès, Degas und Marc Chagall verwendeten die Papiere, die seit 1557 in Frankreich gefertigt werden – von Canson in Davézieux in der Nähe von Annonay.

Im Geburtshaus der Gebrüder Montgolfier präsentiert dort seit 1987 das Papiermuseum Canson & Montgolfier auf mehr als 500 Quadratmetern Dokumente und bis heute funktionstüchtige Maschinen, die im Laufe der Jahrhunderte den Weg von der Papierherstellung bis zum gedruckten Werk geprägt haben. Erlebt die Magie des Blattes, das bis heute in uralten Bütten hergestellt wird!

Im Papiermuseum von Canson. Foto: Hilke Maunder
Viermal klappen und etwas Kleber – fertig ist der Briefumschlag. Foto: Hilke Maunder

Pressen und Druckmaschinen könnt ihr dort sehen. Und oftmals auch anfassen oder ausprobieren. So wie die halb automatischen Maschinen zur Briefumschlag-Herstellung, die besonders meine Tochter fasziniert hat. Oben und unten, rechts und links klappt es einmal, ein wenig Kleber, und schon war der Umschlag fertig!

So wird Papier handgeschöpft!

Xavier de Montgolfier und sein Bruder zeigen das handgeschöpfte Papier. Foto: Hilke
Xavier de Montgolfier und sein Bruder zeigen das handgeschöpfte Papier. Foto: Hilke

Wie aus einem trüben Becken Papier per Hand in einem Holzrahmen geschöpft wird, zeigt Xavier de Montgolfier.

Zwischen Löschpapier mit dem Bügeleisen getrocknet, bedruckt Monsieur das taufrische Büttenpapier mit dem Certificat d’Authenticité.

Dann setzt er schwungvoll seine Unterschrift darunter: ein echtes Papier von Canson. Wer mag, darf danach einmal selber versuchen, Papier zu schöpfen.
• Musée des Papeteries Canson et Montgolfier, Rue de Vidalon, 07430 Davézieux, Tel. 04 75 69 89 20, http://musee-papeteries-canson-montgolfier.fr

Im Papiermuseum von Canson. Foto: Hilke Maunder
In diesem nostalgischen Bau ist das Canson-Papiermuseum daheim. Foto: Hilke Maunder

Spielwiese von Annonay: Lac de Ternay

Ebenfalls ganz in der Nähe von Annonay findet ihr den Lac de Ternay. Er wurde 1867 zur Trinkwasserversorgung der Stadt angelegt. Heute findet ihr an seinen Ufern Wildblumenwiesen und kleine, feine Sandstrände. Karpfen, Hechte und Plötzen leben in der bis zu 20 Meter tiefen, 70 Hektar großen Wasserfläche.

Vogelliebhaber können hier eine Reihe von Wasservögeln wie Reiher und Eisvögel sowie Raubvögel wie Adler und Falken beobachten. Die umliegenden Wälder bieten Lebensraum für Rehe, Wildschweine und Füchse.

Der Lac de Ternay. Foto: Hilke Maunder
Der Lac de Ternay. Foto: Hilke Maunder

Annonay: meine Reisetipps

Schlemmen und genießen

L’Essentiel

Nach seiner Ausbildung an der Hotelfachschule Bellerive im Département Vienne hat Rémi Chaize sein Handwerk bei berühmten Küchenchefs wie Bernard Mariller, Guy Lassausaie, Michel  Rochey undAnne-Sophie Pic verfeinert, eher er sein erstes eigenes Restaurant eröffnete.
• 29,  avenue Marc Seguin, 07100 Annonay, Tel. 04 75 33 46 97, https://lessentiel-annonay.fr

Ôdix7

Im Hôtel du Midi findet ihr dieses beliebte Terrassen-Restaurant, das auch vegetarische Speisen auf der Karte führt.
• 17, place des Cordeliers, 07100 Annonay, Tel. 04 75 32 04 62, www.odix7.fr 

Schlafen

Auberge du Lac*

Eine wahrhaft traumhafte Unterkunft mit zwölf Zimmern direkt am See von Ternay.
• 07100 Saint-Marcel-lès-Annonay, Tel. 04 75 67 12 03, www.aubergedulac.fr

Noch mehr Betten*
Booking.com

Die Liebfrauenkirche von Annonay. Foto: Hilke Maunder
Die Liebfrauenkirche von Annonay. Foto: Hilke Maunder

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Im Blog

Nicht weit ist es von Annonay zum Naturpark der Monts d’Ardèche. Dort entspringt Frankreichs längster Fluss, die Loire.

In den Monts d’Ardèche

Im Buch

Roadtrips FrankreichRoadtrips Frankreich*

Das zweite gemeinsame Werk mit Klaus Simon stellt euch die schönsten Traumstraßen zwischen Normandie und Côte d’Azur vor. 14 Strecken sind es – berühmte wie die Route Napoléon durch die Alpen oder die Route des Cols durch die Pyrenäen, aber auch echte Entdeckerreisen wie die Rundtour durch meine Wahlheimat, dem Fenouillèdes.

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