Albi: Welterbe am Tarn
77 Kilometer nördlich von Toulouse im Herzen von Okzitanien erhebt sich die Bischofsstadt Albi am Tarn im Pays de Cocagne, der Heimat der traditionsreichen Färberpflanze Pastell. Seit Sommer 2010 gehört ihre Altstadt zum Weltkulturerbe.
Ihr Beiname la rouge verweist auf ihre Bauweise: Ihr Zentrum – das Burgviertel castelviel, ihr Kathedralviertel cité épiscopale und die von Handwerkern, Händlern und Bürgern geprägte bourg – wurde fast ausschließlich aus örtlichem Backstein erbaut.
Albi, la rouge
Der Backstein verleiht Albi eine einzigartige Atmosphäre – je nach Wetterlage und Sonnenstand leuchten die Backsteinbauten in Rot-, Rosa- und Ockertönen. Dieses Baumaterial wurde direkt vor Ort am Ufer des Tarn aus der Flusserde gewonnen und ist sowohl in der religiösen als auch in der zivilen Architektur allgegenwärtig. Dass die Ziegel per Hand geformt wurden, könnt ihr immer wieder die Fingerabdrücken der Maurer erkennen!

Auch die riesige Basilika mit ihren bis zu sechs Meter dicken Mauern wurde in Ziegelbauweise errichtet: Weltrekord! Außergewöhnlich ist auch die Architektur der 113,5 Meter langen und 35 Meter breiten Basilika. Ihre Fassade gliedern sichtbar hohe Rundbögen. Auch der 78 Meter hohe Kirchturm besitzt sie. Diese Rundtürme machen das Gotteshaus zu einer echten Glaubensfestung.

Sieg der Kirche gegen die „Ketzer“
Ihren wehrhaften Charakter hatte die Kathedrale im Mittelalter bitter nötig. Albi gehörte zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert zu den Hochburgen der Katharer. Die Glaubensrichtung, die besonders in Okzitanien sehr stark war, wurde von der katholischen Kirche wie auch der französischen Krone massiv bekämpft.
Die Kathedrale Sainte-Cécile wurde nach den Albigenserkriegen als Symbol der katholischen Macht errichtet – und sollte nach deren Niederschlagung der „Ketzer“ die Rückkehr zum katholischen Glauben demonstrieren.

Zwei „Kreuzzüge“ gegen die Katharer (1208–1229) und die Verfolgung durch die Inquisition der Dominikaner machten den „Ketzern“ schließlich den Garaus. Mehr als 200 Bürger, allesamt wohlhabende Kaufleute und Adlige aus Albi wurden damals verbrannt. 1271 endeten die Katharerkriege mit der Annexion der Grafschaft Toulouse.

Die Kathedrale von Albi
Die Kathedrale betretet ihr heute über das Südportal. Doch nicht ebenerdig, sondern über eine Treppe – auch sie diente zum Schutz und zur besseren Verteidigung der Kirche. Ein großer Baldachin in Flamboyant-Gotik (1520) krönt den Anbau.
Schon der erste Blick ins Innere lässt staunen: Die Kathedrale besitzt keine Seitenschiffe. Ihr Innenraum besteht aus einem einzigen, monumentalen Schiff, das ein Kranz aus Kapellen umgibt, deren Trennwände als inneres Strebewerk dienen und den Gewölbeschub aufnehmen. Dieses Konzept unterscheidet die Kathedrale von Albi deutlich von den meisten anderen gotischen Kathedralen, die in der Regel dreischiffig angelegt sind.

Göttlicher Rausch in Gold und Blau
Drinnen überrascht das 99 Meter lange und bis zu 30 Meter hohe Kirchenschiff mit seiner Farbigkeit. Gold und Blau schmücken das Gewölbe, riesige Gemälde die Wände. Allein am Deckenschmuck wurde sieben Jahre lang gearbeitet 18.000 Quadratmeter groß ist die gesamte bemalte Wandfläche!
Besonders eindrucksvoll unter den Gemälden ist das Jüngste Gericht beim Altar der Westwand. Mit 20 × 15 Metern gehört das um 1480 von Malern aus Burgund gefertige Gemälde zu den größten der Welt. Es zeigtden Himel, das irdische Lebenund die Hölle, in der die Verdammten für die sieben Todsünden büßen.
Achtet auch einmal auf die versteckten Details der Pfeiler. Sie schmücken nicht nur Tiere des Tarn, sondern auch exotische Motive wie Bananen!

Der Chor und der Lettner
Klerus und Laien trennt ein monumentaler jubé. Dieser Lettner ist ein Spitzenwerk der Steinmetzkunst der französische Gotik. Solche steinernen Lettner, auf denen oben Geistliche stehen und die Messe lesen oder predigen konnten, gibt es nur noch selten in Frankreich – beispielsweise im Kloster Brou, wo allerdings der Chorumgang nicht mehr vollständig erhalten ist.

Dahinter liegt der Chor der Kanoniker, der wie eine eigene Kirche in der Kathedrale wirkt und einen eigenen Altar besitzt – hier, ganz im Einklang mit der christlichen Tradition, gen Osten. Der Altar fürs Volk indes steht vor der Westwand. Den Chor umgeben reich geschnitzte Schranken mit Darstellungen von Engeln und Figuren aus dem Alten und Neuen Testament.

Zwei Frauen sind unter den vielen Männern vertreten: Esther und Judith. Die Frauenfiguren wurden nach den Schönheitsidealen ihrer Entstehungszeit gefertigt, uniform, ohne individuelle Merkmale wie bei den dargestellten Männern. Die Figuren des Chorumgangs (Ambulatorium) schufen ebenfalls Meister aus Burgund.

Der Chor nimmt die gesamte Osthälfte der Kathedrale ein und wurde zwischen 1474 und 1483 und erbaut. Wer ihn besichtigen möchte, muss, anders als bei der restlichen Kathedrale, Eintritt zahlen. Doch das lohnt sich! Denn auf euch wartet ein Juwel der französischen Flammengotik: Monumentale Architektur, filigrane Steinmetzkunst, farbige Ausmalungen und reiche Ikonografie verschmelzen hier zu einem Gesamtkunstwerk der Sakralarchitektur, die staunen lässt.

Für Kunsthistoriker gehört der Chor, auch grand chœur oder Kanonikerchor, zu den kunstvollsten und am besten erhaltenen Chorräumen der europäischen Gotik. Die Restaurierung des Chores wurde vollständig durch private Mittel des World Monuments Fund Europe finanziert, mit Unterstützung des Robert W. Wilson Challenge to Conserve our Heritage und der Fondation Daniel et Nina Carasso.
Die heilige Cäcilia
Über den Nord- und Südeingängen zum Chor stehen sich Kaiser Karl der Große und Konstantin gegenüber: weltliche und geistliche Macht, verbunden am heiligsten Ort der Kathedrale von Albi.
Im Zentrum der Chorschranke steht unter dem Kruzifix steht eine Statue der heiligen Cäcilia. Die Kathedrale von Albi ist eine der wenigen Kathedralen weltweit, die der heiligen Cäcilia geweiht sind. Bereits seit dem 7. Jahrhundert trugen die beiden Vorgängerbauten der heutigen Kathedrale ihren Namen.

Cäcilia von Rom war eine frühchristliche Märtyrin, die seit dem 5. Jahrhundert in Rom verehrt wurde. Ihr Kult verbreitete sich bereits im frühen Mittelalter auch im südfranzösischen Raum. Im Jahr 1466 brachte der damalige Bischof Jean Jouffroy ein Reliquienkästchen mit Überresten der Heiligen aus Rom nach Albi. Diese Reliquien werden bis heute in der Kathedrale aufbewahrt und bei feierlichen Prozessionen durch die Kathedrale getragen.

Sainte Cécile gilt als Schutzpatronin der Musik, Musiker, Sänger und Orgelbauer – und so ist auch die Orgel schlichtweg grandios. Mit 3.500 Pfeifen lässt die größte klassische Orgel des Landes seit 1736 das Bollwerk des Glaubens mit ihrer Klanggewalt erbeben.
Schon gewusst?
Im Turm der Kathdrale von Albi leben Falken. Im April 2024 wurden drei junge Falken dort im Nest geboren und haben kurz darauf ihre ersten Flüge unternommen. Mit den Falken sorgt Albi für eine natürlichen Kontrolle der Taubenpopulation in der Umgebung der Kathedrale.
Welterbe: das Bischofsviertel

Zum 20 Hektar großen Bischofsviertel, dem die UNESCO den Kulturerbestatus zuerkannte, gehört neben der gotischen Cathédrale Sainte-Cécile der angrenzende Bischofspalast Palais de la Berbie. Der Name Berbie entstammt dem okzitanischen Wort Bisbe, das Bischof bedeutete.

Der Palais de la Berbie wurde bereits im 13. Jahrhundert als Bischofsresidenz und Festung erbaut – noch vor dem berühmten Papstpalast in Avignon. Eine breite Backsteintreppe führt zum nördlichen Seiteneingang der Kathedrale Sainte-Cécile. Meterdick sind auch beim bischöflichen Amtssitz die Mauern, imposant und wehrhaft die Türme – der imposante, massive Donjon als Hauptturm der Anlage und die Tour Sainte-Marie, die mit der Privatkapelle des Bischofs verbunden war.

Nach dem Ende der Religionskriege wandelt sich die Bischofsburg zur Residenz. Die Bischöfe Louis I. d’Amboise (1474–1502) und Louis II. d’Amboise fügten neue Wohntrakte, Galerien und dekorative Elemente wie Fenster mit Maßwerk, Dachgauben und Schieferdächer hinzu. Im 17. Jahrhundert setzte Bischof Gaspard Daillon du Lude (1635–1687) die Modernisierung fort und erweiterte Amboise-Flügel um zwei übereinanderliegende Galerien und eine Terrasse.

Erzbischof Hyacinthe Serroni ließ Ende des 17. Jahrhunderts (1678–1687) die ehemaligen Befestigungsmauern des Palais de la Berbie anreißen, um eine Terrasse am Tarn anzulegen. Sie schmückt seitdem ein typisch französischer Barockgarten mit Buchsbaumhecken, Kieswegen und Blumenbeeten. Von der Aussichtsterrasse neben dem Palais de la Berbie eröffnen sich wunderschöne Ausblicke auf die Gärten und über den Tarn hinüber zum Stadtviertel La Madeleine.

Heute ist der Palais de la Berbie weniger als Bauwerk, sondern für einen kleinwüchsigen Mann berühmt, der am 24. November 1864 in Albi im Hôtel du Bosc in der Rue Toulouse-Lautrec das Licht der Welt erblickt hatte: Henri de Toulouse-Lautrec. Eine Erbkrankheit – Pyknodysostose – und zwei Beinbrüche hatten Henri de Toulouse-Lautrec im Alter von 14 Jahren zum zwergwüchsigen Krüppel gemacht.
Im Leid entdeckte der junge Lautrec seine Liebe zur Malerei. 1881 zog er nach Paris. Seine Bleibe fand er auf Montmartre, mitten im Milieu der Dirnen und Künstler. Das nächtliche Treiben in den Bars und Bordellen wurde seine Inspirationsquelle, der Alkohol ließ ihn sein körperliches Elend vergessen.

Als er mit 36 Jahren 1901 im Suff an Syphilis im Schloss von Malromé in den Armen seiner geliebten Mutter starb, hinterließ er mehr als 500 Ölgemälde, Zeichnungen und Lithografien. Gemeinsam mit Maurice Joyant, engster Freund und Nachlassverwalter des Künstlers, setzte sich Henris Mutter Adèle de Toulouse-Lautrec dafür ein, dieses Œuvre zu bewahren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Sie bot den Nachlass mehreren Pariser Museen an, darunter dem Louvre und dem Musée du Luxembourg.

Diese lehnten jedoch ab, weil Toulouse-Lautrec zu Lebzeiten als Vertreter der Bohème und der Pariser Halbwelt galt und seine Kunst als zu modern, provokant und wenig akademisch angesehen wurde. Doch Albi nahm das Angebot an – und birgt seit 1922 mit dem Musée Toulouse-Lautrec die heute weltgrößte Sammlung jenes Mannes, der als Maler der Demi-Monde von Paris zu Weltruhm aufgestiegen ist.
Der stille Charme von Saint-Salvi

Ebenfalls Welterbe-Status genießt die Stiftskirche Saint-Salvi als ältester Sakralbau der Stadt. Die Kollegiatkirche mit ihrem seltsamen Turm ruht auf den Fundamenten einer karolingischen Kirche. Bereits im 11. Jahrhundert begann ihr Bau. Doch erst nach dem Ende der Albigenserkriege wurde er vollendet.
Ihr schönster Schmuck ist der Kreuzgang. Im Garten wachsen Heil- und Duftkräuter des Mittelalters. Auch eine Verbene ist dort vertreten. Auch die Brücke Pont-Vieux von 1040 sowie ein Teil des Tarn-Ufers besitzen Welterbe-Status.
Reich durch Pastell

Westlich der Kathedrale erstreckt sich das castelviel, das alte Burgviertel von Albi mit schmalen Gassen und mittelalterlichen Häusern mit Fachwerk oder Putz in Ockertönen. Typisch für die Baukunst im Tarntal ist die Maison du Vieil Alby.
Als eines der wenigen mittelalterlichen Häuser von Albi besitzt es noch einen Soleilhou. Auf dem offenen Dachboden wurde einst Färberwaid getrocknet. Bis zur Entdeckung des Indigo im Jahr 1560 gab es nur ein einziges Verfahren, um den begehrten Rohstoff für das Blau zu erhalten.
Die langen, dicken Blätter des Kreuzblütlers wurden in Waidmühlen zermalmt und zu Kugeln, den „Schlaraffen“ oder cocagnes, geformt, die anschließend im Waidspeicher trockneten und zu feinstem Pulver zerstoßen wurden. Den Anbau und Handel des Pastells dominierten drei Familien – die Bernuy und Assezat in Toulouse und die Reynes in Albi. Bis heute zeugen ihre prachtvollen Renaissancepaläste vom einstigen Reichtum. Die Erfindung des Indigo beendete die Blütezeit des Pastells.
Heute ist sein helles Blau wieder branché, angesagt im Zuge der Rückbesinnung auf lokale Erzeugnisse und Traditionen. Kleidung, aber auch Kosmetik und Kunsthandwerk, kurzum alle Produkte mit Pigmenten des Pastells, gibt es heute wieder im L‘Artisan Pastellier (5, rue Puech). Mehr zum berühmten Blau des Mittelalters erfahrt ihr in diesem Beitrag zum Pastell. Tiefer in die Kulturgeschichte der Mode entführt das Musée de la Mode von Albi.
Gärtner, Gemüsehändler, Metzger, Käser, Fischhändler, Konditoren und Bäcker – und natürlich auch eine buvette – findet ihr dienstags bis sonntags in der Markthalle von Albi, die 1903/1905 im sogenannten „Baltard-Stil“ an der Rue Émile Grand entstand.
Im Mittelalter befand sich der Markt noch in der Nähe der Kathedrale Sainte-Cécile und der Stiftskirche Saint-Salvi. Erst ab 1860 wurde der Bau der Halle du Marché Couvert im Pariser „Baltard“-Stil nach Plänen von Thierry Bourdois beschlossen – mit Metallträgern, Backsteinwänden und großen Fensterflächen. Als Ingenieur wurde André Michelin hinzugezogen.
Arm trotz Pastell
Reich machte das Pastell nur einige wenige Familien. Die meisten Familien hatten ein eher karges Auskommen einst in Albi. Eine Anekdote über Albi besagt, dass während des Hundertjährigen Krieges im 14. Jahrhundert eine Gruppe englischer Soldaten die Stadt besetzte und die Einwohner gezwungen wurden, eine große Menge Gold und Silber zu sammeln, um die Soldaten zu bezahlen.
Die Einwohner von Albi waren jedoch so arm, dass sie nur eine kleine Menge sammeln konnten. Die Soldaten beschlossen schließlich, die Stadt zu verlassen und den Einwohnern das Geld zu lassen, weil sie so beeindruckt von ihrer Ehrlichkeit waren.
Der Mord des Roten
Zu den berühmten Bürgern von Albi gehört nicht nur Henri Toulouse-Lautrec, sondern auch ein überzeugter „Roter“: Jean Jaurès. Von 1881 bis 1883 hatte er am Lycée d’Albi als Geschichtslehrer gearbeitet, bevor er nach Paris ging, um seine politische Karriere zu verfolgen. Seine Gattin, mit der er zwei Kinder hatte, war die Frau eines Käsegroßhändlers aus Albi. Am 29. Juni 1886 heiratete Jean Jaurès Louise Bois (1867-1931),
Albi est une ville rose et noire, où le grès et la brique se disputent le mur des maisons ;
la brique pour la gaîté, le grès pour la force,
et le résultat, c’est une noble et puissante architecture.Albi ist eine Stadt in Rosa und Schwarz, wo sich Sandstein und Backstein
an den Wänden der Häuser streiten;
Backstein für Freude, Sandstein für Stärke, und das Ergebnis ist
eine noble und kraftvolle Architektur.Jean Jaurès im Jahr 1894 in der Zeitschrift La Petite République
Als 1895 die Glasbläser im nahen Örtchen Carmaux streikten, versuchte der Sozialist, den Streit zwischen den Arbeitern und dem Fabrikbesitzer Rességuier zu schlichten. Auf das Scheitern der Verhandlungen reagierte Jaurès mit einer Premiere.
Er gründete mit den Glasbläsern die erste Kooperative Frankreichs, die Verrerie Ouvrière d’Albi, und konnte dank einer Geldspende von Madame Dembourg, die 100.000 Francs aus ihrem Privatvermögen zusteuerte, den Bau vollenden.
Das Glaswerk ist bis heute in Betrieb. Jean Jaurès wurde am 31. Juli 1914 im Pariser Café du Croissant in der Rue Montmartre von Raoul Villain erschossen. Zwei Tage später brach der Erste Weltkrieg aus.
Auf nach Australien!

Am 23. August 1741 wurde auf dem Château du Gô nahe Albi in einer alteingesessenen Adelsfamilie Jean-François de Galaup, comte de La Pérouse, geboren. 1785 brach La Pérouse, 44 Jahre alt, im Auftrag von König Ludwig XVI. mit zwei Fregatten, der Boussole und der Astrolabe, zu einer Weltumsegelung auf, um den Einfluss Frankreichs im Pazifik zu stärken.
Kap Horn, Osterinsel, Alaska, Kalifornien, China, Japan, Kamtschatka hatte er schon gesichtet und erforscht, eher er 1788 Australien erreichte und von der Botany Bay seine letzten Berichte nach Europa absetzte. Kurz darauf verschwand seine Expedition spurlos – erst Jahrzehnte später wurden die Wracks auf den Salomonen (Vanikoro) gefunden, doch das Schicksal der Mannschaft blieb lange ein Rätsel. Gleich neben dem Mercure-Hotel erinnert das kleine Musée Lapérouse im quartier Madelaine an den berühmten Sohn der Stadt und seine Expeditionen.

Die Passerelle
Das Madeleine-Viertel und die Welterbe-Stätten von Albi verbindet seit Juni 2025 eine neue Fußgängerbrücke unterhalb des Eisenbahn-Viadukts. Rund 7,5 Millionen Euro ließ sich Albi den Brückenschlag über den Tarn kosten, für den die italienische Firma Maeg den Zuschlag realisierte.

Marc Mimram, einer der bekanntesten französischen Brückenarchitekten von heute, entwarf die Passage als 200 Meter lange Flaniermeile mit geschwungenen Buchten, in denen Bänken aus Stein einladen, die Aussicht auf die Stadt ganz in Ruhe zu genießen.

Der Brückenschlag über den Tarn ist Teil eines ambitionierten Stadtentwicklungsplanes ( Plan de Développement Urbain ), der bis 2030 die Lebensqualität, Mobilität und Attraktivität Albis stärken soll. Plätze wie die Place du Griffoul und angrenzende Straßen wurden im Zuge dieses Plans neu gestaltet, um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen, den Fußgängerverkehr zu fördern und die Innenstadt attraktiver zu machen. Auch wurde die öffentliche Beleuchtung modernisiert und auf energiesparende LED-Technik umgestellt. Der Pont-Vieux wandelte sich mit der Sanierung zur Einbahnstraße, die ihr nur noch stadtauswärts befahren könnt.

Ziel des Programme Local de l’Urbanisme (PLU) ist es auch, sozialen Wohnraum in zentralen Lagen zu erhalten und zu modernisieren. Als Paradebeispiel gilt die malerische Place Salvan. Auch Place Salvène genannt, bergen die historischen Häuser heute hier frisch energetisch sanierte Sozialwohnungen.

Es lohnt sich, in Albi nach dem Erkunden des historischen Herzens auch andere Viertel zu entdecken. Südlich des Bischofsviertels kommt ihr zum Quartier des Cordeliers. Sein Herzstück bildet das Grand Théâtre des Cordeliers, das 2014 nach Plänen von Dominique Perrault eröffnet wurde.
Drinnen birgt der für Albi geradezu aufregend moderne Bau einen großen Theatersaal mit 900 Plätzen, einen experimentellen Theatersaal mit 250 Plätzen, ein Kino, Ausstellungsräume, Flächen für Tagungen und Kongresse und ein Restaurant, dessen Panoramaterrasse einen beeindruckenden 180°-Blick über die Dächer der Altstadt eröffnet.

Das Theater ist eine der Stätten der neuen Allée de la Culture, die als Flaniermeile alle Ikonen der Kultur von Albi auf einem urbanen Spazierweg verbinden will – vom monumentalen Welterbe der Kathedrale Sainte-Cécile über neu gestaltete Plätze am Boulevard Sibille, das Grand Théâtre und das Athanor-Kino bis hin zum Parc Rochegude, der als grüne Oase mit alten Bäumen, Skulpturen, Teichen und Spielplätzen das Ende der Kulturachse bildet.

Albi lädt einfach zum Flanieren ein – in der Stadt wie auch an den Ufern des Tarn. Und wenn ihr die Passerelle über den Tarn erreicht, findet ihr auch den instagram-tauglichen Stadtnamen als Hingucker auf einem kleinen Platz, der euch einladen möchte, mit dem Logo ein Selfie zu machen und in den sozialen Medien zu streuen. Wie in vielen anderen Städten der Welt ist auch in Albi der Tourismus ein global business.

Albi: meine Reisetipps
Schlemmen & genießen
L’Epicurien
Die Heimat von Küchenchef Rikard Hult ist Schweden, seine Frau ist Französin – wen wundert es da, dass sich in der Marktküche des Gourmetkoches skandinavische Melancholie und südfranzösisches terroir perfekt vereinen?
Mit Vorliebe serviert er zu Mont-Royal-Täubchen auf Pilzen und Sellerie, Jakobsmuschel-Risotto oder einem zarten Rinderfilet die Weine seines besten Freundes: Die Tropfen von Patrice Lescarret (Domaine Causses Marines) harmonieren ausgezeichnet mit den Speisen.
• 42, place Jean Jaurès, 81000 Albi, Tel. 05 63 53 10 70, www.restaurantlepicurien.com
Le Clos
In der ehemaligen Kathedralschule für Knaben serviert Le Clos Spezialitäten der Region.
• 3, rue du Castelviel, 81000 Albi, Tel. 05 63 38 19 74, auf Facebook
Bruit en Cuisine

Dieses Lokal in einer ruhigen Straße in der Nähe der Kathedrale serviert eine französische Küche, die so ehrlich wie authentisch daherkommt und keinen Lärm braucht, um zu überzeugen – von der knusprigen Kabeljaubrandade zum gegrillten Rotbarschfilet mit Bourride-Sauce bis zur Entenbrust mit Orangen und Karottenmousseline. Top: die große Auswahl an Gaillacs im Weinkeller.
• 22, rue de la Souque, 81000 Albi, Tel. 05 63 36 70 31, https://bruitencuisine.fr
Marché Couvert
Von außen ein Hingucker im Baltard-Stil, innen zwar praktisch und modern verjüngt, aber dennoch sehr überzeugend mit seinen engagierten Produzenten. Ebenfalls dort eingezogen ist die Filiale einer Supermarktkette.
• 11, rue Saint-Julien, 81000 Albi

La Clef du Vin
„Ich werde Milch trinken, wenn die Kühe auf Trauben weiden“, soll Henri de Toulouse-Lautrec gesagt haben. Daniel Cardoso stellt es als Motto seines gut sortieren Weinhandels ins Netz. Und verführt alle, die ähnlich denken, mit einer Auswahl von mehr als 1000 Tropfen aus Okzitanien und weiteren Weinregionen in Frankreich und der Welt.
• 9ter, place Lapérouse, 81000 Albi, Tel. 05 63 76 83 51, www.clefdesvins.fr; Mo. geschl.

Nicht verpassen
Le Lait
Das Centre d’art Le Lait (Laboratoire Artistique International du Tarn) ist seit seiner Gründung 1982 eine der wichtigsten Adressen für zeitgenössische Kunst im Département Tarn und weit darüber hinaus. 2025 ist das Zentrum in seine neuen, großzügig renovierten Räume in der ehemaligen Schule Camille Claudel eingezogen – ein gelungenes Beispiel für die Verbindung von historischer Architektur und zeitgenössischer Nutzung. Le Lait versteht sich als Labor für künstlerische Innovation: Es produziert und präsentiert Ausstellungen, vergibt Künstlerresidenzen und organisiert Workshops, Konferenzen etc. quer durch alle Altersgruppen.
• 5, rue de l’École Normale, 81000 Albi, Tel. 09 63 03 98 84, www.centredartlelait.com
In der Nähe
Das Tarntal ist eine herrliche Region zum Radfahren – und überraschend flach. Holt euch hier Inspirationen für eine Radtour im Tarn!
Schlafen
Mercure Albi Bastides*

Das Viersternehotel Mercure Albi Bastides am Ufer des Tarn residiert in einem Backsteingebäude, das ursprünglich 1770 als Mühle errichtet wurde und im späten 19. Jahrhundert sich zur Nudelfabrik ( vermicellerie ) wandelte – eine Nutzung, an die heute das Hotelrestaurant mit seinem Namen erinnert.

Vom Restaurant, der Terrasse – und den meisten der Zimmer im Haupthaus und Erweiterungsbau – bieten sich Traumausblicke auf den Tarn und die Altstadt von Albi.
• 41 bis, rue Porta, Albi, Tel. 05 63 47 66 66, www.mercure.com

Hôtel Saint-Antoine*
Die wohl nobelste Unterkunft von Albi. Hier schlaft ihr in einem Stadtpalais von 1734 mit schönem Garten.
• 17, rue St-Antoine, Tel. 05 63 54 04 04, Nov.– Anf. April geschl., www.hotel-saint-antoine-albi.com
Noch mehr Betten*

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Hilke Maunder, Okzitanien: 50 Tippsabseits der ausgetretenen Pfade*
Okzitanien ist die Quintessenz des Südens Frankreichs. Es beginnt in den Höhen der Cevennen, endet im Süden am Mittelmeer – und präsentiert sich zwischen Rhône und Adour als eine Region, die selbstbewusst ihre Kultur, Sprache und Küche pflegt.
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Annette Meiser, Midi-Pyrénées*
Annette Meiser, die u.a. die erste müllfreie Schule Deutschlands mitbegründete, hat in Midi-Pyrénées ihre Wahlheimat. Dort lebt und arbeitet sie seit vielen Jahren und bietet erdgeschichtliche und kulturhistorische Wanderreisen an.
Ihre Expertise hat sie auf 432 Seiten zwischen die Buchdeckel eines Reiseführers gepackt. Ihr erstes Buch stellt eine Ecke Frankreichs ausführlich vor, die in klassischen Südfrankreich-Führern stets zu kurz kommt.
Für mich ist es der beste Reiseführer auf Deutsch für alle, die individuell unterwegs sind – sehr gut gefallen mir die eingestreuten, oftmals überraschenden oder kaum bekannten Infos. Wie zum einzigen Dorf Frankreichs, das sich in zwei Départements befindet: Saint-Santin liegt genau auf der Grenze von Aveyron und Cantal. Wer mag, kann den Band hier* direkt online bestellen.
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Liebe Bianca, wie schön! Genießt die Zeit dort! Herzlich, Hilke
Liebe Hilke,
es sollte natürlich heißen wir waren dort essen. Die Autokorrektur war mal wieder schneller.
viele Grüße Bianca
lach, das kenne ich – bei mir machte sie mal aus „nett“… fett! Viele Grüße, Hilke
Lieber Peter, das freut mich, dass meine Beiträge bei Ihnen im Blog Erinnerungen wecken. Und ja, die Dias… davon hatte ich damals auch Berge… die leider bei Umzügen dann irgendwie verschollen sind, schade! Alles Gute und viele Grüße! Hilke