Wahrzeichen von Alès: die Abraumhalde. Foto: Hilke Maunder
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Alès: vom Bergbau zum Tourismus

Die große Abraumhalde verkündet es: Alès war das Zentrum für Kohlebergbau, Eisen- und Maschinenindustrie in Süden der Cevennen. Vom 13. Jahrhundert bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts holten die Kumpel das schwarze Gold in den Tälern nördlich der Stadt aus der Erde. Dieses Erbe dokumentiert heute ein Besucherbergwerk.

Es steht zugleich für den Wandel und eine neue wirtschaftliche Entwicklung. Seit einigen Jahren putzt sich die 41.000-Einwohnerstadt-Stadt am Gardon d’Alès als touristisches Tor zu den südlichen Cevennen heraus.

Der Gardon d'Arlès mit seiner Fontäne. Foto: Hilke Maunder
Der Gardon d’Alès mit seiner Fontäne. Foto: Hilke Maunder

Gewerbegebiete und Plattenbauten lassen kaum ahnen, dass das Zentrum von Alès heute durchaus einladend ist.  Seine Boulevards säumen unzählige, große Straßencafés.

Alès: Straßencafé am Boulevard Louis Blanc. Foto: Hilke Maunder
Alès: Straßencafé am Boulevard Louis Blanc. Foto: Hilke Maunder

Kleinstadtflair weht durch sein altes Herz, das verstärkt den Autoverkehr verdrängt. Seine schnurgerade Rue d’Avéjan ist  als eine der wichtigen Einkaufsstraßen der Innenstadt bereits verkehrsberuhigt. Andere Straßen sind espaces partagés. Fußgänger und Fahrzeuge teilen sich die Fahrbahn. Maximal mit Tempo 20 dürfen Zwei- und Vierräder dort rollen.

Alès: Hier verkehren kostenlose Shuttlebusse. Foto: Hilke Maunder
Hier verkehren kostenlose Shuttlebusse. Foto: Hilke Maunder

Orangefarbene, grüne und blaue Linien auf dem Asphalt verraten, dass dort dann auch die drei navettes centre-ville unterwegs sind, kostenlose Shuttlebusse. Die ZenBus-App verrät euch in Echtzeit, wo sie sich gerade befinden. Ein Handzeichen, und schon hält der kleine Elektro-Bus.

Das Markthändler-Denkmal vor der Markthalle. Foto: Hilke Maunder
Das Markthändler-Denkmal vor der Markthalle Marché de l’Abbaye. Foto: Hilke Maunder

In der kleinen Markthalle herrscht jeden Vormittag lebendiges Treiben. Für sieben Millionen Euro wurden die Halles de l’Abbaye 18 Monate lang saniert und modernisiert

Zu dem Markt gehört für die Franzosen eine buvette, eine kleine Bar. In Alès bestellen sie sich dort gern eine cartagène, einen weißen oder roten, recht starken Likörwein.

Cathédrale Saint-Jean-Baptiste. Foto: Hilke Maunder
Die Cathédrale Saint-Jean-Baptiste. Foto: Hilke Maunder

Hinter der Markthalle erhebt sich die Cathédrale Saint-Jean-Baptiste mit ihrem Glockenturm aus dem 15. Jahrhundert. Vom ersten, romanischen Bau ist nur die Westfassade erhalten. An das gotische Schiff schließt sich der Renaissancechor an, der im 18. Jahrhundert restauriert wurde.

Alès: Im Innern der Cathédrale Saint-Jean-Baptiste. Foto: Hilke Maunder
Im Innern der Cathédrale Saint-Jean-Baptiste. Foto: Hilke Maunder

Werft auch einen Blick auf das Chorgestühl, den bilderreichen Hauptaltar und das Taufbecken mit einem Gemälde, das die Taufe Jesu darstellt. Auch das Gotteshaus ist an Markttagen umringt von fliegenden Händlern und Ständen, die auch die umliegenden Straßen erobern.

Alès: Au Gaspillage. Foto: Hilke Maunder
Au Gaspillage – zur Verschwendung: Welch ein Name für dieses Haus! Foto: Hilke Maunder

Das Musée du Colombier im Hôtel de Pellerin  birgt heute die stadthistorische Sammlung vor der Prähistorie bis zum Mittelalter. Zu den Schätzen des Museums gehören auch Gemälde des 16. bis 20. Jahrhundert von Brueghel d. Ä., van Loo, Coypel sowie ein Triptychon von J. Bellegambe aus Douai (16. Jh.).

Verpasst auch nicht die reiche Kunstsammlung von Pierre-André Benoît (1921–1993). 1986 schenkte der Maler, Bildhauer, Dichter und Drucker seiner Heimatstadt seine beeindruckende Kollektion mit Werken von Georges Braque, Pablo Picasso, Joan Miró und anderen Künstlern. Dazu kommt noch ein schöner Rahmen: das Schloss der Bischöfe von Alès und der Park, in dem Werke des belgischen Künstlers Pierre Alechinsky stehen.

Nördlich der Kathedrale erstreckt sich am Fuße der butte de la Roque der Parc Bosquet mit Blumenbeeten und Ruhebänken unter uralten Bäumen. Die Hügelspitze bekrönt ein Fort, das nach Vauban benannt ist – auch wenn der Festungsbaumeister des Sonnenkönigs nie die Stadt besucht hat. Auf Führungen mit dem Office de Tourisme könnt ihr  das Fort de Vauban besichtigen und tolle Ausblicke auf Alès genießen!

Vor der Markthalle von Alès dreht sich dieses nostalgische Karussell. Foto: Hilke Maunder
Vor der Markthalle von Alès dreht sich dieses nostalgische Karussell. Foto: Hilke Maunder

Alès: meine Reisetipps

Schlemmen

Épices et Tout

2020 belohnten die Tester von Michelin das Restaurant von Aurélie und Quentin mit dem Bib Gourmand. Die Auszeichnung ehrt eine Kochkunst, die frische Küche in einem exzellenten Preis-Leistungs-Verhältnis bietet.

So wie dieses kleine Restaurant, das hinter seiner unscheinbaren Fassade gerne bei Niedrigtemperatur seine Speisen gart. Im Sommer könnt ihr Eierspeisen mit Pilzen, Perlhuhn mit Marktgemüse oder tarte au citron auf der kleinen Terrasse genießen.
• 15, Avenue Carnot, 30100 Alès, Tel.  04 66 52 43 79, www.epicesettout.fr

Le Duô

Der Name passt: Michael und Guillaume Matouk sind Brüder – und engagierte Köche. Im Sommer servieren sie kreativ frische Salate, zartes Rinderfilet und zauberhafte Desserts in ihrem Patio.
• 10, avenue Général de Gaulle, 30100 Alès, Tel. 04 66 52 38 53, www.facebook.com

Erleben

Alès: die Staatstheater Le Cratère. Foto: Hilke Maunder
Die Staatstheater Le Cratère. Foto: Hilke Maunder

Le Cratère

Das Staatstheater zählt zu den wichtigsten Bühnen der Region. Für die Bühne arbeitet mit David Wampach der Shootingstar der französischen Tanzszene. Der Choregraf, der seit 2012 als associated artist für die Bühne tätig ist, schuf 2014 für das Festival Cratère Surfaces International Outdoor Festival das Ballettstück Veine.

Wampach inszeniert getanzte Autopsien. Im Wechselspiel von Körper und Psyche offenbaren sich ihre Geheimnisse. Der ehemalige Medizinstudent aus Montpellier blickt ins Innerste bei seinen Inszenierungen. Auch eher Unappetitliches wie Speichel, Grunzgeräusche und Hyperventilation lassen sie nicht aus. Selbst nicht bei Klassikern wie Le Casse-Noisette („Der Nussknacker“), den Wampach reduziert auf sein Ballett Cassette.
•  Square Pablo Neruda, Place Henri Barbusse, 30100 Alès, Tel. 04 66 52 52 64, www.lecratere.fr

Alès. Foto: Hilke Maunder
Nur selten ist in Alès solch ein stattlichess´ Erbe der Belle Époque erhalten,. Foto: Hilke Maunder

Wandern

Chemin Stevenson

Als Robert Louis Stevenson am 22. September 1878 in Le Monastier mit der Eselin Modestine zur Wanderung durch die Cevennen startete und seine Reise beschrieb, konnte er den Erfolg des Buches nicht vorhersehen. Ebenso wenig, dass tausende Wanderer in seine Fußstapfen treten würden. 140 Jahre später marschieren noch immer Menschen aus aller Herren Länder auf dem Stevenson-Weg, mittlerweile als Fernwanderweg GR 70 gekennzeichnet.

Dabei sind die Nachfahren von Modestine nicht unerheblich am Erfolg dieser Wanderung beteiligt. Wie schon für Stevenson tragen auch heute noch Esel das Gepäck und sind amüsante Begleiter.

Kurven

Bei Alès findet ihr die feine, kleine Rennstrecke Circuit Pôle Mécanique, die vor allem bei Motorradfahrern sehr beliebt ist. Das Besondere: Die Strecke kann in beide Richtungen befahren werden –  das ist einmalig in Frankreich! In Begleitung von Fabrice Morel oder Eric Fabre könnt ihr dort in echte Rallyeautos steigen und über die Rennstrecke brettern.  Fabrice ist ein ehemaliger offizieller Fahrer von Peugeot Sport und Leiter der PPAC-Schule. Eric Fabre von der Rallye Académie war französischer Meister der Super 1600.
• Vallon de CR Valat de Fontanes, 30520 Saint-Martin-de-Valgalgues, Tel. 04 66 30 31 85, www.pole-mecanique.fr

In der Nähe

Anduze und seine Klamm. Porte des Cévennes heißt sie, Tor zu de Cevennen. Foto: Hilke Maunder
Anduze am Gardon. Foto: Hilke Maunder

Anduze

Die Häuser des stimmungsvollen alten Städtchens 13 Kilometeer südwestlich von Alès drängen sich im Tal des Gardon bei einer Klamm, der Porte des Cévennes, aneinander. Die strategisch vorteilhafte Lage bewog 1622 den Anführer der Protestanten, den Duc de Rohan, Anduze zum Hauptquartier zu machen und zu befestigen. Die prunkvollen Vasen von Boisset, die u.a. den Schlosspark von Versailles schmücken, machten Anduze weltberühmt.

Bambouseraie de Prafrance

Der Kaufmann und Asienreisende Eugène Mazel brachte 1855 die ersten Pflanzen mit. Heute birgt der wohl schönste Park der Cevennen auf zwölf Hektar neben  200 Bambusarten auch Palmen, Magnolien und riesige Sequoias. Inmitten der Exoten verstecken sich Land Art lokaler Künstler, ein laotisches Hüttendorf und ein Pflanzenlabyrinth.
• 552, rue de Montsauve, 30140 Générargues, Tel. 04 66 61 70 47, https://bambouseraie.fr

Grotte de Trabuc

Die größte Höhle der Cevennen wird auch grotte aux 100.000 soldats  genannt. Dicht an dicht stehen sie, nur wenig Zentimeter hoch, neben einer „Chinesischen Mauer“ aus Stein in den gut zwölf Kilometer langen, unterirdischen Galerien.
• Route des grottes de Trabuc, 30140 Mialet, Tel. 07 87 39 06 24, www.grotte-de-trabuc.com

Alès: der Gardon d'Alès. Foto: Hilke Maunder
Der Gardon d’Alès. Foto: Hilke Maunder

Hier könnt ihr schlafen

 

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Foto: Hilke Maunder

8 Kommentare

  1. Wir waren vor Jahren in der Bambouseraie mit unseren damals noch kleinen Kindern. Wir waren alle beeindruckt von der Vielfalt des Bambus. Einige winterharte Pflanzen aus der Bambusgärtnerei wachsen immer noch in unserem Garten.
    Eine weitere Attraktion in der Gegend ist sicherlich der Train à Vapeur des Cevennes von Anduze nach St. Jean du Gard. Der Zug hält auch an der Bambouseraie. Ein schöner Ausflug mit einer Dampflok von Krupp und Wagen, die wie preussische Donnerbüchsen aussehen. Sie stammen nämlich von der Eisenbahn des Elsaß von Anfang des 20.Jahrhunderts. Die 2. Lok und der Triebwagen sind französische Bauarten.
    Es lohnt sich!
    PS: Habe mir „On va deguster la France“ auf Deinen Tip hin gekauft, war aber geizig und nahm die französische Version. Ein „schreckliches“ Buch, man kann sich herrlich drin verlieren und schmökern….

    1. Gern geschehen, lieber Gunter. Ich werde in diesem Jahr mehr Ziele vorstellen, die nicht im Fokus stehen oder eher abseits liegen, im Landesinnern wie an der Küste Viele Grüße! Hilke

  2. Wir waren vergangenes Jahr da und haben Galette-Buchweizenpfannkuchen in der Spätsommersonne genossen. Auch der Freiluftmarkt mit der komischen Marktfraustatue ist in Erinnerung geblieben.

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