
Er war König von Neapel und Sizilien, Titularkönig von Jerusalem, Gegenkönig von Aragón, Herzog von Lothringen und Anjou, Graf von Provence und Guise, Markgraf von Pont-à-Mousson. Für die Bürger von Angers war und ist er nur eines: Le Bon Roi René.
Am 10. Januar 1409 wurde er auf der wuchtigen Festung hoch über der Maine als zweiter Sohn Ludwig II. von Anjou und Jolanthe von Aragón geboren.
Wie damals für einen Zweitgeborenen üblich, wurde René nicht auf die Führungsaufgaben als Regent erzogen, sondern vor allem in den schönen Künsten unterrichtet.
König für die Künste
Er versuchte sich als Dichter und Maler, engagierte sich für die Wiederbelebung der Troubadourtradition – und musste sich, durch den Tod des Bruders gezwungen, doch militärischen und politischen Aufgaben widmen.
Für den Historiker Desmond Seward ist der “gute König” daher einer „der spektakulärsten königlichen Verlierer des 15. Jahrhunderts außerhalb Englands“ (“one of the most spectacular royal losers in fifteenth century Europe outside of England” in: The Wars of the Roses. New York: Penguin. 1995, S. 51.).
Am 10. Juli 1480 starb le bon roi René in Aix-en-Provence. Seine sterblichen Überreste indes wurden in einer Nacht- und Nebelaktion zurück nach Angers gebracht, wo er in der Cathédrale Saint-Maurice seine letzte Ruhestätte fand.
17 Türme & Tapisserien
Sein Schloss aus hellem Tuff und dunklem Schiefer gleicht äußerlich einer Festung. 17 Türme und bis 30 m hohe, wehrhafte Mauer schützen das Schloss.
Der Schlossgraben war nie mit Wasser gefüllt. Heute schmücken ihn kunstvoll angelegte Blumenbeete und Rabatte.
Jenseits der Festungsmauern findet ihr weitere Wein- und Blumengärten, den Wohntrakt Châtelet, die königliche Kapelle und das Museum.
Das Museum passt sich als moderner Neubau aus flachen Schiefersteinen kantig klar der historischen Architektur an.
Drinnen birgt er im Halbdunkel ein einzigartiges Zeugnis mittelalterlicher Textilkunst: die Wandteppiche der Apokalypse aus dem 14. Jahrhundert.
Ursprünglich 165 m lang, heute nur noch 144 m lang udn vier bis sechs Meter hoch, haben die Tapisserien zum Weltuntergang bis heute nichts von ihrer Farbigkeit und Faszination verloren.
Ungeheuer mit vielen Köpfen bedrohen die Menschen. Sünder hocken eng eingepfercht in der Hölle. Ein mutiger Ritter jagt einem Drachen seine Lanze durch den Hals.
Dann blättert der Erzähler, übermannshoch gewebt, mit seiner linken Hand die Seite um. Rot leuchtet die Minuskelrubrik. Die handgewebten Teppich lieben solche Details.
Lasst euch Zeit und seht genauer hin. Die einzigen Prophezeiungen der Bibel, festgehalten vom Apostel Johannes in Ich-Form.
Im Mittelalter über Jahrzehnte gewebt und heute Welterbe. Eine Bibel in Bildern. Eine Zeitreise ins Mittelalter. Einfach fazinierend!
Der Besuch des Museums endet im Hofgarten des Logis du Roi. Durch eine Maueröffnung blickt ihr hinab auf den Flusslauf der Maine.
Noch mehr Ausblicke bietet ein Spaziergang auf der Wehrmauer. Stadt und Schloss, die Gärten und die Maine mit immer neuen Panoramen und Perspektiven erwarten euch dort!
Angers: meine Reisetipps
Genießen
La Confiserie du Roy René
Seit 1920 die Anlaufstelle für alle, die gerne naschen.
• 5, Rue des Lices, Tel. 02 41 96 45 20
Cointreau
Angers ist seit 1849 Heimat des beliebten Orangenlikörs Cointreau. Für eine Soupe Angevine paart er sich mit kühl prickelndem Crémant von der Loire, einigen Spritzer Zitrone und etwas Zuckerrohrsirup.
La guinguette Chez Jojo
Seit 1959 wird hier nur wenige Meter vom Loire-Ufer das Tanzbein geschwungen – dass die Taverne schon mehrfach überflutet wurde, sieht man ihr nach der kürzlichen Renovierung nicht an. Die Terrasse ist überdacht, der Blick auf die Loire einfach traumhaft!
• Lieu dit Chaloché, 49320 Saint-Saturnin-sur-Loire, Tel. 02 41 54 64 04
Le Théatre
Die riesige Brasserie mit 350 Plätzen und Sommerterrasse ist vom Frühstück bis zum letzten Absacker Treff der Stadt.
• 7, Place du Ralliement, Tel. 02 41 24 15 15
Shopping
Angers längste Einkaufsstraße ist die Rue Saint-Aubin mit französischen Models wie Saint-James, Armor Lux, trendigem Streetwear vom Atelier Fishbrain (Nr.31) und verführerischer Lingerie von Darjeeling (Nr. 42).
Stylische Taschen, auch mit Leo-Print, findet ihr bei Paul Marius (Nr. 34). Alles dran, alles drin, gilt für die Rue des Poeliers mit ihrem perfekten Mix an Bars und Boutiquen, Cafés und coolen Shops wie Les P’tites Cailles (Nr.6) mit ausgefallenem Schmuck.
Samstagvormittag wird an der Place Imbach ein großer Wochenmarkt abgehalten. Antiquitäten findet ihr in der Rue Toussaint, die besten Rillauds aus Schweinefleisch seit mehr als 100 Jahren beim Schlachter Aux Rillauds d’Or (35, rue St-Laud).
Mein Mitbringsel-Tipp
La Livre Tournoi. Die zart schmelzende Münze aus Bitterschokolade, Kaffee und Orangen wird 1807 von der Confiserie Poirault (6, rue Nationale) handgemacht. Nicht minder verführerisch: die Sucres d’orge (Vanillebonbons), Muscadines (Mandeltrüffel) und Pruneaux farcis (gefüllte Pflaumen in Rum).
Hier könnt ihr schlafen*
Booking.com
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