Tolkien & Co.: die Bildteppiche von Aubusson

Aubusson webt Tolkien
Copyright: Cité de la Tapisserie

Früher Einhörner, heute Tolkien: Seit dem 15. Jahrhundert werden in Aubusson Wandteppiche aus Seide und Wolle gewoben. Die Werke aus der Welthauptstadt der Tapisserie haben längst Eingang in das Guinness-Buch der Rekorde gefunden und gehören seit 2009 zum immateriellen UNESCO-Welterbe.

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Copyright: The Tolkien Estate Ltd 1937

So stammt auch der größte Wandteppich der Welt aus den Werkstätten der Kleinstadt an der Creuse. 300 Quadratmeter groß, schmückt er die Kathedrale von Coventry. Auch die riesigen Wandbehänge, die das IOC für die Olympischen Sommerspiele in Sydney orderte, wurden in Aubusson gefertigt.

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Copyright: The Tolkien Estate Ltd 1937

Aubusson webt Tolkien-Teppiche

Ende 2016 unterzeichnete die Cité internationale de la Tapisserie ein Abkommen mit dem Tolkien Estate, um innerhalb von vier Jahren eine exklusive Serie von 13 Wandteppichen und einem Bodenteppich nach Originalzeichnungen von J. R.R. Tolkien (1892 – 1973) zu weben. Diese gewebte Erzählung basiert auf einer der größten wie erfolgreichsten Sagen des 20. Jahrhunderts.

Im Jahr 2020 folgte die Überraschung. Begeistert von den ersten Teppichen, beschloss die Familie Tolkien, zwei weitere Kreationen des Schriftstellers in die Sammlung aufzunehmen. Anfang 2021 bestätigte das Syndicat mixte de la Cité de la tapisserie die Vereinbarung des Tolkien Estate. Die Weber der Cité d’Aubusson werden nun bis 2023 zwei weitere neue Kreationen weben.

Erbe und Aufbruch im alten Handwerk

Limousin: Aubusson: Frankreichs Hauptstadt der Bildweberei. Foto: Hilke Maunder
Aubusson ist Frankreichs Hauptstadt der Bildweberei. Foto: Hilke Maunder

Im Weberhaus, einem mehrstöckigen Steinhaus aus dem 16. Jahrhundert, zeigen alte Webstühle, Spinnräder, Stiche und Studien, wie mühsam das Handwerk war. Noch heute brauchen die rund 30 Weber und Werkstätten, die in und um Aubusson für Auftraggeber aus der Welt arbeiten, für einen Quadratmeter Bildwirkerei einen Monat.

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Copyright: The Tolkien Estate Ltd 1937

Dass der alten Handwerkskunst der Sprung in die Moderne gelang, ist den erst recht lyrischen, später zunehmend apokalyptischen Wandteppichen von Jean Lurçat zu verdanken.

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Copyright: The Tolkien Trust 1973

Seine monumentalen Werke zeigen das Musée Jean Lurçat in Angers an der Loire und die Cité Internationale de la Tapisserie, die 2016 in Aubusson eröffnete.  Zum XXL-Museum der Teppichweber, das einen Überblick über die 600 Jahre alte Handwerkstradition vor Ort gibt, gehören auch Werkstätten und Ateliers.

Der Überraschungsfund von Boussac

Limousin: Im Garten des Château de Boussac. Foto: Hilke Maunder
Im Garten des Château de Boussac. Foto: Hilke Maunder

„Die Dame mit dem Einhorn“ ist der wohl berühmteste Bildteppich aus Aubusson. Per Zufall wurde er in Boussac wieder entdeckt. Das trutzige Schloss aus dem 12. Jahrhundert hoch über dem mäandrierenden Flusslauf der Kleinen Creuse war jahrzehntelang dem Verfall überlassen.

Dann kaufte das Ehepaar Blandeau das Anwesen. Zimmer für Zimmer restaurierte das Paar in Handarbeit und dekorierte es mit Antiquitäten des 17. und 18. Jahrhundert. Nur eine kleine Kammer wurde historisch getreu rekonstruiert: die Schlafstube von George Sand. Bereits Großmutter, verbrachte die Schriftstellerin hier so manchen Sommer. Sie blickte hinaus auf die sanft gewellte Hügellandschaft, die rotbraunen Limousin-Rinder, die blühenden Apfelbäume und die alte Mühle am Fluss.

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Christmas-1928-tissage. Copyright: The Tolkien Trust

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Mithrim-Tissage-HD. Copyright: The Tolkien Trust 1977

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Die Region

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