Kellerbesuch bei Bouchard in Beaune

Der Keller von Bouchard ist der größte in Burgund. Foto: Hilke Maunder
Der Keller von Bouchard ist der größte in Burgund. Foto: Hilke Maunder

Dick liegt der Staub auf den Flaschen. An Fleischerhaken baumeln geheimnisvolle Zahlen. Dreistellige Ziffern, zweistellige, einstellige. 70 bis 80 Prozent Luftfeuchtigkeit lässt weiß leuchtende Pilze wachsen. Kleine Wasserpfützen bedecken den Boden.

Zehn Meter unter der Erde, vier Kilometer lang: So erstreckt sich unter dem Château de Beaune der Weinkeller von Bouchard Père & Fils.

Beaune-Grèves. Foto: Hilke Maunder
Nur die Mitarbeiter von Bouchard wissen, was sich hinter den Kürzeln und Ziffern verbirgt. Foto: Hilke Maunder

Der weltgrößte Burgunderkeller

50.000 Flaschen lagern lagern bei 11 bis 15 °Celsius in den Stollen des größten Weingut Burgunds, das sich zugleich des größten Weinkellers der Welt rühmt. 2.000 sind edle Raritäten aus dem 19. Jahrhundert.

Darunter findet ihr einen Meursault Charmes von 1846, einen Montrachet aus dem gleichen Jahr und einen Beaune Grèves Vigne de l’Enfant Jésus von 1865. In manchen Gängen sind noch die Mauern der königlichen Festung aus dem 15. Jahrhundert zu sehen, fünf bis acht Meter dick.

Seit 1820 hat Bouchard im Château de Beaune seinen Keller, seit 1871 auch seinen Stammsitz. Zu genauer jener Zeit wurde auch der Pavillon mit den glasierten Fliesen gebaut.

Bouchard Père & Fils. Foto: Hilke Maunder
Die hohe Feuchtigkeit des Kellers lässt weiße Schimmelpilze wachsen. Foto: Hilke Maunder

Größtes Weingut der Côte-d’Or

Flächenmäßig ist Bouchard das größte Weingut der Côte-d’Or in Burgund. 130 Hektar mit 450 Parzellen sind in seinem Besitz.

Zwölf Weinlagen sind als grands crus, 74 als premiers crus klassifiziert. Bouchard Père & Fils gehört auch zu den ältesten Weingütern in Burgund. Bereits  1731 verkaufte der Tuchhändler Michel Bouchard neben seinen Stoffen auch Wein.

Bouchard Père & Fils. Foto: Hilke Maunder
Das Anwesen von Bouchard Père & Fils. Foto: Hilke Maunder

Sein Sohn Joseph und sein Enkel Antoine-Philibert-Joseph, den die Familie als centennial bezeichnet gründeten 1785 offiziell Bouchard Père & Fils.

Als während der Französischen Revolution Top-Lagen der Kirchen und Klöster enteignet und verkauft wurden, sicherte sich die Familie die Filetstücke des Terroir, darunter auch Land in Vougeot.

Pionier des Ökoweinbaus

Heute gehört Bouchard Père & Fils zu den Pionieren des nachhaltigen Anbau. Seit  2015 ist das Weingut nach dem höchsten französischen Umweltstandard Haute Valeur Environmentale zertifiziert.

Bouchard Père & Fils. Foto: Hilke Maunder
Typisch: das Burgunder-Dach von Bouchard Père & Fils. Foto: Hilke Maunder

Die Lese erfolgt traditionell per Hand. Mitte September beginnen alljährlich die vendanges. 250 Leute sind dann im Einsatz. 18 Tage lang ernten 150 von ihnen in fünf bis sechs Teams mit 13-Liter-Eimern Chardonnay und Pinot Noir per Hand.

Der Rotwein mazeriert bis zu drei Wochen. Der Weißwein wird gleich weiter verarbeitet, ehe Kellermeister Frédéric Weber ihn 4.500 Fässern und 280 temperaturgeregelten Edelstahltanks ausbaut. 135 Tanks sind für Rotwein reserviert.

Bouchard Père & Fils. Foto: Hilke Maunder
Bester Pinot Noir: die Lage Vigne de l’Enfant Jésus in Beaune-Grèves. Foto: Hilke Maunder

Global Player

Bouchard ist heute kein Familienunternehmen mehr. Wie William Fèvre in Chablis, Château de Poncié in Fleurie im Beaujoulais und das Champagnerhaus Henriot in Reims gehört es zur Gruppe  Maisons & Domaines Henriot.

Bouchard Père & Fils ist ein wachsendes Unternehmen. Sein Jahresumsatz beträgt rund 37 Millionen Euro. 44 Prozent der Weine werden in Frankreich abgesetzt, 56 Prozent in Kanada, USA, Großbritannien und Japan.

Bouchard Père & Fils. Foto: Hilke Maunder
Die Weinlagen der Côte-d’Or. Foto: Hilke Maunder

Exklusive Tropfen

600.000 Flaschen füllt Bouchard jedes Jahr ab. Einige davon sind Exklusivabfüllungen, auf anderen Lagen hat Bouchard das Monopol. Die Tropfen dieser Lagen gibt es nur bei ihnen. Dazu gehören die folgenden Weine.

Chevalier-Montrachet

Grand Cru La Cabotte : 0,21 Hektar, 100 % Chardonnay. Die cabottes sind im Burgund kleine Arbeitshäuschen in den Weinbergen aus trocken geschichteten Steinen. Sie bieten den Weinbauern bei schlechtem Wetter Schutz.

Picknick: Bei Beaune in den Weinbergen von Bouchard. Foto: Hilke Maunder
Perfekt für ein Picknick: die Weinberge bei Beaune. Foto: Hilke Maunder

Beaune-Grèves

Vigne de l’Enfant Jésus : 3,92 Hektar, 100 % Pinot Noir. Der Name verweist auf eine Legende. Marguerite du Saint-Sacrement, Gründerin des Karmeliterordens des Saint Enfant Jésus de Beaune, soll die Geburt des Sonnenkönigs vorhergesagt haben, obgleich die Mutter von Ludwig XIV. als steril galt. Neun Monate nach der Vorhersage wurde der Monarch am 5. September 1638 geboren.

Die Äbtissin wurde im gesamten Königreich berühmt. Die Spenden flossen reichlich. So erhielt das Kloster auch diese berühmte Weinlage. 1889 erwarb Bouchard das Land im Herzen der 32 Hektar großen Appellation Beaune-Grèves aus dem Besitz der Pommier-Brüder. Den premier cru 2011 gibt es ab Keller für 80 Euro.

Beaune Clos de la Mousse

Premier Cru Rouge : 3,36 Hektar, 100 % Pinot Noir. Von Trockensteinmauern eingezäunt ist auch dieser Weingarten, dessen Wurzeln bis 1220 zurückreichen. Während der Revolution zerstückelt, kauften die Bouchards sukzessive den gesamten Weingarten zurück und besitzen ihn heute exklusiv.

Bouchard Père & Fils. Foto: Hilke Maunder
Trockenmauern trennen die einzelnen Parzellen der Weinberge von Beaune-Grèves. Foto: Hilke Maunder

Beaune Clos Saint-Landry

Premier Cru Blanc : 1,98 Hektar, 100 Prozent Chardonnay. Hier findet ihr die älteste Chardonnaystöcke von Beaune. 1791 kaufte Bouchard diese Lage vom der Abbaye de Maizières.

Beaune du Château

Premier Cru Blanc : 9,92 Hektar, 100 % Chardonnay. Die Assemblage aus Premier Cru-Parzellen komponierten Antonin und Joseph Bouchard 1907. Der Weiß enthält Trauben aus fünf Parzellen.

Beaune du Château

Premier Cru Rouge: 26,04 Hektar, 100 % Pinot Noir. s. o. Der Rote enthält Trauben aus 17 Parzellen.

Bouchard Père & Fils. Foto: Hilke Maunder
Ein Weinlehrpfad führt euch durch die Weingärten von Beaunes-Grèves. Foto: Hilke Maunder

Verkostete Tropfen

Ungewohnt: Verkostet ihr die Weine bei Bouchard, geht es erst mit Rotwein los, dann folgt der Weißwein.

Rot

Auxey-Duresses Les Duresses, Premier Cru 2013

Ein charaktervoller Rote, dem das Lagern gut tut – je älter, desto besser. Beerenbetonte Bukett. Ab Keller 19,90 Euro.

Beaune Marconnets Premier Cru 2012

Intensiv rot, fast schwarz, kommt dieser Tropfen daher, der gut zu Lamm und den kräftigen Käsesorten der Bourgogne passt. Ab Keller 29,90 Euro.

❤  Nuits-Saint-Georges Les Cailles 2011  ❤

16,5 gab die Weinexpertin Jancis Robinson für diesen traumhaften Tropfen mit Noten von Kirsche und Lakritze. Ab Keller 62,50 Euro.

❤  Le Corton, Grand Cru 2011 ❤

Pinot Noir kann nicht nur elegant, sondern auch kraftvoll sein. Dieser Wein wächst auf der einzige Lage der climats der Côte-d’Or, die noch in Sublagen unterteilt wird.

Seit dem zweiten Jahrhundert vor (!) Jesus Christus angebaut, war dieser Wein der Lieblingstropfen von Karl dem Großen.

Der  französische Dichter Guy de Maupassant bezeichnete Le Corton in seinem Roman Bel Ami als  roi des bons vivants, König der Lebenskünstler. Ab Keller 79 Euro.

Bouchard Père & Fils. Foto: Hilke Maunder
Informativ: der Verkostungsraum von Bouchard Père & Fils. Foto: Hilke Maunder

Weiß

❤ Chassagne-Montrachet 2013 ❤

Auf den kargen Mergelböden der Kommune gedeihen körperreiche Weißweine wie diese leuchtend grün-gelbe Kostbarkeit. Vom Duft her zart würzig mit Vanille und Pfirsich, zeigt er sich auf der Zunge kraftvoll mit Barrique-Note und langem Nachklang. Ab Keller 32,90 Euro.

Meursault Le Porusot, Premier Cru 2013

An diesem Wein scheiden sich die Geister. Die einen schwärmen von seinem gekonnten Mix von mineralischen, nussigen und Zitrus-Apfelnoten, die anderen empfinden den Tropfen als flach und verschlossen.

Wunderschön ist auf jeden Fall seine goldgelbe Farbe im Glas. Und wir? Haben abends eine Flasche ausgetrunken und genossen! Ab Keller 50,90 Euro.

Bouchard Père & Fils. Foto: Hilke Maunder
Ein Labyrinth des Weins: der Keller von Bouchard Père & Fils in Beaune. Foto: Hilke Maunder

Bouchard & die Route des Grands Crus: Infos

Bouchard Père & Fils

Kellereibesuch und Verkostung sind kostenlos; exklusives Speisen in der Orangerie ist Firmenevents vorbehalten. Als einziger Reiseveranstalter darf dort auch European Waterways mit seinen Gästen schlemmen.
• Château de Beaune, 21200 Beaune, Tel. 03 80 24 80 24,  www.bouchard-pereetfils.com

Route des Grands Crus

Seit 2000 Jahren haben die Winzer die Landschaft der Côte-d’Or geprägt.  Typisch für den Weinbau hier sind die climats. Das Mosaik der 1.247 Parzellen mit Mikroklima und unverwechselbarem Terroir gehört seit Juli 2015 zum Welterbe. Die Themenroute verbindet seit 1937 auf 60 Kilometern Länge Dijon via Beaune mit Santenay.
www.beaune-tourismus.com

Bouchard Père & Fils. Foto: Hilke Maunder
Konstante Temperaturen sind maßgeblich für die perfekte Reifung der Weine. Foto: Hilke Maunder

Hintergrund: Burgunder-Weine

  • Weinbau auf schmalem Streifen, der sich 230 km von Nord nach Süd erstreckt
  • 28.841 Hektar, 7% der AOC Frankreichs
  • zwei Haupttrauben: Chardonnay (48 %) und Pinot Noir (34%); weitere Trauben: Gamay (10 %), Aligoté (6%), andere (2 %)
  • Klassifizierung: Regionale Appelationen (51,3 % der Produktion), Appellationen mit Dorfname (Village): 38,1 %, Premier Cru: 9,3 %, Grand Cru: 1,3 %

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Im Buch

Hilke Maunder, BurgundBurgund*

Nach Le Midi habe ich auch Burgund intensiv erkundet. Viele Wochen lang habe ich zusammen mit dem Fotografen Thomas Müller Schneckenzüchtern, Käsemachern, Viehzüchtern, Winzerinnen und anderen lokalen Produzenten über die Schulter gesehen. Wir haben Märkte und Manufakturen besucht und vielen Köchen in die Töpfe geguckt.

Vom einzige Dreisternekoch Burgunds, Éric Pras von der Maison Lameloise, über Alain Renaud, Küchenchef der Auberge Les Tilleuls in Vincerolles bis zu Julien Fuchey von der Auberge La Morvandelle in Tintry haben sie mir typisch burgundische Rezepte verraten.

Neben berühmten Klassikern wie Bœuf Bourguignon findet ihr unter den 80 authentischen Rezepten auch viele Gerichte, die seit Generationen in den Familien Burgunds tradiert wurden – und doch noch Geheimtipps sind. Wer die Speisen nachkochen möchte oder neugierig auf die Küche Burgunds ist, kann mein Reise-Koch-Erlebnisbuch hier* bestellen.

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Und wenn ihr schon einmal in Beaune seid: Verpasst nicht das Hôtel-Dieu! Mehr dazu erfahrt ihr hier.

Beaune: Hôtel-Dieu. Foto: Hilke Maunder
Die Dächer des Hôtel-Dieu. Foto: Hilke Maunder
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