Das untere Tor der Zitadelle von Briançon. Foto: OT Serre Chevalier Vallee–Briançon

Briançon: Frankreichs höchstgelegene Stadt

Briançon ist spitze. Und das sogar wortwörtlich. Keine Stadt thront so hoch wie malerisch und wehrhaft über fünf Tälern. 1326 Meter. Keine Stadt liegt höher in Frankreich. Auch in der EU ist Briançon spitze. Doch europaweit ist Vaubans Adlernest nur Nummer zwei. In der Schweiz bringt es Davos auf 1.5587 Meter.

Briançon thront strategisch am Kreuzpunkt von fünf Alpentälern. Das wussten schon die Römer, die an der Straße zum Col de Montgenèvre einen wichtigen Stützpunkt anlegten.

Was für eine Lage!

Die strahlenförmige Struktur der Täler von Haute-Durance, Guisane, Clarée, Ayes und Cerveyrette bot der Stadt schon sehr früh einen leichten Zugang zur Provence, ins Queyras, zur Isère, in die Drôme und zum heutigen Italien.

Zwei Brände – 1624 und 1692 – zerstörten fast völlig das mittelalterliche Briançon. Einzig die 1388 erbaute Église des Cordeliers entging den Flammen und konnte als einziges mittelalterliches Gebäude seine Fassade im romanischen Stil und seine Wandmalereien im Innern bewahren.

In der Altstadt von Briançon. Foto: OT Serre Chevalier Vallee–Briançon
In der Altstadt von Briançon. Foto: OT Serre Chevalier Vallee–Briançon

Die Welterbe-Festung

Beim zweiten Wiederaufbau holten die Stadtväter den Festungsbauexperten des Sonnenkönigs, tobte doch der Krieg mit dem nahen Italien. Sébastien Le Prestre de Vauban (1633 – 1707) kam im Herbst 1692 in Briançon an, nachdem der Herzog von Savoyen einen Angriff verübt hatte. Ein schwieriges, äußerst schwieriges Terrain, befand Vauban, inspizierte, plante, verwarf. Und zeichnete mit Tinte am 21. und 22. November 1692 seine Festung Briançon.

Vauban plante Bastionen, entwarf Demi-Lunes als Vorwerk der Artillerie und eine Fausse-Braie, einen Vorwall zwischen dem Graben und dem Hauptwall der Festung. Er ließ die Gräben vergrößern, Schießscharten anlegen, Wachhäuschen aufstellen, den Brunnen auf der Place d’Armes vertiefen sowie Kasernen und Pulvermagazine anlegen. Kein Detail entging dem Genie.

Die <em>Église Notre-Dame-et-Saint-Nicolas </em> von Briançon. Foto: OT Serre Chevalier-Briançon
Die Église Notre-Dame-et-Saint-Nicolas von Briançon. Foto: OT Serre Chevalier-Briançon

Neue Kriege, neue Grenzen

Auf seiner zweiten Reise nach Briançon inspizierte Vauban am 24. August 1700 sein Werk und war zufrieden. Doch 1701 flammte der Spanische Erbfolgekrieg wieder auf, und Briançon wurde Schauplatz der französisch-savoyardischen Auseinandersetzungen.

Der Vertrag von Utrecht beendete 1713 den Konflikt teilweise, erwies sich aber für das Gebiet als katastrophal. Die Grenze, die bis dahin weit jenseits der Berge lag, wurde an den Montgenèvre-Pass vorverlegt. Frankreich verlor das Val Cluson, die Varaïta und einen Teil des Val de Suse und erhielt im Gegenzug die Ubaye.

Im Geiste Vaubans

Während Briançon unter Beschuss stand, starb Vauban am 30. März 1707. Doch sein Geist und seine Prinzipien prägten auch nach dem Tod weiter die Arbeiten an der Festung. Dreizehn Sommer lang wurde ab Juli 1721 unter der Herrschaft von Louis XV die Festung Briançon ausgebaut.

Sie erhielt eine verstärkte Stadtmauer, vier Forts, einen Signalturm und die Brücke Pont d’Asfeld. Briançon wandelte sich zu einer uneinnehmbaren Bergfeste. Ihre Cité Vauban ist bis heute eindrucksvoll und gehört, gemeinsam mit elf anderen Militärbauten von Vauban in Frankreich, seit 2008 zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Treffunkt des alten Briançon: die <em>Place d'Armes</em>. Foto: OT Serre Chevalier Vallee–Briançon
Treffunkt des alten Briançon: die Place d’Armes. Foto: OT Serre Chevalier Vallee–Briançon

Cité Vauban: wehrhaft wie malerisch

Die Altstadt der Ville d’Art & d’Histoire im Haut-Dauphiné ist heute eine Fußgängerzone. Das Fahrzeug auf dem Champs de Mars geparkt, geht es durch die Porte de Pignerol hinein. Häuser aus Bruchsteinmauerwerk, mit farbigem Putz überzogen, säumen die Gassen.

Eng ist die Zitadelle, schattig auch im Sommer. Doch auf der Place d’Armes flutet das Licht. Sie ist die gute Stube der Stadt und traditioneller Treffpunkt der Einheimischen. Bis zur Ankunft Vaubans erhob sich auf dem Platz eine offene Markthalle aus Holz.

War die Marktzeit beendet, wurde dort Boule gespielt. Doch das Militär brauchte Platz für Paraden und zum Exerzieren. Die Halle verschwand, die Maison du Roi kam – als königliches Gericht mit Kerker und Kapelle.

Frankreichs ältester Wintersportort

Der front de neige von Montgenèvre. Foto: Hilke Maunder
Der front de neige von Montgenèvre. Foto: Hilke Maunder

Zwölf Kilometer nordöstlich von Briançon hockt Montgenèvre auf 1850 Meter Höhe auf der gleichnamigen Passhöhe. Ein internationaler Skiwettbewerb machte das provenzalische Bergdorf im Jahr 1907 offiziell zur ersten Skistation der französischen Alpen.

Montgenèvre punktet gleich dreifach als Wintersportort. Seine südliche Lage sorgt im Winter für 542 Sonnenstunden (Landesdurchschnitt: 380). Der Ostwind Lombade garantiert reichlich Schnee während der Saison.

Auch eisige Bergspitzen wie diese hier bei Montgenèvre gehören zur Haute-Provence! Foto: Hilke Maunder
Auch eisige Bergspitzen wie diese hier bei Montgenèvre gehören zur Haute-Provence! Foto: Hilke Maunder

Grenzenlos schwingen

Durch die direkte Lage an der italienischen Grenze ist Montgenèvre als westlichste und einzige französische Station an den Skigroßraum Vialattea mit seinen 400 Kilometern an ausgezeichneten Pisten angeschlossen.

Zudem lockt heute Frankreichs ältester Wintersportort nicht nur mit grenzenlosem Spaß im Schnee, sondern auch Wellness im Spa Nuxe Durancia. Mehr zu Montgenèvre erfahrt ihr hier im Blog.

 

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Im Blog

Frankreichs ältestes Skistation: Montgenèvre

Schneeloch der Südalpen: Serre Chevalier

Wehrhaftes Welterbe: die Festungen von Vauban

Unterwegs im Skigebiet von Serre Chevalier. Der Blick hin zu Les Écrins. Foto: Hilke Maunder
Unterwegs im Skigebiet von Serre Chevalier. Der Blick hin zu Les Écrins. Foto: Hilke Maunder

Im Buch

Secret Citys Frankreich*

Briançon gehört zu den 60 Orten in Frankreich, die echte Perlen abseits des touristischen Mainstreams sind. Le Malzieu in der Lozère, Langogne im Massif Central, aber auch Dax, das den meisten wohl nur als Kurort bekannt ist.

Gemeinsam mit meinem geschätzten Kollegen Klaus Simon stelle ich in diesem Band vor. Mit dabei sind auch Sens, eine filmreife Stadt im Norden von Frankreich, und viele andere tolle Destinationen. Frankreich für Kenner  – und Neugierige!

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2 Kommentare

  1. Hallo Hilke,
    die Berichte über Briançon und Serre Chevalier sind spitze!
    Exakt, so ist es… eine traumhafte Region mit sehr viel Geschichte! Wir suchten die schnellste Route mit dem Auto im Sommer, Basel, Genf, Grenoble Autobahn, dann die letzten “ schlappen“ 100km mit links über Bourg d‘Oisans, Lautaret, Chantemerle..dachten wir!! Unsere Freunde in Bourg en Bresse warnten uns, für diese 100km braucht ihr über 3 Stunden! Na ja, die vielleicht… war unsere Meinung! Kurz… wir benötigten fast 3 Stunden!!
    Die zügigste Route mit 100km Einsparung war für uns danach immer: Basel, Montreux, Tunnel St. Bernhard, Turin, Susa, Montgenèvre, Chantemerle!
    Danke für diesen wunderbaren Bericht, welcher bei uns traumhafte Erinnerungen weckte!
    Einen herzlichen Gruß von der Nahe,
    Siegrid

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