Haut-de-Cagnes: Der Abend senkt sich über das Hinterland der Côte d'Azur. Foto: Hilke Maunder
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Im Winter an der Côte d’Azur: Cagnes

Es gibt Orte, die kenne ich nur abends. Nachts. Nach dem Job, nach Pressekonferenzen oder anderen Terminen. Und so kam ich auch nach Cagnes-sur-Mer an die Côte d’Azur.

Abends im Winter. Trocken, ein wenig wolkenverhangen, aber nicht allzu kalt. Doch die Saison war vorbei. 19 Uhr zeigte die Uhr. Damit war es zu spät für das Renoir-Museum.

Renoir hatte seine letzten zwölf Lebensjahre in der Umgebung von Cagnes auf der Domaine des Collettes verbracht, weil ihm in Paris seine Arthritis zu sehr zu schaffen machte.

Seine Villa wandelte sich zum Musée Renoir. Dort könnt ihr heute seine Farbpalette, seinen Rollstuhl, 14 Originale und einige Skulpturen des Meisters bewundern.

Das Mittelmeer bei Cagnes-sur-Mer. Foto: Hilke Maunder
Das Mittelmeer bei Cagnes-sur-Mer. Foto: Hilke Maunder

Sanft rollte das Mittelmeer auf den Strand. Baden? Im Winter an der Côte d’Azur? Warum nicht, flüstert die Norddeutsche in mir.

Ich stecke die Hand ins Wasser, und entschied: nein. Auch, wenn sich zu Neujahr Wagemutige in die Fluten stürzen und mit dem bain du nouvel an das neue Jahr begrüßen.

Haut-de-Cagnes_Grimaldi-Haus. Credits_HIlke Maunder
Haut-de-Cagnes am frühen Abend. Foto: Hilke Maunder

Die Läden und Lokale der Strandpromenade: geschlossen. Das Hotel: nun ja, es war praktisch, ruhig und sauber. Und noch war es zu früh fürs Bett.

Weihnachtsschmuck. Foto: Hilke Maunder

Die Unterstadt wirkte wie ausgestorben, jetzt im Winter. Doch am Horizont leuchteten Lichter einladend. Haut-de-Cagnes verriet die Karte. Ich folgte den Lichtern. Und entdeckte einen malerischen bourg.

Cagnes:
Das Restaurant am Hauptplatz. Foto: Hilke Maunder

Ein Hügeldorf mit bunten Häusern und prachtvoller Bougainvillea, Mimosen und Geranien, umgeben von einem mittelalterlichen Mauerring. Die Burg aus dem 14. Jahrhundert ließ Admiral Rainier Grimaldi als Vorposten gegen Piratenangriffe erbauen.

Blick von Haut-de-Cagnes auf Cagnes-sur-Mer. Foto: Hilke Maunder
Blick von Haut-de-Cagnes auf Cagnes-sur-Mer. Foto: Hilke Maunder

In der Burg zeigt das Château-Musée mehrere Dauerausstellungen, unter anderem eine über Olivenbäume und – im Museum für moderne Kunst des Mittelmeerraumes – Werke von Chagall, Matisse und Pierre Auguste Renoir (1841–1919), dem berühmtesten Künstler der Stadt.

Nächtliches Stillleben in Haut-de-Cagnes. Foto: Hilke Maunder

Auf dem Hauptplatz spielten die Männer Pétanque. Die Frauen klönten und sahen dabei zu. Kinder fuhren mit kleinen Rädern und Rollschuhen über den Platz. Langsam kam die Nacht, zog die Kühle hinauf.

Die Kirche von Haut-de-Cagnes. Foto: Hilke Maunder
Die Kirche von Haut-de-Cagnes. Foto: Hilke Maunder

Die Männer zurrten die Schals enger und warfen die Kugeln, bis sie nicht mehr zu sehen waren. Der Platz leerte sich. Die Plätze im Restaurant füllten sich. Straßenlampen warfen Schlaglichter auf Gebäude und Menschen.

Die alte Schule von Haut-de-Cagnes. Foto: Hilke Maunder
Die alte Schule von Haut-de-Cagnes. Foto: Hilke Maunder

Eine alte Schule. Der Vorhof der Kirche. Der Glockenturm. Die blaue Stunde. Die Nacht. Still. Und niemand mehr auf den Straßen. Glücklich kehrte ich zurück ins Hotel. Frankreich außerhalb der Saison. Ohne chichi.

Cagnes-sur-Mer: der kleine Fischereihafen am frühen Morgen. Foto: Hilke Maunder
Cagnes-sur-Mer: der kleine Fischereihafen am frühen Morgen. Foto: Hilke Maunder

Authentisch wie die Fischer, die am Morgen vom nächtlichen Fang zurückkehrten, ihre Boote putzten und den Fisch schrubbten, um ihn gleich morgens auf dem kleinen Fischmarkt zu verkaufen. Au revoir, Cagnes!

Cages-sur-Mer: Ein Fischer säubert sein Boot. Foto. Hilke Maunder
Ein Fischer säubert sein Boot. Foto. Hilke Maunder

Cagnes mal drei

Cagnes gliedert sich in drei Teile: den Hauptstrand und den alten Fischerhafen Cros-de-Cagnes mit den alten, bunten pointus genannten Fischerbooten und guten Fischrestaurants, Cagnes-Ville, ein Einkaufsviertel mit Frankreichs zweitgrößter Rennbahn direkt am Meer, und der alten Oberstadtstadt von Haut-de-Cagnes.

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In der Nähe

Biot machte einen Makel zum Markenzeichen: Die Glasbläserei im gleichnamigen Örtchen Biot in den Alpes-Maritimes hat die Kunst, Luftblasen in Glas einzufangen, perfektioniert und damit ihren ganz eigenen, unverwechselbaren Stil geschaffen.

Das Sortiment der 1956 von Éloi Monod (1918 – 2007) eröffneten Glashütte umfasst heute nicht nur Gläser und Karaffen für einen schön gedeckten Tisch, sondern auch Küchenutensilien und Kunstobjekte. Wie sie entstehen, zeigen Glasbläser ganzjährig vor Ort. Das angeschlossene Museum dokumentiert die Geschichte der Glaskunst.

Das Geheimnis der Blasen

Mehr als 700.000 Besucher pilgern jährlich zu dem Familienunternehmen. Heute längst ein Global Player, exportiert es sein Luxusglas in alle Welt.

Eine, die als Achtjährige die Glashütte besuchte, bläst heute selbst das berühmte Glas: Isabelle Navarro. Sie verrät: „Die Blasen im Glas – das macht das Bicarbonat.“
• La Verrerie de Biot:  Chemin des Combes, 06410 Biot, Tel. 04 93 65 03 00, www.verreriebiot.com

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10 Kommentare

  1. Hallo Hilke

    Wie liebevoll Du über meine Stadt geschrieben hast <3
    merci beaucoup

    Noch was, einmal im Jahr gibt es das "Championnat des boules carrées" im Haut de Cagnes, da wird, wie beschrieben, ein Boulespiel (Pétanque) mit eckigen "Boules" gemacht…. ist einfach logisch, so können sie nicht die steilen Strassen runterkugeln
    https://www.grandsudinsolite.fr/116-06-alpes-maritimes-le-championnat-du-monde-de-boules-carrees.html

    Und seit einigen Jahren haben wir das grosse Einkaufszentrum "Polygone Riviera".. ein riesiges Outdoor Einkaufszentrum mit vielen Restaurants und Wasserplätzen. Einfach schön 🙂
    http://www.cagnes-tourisme.com/fr/loisirs/shopping-marches/polygone-riviera.html

    Es lohnt sich auf jeden Fall zu jeder Jahreszeit einen kleinen Abstecher zu machen.

    Die Abgehärtesten machen jedes Jahr ein Wihnachts- und Neujahrschwimmen…. da war ich allerdings nur Zuschauer, mir ist das auch zu kalt

    Glg aus Cagnes
    Kristin

  2. Man kann in Cagnes auch gut übernachten! In der Oberstadt sollte man sich ein wunderbares Abendessen im kleinen charmanten Restaurant Fleur de Sel nicht entgehen lassen (Reservierung empfehlenswert, da nur wenige Tische http://www.restaurant-fleurdesel.com). Die beiden Eheleute sind sehr freundlich und das Essen wunderbar. Wir waren bereits dreimal mit zeitlichem Abstand dort und waren jedes Mal begeistert.
    Herzliche Grüße!

    1. Liebe Gesine, ganz herzlichen Dank für diesen Tipp! Da werde ich dann das nächste Mal schlemmen, wenn ich dort bin. Alles Gute! Hilke

  3. Auch wir haben letzten Oktober einen wumdervollen Nachmittag und die blaue Stunde in Haut-de-Cagnes verbracht und die bezaubernde Atmosphäre genossen. Mir wollte es scheinen, als hätte man den gut frequentierten Kinderspielplatz genau in die Ecke gebaut, in die die letzten Sonnenstrahlen fallen – ich fand das genial!
    Übrigens ist das Dorf von sämtlichen Aussichtspunkten des Renoir-Anwesens zu sehen. Ob der Alte es auch gemalt hat?
    Noch eine wichtige Info: Im Höhendorf kann man sich nur zu Fuß bewegen (logisch!) und muss sein Auto vorher in einem Parkhaus abgeben. Die Rückfahrt hat uns einen Seitenspiegel und reichlich Nerven gekostet, weil wir ins alte Gassengewirr geraten sind! Man muss nach unten, klar, aber ansonsten dürften da Hinweisschilder stehen!!!
    Liebe Grüße!

    1. Liebe Frau Menge-Winkelmann, ganz herzlichen Dank für diesen wichtigen Autohinweis und die Info, dass man von allen Aussichtspunkten das Anwesen von Renoir sehen kann. Das war mir gar nicht aufgefallen. Und ja, der Kinderspielplatz ist top platziert! Das zeigt, wie wichtig es für Franzosen ist, dass die Familie zusammen ist und gemeinsam etwas erlebt – von Boule bis Sandkiste. Viele Grüße!

    2. Hallo Katrin

      Man kann sein Auto auch unten in der Stadt parken und dann mit einer Navette (kleiner Bus) hoch in die Altstadt fahren, ist kostenlos.

      LG aus Cagnes sur mer (ir sind hier seit 8 Jahren wohnhaft)
      Kristin

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