Aix-en-Provence: Mandeln, gepaart mit Melone und Orange: die Calissons d'Aix. Foto: Hilke Maunder
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Süße Schiffchen: calissons & navettes

Calissons und navettes: Voilà zwei Kekse mit Geschichte. Versüßt euch die Woche oder das Wochenende, den Sommer wie den Winter, mit diesen berühmten Franzosen!

Calissons: Königliches für ein Lächeln

Eine mehr als 500 Jahre süße Spezialität sind auch die Calissons aus Aix-en-Provence. Der historischen Überlieferung nach sollen sie 1454 zur Hochzeit des Herzogs von Anjou kreiert worden sein – vom Herrscher höchstpersönlich, der mit ihnen den traurigen Blick seiner Zukünftigen aufheitern wollte. Andere Quellen (ich finde sie glaubwürdiger) besagen, dass René seinen Koch mit einem außergewöhnlichen Rezept beauftragt habe.

Die zweite Legende, die sich um die Calissons rankt, gleicht jener der Navettes aus Marseille. Auch die Calissons werden als süße Reminiszenz an die Schiffe gesehen, die einst auf den Meeren segelten und die Heiligen nach Südfrankreich brachten. Vielleicht war Papst Pius V. ja deshalb so ein Liebhaber der Calissons. Schriftlich überliefert ist das Konfekt in Form eines Weberschiffchens seit dem 16. Jahrhundert.

Und auch hier sorgt – neben Mandeln und kandierten Melonen – das Orangenblütenaroma für den unvergleichlich zarten Geschmack. Was noch in dem Gebäck versteckt ist, bleibt das Geheimnis der Calissonniers aus Aix-en-Provence.

Nicht nur an Festtagen köstlich: die Calissons d'Aix. Foto: Hilke Maunder
Nicht nur an Festtagen köstlich: die Calissons d’Aix. Foto: Hilke Maunder

Les Calissons d’Aix: das Rezept

  • 250 g Mandelpulver (sehr, sehr fein gemahlene Süßmandeln)
  • 250 g Puderzucker
  • 2 Esslöffel Orangenblütenwasser
  • 500 g kandierte Melone
  • 50 g kandierte Orange
  • 1 Eiweiß
In solch einer Form wurden einst die Calissions bei Roy René gefertigt. Foto: Hilke Maunder
In solch einer Form wurden einst die Calissons bei Roy René gefertigt. Foto: Hilke Maunder

Zubereitung

  • Mandelpulver, Puderzucker und kandierte Früchte mit einem Stabmixer sehr fein zerkleinern. In einem Kochtopf bei schwacher Hitze erhitzen, bis sich die Masse vom Rand löst.
  • Die Masse ca. 1 cm hoch ausrollen und die Calissons ausstechen. In Frankreich gibt es dafür eigene Formen. Ich habe einfach die Plätzchen-Formen der Weihnachtsbäckerei genommen. Nicht authentisch, aber lustig und auch lecker.
  • Backpapier auf das Backblech legen und die ausgestochene “Plätzchen” darauf legen. Bitte keine Alufolie nehmen, da können sie zu sehr festkleben.
  • Für die Glasur Eiweiß und Puderzucker verrühren
  • Die Calissons mit einem Pinsel mehrfach (!) mit dem Zuckerguss bestreichen
  • Die Calissons bei 130 °C Ober- und Unterhitze rund 5 Minuten auf mittlerer Schiene in den Ofen stellen, damit die Glasur aushärtet. Achtung: Sie darf nicht golden werden!
  • Die Calissons vollständig erkalten lassen, ehe ihr sie von der Folie nehmt. Sonst brechen sie!

In einer Metalldose oder -schachtel noch etwas durchziehen lassen vor dem ersten Genuss. Bon appétit!

Navettes: Gesegnet zu Mariä Lichtmess

Knusprige Navettes-Kekse aus Marseille. Foto: Hilke Maunder
Knusprige Navettes-Kekse aus Marseille. Foto: Hilke Maunder

Navettes, Schiffchen, heißen die süßen Botschafter aus Marseille. Einer frommen Legende zufolge soll ihre Form an die kleine Barke erinnern, mit dem der Heilige Lazarus und seine Schwestern Marthe und Madeleine einst in der Hafenstadt gelandet sind.

Das Geheimnis ihrer Herstellung wird seit 1781 streng von der ältesten Bäckerei in Marseille gehütet: dem Four des Navettes nahe der Abtei Saint-Victoire.

Und von José Orsoni, dem charismatischen Bäcker von Les Navettes des Accoules im Quartier Le Panier, für mich die bessere der beiden Bäckereien. 2021 übernahm seine Tochter Marie-Julie den Betrieb.

Früher durfte das längliche Gebäck mit den feinen Orangenblüten aus dem nahen Maghreb nur zu den Lichtmessfeiern der Kirche gebacken werden. Heute könnt ihr euch das ganze Jahr hindurch an ihrem Genuss erfreuen. José verriet mir dieses Rezept.

Foto: Hilke Maunder
Marie-Julie Orsoni hat mit ihrem Partner die Bäckerei ihres Vaters 2021 übernommen. Foto: Hilke Maunder

Navettes de Marseille: das Rezept

Zutaten (ergibt 12 Kekse)

  • 500 g Mehl
  • 2 Eier
  • 200 g Kristallzucker
  • 60 g Butter. In Marseille stattessen: 3 Löffel Olivenöl
  • 4 Esslöffel Orangenblüte
  • fein gehackte Orangenschale
  • 1 Prise Salz

Zubereitung

  • Eier und Zucker schön schaumig schlagen
  • Salz, Orangenblüten, abgeriebene Orangenschale und Olivenöl hinzufügen und zu einem glatten Teig verrühren und im Kühlschrank mindestens eine Stunde ruhen lassen.
  • Den Ofen vorheizen auf 180° C Ober- und Unterhitze
  • Den Teig zum langen Strang ausrollen und in zwölf Teile schneiden
  • Jede dieser „Zigarren“ etwas flach drücken und der Länge nach mit dem Messer einschneiden, aber nicht ganz bis zum Rand
  • 20 Minuten lang auf mittlerer Schiene backen (nicht länger!)

Noch lauwarm den ersten Keks kosten. Miam !

Marseille, Navettes: José Orsoni, Foto: Hilke Maunder
José Orsoni. Foto: Hilke Maunder

Leckere Adressen

Le Four des Navettes

Die älteste Bäckerei von Marseille fertigt köstliche Schiffchen mit Orangenaroma.
• 136, rue Sainte, 13007 Marseille, Tel. 04 91 33 32 12, www.fourdesnavettes.com

Les Navettes des Accoules

• 68, rue Caisserie, F – 13002 Marseille, Tel. 04 91 90 99 42, www.les-navettes-des-accoules.com

Confiserie du Roy René

Calissons, Calinoux, Califigues, Calipruneaux und Calicitrons heißen die Klassiker. Nicht minder schmackhaft sind die neuen Kreationen.
• La Pioline, 330, rue Guillaume du Vair,  13545 Aix-en-Provence, Tel. 04 42 39 29 89, www.calisson.com

Ladengeschäft im Zentrum: 13, rue Gaston de Saporta, 3100 Aix-en-Provence.

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Im Blog

Noch mehr Beiträge zu typischen lokalen Produkten aus Frankreich birgt diese Kategorie.

Im Buch

Das Südfrankreich-Reise-Kochbuch: Le Midi*

Die calissons gehören zu den 80 echten, authentischen Speisen, die ich bei meiner kulinarischen Landpartie durch den Süden von Frankreich entdeckt habe. Zwischen Arcachon, Hendaye und Menton schaute ich den Köchen dort in die Töpfe, besuchte Bauern, kleine Manufakturen, Winzer und andere lokale Erzeuger.

Gemeinsam mit dem Fotografen Thomas Müller reiste ich wochenlang durch meine Wahlheimat und machte mich auf die Suche nach den besten Rezepten und typischsten Spezialitäten der südfranzösischen Küche. Vereint sind sie auf den 224 Seiten meines Reise-Kochbuchs Le Midi.

Ihr findet darin 80 Rezepte von der Vorspeise bis zum Dessert, Produzentenportraits, Hintergrund zu Wein und Craftbeer, Themenspecials zu Transhumanz und Meer – und viele Tipps, Genuss à la Midi vor Ort zu erleben. Wer mag, kann meine 80 Sehnsuchtsrezepte aus Südfrankreich hier* online bestellen.

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