Das Cézanne-Jahr 2025
2025 feiert Aix-en-Provence das Cézanne-Jahr. Die südfranzösische Stadt ehrt damit einen Mann, der vor 186 Jahren am 19. Januar 1839 in der Rue de l’Opéra geboren wurde: Paul Cézanne – im Provenzalischen wird er ohne Akzent geschrieben. Das Jahr steht ganz im Zeichen des Post-Impressionisten, der die Malerei des 19. Jahrhunderts revolutionierte und lockt mit zahlreichen Ausstellungen, Veranstaltungen und Neu- bzw. Wiedereröffnungen bedeutender Cézanne-Stätten.
Erstmals geöffnet: die Bastide du Jas de Bouffan
Ein Höhepunkt ist die Wiedereröffnung der frisch restaurierten Bastide du Jas de Bouffan. In der Provence ist eine Bastide keine befestigte mittelalterliche Stadtgründung im Schachbrettmuster, sondern ein Landhaus. Die Bastide du Jas de Bouffan lag damals noch vor den Toren der Stadt als 15 Hektar großes Anwesen mit Gärten, Teichen und Blick auf die Montagne Sainte-Victoire.
1859 kaufte Cézannes Vater das Anwesen als Zweitwohnsitz. 1870 bezog es die Familie. Cézanne verbrachte hier viel Zeit mit seiner Familie. Diese intime Atmosphäre spiegelt sich auch in einigen seiner Porträts wider. Für Cézanne war dieser Ort mehr als nur ein Zuhause. Er war seine Inspirationsquelle, sein Rückzugsort und sein Atelier. 40 Jahre lang, von 1859 bis 1899, entstanden hier viele seiner berühmtesten Werke, darunter zahlreiche Landschaftsbilder, Stillleben und Porträts.
Die Umgebung des Hauses, mit seinen Olivenhainen, Zypressen und dem Blick auf die Montagne Sainte-Victoire, prägte seinen Stil nachhaltig. Auch der Garten der Bastide war ein beliebtes Motiv für Cézanne. Er malte ihn in zahlreichen Variationen, wobei er die Farben und das Licht der Provence einfängt.
Für das Cézanne-Jahr wurde das Landhaus umfassend renoviert. Bei den Renovierungsarbeiten wurden Spuren einer bisher unbekannten Wandmalerei von Cézanne entdeckt, die zu seinen frühesten Arbeiten gehören könnte.
Ab Sommer 2025 wird die Bastide schrittweise wiedereröffnet. Besichtigen könnt ihr dann die ersten restaurierten Räume, wie das erste Atelier des Künstlers, die große provenzalische Küche und das Zimmer von Madame Cezanne sowie einen immersiven Spaziergang durch den Park genießen.
Nicht nur die Bastide, sondern das gesamte Grundstück wird neu gestaltet. Ein Neubau soll künftig als Besucherzugang vom Boulevard de l’Europe aus dienen, eine frühere Scheune ein Auditorium und Räume für Konferenzen und Workshops bergen.
Ganz in der Nähe der Bastide wird zudem derzeit ein alter Bauernhof als künfitger Sitz des Centre cézannien de recherche et de documentation international renoviert. Es wird von der Gesellschaft Paul Cézanne und seinen Nachkommen getragen. In der Orangerie soll künftig Gastronomie daheim sein.
Schließlich wird der Park mit seiner üppigen Vegetation so rückgebaut werden, dass er sich wieder in jenem ursprünglichen Zustand befindet, wie ihn Cézanne erlebt und gemalt hat.
• 4, route de Valcros 13100 Aix-en-Provence
Ganz immersiv: das letzte Atelier von Cézanne
Bei einer seiner Malsitzungen im Freien entdeckte Paul Cezanne auf dem Hügel von Lauves eine Hütte und ein Grundstück, die zum Verkauf standen. Er war von dem Ort begeistert und beschloss, ihn zu kaufen. 1901 wurde das Atelier in Les Lauves gebaut.
Der Künstler entwarf die Pläne für sein kleines Landhaus selbst, um es zu einem Ort zu machen, der ganz seiner Kunst gewidmet und auf sie zugeschnitten war. Im Erdgeschoss befinden sich die Wohnräume und im Obergeschoss ein helles und großes Atelier mit einer Fläche von 50 Quadratmetern.
Von 1902 bis 1906, seinem Todesjahr, arbeitete Paul Cézanne tagtäglich und trotzte den Krankheiten und seinem Alter mit letzter Kraft. In Les Lauves vollendete er seine künstlerische Vision. Während die Bastide du Jas de Bouffan Cézannes erste künstlerische Heimat war, bot das Atelier in Les Lauves ihm einen Ort der Konzentration und des Rückzugs, um seine spätere, reifere Kunst zu entwickeln. Hier schöpfte er Inspiration, während er in seinem Olivenhain spazierte und Meisterwerke wie die Gemälde der Grandes Baigneuses (Große Badende) schuf.
Nach seinem Tod im Jahr 1906 blieb das Atelier des Lauves zunächst für 15 Jahre geschlossen. 1921 verkaufte Cézannes Sohn Paul das Atelier an Marcel Provence. Marcel Provence war ein félibre provençal und damit ein Schriftsteller, der sich zeitlebens der Bewahrung und Förderung der provenzalischen Sprache und Kultur widmete. Marcel Provence lebte bis zu seinem Tod 1951 im Erdgeschoss des Hauses. Sorgfältig bewahrte er das Atelier im ersten Stock in dem Zustand, in dem Cézanne es hinterlassen hatte
Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Atelier zuehmend von Bauprojekten bedroht. Um es vor dem Abriss zu bewahren, gründeten James Lord und John Rewald 1952 das Cézanne Memorial Committee. 1954 kaufte dieses Komitee das Atelier mit Spendengeldern aus den USA und schenkte es noch im selben Jahr der Universität Aix-Marseille
Am 8. Juni 1954 wurde es für die Öffentlichkeit eröffnet 2023 schloss das Anwesen für eine umfangreiche Sanierung. Sie gab dem Atelier in Les Lauves, sukzessiv und neu genutzt, sein früheres Aussehen zurück – so, wie ihr es jetzt zum Cézanne-Jahr erleben könnt!
Das letzte Atelier von Cézanne birgt heute ein Museum, das der letzten Schaffensperiode des Malers gewidmet ist. Noch tiefer in die Welt von Paul Cézanne lassen euch Führungen mit Émile Bernard, Schriftsteller und Maler, eintauchen. Erstmals könnt ihr im Cézanne-Jahr das gesamte Haus besichtigen. Zusätzlich zum Obergeschoss, dem zuvor einzigen zugänglichen Ort, sind jetzt auch im Erdgeschoss auch die Küche, das Esszimmer und den Salon mit vielen persönlichen Gegenständen und Briefen von Paul Cezanne zu sehen.
Der bisherige Besucherempfang befindet sich nicht mehr im letzten Atelier von Cézanne, sondern im benachbarten Landhaus. Dort findet ihr heute den Kartenverkauf, eine kleine Boutique, eine Caféteria und Veranstaltungsräume.
• 13, avenue Paul Cezanne, 13100 Aix-en-Provence
Die großen Cézanne-Schauen
Cézanne im Musée Granet
Im Cézanne-Jahr 2025 präsentiert das Musée Granet in Aix-en-Provence vom 28. Juni bis zum 12. Oktober 2025 die internationale Ausstellung Cézanne au Jas de Bouffan. Mit mehr als 100 Gemälden, Zeichnungen und Aquarellen taucht diese Retrospektive tief in die intime Welt des Künstlers ein und zeigt seine enge Verbindung zu seinem Familienwohnsitz.
Neben weltberühmten Werken wie den „Badenden“ werden auch Stillleben, Landschaften des Familiensitzes sowie Porträts und Selbstporträts gezeigt. Für diese umfassende Ausstellung wurden Werke aus Museen auf der ganzen Welt zusammengetragen, darunter das Pariser Musée d’Orsay sowie Sammlungen aus Basel, Zürich, Chicago, London, Los Angeles, New York, Ottawa, Tokio und der Harvard University.
Noch mehr Cézanne-Schauen in Aix-en Provence
Das Musée de Vie d’Aix widmet sich mit Aix et Cézanne vom 6. Juni 2025 bis 5. Januar 2026 dem Werk Cézannes. In einer eigenen Ausstellung werden weitere Aspekte des Lebens und Schaffens des Künstlers beleuchtet. Hier könn ihr beispielsweise mehr über Cézannes Beziehungen zu anderen Künstlern und seine Rolle in der Entwicklung der modernen Kunst erfahren.
Vom 4. Februar bis 12. Oktober 2025 wandelt sich die Galerie de la Manufacture für junge Besucher zu La petite galerie Cézanne. Im Pavillon Vendôme wird vom 19. Juni bis 2. November 2025 die Ausstellung L’expo des expos – Cézanne au Pavillon Vendôme en 1956 et 1961 gezeigt. Die Ausstellung von 1956, die dem 50. Todestag des Künstlers gewidmet war, umfasste 90 Werke, darunter mehrere Werke, die sich mit der Montagne Sainte-Victoire befassten
Die Ausstellung von 1961, die gemeinsam mit der Stadt Wien organisiert wurde, zeigte rund 60 Gemälde von Cézanne. Sie war Gegenstand einer großen Sensation, die die Chronik und die Kunstwelt in Aufruhr versetzte. Im Cézanne-Jahr 2025 lädt das Museum im Pavillon Vendôme ein, bei einem Sprung in die Vergangenheit diese historischen Cezanne-Momente wieder aufleben zu lassen.
Auf den Spuren von Cézanne
Sur les pas de Cézanne
Der mit einem C im Pflaster markierte Spaziergang führt in Aix-en-Provence von der Geburtsstätte Cézannes bis zu seiner letzten Ruhestätte auf dem Cimetière Saint-Pierre. Dabei werden wichtige Stationen seines Lebens und Schaffens besucht, darunter seine Kindheitshäuser, Schulen und die Cafés, in denen er sich mit anderen Künstlern traf. Lasst euch unterwegs von der gleichnamigen App begleiten!
La Route Cezanne
Die Route Cezanne , ganz provenzalisch ohne Akzent, ist auch als Petite Route du Tholonet oder D 17 bekannt. Sie erstreckt sich über etwa 4,6 Kilometer und verbindet Aix-en-Provence mit dem Dorf Le Tholonet und der Montagne Sainte-Victoire. Diese Straße ist die einzige in Frankreich, die als historisches Monument klassifiziert ist.
Sie wurde 1959 offiziell benannt und schützt die Landschaft, die Paul Cézanne stark beeinflusste und die er in vielen seiner Werke darstellte. Die Route führt durch malerische Landschaften mit Pinienwäldern, Weinbergen und Olivenhainen, die Cézanne als Inspirationsquelle dienten. Paul Cézanne nutzte dieseStrecke oft, um zu seinen bevorzugten Malorten zu gelangen, insbesondere zur Montagne Sainte-Victoire, einem seiner Hauptmotive.
• www.routecezanne.com
Die Steinbrüche von Bibémus
Die Steinbrüche von Bibémus befinden sich in der Nähe von Aix-en-Provence auf einem Felsplateau zwischen der Straße nach Tholonet und der Straße nach Vauvenargues. Der Steinbruch lieferte ockerfarbenen Sandstein, der für viele Bauwerke in Aix-en-Provence verwendet wurde. Die Ausbeutung des Steinbruchs reicht bis in die Antike zurück. Cézanne entdeckte die Steinbrüche während seiner letzten Lebensjahre und malte dort einige seiner bekanntesten Werke. Die chaotischen Felsen und die charakteristischen orangefarbenen Gesteinsformationen wurden zu zentralen Motiven in seiner Kunst.
Die Arbeiten in den Steinbrüchen markieren einen Wendepunkt in Cézannes Stil, da sie Elemente des Kubismus vorwegnehmen und seine Suche nach neuen Formen und Perspektiven widerspiegeln.Steinbrüche von Bibémus. Zu den bedeutendsten Gemälden, die er dort schuf, gehört Les Carrières de Bibémus, das um 1895 entstand. In seinen Bildern verwendet er lasierende Pinselstriche und setzt Farben in Kontrast zueinander, um die Struktur und das Licht der Landschaft darzustellen.
Zum Cézanne-Jahr 2025 wurden die Steinbrüche von Bibémus mit neuen Wanderwegen und Informationstafeln ausgestattet. Auf eigene Fast das Gelände zu entdecken, ist nicht möglich. Der Zugang zu den Steinbrüchen erfolgt nur im Rahmen geführter Touren
• 3090, chemin de Bibémus, 13100 Aix-en-Provence
Kochwettbewerb: Le Menu Cézanne
Paul Cézanne war nicht nur ein großer Maler, sondern auch ein Genießer der provenzalischen Küche. Um diese Leidenschaft zu ehren, findet 2025 der große kulinarische Wettbewerb „Das Cézanne-Menü“ statt. Küchenchefs aus Aix-en-Provence sind aufgefordert, ein Menü zu kreieren, das die einfachen, aber köstlichen Gerichte widerspiegelt, die Cézanne so liebte.
Der Wettbewerb steht unter der Schirmherrschaft von Guillaume Gomez, dem französischen Botschafter für Gastronomie und Ernährung, und wird von den Disciples d’Escoffier und dem Masterchef-Magazin unterstützt. Zu Cézannes Lieblingsgerichten gehörten Kartoffelsalat mit Olivenöl, daube (Schmorfleisch), pieds et paquets (Schafsfüße und Kutteln), Aïoli mit Fisch … und Äpfel – sie waren sein Lieblingsobst.
Cézanne-Jahr 2025: die Infos
Für das Cézanne-Jahr hat die Stadt Aix-en-Provence eine eigene Webseite mit allen Informationen zu den vorgestellten Stätten, Ausstellungen und Führungen ins Netz gestellt.
• https://cezanne2025.com
Was ihr neben Paul Cézanne noch alles erleben könnt in Aix-en-Provence, steht in diesem Beitrag.
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Liebe Hilke,
danke für die vielen Informationen über einen genialen Künstler. Vielleicht schaffe ich es, im September in Aix
zu halten und mich näher mit den Ausstellungen zu beschäftigen.
Dir und Deinen Lieben wünsche frohe Festtage und für das neue Jahr alles Liebe und Gute.
Herzlichst Brita
Liebe Brita, ich drücke Dir die Daumen – die neue Cézanne-Stätte Bastide du Jas de Bouffan steht ganz oben auf meiner Liste für einen Beitrag im Sommer, wenn ich es hoffentlich schaffe, sie mir anzusehen. Herzliche Grüße und schöne Festtage. Komm gut ins neue Jahr! Bises, Hilke
Liebe Hilke,
Du hast mir mit Deinem Cézanne-Artikel eine große Freude bereitet. Mein verstorbener Mann und ich waren 2016 in Aix und waren dabei auf den Spuren von Cézanne und haben auch sein Grab besucht, das auf den Mont St. Victoire ausgerichtet ist, den er wohl fast 90 mal gemalt hat. Ende September 2024 war ich wieder einmal in Paris, auch im Musée d’orsay, und da bin ich Cézanne wiederbegegnet. Dazwischen liegen viele Berührungspunkte mit Cézanne, unter anderem auch der wunderbare Film „Meine Zeit mit Cézanne“ über die problematische Freundschaft mit Zola.
Dir auch ein schönes Weihnachtsfest und für das kommende Jahr meine besten Wünsche.
Marion
Liebe Marion, merci – das freut mich sehr. Danke auch für den Hinweis zum Film „Miene Zeit mit Cézanne“ (Originaltitel: „Cézanne et moi“) der französischen Regisseurin Danièle Thompson, der 2016 in die Kinos kam. Ihn werde ich mir gleich noch einmal ansehen. Herzliche Grüße und wunderschöne Festtage – und natürlich auch alles Gute für das kommende Jahr! Hilke