So malerisch schmiegt sich Confolens mit seiner alten Brücke an die Vienne. Foto: Hilke Maunder

Das kleine Glück in Confolens

Genau dort, wo an einem felsigen Hang die Goire in die Vienne mündet, schmiegt sich Confolens seit dem 10. Jahrhundert an die Ufer und präsentiert sich heute als charmante Petite Cité de Caractère im Département Charente. Voilà ein perfektes Ziel für einen Ausflug!

Ein Sommertag. Schäfchenwolken tanzen am Himmel. Mit neun Bögen überspannt der Pont Vieux als wuchtige Granitbrücke seit dem 13. Jahrhundert die Vienne. Bis ins 19. Jahrhundert bildete er den einzigen Zugang zur Stadt. Früher sicherten ihn drei befestigte Türme: die Tour Saint-Maxime, die mittlere Tour du My und die Tour Saint-Barthélemy. 1777 wurden sie zerstört, um Platz zu schaffen für den wachsenden Verkehr. Heute dürfen nur Fußgänger über die alte Steinbrücke spazieren. Sumpfdotterblumen leuchten gelb am Ufer. Enten schnattern. Das Auge schaut, die Seele atmet auf. Ringsum nur: Beschaulichkeit.

Ein entspannter Frieden liegt über dem Städtchen von Vienne und Goire, deren Zusammenfluss ihm seinen Namen gaben: Confolens (von lat. confluens). Vom 10. Jahrhundert entwickelte es sich zu beiden Seiten des Flusses Vienne in zwei Vierteln. Saint-Maxime am rechten Ufer war das politische Zentrum, Saint-Barthélemy am linken Ufer der Vorort der Handwerker und Händler.

Die Vienne war sowohl Grenze als auch Bindeglied zwischen den beiden Stadtteilen, die, so unterschiedlich sie auch sein mögen, untrennbar miteinander verbunden sind. Bis zur Französischen Revolution markierte die Vienne auch die religiöse Grenze zwischen den Diözesen von Limoges (rechtes Ufer) und Poitiers (linkes Ufer) und die Sprachgrenze zwischen der langue d’oc und der langue d’oïl.

Schlemmen am Fluss

1000 Jahre ist Confolens alt und hat in seinen Gassen das Erbe von einst mit Hinguckern von heute garniert – wie die Wendeltreppe aus Kortenstahl, die im kleinen Uferpark der mairie (Rathaus) Ausblicke auf die Vienne eröffnet.

Nur wenige Schritte von hier betreiben Joëlle und Stéphane Devoos ein typisch französisches Provinzhotel von 1968. 2003 verließen sie ihre bergige Heimat im Département Haute-Savoie und fanden in Confolens ihr Herzblutprojekt.

Es war das traditionsreiche Hôtel Emeraude, das sie seitdem mit viel Elan modernisiert haben. An der Bar-Terrasse trifft sich die Stadt morgens zu Kaffee und Klönschnack. Der Speisesaal hat schon unzählige Familienfeiern erlebt.

Eine Treppe führt hinauf zu 18 gutbürgerlichen Zimmern. Sein Juwel indes hat das Zweisternehaus gut hinter seiner Fassade versteckt: die Terrasse des Hôtel Emeraude. Wie ein Bootssteg überragt sie aufgeständert das Ufer der Vienne.

An kühlen Tagen schützt eine Verkleidung vor Regen und Wind, und ein Feuer flackert lodernd im Heizstrahler. Bei schönstem Sommerwetter jedoch schweift der Blick ungehindert über den Fluss und seine Brücken, und die kleinen rechteckigen Tische sind bis auf den letzten Platz besetzt.

Verführerisch duftet es aus der Küche. Bodenständig und ehrlich sind alle Gerichte, die auf der saisonal wechselnden Karte stehen, und tief verwurzelt im heimatlichen terroir der Charente Limousine, dieser großen, welligen und zerklüfteten Hochebene an den letzten Ausläufern des Massif Central. Herzhaft, deftig und doch raffiniert begeistern die Gerichte den Gaumen. Magie am Fluss – von 6.30 Uhr bis Mitternacht.

Entdeckungen in der Petite Cité de Caractère

Nach der Schlemmerpause auf der Terrasse des Hôtel Emeraude entfaltet Confolens bei einem kleinen Spaziergang seinen ganzen Charme. Wer durch die verwinkelten Gassen schlendert, entdeckt eine Stadt voller Geschichte, die für ihr Bauerbe als Petite Cité de Caractère klassifiziert ist – und ihr Umland als pays d’art et d’histoire, Land der Kunst und Geschichte.

Für ihren Wohlstand sorgten vom Mittelalter an , und besonders im 15. und 16. Jahrhundert, die Gerbereien am Fluss sowie zahlreiche Messen und Märkte. Die Rue des Portes d’Ansac, die Place de la Fontorse und die Rue du Soleil als Hauptachse des alten Ortes spiegeln bis heute die damalige Blütezeit.

Steinerne Stadtpalais und Fachwerkhäuser reihen sich aneinander. Fratzen und Verzierungen in Holz und Stein erzählen Geschichten aus längst vergangenen Jahrhunderten. Der Manoir des Comtes (Grafenhaus) wurde zwischen 1490 und 1520 erbaut und birgt als einziges Gebäude der Altstadt Dekorationen im Renaissancestil.
Doch anders als der Name vermuten lässt, diente das Haus nie den Grafen als Wohnsitz.

Ein legendäres Treffen

Das älteste erhaltene Haus von Confolens ist die Maison du Duc d’Epernon aus dem 15. Jahrhundert. Seinen Namen verdankt es einer Legende um den Herzog von Epernon, der im Jahr 1619 dreihundert Herren in diesem Haus versammelt haben soll, um die Flucht von Königin Marie de Medici vorzubereiten, die, eingesperrt von ihrem Sohn Ludwig XIII., im Schloss von Blois ein Leben im Kerker fristete. Dieses Treffen fand tatsächlich woanders statt, doch die Legende blieb mit dieser Konstruktion verbunden.

Aus dem Gewirr der Gassen und Dächer erhebt sich seit dem 10. Jahrhundert die Église Saint-Maxime. Ihr ältester Teil ist das Granitportal aus dem 13. Jahrhundert im limousinischen Stil mit mehreren spitzbogigen Archivolten, die auf Kapitellen mit Knospendekor ruhen.

Im 19. Jahrhundert initiierte Abt Blaudy ein Modernisierungsprogramm, das dem Gotteshaus sein heutiges Aussehen verlieh. Er ließ das Gewölbe erneuern, tauschte den Boden und die Glasfenster aus und ließ das Nordportal und den Glockenturm unter Verwendung von Steinen der zerstörten Saint-Michel-Kirche wieder neu aufbauen.

Am linken Ufer, mitten im ehemaligen Gerberviertel findet ihr die Église Saint-Barthélemy, die dem Schutzpatron der Gerber gewidmet ist. Während der Revolutionszeit wurde das gotische Gotteshaus geplündert und als Salpeterwerkstatt genutzt.

Eine malerische Pause im Park

Doch jetzt erst einmal noch ein wenig weiter im Zentrum gebummelt und hin zur Place Henri Coursaget. Früher hieß sie Place du Minage und beherbergte die alten Markthallen. Seine heutige Form erhielt er im 19. Jahrhundert mit dem Bau der heutigen Markthallen, die seit 1894 die ersten Hallen ersetzen, die seit den 1830er-Jahren verschwunden waren. Ihr Vorbild waren die Baltard-Hallen in Paris.

Im Anschluss an diese Umgestaltung wurde der Platz zur Place de l’Hôtel de Ville (Rathausplatz). In den halles finden noch immer der Markt und Messen statt. Seit Sommer 2015 erinnert der Platz mit seinem Namen an den Gründer des Festival de Confolens.

Nicht weit entfernt bietet der Parc de la Roche eine Ruheoase mit Blick auf die glitzernde Vienne. Kleine Pfade führen zwischen Blumenbeeten und schattenspendenden Bäumen entlang – ein perfekter Platz für ein Picknick, eine Pause im Grünen oder einfach, um die Seele baumeln zu lassen und die friedliche Stille zu genießen.

Auf einem Circuit du Patrimoine könnt ihr das gesamte Bauerbe der Stadt entdeckt. Nicht aufgeführt ist ein Gebäude, auf das die Unterpräfektur stolz in ihrem kleinen Stadtführer hinweist: Der Schlachthof ist einer der letzten drei verbliebenen öffentlichen Schlachthöfe im Département Charente – und wichtigster abattoir der Charente Limousine. Besonders stolz ist man hier auf die heimische Limousin-Rinderrasse – und hat prompt einen Wanderweg namens Sentier du Pré de la Vache der lokalen Rinderrasse gewidmet.

Das Festival von Confolens

Stolz ist Confolens auch auf sein Kulturangebot – und besonders sein Festival. Seit 2012 unterhält die Ferme Saint-Michel als vielseitige Kulturhalle von September bis Juni mit Livekonzerten und Theaterstücken, Straßenkunst und Zirkusaufführungen. Das Théâtre des Ribières wurde gezielt als Freilichtbühne für das Festival de Confolens mit 2.500 Sitzplätzen und einer 200 Quadratmeter großen Bühne errichtet. Hier finden unter anderem die Eröffnungsgala und andere Großveranstaltungen des Festivals alljährlich im August statt.

Confolens: meine Reisetipps

Aktiv

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Entdecken & Erleben

Festival de Confolens

Seit 1958 zieht das Festival de Confolens als eines der größten Folklore-Festivals Frankreichs jährlich rund 100.000 Besucher in seinen Bann. Gegründet von Henri Désaphie und Jacques Auguste Rougier, präsentiert das Festival jedes Jahr in der Woche um den 15. August ein buntes Programm mit traditionellen Tänzen und Livekonzerten mit mehr als 400 Künstlern aus aller Welt. 2024 beispielsweise stand Claudio Capéo in Confolens auf der Bühne.

Integriert in das Folklorefestival ist das Festival Balilo mit Aufführungen und Aktivitäten für den Nachwuchs. Hinter dem Erfolg des Festivals stehen rund 400 engagierte Freiwillige. Zudem ist Confolens die Geburtsstätte des CIOFF (Conseil International des Organisations de Festivals de Folklore et d’Arts Traditionnels), einer internationalen Organisation, die sich der Förderung von Volkskunst und -traditionen verschrieben hat.
• https://festivaldeconfolens.com

App-Tipp: ARCHISTOIRE

Wer Städte gerne digital entdeckt, sollte sich die App ARCHISTOIRE herunterladen, die die Firma 9b+ im Auftrag der CAUE (Conseil Architecture Urbanisme et Environnement) entwickelt hat. Mit der App könnt ihr das Bauerbe und die Naturstätten von Confolens entdecken. Hinzu kommen zwei geführte Spaziergänge im Herzen von Confolens und St-Germain de Confolens. ARCHISTOIRE steht im Play Store und App Store zum Download bereit.

Noch mehr Infos: https://petitescitesdecaractere.com

Schlemmen und genießen

Hôtel Emeraude*

Das Zweisternehotel ist ein typisches Kleinstadthotel, mit ordentlichen, sauberen Zimmern, zentraler Lage und richtig guter Küche. Wer sehr lärmempfindlich ist, mag sich an den Gesprächsfetzen, die von der beliebten Bar in die Zimmer dringen könnten, oder dem ab und an hörbaren Verkehr gestört fühlen. Wer mag, bucht hier*.
• 20, rue Émile Roux, 16500 Confolens, Tel. 05 45 84 12 77, www.logishotels.com

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