Die Champs-Élysées mit Weihnachtsbeleuchtung, Foto: Hilke Maunder
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So feiert Frankreich Weihnachten!

Wie feiert Frankreich Weihnachten? Der erste Blick beim Besuch der Dörfer und Städte zeigt: bunt und glitzernd, funkelnd und gerne auch herrlich kitschig.
Bereits Mitte November, spätestens aber Anfang Dezember hängen die Kommunen ihre Weihnachtsbeleuchtung auf. Je fantasievoller, desto schöner.
Da reiten Engel und Elche vereint durch das nächtliche Dunkel, funkeln Sterne und Tannenzweige in Bleu, Blanc, Rouge stromsparend als LEDs.

Das Stammhaus von Guerlain iin weihnachtlicher Dekoration. Foto: Hilke Maunder
Das Stammhaus von Guerlain in Paris in weihnachtlicher Dekoration. Foto: Hilke Maunder

Die Vitrinen der Grands Boulevards

An den Grands Boulevards von Paris konkurrieren die großen Kaufhäuser von Printemps und Galeries Lafayettes mit ihren festlich geschmückten Schaufenstern, die jedes Jahr zu einer neuen, aufregend wie opulent gestalteten Fantasiereise einladen.

Berühmte französische Künstler gestalten dann die Vitrinen, erzählen im Schaufenster mit Animationen die Weihnachtsgeschichte neu oder lasse ihre Erinnerungen an weihnachtliche Kindertage aufleben. Rathäuser und Kirchen, Straßen und Wohnhäuser schmücken sich üppig mit Lichterschmuck, Figuren und Fantasievollem.

Stimmungsvoll zur Weihnachtszeit illuminiert: das Rathaus von Le Havre. Foto: Hilke Maunder
Stimmungsvoll zur Weihnachtszeit illuminiert: das Rathaus von Le Havre. Foto: Hilke Maunder

Der Weihnachtsbaum

Weihnachten wurde erstmals am 25. Dezember im Jahr 354 in Rom gefeiert. Es handelt sich um die christliche Transkription der römischen Saturnalien zur Wintersonnenwende. Im Mittelalter feierte jede Region Weihnachten nach ihren eigenen Bräuchen und gönnte sich verschiedene Krippenspiele wie Tableaux vivants, Mysterien auf Kirchplätzen oder Prozessionen

Nicht einmal 300 Jahre alt ist die Tradition in Frankreich, zu Weihnachten einen Baum aufzustellen. Doch schon lange vor dem ersten, offiziell sapin de Noël  genannten Baum wurden immergrüne Zweige zur Dekoration von Häusern seit der Antiken bei den Winterfesten verwendet. Im siebten Jahrhundert integrierte die Kirche diesen heidnische Brauch in christliche Feste.

Im 11. Jahrhundert waren im Advent sogenannte Mysterienszenen mit Darstellungen des Paradieses sehr beliebt war. Mit roten Äpfeln geschmückt, symbolisierte eine Tanne damals den Baum des Paradieses. In Europa stammen die ersten schriftlichen Spuren des Christbaumschmucks aus dem Jahr 1510 in Lettland, wo eine Kaufmannszunft einen Baum mit Trockenblumen und Bändern schmückte, ehe ihn auf dem Dorfplatz feierlich verbrannte. 1521 wurden im Elsass die ersten  Tannen zu Weihnachten verkauft, verraten die Archive der Stadt Sélestat. Lichterschmuck gab es damals jedoch nicht, wohl aber schon Äpßfel und Süßigkeiten als Baumschmuck.

Die weihnachtlich geschmückte Place Stanislas in Nancy. Foto: Hilke Maunder
Die weihnachtlich geschmückte Place Stanislas in Nancy. Foto: Hilke Maunder

Beliebt wurde der Brauch, eine Tanne ins Haus zu stellen, besonders seit der Reformation bei den Protestanten, die nicht wie die Katholiken Weihnachten einer Krippe darstellen wollten. Nach und nach verbreitete sich diese Tradition im gesamten protestantischen Europa, Deutschland und Skandinavien.

In Frankreich führte Marie Leszcynska, die Ehefrau von Ludwig XV. und polnischer Herkunft, im Jahr 1738 den ersten geschmückten Weihnachtsbaum bei Hofe in Versailles ein. Die Bourgeoisie kopierte den adligen Festtagsschmuck, dann das Volk. Heute legen immer mehr Franzosen Wert auf einen nachhaltigen, Anbau beim Festtagsbaum.

Zur Hauptstadt der Weihnachtsbäume stiegt Saulieu auf. Vor seinen Toren liegt der Morvan. Das kleinste Bergmassiv Frankreichs ist mit jährlich mehr als eine Millionen Tannenbäumen das  führende Gebiet für den Anbau und Versand von Weihnachtsbäumen in Frankreich.  Seine 1.500 Plantagen stellen rund ein Viertel der nationalen Produktion. Traditionell wird dort auch der Weihnachtsbaum für den Innenhof des Élysée-Palastes gefällt. Die Tanne für den Präsidenten ist jedes Jahr eine Nachricht im Fernsehen wert – und wird stets per Boot nach Paris transportiert.

Bei der Baumzucht für Weihnachten arbeitet der regionale Naturpark Morvan eng mit der  Association Française du Sapin de Noël Naturel zusammen, die sich seit 1998 um die Vermarktung der Bäume aus dem Morvan kümmert. Ziele sind es, den Wasserverbrauch der Kulturen zu begrenzen, den Anbau nachhaltig zu entwickeln, Arbeitsplätze zu schaffen und zugleich die Umwelt zu schonen. Gemeinsam wurde mit der Légende du Morvan eine Marke geschaffen, die garantiert, dass der Baum tatsächlich aus dem Morvan stammt und seine Produktion mit Respekt für Mensch und Umwelt erfolgte.

Zauberhafte Weihnachtsmärkte

Früher waren sie nur im Elsass zu finden, doch heute liebt sie ganz Frankreich: die marchés de Noël. Besonders glanzvoll inszeniert sie Strasbourg, die selbsternannte Weihnachtshauptstadt des Hexagons.

Sein Christkindelsmärik gilt als ältester Weihnachtsmarkt Frankreichs. 2022 sorgte der grüne Stadtrat für Schlagszeilen. Um „Handwerk und Authentizität“ zu sichern, hatte er im Oktober 2022 eine lange Verbotsliste vorgestellt.

Nicht zugelassen zum Verkauf sind seitdem unter anderem Korbwaren und Schirmmützen, Brathähnchen und Popcorn. Auch Champagner steht seitdem als Tabu-Ware auf der Liste.

Wo überall im Hexagon ihr wunderschöne Weihnachtsmärkte finden könnt, verrate ich euch in diesem Beitrag.

Weihnachtsmärkte: Das Straßburger Münster und die Maison Kammerzell im weihnachtlichen Licht. Foto: Hilke Maunder
Das Straßburger Münster und die Maison Kammerzell im weihnachtlichen Licht. Foto: Hilke Maunder

Kein Adventskranz

Im eigenen Heim wird bereits zur Adventszeit der Weihnachtsbaum aufgestellt. Mundgeblasene Glaskugeln aus dem lothringischen Meisenthal, Lichterketten und Lametta schmücken den sapin de Noël. Auch Früchte, Naschereien und Spielzeug werden gerne an die Zweige gehängt.

Adventskränze indes werdet ihr kaum in der Vorweihnachtszeit bei den Franzosen finden. Was auch fehlt in der Zeit vor Weihnachten ist der süße, warme Duft von frisch gebackenen Plätzchen. Einzig im Elsass werden eifrig bredele gebacken. Rezepte für das typische Weihnachtsgebäck der Grenzregion zu Deutschland findet ihr hier.

Virginie Cartin, die Partnerin von Yann Navarro
Virginie Cartin, die Partnerin von Yann Navarro

Krippen & santons

Bereits Ende November werden die Krippen in den Häusern und Kirchen unter den Weihnachtsbaum gestellt.  Doch bis zum 24. 12.  bleibt das Bett leer – erst in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember wird das Jesuskind in die Krippe gelegt!

In der Provence schmücken sie handgefertigte santons, Krippenfiguren aus Holz oder Ton. Alljährlich am letzten Sonntag im November werden sie in Meilhan bei Marseille beim marché aux Santons verkauft.

Santons: die Gänseliesel. Foto: Hilke Maunder
Ein santon von Paul Biolaz. Foto: Hilke Maunder

Die Krippenfiguren aus gebranntem Lehm stellen traditionelle Berufe aus dem dörflichen Leben der Provence dar: Gänsejungen, Blumenmädchen, Schneider, Schmied und Schäfer. Zu den Santons-Bastlern gehört auch Paul Biolaz. Ihn habe ich im Lauragais getroffen, wo er mit seinen Figuren die lokalen Traditionen aufgreift.

Paul Bioulez mit einem seiner Santons. Foto: Hilke Maunder
Paul Bioulez mit einem seiner santons. Foto: Hilke Maunder

Pastrages & Pessebres

In den Kirchen führen Laiengruppen Krippenspiele auf. In der Provence werden sie pastrages genannt. Im Pays Catalan, dem französischen Teil Kataloniens, werden sie pessebre vivant genannt. In Perpignan tritt dabei sogar der Teufel vors Publikum und versucht, Maria ihr Kind abspenstig zu machen. Erfahrt hier mehr!

Der Teufel beim Krippenspiel im Königspalast von Perpignan. Foto: Hilke Maunder
Der Teufel beim Krippenspiel im Königspalast von Perpignan. Foto: Hilke Maunder

Die Festtage

Der 24. Dezember ist ein normaler Arbeitstag. Auch die Geschäfte sind wie gewohnt geöffnet. Doch sobald es Dunkel wird, stellt sich die Weihnachtsstimmung ein und die Familie trifft sich zum Weihnachtsessen zu Hause oder im Restaurant. Um Mitternacht wird die messe de minuit besucht.

Während die Familie den Gottesdienst besucht, kommt der Weihnachtsmann Père Noël  der Legende nach durch den Kamin ins Haus und legt seine Geschenke hin. Hier und da kommt er auch erst sehr früh am Morgen des 25. Dezember. Dies ist der einzige Weihnachtsfeiertag in Frankreich.

Weihnachtsmärkte: Père Noël ist auf den Weihnachtsmärkten unterwegs! Foto: Hilke Maunder
Auch Père Noël ist auf den Weihnachtsmärkten unterwegs! Foto: Hilke Maunder

Auf dem Land lebt die Tradition fort, einen dicken Holzklotz an den Weihnachtstagen im Kamin verbrennen zu lassen und die Asche anschließend auf einem Feld zu verstreuen. Dieser Brauch soll eine gute Ernte verheißen.

Der Scheit prägte auch die Küche. Die bûche de Noël, eine mit Buttercreme gefüllten Biskuitroulade im Schokomantel, soll diesem Baumstamm nachempfunden sein.

Troyes: Daniel Phelizot. Foto: Hilke Maunder
Für Daniel Phelizot kann es nie genug Champagner geben. Foto: Hilke Maunder

Edles Essen

Viel wichtiger als Glaube und Geschenke ist die Gastronomie. Was wird getrunken? Zum Auftakt etwas Prickelndes: ein erlesen prickelnder Champagner oder ein Crémant. Wochenlang wird die kulinarische Inszenierung für le réveillon diskutiert. Und dann doch das Weihnachtsessen ganz traditionell serviert.

Seafood: Austern und Wein – ein perfektes Paar! Foto: Hilke Maunder
Austern und Wein – ein perfektes Paar! Foto: Hilke Maunder

Den Auftakt machen Austern oder Foie Gras als entrée. Die Stopfleber von der Ente oder von der Gans gibt es in Frankreich inzwischen auch als vegetarische Variante.

Brive-la-Gaillarde: Marché Georges Brassens. Foto: Hilke Maunder
Der Gers, das Périgord und die Basse-Corrèze sind für ihren Foie Gras berühmt. Foto: Hilke Maunder

Zum Hauptgang folgen Kapaun oder Truthahn, gestopft mit Pflaumen oder Kastanien. Eingekauft wird das Geflügel auf den marchés au gras, die in der Vorweihnachtszeit im Midi stattfinden.

Auf den winterlichen <em>marchés au gras</em> versorgen sich die Franzosen mit Stopfleber und Festtagsgeflügel. Foto: Hilke Maunder
Auf den winterlichen marchés au gras versorgen sich die Franzosen mit Stopfleber und Festtagsgeflügel. Foto: Hilke Maunder

Die bûche de Noël

Nach der Käseplatte beschließt die bûche de Noël das reichhaltige Festmahl. Die üppige Butterkremrolle erinnert an einen heidnischen Holzstamm, der, in viele Scheite zerteilt, einst zur Wintersonnenwende verbrannt wurde.

Die katholische Kirche integriert diese Tradition, christianisierte sie und machte den Kuchen zum Festgebäck.

Wer ihn nachbacken möchte, findet hierdas Rezept.

Audrey, die Tochter meiner Nachbarin Béa, hat diese Bûche de Noël gefertigt. Foto: Hilke Maunder
Audrey, die Tochter meiner Nachbarin Béa, hat diese Bûche de Noël gefertigt. Foto: Hilke Maunder

Die Treize Desserts

In der Provence endet das Gros Souper, das Sieben-Gänge-Menüs zu Weihnachten mit einer Parade von Süßspeisen, die sich alle Gäste teilen. 13 typische Nachtische – die Treize Desserts – beschließen das Mahl.  Ihre Zahl – 13 – steht symbolisch für Jesus und seine Apostel.

Mit dabei sind stets weißer Nougat aus Montélimar, Calissons-Kekse aus Aix-en-Provence, kandierte Früchte aus Apt, Nüsse und Feigen und viele andere Köstlichkeiten aus Südfrankreich. Mehr dazu erfahrt ihr hier.

Aix-en-Provence: Mandeln, gepaart mit Melone und Orange: die Calissons d'Aix. Foto: Hilke Maunder
Mandeln, gepaart mit Melone und Orange: die Calissons d’Aix. Foto: Hilke Maunder

Silvester

Die semaine joyeuse dauert vom 24. Dezember bis zum 1. Januar. Doch bereits am 26. Dezember sind die Geschäfte wieder geöffnet – und viele Franzosen an den Arbeitsplatz zurückgekehrt. Das Jahr endet mit einem erneuten Festessen im Kreis der Familie oder unter Freuden.

Beim traditionellen Feuerwerk zu Saint-Sylvestre versuchen sich die Gemeinden gegenseitig zu übertreffen. Das private Zünden von Feuerwerkskörpern ist wenig verbreitet, und mit Ausnahme vom Elsass und einigen wenigen anderen Ecken im Land auch verboten.

Der Kuchen der Könige

Am 6. Januar brachten die heiligen drei Könige dem Jesuskind einst ihre Gaben. Heute feiern die Franzosen das Dreikönigsfest Epiphania nicht mehr unbedingt dann, sondern stets am ersten Sonntag im neuen Jahr.

La Galette des Rois. Foto: Hilke Maunder
Die Galette des Rois. Foto: Hilke Maunder

Zur Festtag gehört ein besonderer Kuchen: die galette des rois. Sie wird traditionell mit Freunden und der Familie genossen. Im Blätterteigkuchen war einst eine fève versteckt, eine Saubohne. Wer sie findet, ist für einen Tag König oder Königin. Und muss im nächsten Jahr die galette des rois backen. Das Rezept findet ihr hier.

Um 1870 wurden die einfachen Bohnen durch immer aufwendiger verzierte Porzellanfiguren ersetzt. Nicht wenige Franzosen sammeln diese Figuren und stellen sie als Glücksbringer fürs gesamte Jahr ins Regal.

Weihnachten in Colmar: der Markt auf dem Dominikanerplatz. Foto: Hilke Maunder
Weihnachten in Colmar: der Markt auf dem Dominikanerplatz. Foto: Hilke Maunder

Weihnachten bis Februar

Für die katholische Kirche ist die Weihnachtszeit nach dem Dreikönigstag noch lange nicht vorbei. Sondern erst 40 Tage nach der Heiligen Nacht. Dann feiert Frankreich la chandeleur – und futtert Crêpesn zu Mariä Lichtmess. Und erst dann werden die Krippen in den Gotteshäusern wieder abgebaut und eingepackt für das nächste Jahr. Mehr zu Mariä Lichtmess à la française erfahrt ihr hier.

Crêpes-Bäckerin im picardischen Saint-Quentin. Foto: Hilke Maunder
Crêpes-Bäckerin im picardischen Saint-Quentin. Foto: Hilke Maunder

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🌟🌟🌟🌟🌟🌟🌟🌟🌟🌟 Joyeux Noël & Frohe Weihnachten!🌟🌟🌟🌟🌟🌟🌟🌟🌟🌟

Weihnachten in Paris: Auch vor Notre-Dame erhebt sich ein bunt geschmückter Weihnachtsbaum. Foto: Hilke Maunder
Weihnachten in Paris: Auch vor Notre-Dame erhebt sich ein bunt geschmückter Weihnachtsbaum. Foto: Hilke Maunder

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Im Blog

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Regionale Weihnachtstraditionen aus Frankreich

Le Pessebre Vivant: das teuflische Krippenspiel

20 schöne Weihnachtsmärkte in Frankreich

 

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