Irene Jasca. Foto: privat
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Mein Frankreich: Irene Jasca

„Mein Frankreich“ ist nicht nur Titel meines Blogs, sondern auch Programm: Ich möchte möglichst viele von euch animieren, euer Frankreich vorzustellen. Mein Frankreich – was bedeutet das für euch? Diesmal antwortet Irene Jasca.

Irene Jasca, Jahrgang 1951, hat überwiegend in der Erwachsenen-Bildung und in staatlichen Schulen in Bremen gearbeitet. Nun kann sie sich vermehrt um ihre Lieblinge kümmern: kreatives Schreiben, Chorsingen und Tango Argentino. Sie schreibt:


Das kreative Schreiben „hilft“ mir bei der Konversation: Ich schreibe kleine Geschichten in Französisch über Erlebnisse während der Reise und am Ort, die ich dann nach dem Essen vorlese. Zuhörer sind z. B. unsere Vermieter und deren Freunde.

Unser gemietetes Ferienhaus in Espédaillac. Foto: Irene Jasca
Unser gemietetes Ferienhaus in Espédaillac. Foto: Irene Jasca

Die Geschichten sind öfter auch Ausgangspunkte für interessante Unterhaltungen über die Geschehnisse, die meist ganz in der Nähe der Leute stattgefunden haben und die sie so nicht unbedingt mitbekommen haben.

Zum Tangotanzen bin ich in Frankreich noch nicht gekommen, weil es mich als Großstädterin ganz intensiv auf die Dörfer und in die weite himmlische Natur Frankreichs zieht. Was nicht ist, kann noch werden.

Am Célé und Lot

Seit einigen Jahren fahren Ernst und ich immer wieder im Sommer ins Quercy in Südwestfrankreich zwischen Cahors und Figeac. Es lässt sich wunderbar Fahrrad fahren an den Flüssen Célé und Lot und auf den Causseflächen dazwischen.
Diese Region ist auch ein exzellentes Wandergebiet für viele Ansprüche. Wer Bouldern und Kanufahren liebt, kann sich hier ebenfalls ausleben.

Marcilhac-sur-Célé.Foto: Irene Jasca
Marcilhac-sur-Célé.Foto: Irene Jasca

Selbst im Hochsommer findet man hier seine Ruhe in den bezaubernden kleinen Dörfern! Und abends werden hier abwechselnd Musik- und Tanzfeste veranstaltet, auf denen jeder so ausgelassen tanzen kann, wie er mag. Für Stadtflair sorgen Figeac und Cahors mit ihren anziehenden Wochenmärkten und Altstadtkernen.

Es ließe sich natürlich sehr viel mehr über diese okzitanische Region sagen … Dieser Sommer Juli/August 2022 mit drei Hitzewellen bis 40 Grad war etwas Besonderes. Dass unser Urlaub trotzdem genussvoll war, dafür sorgte u. a. der Célé mit seinem herrlich klaren Flusswasser, umrahmt von farbigen Felswänden und schattenspendenden Bäumen und Büschen.

Von dieser unvergesslichen Zeit am Célé habe ich einen kleinen Text geschrieben, begleitet von einigen Bildern.


Menschen und Tiere am Fluss

Es ist die Zeit des Schattenbadens, der großen Hitze, der Kühltaschen und Sonnenhüte. Die Zeit der dunklen Räume bei grellem Tageslicht. Die Thermometer der Swimmingpools zeigen 31 Grad an.

Wir gehen zum Fluss, der eingebettet ist in ein Tal von bunten Felswänden, Wald und Wiesen, die jetzt strohgelb sind und fast wirken wie große Sandflächen. Der Fluss gibt hier und da eine Kiesstein-Insel frei, auf der gelbe und orangefarbene Kanus und ihre Paddler rasten.

Ein Paar mit Rucksäcken und Shorts beginnt an unserem Kiesstrand mit ihrer Wanderung – durch den Fluss. Ganz entspannt und selbstverständlich gehen sie durch das Wasser, über die Steine, mit ihren Wasserschuhen und verschwinden dann hinter der Flussbiegung.

Ernst. Foto: Irene Jasca
Ernst. Foto: Irene Jasca

Die Schönheit der Steine

Wir freunden uns nun näher mit dem Fluss an und tapsen mit der Strömung von Stein zu Stein. Da gibt es viele unscheinbare braune Steine, aber auch etliche rötlich-, bläulich-, orange- und rosaschimmernde in allen erdenklichen Formen.

Das strömende Wasser und das einströmende Sonnenlicht verzaubern diese Steine in mystische Aquarelle. Wir fotografieren diese kleinen Schätze aus verschiedenen Perspektiven und wagen dafür, immer näher mit unseren Handys an die Steinidylle unter Wasser heranzugehen.

Danach zeigen wir uns gegenseitig unsere Aufnahmen, ungläubig und verblüfft, welche Schönheit da zu unseren Füßen liegt. Das auf den farbigen Steinen sich brechende Licht im Wasserstrom zaubert ein Kunstwerk nach dem anderen. Ganz berauscht nehme ich mir ein paar magentafarbene Steine aus dem Flussbett und verstaue sie lächelnd in meinem Rucksack.

Die Schönheit der Steine im Célé. Foto: Irene Jasca
Die Schönheit der Steine im Célé. Foto: Irene Jasca

Der schwarze Hund

Ein athletischer weißhaariger Mann taucht auf, zieht sein T-Shirt aus, lässt sich im Sitzen ins Wasser gleiten und schwimmt in langen Zügen durch den kühlen Fluss. Ein herrenloser großer schwarzer Hund schwimmt direkt auf ihn zu. Der Mann hält an, holt einen Stein vom Grund und wirft ihn dem Hund zu. Und der Hund apportiert tatsächlich – den Stein.

Dieses Spiel spielen sie wie alte Freunde eine ganze Zeitlang. „ C’est votre chien ? “ frage ich ihn. „ Non “ , kommt als einzige Antwort. Später sehe ich den Hund, wie er zwei Jungen anschwimmt, seinen Kopf hin und her bewegt und sie schwimmend umkreist. Schon wieder fliegt ein Stein, das Spiel ist eröffnet. Fast wortlos vergnügen sich die drei im Flussbett.

Gespräch im Fluss

Auf der anderen Flussseite steigen jetzt eine jüngere Frau und ein jugendlich wirkender, weißhaariger Mann ins Wasser. Er mit Sonnenbrille, sie mit Strohhut. Bis zu den Schultern sitzen sie nun im Wasser, lassen zuweilen ihre Arme auf der Wasseroberfläche kreisen, und der Mann beginnt ausführlich zu erzählen. Sie scheint eine gute Zuhörerin zu sein. Die Szene könnte sich auch in einem Café abspielen – nur ohne Wasser.

Am Célé. Foto: Irene Jasca
Am Célé. Foto: Irene Jasca

Rap-Rhythmen

An einem anderen Tag an einem anderen schattigen Kiesstrand taucht aus dem Gebüsch eine dreiköpfige Gruppe mit zwei Hunden auf: Zwei junge Männer, der eine mit einem strumpfähnlich tätowierten Bein, der andere mit aufgesteckten Rastazöpfen, die Frau streng schwarz gekleidet. Sie überqueren den Fluss und schlagen dort ihr Lager auf. Plötzlich ertönt Rapmusik in dieser Naturidylle, und die drei führen ihre Hunde zu Wasser.

Ein Hund schwimmt zügig neben der Frau, der andere wird von den zwei Männern ins Wasser gezogen. Widerwillig, sich sträubend zuerst, gibt er bald auf, macht etliche Schwimmzüge und springt dann plötzlich aus dem Wasser an unser Ufer über uns hinweg. Der Hund wird wieder eingefangen und muss erneut ins Wasser.

Chacun à son goût

Wir ziehen an einen anderen baumgesäumten Kiesstrand und wundern uns, dass unsere Strandnachbarn am Rapperstrand bleiben. Dann habe ich sie wohl falsch eingeschätzt: die buchlesende Frau und den großen schlaksigen weißhaarigen Mann in geblümten Badeshorts, beide in unserem fortgeschrittenen Alter.

Das Chacun à son goût scheint in Frankreich wohl nicht nur gesprochen, sondern auch gelebt zu werden. Keinen stören die Hunde, die mit ihnen den Fluss teilen, ganz im Gegenteil.

Am Abend kehrt völlige Ruhe ein, wir haben die kleine Bucht an der Felswand für uns. Jetzt liege ich auf dem Rücken im Wasser, alle Viere von mir gestreckt, in den hohen Himmel schauend, wo ein paar fluffige Schafswolken aufgetaucht sind. Ich drehe mich auf den Bauch und schwimme mit den blauen Libellen, die neben mir über die Wasseroberfläche propellern.

Irene Jasca, Am Célé, August 2022

Eine herrliche Erfrischung im Sommer: ein Bad im Célé. Foto: Irene Jasca
Eine herrliche Erfrischung im Sommer: ein Bad im Célé. Foto: Irene Jasca

Der Beitrag von Irene Jasca ist ein Gastartikel in einer kleinen Reihe, in der alle, die dazu Lust haben, ihre Verbundenheit zu Frankreich ausdrücken können. Ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit Frankreich, Erlebnisse, Gedanken. Ihr wollt mitmachen? Dann denkt bitte daran: 

• Bitte keine PDFs.

• Text: per Mail in Word, Open Office oder per Mail. Denkt daran, euch mit ein, zwei Sätzen persönlich vorzustellen.

• Fotos: bitte möglichst im Querformat und immer in Originalgröße. Bitte schickt sie mit www.WeTransfer.com (kostenlos & top!) gebündelt mir zu – oder EINZELN ! – per Mail. Bitte denkt an ein Foto von euch – als Beitragsbild muss dies ein Querformat sein.

Vor der Veröffentlichung erhaltet ihr euren Beitrag zur Voransicht für etwaige Korrekturen oder Ergänzungen. Erst, wenn ihr zufrieden seid, plane ich ihn für eine Veröffentlichung ein. Merci ! Ich freue mich auf eure Beiträge! Alle bisherigen Artikel dieser Reihe findet ihr hier.

5 Kommentare

  1. Liebe Irene,
    herzlichen Dank für Deine Antwort.

    Ja, es stimmt natürlich, dass Saint-Cirq-Lapopie zu sehr touristisch ist, was wir im letzten Satz ja auch zumindest angedeutet haben.

    Im Gegensatz zu Rocamadour kannten wir diesen Ort bis zu diesem Jahr aber noch nicht, und so können wir auch keinen Vergleich mit früher anstellen, glauben Dir aber gerne, dass es vor 20 Jahren ganz anders war.

    Vor gut 30 Jahren waren wir einmal in Rocamadour, was damals noch gar nicht so überlaufen war, wie es heute wohl ist.
    Es war sogar so, dass es „oben“, nach dem anstrengenden Anstieg, nicht einmal etwas zu trinken gab, keine Gaststätte, kein Kiosk, gar nichts – dabei hatten wir aber unseren durstigen Kindern während des Aufstiegs versprochen, dass es oben etwas zu trinken gebe…
    Das wird heute sicher ganz anders sein.

    Was Du über die kleinen, unbekannteren, noch beschaulichen Dörfer sagst, dem stimmen wir vorbehaltlos zu.

    Saint-Cirq-Lapopie ist aber für uns – wenn man mal versucht, sich die Touristenmassen wegzudenken – immer noch eines der „plus beaux villages de France“.

    LG aus Saarlouis nach Bremen,
    Hubert und Elisabeth

    1. Lieber Hubert, liebe Elisabeth,

      danke für eure ausführliche Antwort.
      Es freut mich, dass ihr weiterhin Freude an Saint-Cirq-Lapopie habt.

      Ich wünsche euch weiterhin spannende und abwechslungsreiche Fahrten ins wunderschöne Frankreich.

      Herzliche Grüße von Bremen nach Saarlouis

      Irene

      1. Liebe Irene,
        nochmals Danke für Deine Antwort.

        Ja, wir verbringen seit über 30 Jahren unseren Haupturlaub (bis vor ein paar Jahren nannten wir es noch Ferien) immer in Frankreich, allermeistens in der Bretagne, wo wir im Südwest-Finistère jedes Jahr mind. 4 Wochen auf einem kleinen, familiären Campingplatz direkt am Strand verbringen, auf dem der weitaus größte Teil der Gäste immer noch Franzosen sind, von denen etliche nun schon zu unseren Freunden zählen, die wir jedes Jahr wieder gerne treffen.

        Aber auch andere Gebiete in Frankreich bereisen wir gerne, außer der Côte d´Azur, die wir nicht sehr schätzen.

        Bspw. das Roussillon oder aber der Südwesten mit der Küste der Landes, dem Périgord oder dem Béarn, wo ich vor 45 Jahren als Fs-Assistent in Pau tätig war.

        Nochmals herzliche Grüße nach Bremen, wo übrigens mein Patenkind/Nichte lebt.
        Hubert

  2. Lieber Hubert, liebe Elisabeth,
    danke für eure Rückmeldung. Ich habe im wesentlichen nur die Orte erwähnt, die mein Herz berührt haben, wie Marcilhac, Saint-Sulpice, Saint-Eulalie, Brengues, alle am Célé. Sie haben einen stillen Charme, herrliche Natursteinhäuser, eingerahmt von der abwechslungsreichen Flusslandschaft. Hier wohnen und leben die Leute noch, es gibt abends hier und da kleine Tanzfeste oder Musikdarbietungen, zumindest im Sommer.
    Ganz anders Saint -Cirq-Lapopie! Wir haben diesen Ort vielleicht vor ca. 20 Jahren zum ersten Mal besucht, da konnte ich dessen Schönheit noch genießen. Vor einem Jahr haben wir sehr enttäuscht unsere Stippvisite vorzeitig abgebrochen: Touristenmassen schleppten sich die Treppen rauf und runter, die „Seele“ des Ortes war nicht mehr zu spüren. Ich empfinde den Ort als touristisches Museum, genau wie Rocamadour, der Wallfahrtsort, der auch in dieser Region liegt.
    Mein Herz gehört den vielen kleinen Dörfern und Orten mit ihren Petanque-(Boule)Plätzen, wo man gleich nebenan in Ruhe sein Gläschen genießen kann.
    Herzliche Grüße nach Saarlouis von Irene 🌈

  3. Liebe Irene,

    Vorweg:
    Als fast Gleichaltrige (beide 1/52) und auch Ex-Kollegen (beide Franz.lehrer am Gymnasium) erlauben wir uns diese Anrede.

    Was Du über diese herrliche Gegend schreibst, können meine Frau und ich nur bestätigen:
    Wir waren im September mit dem Womo dort, und zwar auf einem Campingplatz in Saint-Cirq-Lapopie, direkt am Ufer des Lot.
    Und genau wie ihr haben wir im Fluss gebadet,und die Fotos der Flusslandschaft mit den Felsen im Hintergrund könnten von uns stammen.
    Weil uns der Ort und die ganze Umgebung so gut gefallen haben, blieben wir dort 2 Tage länger als geplant.

    Wir wundern uns allerdings etwas darüber, dass Du diesen Ort gar nicht erwähnt hast: für uns ist er einer der schönsten Orte, die wir kennen, und zu Recht unter den „plus beaux villages de France“; etwas störend ist allerdings der starke Tourismus, zu dem wir ja dann auch noch unseren Beitrag leisten …

    LG, Hubert und Elisabeth Braunshausen, Saarlouis

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