
Viele Jahre gehörte das malerisch auf einer Anhöhe über dem Meer gelegene Fort de Sainte-Adresse zu den vergessenen Orten der Hafenstadt Le Havre. 2005 jedoch weckten der Landschaftsarchitekt Samuel Craquelin, der Architekt Olivier Bressac und der Botaniker Jean-Pierre Démoly die einstige Verteidigungsanlage im Quartier de Sanvic aus dem Dornröschenschlaf auf.

Hommage an Semiramis
Gemeinsam mit dem städtischen Dezernat für Grünanlagen sicherten sie die historische Bausubstanz. Sie integrierten sie in eine 17 Hektar große Gartenanlage, die inzwischen zu den schönsten der Normandie gehört.
Die Jardins suspendus sind eine moderne Hommage an die Hängenden Gärten der Semiramis, die zu den sieben Weltwundern der Antike zählen.

Die Pflanzen der orscher
Auf den Höhen des Forts laden in vier Bastionen Themengärten zu einer Reise durch die botanische Welt ein. Darüber hinaus war die Seefahrer-Tradition der Normannen Inspirationsquelle für die Anlage.

Denn es waren Forscher wie Jean de Béthencourt (15. Jahrhundert) und Botaniker wie Pierre d’Incarville und Jacques-Julien Houtou de la Billardière (18. Jahrhundert), die die sieben Meere durchkreuzten und exotische Pflanzen in die Normandie brachten.
Ohne sie würde Frankreich heute nicht die Douglastanne (Nordamerika), die chilenische Schmucktanne Araucaria oder Hortensien, die aus Japan nach Nordwestfrankreich kamen und dort zum Wahrzeichen der Küstenregionen aufstiegen, kennen.

Gärten der drei Kontinente
Neben dem Garten zeitgenössischer Forscher bergen die Bastionen die drei geographisch geprägte Gärten der Jardins Suspendus: den asiatischen Garten, den nordamerikanischen Garten und den australischen Gärten. In letzterem gewinnt einbotanischer Dinosaurier langsam an Größe: eine Wollemia Pine. Sie war erst 1994 in den Blue Mountains bei Sydney entdeckt worden.

Wüste oder Regenwald?
Das Erbe der Forscher und frühen Botaniker bewahren die auch die Gewächshäuser, wo jedem von ihnen ein Raum mit typischen Pflanzen gewidmet ist. Andere widmen sich den Biotopen – im tropisch feuchten Gewächshaus gedeihen Orchideen und Bananen, im ariden Wüstenklima Wolfsmilchgewächse und Sukkulenten.

Im September 2008 eröffneten die hängenden Gärten von Le Havre, doch vollendet ist das grüne Projekt mit inzwischen 3.700 Arten aus aller Welt noch lange nicht.

Die Zukunftspläne der Jardins Suspendus
Auf länglichen Rasen-Freiflächen sollen weitere Gewächshäuser errichtet werden. Bereits heute sind die Hängenden Gärten von Le Havre barrierefrei. Sie sind daher auch gut per Rollstuhl zu besichtigen. Gewächshäuser und Rundweg auf der Festung verbindet ein geräumiger Fahrstuhl.

Schließlich sind auch die Pflanzungen einem ständigen Wechsel unterworfen. Nicht alle Exoten gedeihen im maritimen Klima und müssen durch andere, thematisch passenden Pflanzen ersetzt werden.
Andere entwickeln sich so prächtig, dass sie von den städtischen Gärtnern zur Begrünung der Stadt im großen Stil weitergezüchtet werden.

Diesen Versuchsgarten der städtischen Gärtner findet ihr gen Westen hinter den Gewächshäusern und dem Festungswall. Dort erstreckt der jardin d’essais mit 24 Blumenbeeten.
Hier komponieren im saisonalen Wechsel immer neue Blütenträume. Und findet ihr sicherlich auch Ideen für eure Blumenbeetgestaltung daheim im Garten oder auf dem Balkon!

Info
Les Jardins Suspendus
84, rue du Fort, Le Havre, Tel. 02 35 19 45 45, https://www.lehavre-etretat-tourisme.com/

Le Havre: meine Reisetipps
Le Havre gehört für mich zu den verkanntesten Orten der Normandie. Doch seit dem riesigen Kulturspektakel zum 500. Geburtstag der Stadt an der Seine ist Le Havre plötzlich hip – und sehr angesagt bei den Franzosen. Im Blog habe ich es schon häufiger vorgestellt, zum Beispiel hier:
Le Havre: meine Top Ten
Église Sant-Joseph: Wahrzeichen des Wiederaufbaus
Friseur maritim: der Salon des Navigateurs
Sainte-Adresse: Belgiens Hauptstadt an der Seine
Notre-Dame-des-Flots: Examensdank an eine Jungfrau
Flanieries Balneaires: die Strandausstellung
Filmreif: Aki Kaurismäki & Le HavreWeiterlesen
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