Die Jardins suspendus von Le Havre

Le Havre: Les Jardins Suspendus. Foto: Hilke Maunder
Les Jardins Suspendus. Foto: Hilke Maunder

Viele Jahre gehörte das malerisch auf einer Anhöhe über der Seinemündung gelegene Fort de Sainte-Adresse zu den vergessenen Orten der Hafenstadt Le Havre.

2005 jedoch weckten der Landschaftsarchitekt Samuel Craquelin, der Architekt Olivier Bressac und der Botaniker Jean-Pierre Démoly die einstige Verteidigungsanlage im Quartier de Sanvic aus dem Dornröschenschlaf auf.

Le Havre: Les Jardins Suspendus. Foto: Hilke Maunder
Der Eingang zu den Jardins suspendus. Foto: Hilke Maunder

Hommage an Semiramis

Gemeinsam mit dem städtischen Dezernat für Grünanlagen sicherten sie die historische Bausubstanz. Sie integrierten sie in eine 17 Hektar große Gartenanlage, die inzwischen zu den schönsten der Normandie gehört. Die Jardins suspendus sind eine moderne Hommage an die Hängenden Gärten der Semiramis, die zu den sieben Weltwundern der Antike zählen.  

Le Havre: Les Jardins Suspendus. Foto: Hilke Maunder
Der einstige Parade- und Exerzierplatz des Forts birgt heute die Gewächshäuser. Foto: Hilke Maunder

Die Pflanzen der Forscher

Auf den Höhen des Forts laden in vier Bastionen Themengärten zu einer Reise durch die botanische Welt ein. Darüber hinaus war die Seefahrer-Tradition der Normannen Inspirationsquelle für die Anlage.

Le Havre: Les Jardins Suspendus. Foto: Hilke Maunder
Das Gewächshaus zu Ehren von Aimé Goujaud (Bonpland) widmet sich den Bromelien. Foto: Hilke Maunder

Denn es waren Forscher wie Jean de Béthencourt (15. Jahrhundert) und Botaniker wie Pierre d’Incarville und Jacques-Julien Houtou de la Billardière (18. Jahrhundert), die die sieben Meere durchkreuzten und exotische Pflanzen in die Normandie brachten.

Ohne sie würde Frankreich heute nicht die  Douglastanne (Nordamerika) oder die chilenische Schmucktanne Araucaria kennen. Aus Japan kamen die Hortensien nach Nordwestfrankreich und stiegen dort zum Wahrzeichen der Küstenregionen auf. 

Le Havre: Les Jardins Suspendus. Foto: Hilke Maunder
Auch einen kleinen Teich birgt das Gewächshaus der Tropen. Foto: Hilke Maunder

Gärten der drei Kontinente

Neben dem Garten zeitgenössischer Forscher bergen die Bastionen die drei geografisch geprägte Gärten der Jardins Suspendus: den asiatischen Garten, den nordamerikanischen Garten und den australischen Gärten. In letzterem gewinnt ein botanischer Dinosaurier langsam an Größe: eine Wollemia Pine. Sie war erst 1994 in den Blue Mountains bei Sydney entdeckt worden.

Le Havre: Les Jardins Suspendus. Foto: Hilke Maunder
Zu den raffiniertesten fleischfressenden Pflanzen gehören Kannenpflanzen, die verführerisch duften, im Bauch der Kanne aber Gift bergen und mit glatten Wänden die Flucht vereiteln. Foto: Hilke Maunder

Wüste oder Regenwald?

Das Erbe der Forscher und frühen Botaniker bewahren die auch die Gewächshäuser, wo jedem von ihnen ein Raum mit typischen Pflanzen gewidmet ist.  Andere widmen sich den Biotopen – im tropisch feuchten Gewächshaus gedeihen Orchideen und Bananen, im ariden Wüstenklima Wolfsmilchgewächse und Sukkulenten.

Le Havre: Les Jardins Suspendus. Foto: Hilke Maunder
Die köstliche Frucht der Opuntie ist mit feinsten Stacheln überzogen. Foto: Hilke Maunder

Im September 2008 eröffneten die Hängenden Gärten von Le Havre. Doch vollendet ist das grüne Projekt mit inzwischen 3.700 Arten aus aller Welt noch lange nicht.

Le Havre: Les Jardins Suspendus. Foto: Hilke Maunder
Auch Orchideen in Hülle und Fülle blühen im Tropen-Gewächshaus. Foto: Hilke Maunder

Jardins suspendus: Gärten im Eandel

Auf länglichen Rasen-Freiflächen sollen weitere Gewächshäuser errichtet werden. Bereits heute sind die Hängenden Gärten von Le Havre barrierefrei. Sie sind daher auch gut per Rollstuhl zu besichtigen. Gewächshäuser und Rundweg auf der Festung verbindet ein geräumiger Fahrstuhl.

Le Havre: Les Jardins Suspendus. Foto: Hilke Maunder
Kaktus-Reich: das aride Gewächshaus. Foto: Hilke Maunder

Schließlich sind auch die Pflanzungen einem ständigen Wechsel unterworfen. Nicht alle Exoten gedeihen im maritimen Klima und müssen durch andere, thematisch passenden Pflanzen ersetzt werden.

Andere entwickeln sich so prächtig, dass sie von den städtischen Gärtnern zur Begrünung der Stadt im großen Stil weitergezüchtet werden.

Le Havre: Les Jardins Suspendus. Foto: Hilke Maunder
Die jardin d’essais der Jardins Suspendus. Foto: Hilke Maunder

Diesen Versuchsgarten der städtischen Gärtner findet ihr gen Westen hinter den Gewächshäusern und dem Festungswall. Dort erstreckt der jardin d’essais mit 24 Blumenbeeten.

Hier komponieren im saisonalen Wechsel immer neue Blütenträume. Und findet ihr sicherlich auch Ideen für eure Blumenbeetgestaltung daheim im Garten oder auf dem Balkon!

Le Havre: Les Jardins Suspendus. Foto: Hilke Maunder
Mit klebrigen Drüsenhaaren fängt der Sonnentau Insekten. Foto: Hilke Maunder

Info

Les Jardins suspendus

84, rue du Fort, Le Havre, Tel. 02 35 19 45 45, www.lehavre-etretat-tourisme.com

Le Havre: Les Jardins Suspendus. Foto: Hilke Maunder
Blick auf die Gewächshäuser die Jardins suspendus vom Wall. Foto: Hilke Maunder

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Le Havre: Les Jardins Suspendus. Foto: Hilke Maunder

Le Havre: Les Jardins Suspendus. Foto: Hilke Maunder

Le Havre: Les Jardins Suspendus. Foto: Hilke Maunder

Le Havre: Les Jardins Suspendus. Foto: Hilke Maunder

Merci fürs Teilen!

2 Kommentare

  1. Liebe Hilke
    Vor zwei Jahren habe ich wegen einer bevorstehenden Flussfahrt Le Havre entdeckt.
    Ob ich sonst einmal dorhin gereist wäre, da bin ich mir nicht sicher.
    Aber – es war eine tolle Entdeckung. Eine ganz untypische französische Stadt.
    Mit Gratis Bikes (von der Stadt im Angebot) haben wir die Stadt von allen Seiten her befahren. In den Hängegärten haben wir einen halben Tag verbracht.
    Eine solche Vielfalt von Pflanzen (angeordnet nach Klimazonen) und den verschiedenen kreativen Gartenideen, im Sinne der Biodiversität, haben wir noch in keinem anderen Botanischen Garten gesehen.
    Die Kirche Saint Joseph haben wir zum Abschluss des Tages besucht.
    Ganz wenige Besucher waren dort und bei sphärischen Musikklängen tauchten wir ein in die Welt einer gewaltigen Betonarchitektur und fantastischen Glasfenstern.
    Am nächsten Tag fuhren wir mit dem Flussboot Richtung Paris. Kurz nach der Pandemie war das Schiff nur zur Hälfte gebucht – ein grosses Plus in dieser Reise.

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