Solange van der Vegt mit einer ihrer Single-Taschen. Foto: Hilke Maunder
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Lavaur: in die Platte gesteckt  

Lavaur, die Hauptstadt des Pays de Cocagne,  ist eine gemütliche alte Stadt, die seit Jahrhunderten das schätzt, was Einheimische anbauen, herstellen und produzieren. Ihr Schaufenster ist der große Samstagsmarkt, der mit seinen Genüssen der Region ein wahres Schlaraffenland des Südwestens ist. In den Gassen ringsum haben Kreative ihre Boutiquen. So wie Solange van der Vegt, die ausgediente alte Schallplatten in ausgefallen modische Accessoires verwandelt.

Sophie Morceau als Handtasche... Foto: Hilke Maunder
Sophie Morceau als Handtasche… Foto: Hilke Maunder

Alte Schallplatten…

Das Hobby ihres Mannes brachte Solange auf die Idee. Sébastien Guilbaud kauft seit vielen Jahren Schallplatten von privat, stöbert bei Flohmärkten und Garagenverkäufen am Sonntagmorgen nach den Musikträgern, reinigt sie, arbeitet sie auf, steckt sie in eine Plattenhülle und bringt sie wieder in den Umlauf. Sein Hobby wurde zum Beruf.

Die Marktstände wichen – bedingt durch die Pandemie – einem Plattenladen mit Onlineverkauf im Herzen der Altstadt von Lavaur. Auch Solange stand mit auf den Märkten. Doch im Hauptberuf legte sie mit den Bâtiseurs de Jardins Gärten an und pflegte sie. Mit den Jahren, erzählt die 43-Jährige, sei dies körperlich immer schwieriger geworden. „Da habe ich überlegt, wie ich meinen Mann unterstützen – und dabei selbst kreativ werden kann.“

Auf Langspielplatten fertigt Solange halbrund, geräumige Taschen. Fotos: Hilke Maunder
Aus Langspielplatten fertigt Solange halbrund, geräumige Taschen. Fotos: Hilke Maunder

… als modisches Accessoire

Ihre Idee: aus den vielen zerkratzten Schallplatten, die ihr Mann nicht verkaufen konnte, etwas zu machen. 2019 nahm sie ihre erste handgefertigte Platten-Tasche mit auf den Markt. Die Reaktion war überwältigend. „Jeder sagte: ‚Das ist großartig, ihr solltet sie verkaufen!’… Also habe ich mich darauf eingelassen.“

Die Autodidaktin entwarf, nähte, stellte in ihrem Heimatdorf Saint-Paul-Cap-de-Joux Prototypen her und gründete ihre Firma Disquôsacs. Als micro-entreprise  (Kleinunternehmen) ist es befreit von der Mehrwertsteuer.

Inzwischen umfasst ihr Sortiment sechs verschiedene Produkte aus alten Schallplatten – vom Portemonnaie über kleine Taschen aus Singles mit 45 Umdrehungen pro Minute bis zu den großen Modellen auf Basis von LPs mit 33 Umdrehungen pro Minute sowie rechteckigen Taschen im Stil von Männerhandtaschen.

Das Sortiment umfasst neben Taschen in allen Größen auch Portemonnaies und Ohrschmuck. Foto: Hilke Maunder
Das Sortiment umfasst neben Taschen in allen Größen auch Portemonnaies und Ohrschmuck. Foto: Hilke Maunder

Kreative Handarbeit

Zwei Stunden lang arbeitet sie per Hand an jeder Tasche. Da sie Farben liebt, kreiert sie die Taschen nach ihren eigenen Entwürfen abgestimmt auf den Titel und mit bunten Stoffen, die sie bei Ma petite mercerie in Gaillac kauft. Immer häufiger erhält sie Aufträge von Plattenfans, die aus ihrer Lieblingsplatte eine ganz persönliche Platten-Tasche gefertigt bekommen möchte.

Auch das macht Solange, so lange sie die gewünschte Scheibe vom Sammler erhält. Denn: „Ich kann mir ja nicht aussuchen, welche Platten wir zerkratzt finden!“ Die handgefertigten Plattentaschen von Solange van der Vegt kosten ab 35 Euro. Portemonnaies gibt es ab 15 Euro, Ohrringe zu ähnlichen Preisen.

Solange stöbert im Plattenangebot ihres Mannes Sébastien. Foto: Hilke Maunder
Solange stöbert im Plattenangebot ihres Mannes Sébastien Guilbaud. Foto: Hilke Maunder

Fundgrube für Vinyl

Das unabhängige Plattenlädchen ist eine Fundgrube. Neben den Taschen gibt es dort mehr als 2.500 alte und neue Schallplatten – Singles, LPs und Maxi-Singles. Heavy Metal und Hard Rock, Elektro, Punk, Rock und Pop, Jazz aus aller Welt und allen Genres, französische Schlager und Chansons, Hits der 1980-er und 1990-er Jahre. Wohl jedes Genre ist in der Sammlung von Sébastien Guilbaud vertreten.

Markt, Laden und Online-Shop

Fehlt etwas, inspiriert dies nur den Jäger, der, wie er selbst sagt, inzwischen süchtig ist nach den klingenden Scheiben von einst. Damit liegt Sébastien voll im Trend. Auch in Frankreich ist Vinyl wieder sehr gefragt. Solange freut sich, dass so der Nachschub an Rohmaterial für ihre Taschen nicht ausgeht. Denn neben den Märkten und dem Shop in der Stadt gibt es inzwischen auch einen Online-Shop, wo sie ihre Kreationen vorstellt – und dann auch EU-weit versendet.

Der runde Turm von Lavaur. Foto: Hilke Maunder
Der runde Turm von Lavaur. Foto: Hilke Maunder

Lavaur: meine Reise-Infos

Lavaur liegt im Département Tarn auf halber Strecke zwischen Toulouse und Castres und erstreckt sich am westlichen Ufer des Agout. Das ungewöhnliche Platten-Taschen-Lädchen versteckt sich in einer Altstadt-Gasse.
• Disquaire Lavaur, 29, Rue de la Mairie/Ecke Rue Carlesse, 81500 Lavaur

Hinkommen

Auto

Lavaur liegt an der D 112 Toulouse – Castres; die D 630 verbindet Lavaur mit Saint-Sulpice-la-Pointe am Tarn.

Bahn

In Lavaur halten die TER-Regionalzüge der SNCF.

Schlemmen

La Fabrique „Chez Fernande“

Dort futtern die Einheimischen vor Ort – oder versorgen sich mit Pizza, Burger und Wein für daheim.
• 3, Avenue du Pont Saint-Roch, 81500 Lavaur, Tel. 05 63 58 53 80, www.facebook.com/lafabriquechezfernande

Schlafen

Le Pastelier

Sechs kleine, komfortable Zimmer mit Bad/WC im Herzen der alten Stadt, dazu eine frische lokale Küche im Restaurant.
• 7, Rue Alsace Lorraine, 81500 Lavaur, Tel. 05 63 58 04 16, www.lespasteliers.com

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