Eric Vuillard für die Erzählungen "La Bataille d'Occident" und "Congo" mit dem Franz Hessel-Preis ausgezeichnet
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Die Literaturpreise in Frankreich

Mit der Bekanntgabe der Gewinner der wichtigsten Literaturpreise wird alljährlich in Frankreich die neue Lesesaison eröffnet. La Rentrée littéraire als gefeierter Literaturherbst ist in Frankreich seit dem 20. Jahrhundert eine Tradition, auch wenn es schwierig ist, ihn genau zu datieren.

Die Rentrée littéraire hält sich, weil sie es versteht, sich an das französische Publikum anzupassen. Rund 500 neue Bücher kommen dann frisch auf den Markt. Und hoffen auf die Literaturpreise, die hohe Absatzzahlen garantieren.

Jeder Preis hat dabei seine eigene Geschichte und gibt Einblicke in die Vielfalt und Kreativität der französischsprachigen Literatur. Die wichtigsten Werke erscheinen dann etwas später meist auch in deutscher Übersetzung.

Wichtige Literaturpreise in Frankreich

Der Prix de l’Académie Française

Der Preis, der seit 1915 verliehen wird, ist einer der wichtigsten Auszeichnungen der Académie Française. Bereits seit 1635 wacht die Gelehrtengesellschaft über die französische Sprache und Literatur. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis hat eine große Außenwirkung.

2021 hat François-Henri Désérable  den Grand Prix du Roman für sein Werk Mon maître et mon vainqueur* gewonnen. In seinem Roman würdigt der Autor aus Amiens zwei der größten Dichter des 19. Jahrhunderts: Arthur Rimbaud und Paul Verlaine.

Der Prix Goncourt

Literaturpreise in Frankreich. Nach den Brüdern Goncourt ist der bekannteste Preis benannt. Foto: Hilke Maunder
Literaturpreise in Frankreich. Nach den Brüdern Goncourt ist der bekannteste Preis benannt. Foto: Hilke Maunder

Der seit 1903 zu Ehren der Schriftstellerbrüder Edmond und Jules Goncourt vergebene Prix Goncourt ist einer der wichtigsten Literaturpreise Frankreichs.

Er wird zusammen mit dem Prix Renaudot traditionsgemäß am ersten Novembermontag im Restaurant Drouant in Paris vergeben. Die neunköpfige Jury, bestehend aus Schriftstellern und Literaturkritikern, zeichnet dabei in jedem Jahr das beste Prosawerk in französischer Sprache aus.

Auch wenn das Preisgeld mit der Summe von 10 Euro eher symbolischen Charakter hat, so ist doch der Erfolg in den Buchläden im In- und Ausland meist garantiert. Im Schnitt verkauft sich das ausgezeichnete Werk 300.000 Mal. Die Gewinner des Prix Goncourt wurden in den letzten zehn Jahren ausnahmslos in die deutsche Sprache übersetzt.

Foto: Hilke Maunder
In Goncourt. Foto: Hilke Maunder

Der diesjährige Gewinner ist Mohamed Mbougar Sarr, der mit seinem Roman La Plus Secrète Mémoire des hommes* (Die geheimste Erinnerung der Menschen). Der Roman erzählt die Geschichte eines jungen Schriftstellers aus Senegal, der in Paris ein legendäres Buch aus dem Jahr 1938 findet und sich auf die Spuren des, auf mysteriöse Weise verschwundenen, Autors begibt.

Prix Goncourt des Lycéens

Der Goncourt-Literaturpreis der Gymnasiasten wurde 1988 vom Medienhaus FNAC zusammen mit dem Rektorat Rennes und unter der Schirmherrschaft der Académie Goncourt ins Leben gerufen. Der Preis gelangte seitdem zu hohem Ansehen. Die Jury, die den Preisträger aus etwa zwölf Romanen der offiziellen Selektion der Académie Goncourt auswählt, besteht aus 15-18-jährigen Schülern unter der Aufsicht ihres Literaturlehrers.

Der Prix Renaudot

Der Prix Renaudot wurde 1926 von Literaturkritikern komplementär zum Prix Goncourt ins Leben gerufen. Er erinnert an den Arzt, Philantropen und Herausgeber der ersten französischen Zeitung La Gazette Théophraste Renaudot. Der Preis wird zusammen mit dem Prix Goncourt traditionsgemäß am ersten Novembermontag im Restaurant Drouant in Paris vergeben.

Die Renaudot-Jury hat schon oft für Überraschungen gesorgt. Doch 2021 haben sie sich bei ihrer Wahl an die Liste der Finalisten gehalten und zeichneten 2021 Amélie Nothomb für ihren dreißigsten (!) Roman aus: Premier sang*. In ihrem neuesten Roman, den Leser und Kritiker begeistert loben, schlüpft die Autorin in die Rolle ihres Vaters, der am 17. März 2020, dem ersten Tag der confinements, an einem Aneurysma starb.

Der Prix Femina

Der 1904 unter Federführung der Gräfin Anna de Noailles von 22 Mitarbeitern des Magazins La vie heureuse (heute Femina) geschaffene Prix Femina wird von einer Jury aus zwölf Frauen unter dem Vorsitz von Régine Desforges vergeben.

Dieser nicht dotierte Preis ist mit 100.000 bis 250.000 verkauften Exemplaren meist ein Kassenschlager. Er wird am ersten Novembermittwoch, und damit einige Tage vor dem Prix Goncourt, im Pariser Hôtel Crillon vergeben.

Sein Ziel ist es, ein Gegengewicht zu diesem zu bilden, da dessen Jury ursprünglich weibliche Literaten weder fördern, noch auszeichnen wollte. Der Prix Femina 2021 wurde an Clara Dupont-Monod für ihren Roman S’adapter* verliehen. Die Journalistin und Radiomoderatorin Clara Dupont-Monod erzählt in ihrem Roman die Geschichte einer Familie in den Cevennen,  deren Leben durch die Ankunft eines behinderten Kindes erschüttert wird.

In der 1985 ins Leben gerufenen Kategorie der ausländischen Romane wurde mit Ahmet Altan erstmals türkische Autorin ausgezeichnet. Die Jury ehrte sie für ihren klassischen Liebesroman Madame Hayat*, der bei Actes Sud erschienen ist.

Der Femina-Essaypreis ging an die Sartre-Spezialistin Annie Cohen-Solal (73), die mit Un étranger nommé Picasso* eine mehr als 700 Seiten dickes Mammutwerk über den Maler verfasst hat.

Der Prix Médicis 

Die Begründer des 1958 geschaffenen Prix Médicis, Gala Barbisan und Jean-Paul Giraudoux, wollten mit dieser Auszeichnung einen „etwas anderen Literaturpreis“ schaffen. Der Prix Médicis zeichnet in seinen drei Kategorien (französischer bzw. ausländischer Roman/Bericht sowie Essay) vielversprechende junge Autoren mit einer neuen Ton- und Stilart aus.

Der Médicis-Preis für französische Romane erhielt in diesem Jahr Christine Angot für ihren Roman Le voyage dans l’Est*.

Der Ausland-Médicis wird seit 1970 und der Essay-Médicis seit 1985 vergeben. Die Jury gibt die Preisträger zusammen mit der Jury des Prix Fémina am ersten Novembermittwoch im Pariser Hôtel Crillon bekannt.

Der Medicis-Preis für ausländische Belletristik ging 2021 an Jonas Hassen Khemiri für La Clause paternelle*, übersetzt aus dem Schwedischen von Marianne Ségol-Samoy.

Den Medicis-Preis für Essays erhielt Jakuta Alikavazovic für Comme un ciel en nous*.

Der Prix interallié

Die Idee für den Prix interallié wurde 1930 im illustren Privatclub des Cercle de l’Union interalliée in der Nr. 33 der Rue du Faubourg-Saint-Honoré in Paris geboren, als eine Reihe von Journalisten auf die Ergebnisse der Beratungen der Frauen-Jury zum Prix Femina wartete. Die Idee war so gut, dass der Preis bis heute ohne jegliches Preisgeld auskommt. Er wird im Restaurant Lasserre an der Avenue Franklin Roosevelt vergeben.

Ursprünglich für den 10. November geplant, wurde die Preisverleihung um erst einmal eine Woche verschoben. Die Finalisten sind:

Binationale Literaturpreise

Zwei Literaturpreise fördern heute die deutsch-französische Freundschaft. Nur ein einziges Mahl wurde der deutsch-französische René-Schickele-Preis verliehen.

René-Schickele-Preis

Der Name des Preises erinnert an den elsässischen Autor der Zwischenkriegszeit, René Schickele. Preisrichter waren Hermann Kesten, Thomas Mann und Alfred Neumann.

Im Jahr 1952 erhielt der  deutsche Autor Hans Werner Richter von der Gruppe 47 den Preis für sein Werk „Sie fielen aus Gottes Hand“. Ebenfalls geehrt wurden  Ilse Aichinger für Die größere Hoffnung, Franziska Becker für Bevor die Nacht kam, Heinrich Böll für Wo warst du, Adam?, Siegfried Lenz für Es waren Habichte in der Luft, Luise Rinser für Mitte des Lebens und Heinz Risse für Wenn die Erde bebt geehrt.

Ursprüngllich sollte der Preis alljährlich verliehen. Da die Resonanz auf die Auszeichnung jedoch so gering ausfiel, blieb es bei der Auftaktveranstaltung. Die Festschrift der Preisverleihung bewart das deutsche Literaturarchiv in in Schillers Geburtsort Marbach am Neckar.

Prix des Lycéens Allemands

Bereits 2004 startete das Institut français Deutschland mit der Ernst Klett Sprachen GmbH die Initiative Prix des Lycéens Allemands.  Im Unterricht, daheim oder in einer AG lesen Schülerinnen und Schüler eine Auswahl von vier spannenden Büchern, präsentieren sie – auf Französisch! – vor der Schul- und Landesjury und wählen das Lieblingsbuch. Bei der Bundesjury küren dann die Schülerinnen- und Schülervertreter der 16 Bundesländer den Gewinner des Prix des Lycéens allemands.

Prix Franz Hessel

Mit dem Franz-Hessel-Preis werden seit 2010 jedes Jahr Autoren aus Deutschland und Frankreich ausgezeichnet, die im jeweiligen Nachbarland bisher kaum bekannt sind. Eine deutsch-französische Jury wählt gemeinsam die Preisträgerinnen und Preisträger aus. Die Verleihung findet jeweils im Wechsel in Deutschland und Frankreich statt. Der Preis ist mit jeweils 10.000 Euro dotiert. Vergeben wird er von der Villa Gillet in Lyon und der Stiftung Genshagen.

Voraussetzung für eine Nominierung sind eine aktuelle Veröffentlichung – möglichst im Jahr der Preisvergabe – und die noch ausstehende Übersetzung des Werkes in die jeweils andere Sprache.

Der deutsche Kulturstaatsminister und das französische Ministère de la Culture et de la Communication fördern den Preis. Er ist Teil der deutsch-französischen Agenda 2020 und damit Grundlage der deutsch-französischen Zusammenarbeit bis 2030.

Mit seinem Namen erinnert der Preis an einen wichtigen Mittler zwischen den Kulturen, den der Faschismus tötete. Franz Hessel, im November 1880 in Stettin geboren, arbeitete als  Schriftsteller, Lektor und Übersetzer in Berlin und Paris. Als die Wehrmacht in Frankreich einmarschierte, floh er vor den deutschen Besatzern in die Provence nach Sanary-sur-Mer.

Doch schon bald wurde er mit anderen Exildeutschen, so auch Lion Feuchtwanger, im Lager Les Milles interniert. Dort erlitt der 60-Jährige einen Schlaganfall und verstarb am 6. Januar 1941.

Weitere Listeraturpreise

Die oben aufgeführten Auszeichnungen stellen nur eine Auswahl vor. Insgesamt vergibt das Land alljährlich mehr als 50 Literaturpreise. Geehrt werden dabei einzelne Kategorien wie Lyrik- oder Jugendbücher, Krimis oder Werke ethnischer wie religiöser Gruppen. Zudem vergeben auch einzelne Städte wie Angoulême Literaturpreise.

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