La Vache Qui Rit: die lachende Kuh – beide Logos der Marke sind hier vereint. Foto: Hilke Maunder
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Lons-le-Saunier: die Hauptstadt des Jura

Eine lachende Kuh machte Lons-le-Saunier weltweit bekannt. Doch die charmante Hauptstadt des Départements Jura hat mehr zu bieten als köstlichen Käse. 

Hoch thront sie in Lons-le-Saunier auf einem Silo und lacht ununterbrochen auf den Verkehr, der sich zu ihren Füßen auf dem Boulevard staut: die rote Kuh. 1921 erblickte sich das Licht der Welt. Das Motiv erfand der französische Illustrator Benjamin Rabier (1864–1939), der auch die lila Milka-Kuh entwarf.

Im Ersten Weltkrieg schmückte Rabier die Laster des Heeres mit einer roten, lachenden Kuh samt Ohrringen und Halskette.Wachkyrie hieß sie, und war nichts anderes als eine Verhunzung der Oper Walküre von Richard Wagner, die Deutschland damals in der Kriegspropaganda nutzte

Bis heute wird La Vache Qui Rit in Lons-le-Saunier produziert. Foto: Hilke Maunder
Bis heute wird La Vache Qui Rit in Lons-le-Saunier produziert. Foto: Hilke Maunder

Schmelzkäse für Kinder

Dabei lernte Rabier den Käsefabrikanten Léon Bel kennen, der Gefallen an der Kuh gefunden hatte – und sie als Markenbotschafterin für seinen Schmelzkäse nutzen wollte.

La vache qui rit war damals einer der ersten Industrie-Käse und sollte mit seiner lachenden Kuh, die das Produkt auf beiden Seiten in ihren Ohrringen zeigte, vor allem Kinder ansprechen. Erfunden wurde der frühe Industriekäse, der in Deutschland als „Kiri“ die Brotscheiben eroberte, in Lons-le-Saunier. Und damit im Stammland des Comté, des beliebtesten Käse der Franzosen.

Im Herzen des Jura

Wer möchte dort nicht wohnen? Foto: Hilke Mauander
Wer möchte hier nicht wohnen? Foto: Hilke Mauander

Lons-le-Saunier liegt im Herzen des Juragebirges, einer wunderschönen und noch sehr ursprünglichen Region in Frankreich. Üppige Wälder, sanfte Hügel und glitzernde Seen umgeben die Hauptstadt des Départements, die ihre lächelnde Kuh längst auch fürs Tourismusmarketing nutzt.

An der ursprünglichen Produktionsstätte des Käses stellt heute die Maison de la Vache Qui Rit nicht nur die Erfolgsgeschichte der Weltmarke samt begleitenden Animationen vor, sondern veranstaltet auch große (Kultur-)Events.

Die Fassaden der <em>Place de la Liberté</em>. Foto: Hilke Maunder
Die Fassaden der Place de la Liberté. Foto: Hilke Maunder

Die gute Stube von Lons

Doch es wäre nicht fair, Lons-le-Saunier auf seinen Käse zu reduzieren. Im Innern des Boulevardrings hat Lons-le-Saunier einen kleinen, charmanten Stadtkern bewahrt. Sein Herz bildet die längliche Place de la Liberté.

An ihrem westlichen Ende blickt General Lecourbe vom Denkmal visionär in den Himmel. Zu seinen Füßen sprudeln Bodenfontainen. 1759 in Besançon geboren, hatte er sich als General des Kaiserreichs auf den Schlachtfeldern besonders gegen die Russen unter Suworow hervorgetan. Er starb 1815 in Belfort und wurde in Ruffey-sur-Seille beigesetzt. 1830 ehrte Lons ihn mit dieser Statue.

Die Statue von General Lecourbe auf der <em>Place de la Liberté</em>. Foto: Hilke Maunder
Die Statue von General Lecourbe auf der Place de la Liberté. Foto: Hilke Maunder

Schauen und schlemmen

Am östlichen Ende erhebt sich prunkvoll die Fassade des Theaters im Rokokostil, das ab 1901 nach einem großen Feuer wieder aufgebaut wurde. Vergoldungen, roter Samt, Malereien und Stuckarbeiten verleihen drinnen dem Saal Glanz.

Hier findet ihr das Grand Café du Théâtre. Am  17. August 1850 soll dort sogar Louis Napoléon Bonaparte an einem der Tische zu einem ihm zu Ehren veranstalteten Ball zu Mittag gegessen haben. Heute dominiert Brasserieküche mit hausgemachten Pasteten. Flammkuchen, Andouillettes, Salaten und den Desserts des Pâtissiers.

Rouget de Lisle & La Marseillaise

Berühmt ist Lons-le-Saunier nicht nur für seinen Käse, sondern auch für  Claude Joseph Rouget de Lisle, der am 10. Mai 1760 in Lons-le-Saunier das Licht der Welt erblickte.Rouget de Lisle, der sich schon früh zur Musik hingezogen fühlte (als Kind wäre er fast von einer Zigeunertruppe entführt worden, weil ihn ihre Musik so sehr faszinierte), absolvierte eine militärische Ausbildung an der Ingenieurschule in Mézières, bevor er in das Offizierskorps des Königs aufgenommen wurde.

Als Österreich im April 1792 den Krieg erklärte, befand er sich in der Garnison in Straßburg am Rhein. Dort verkehrte er in literarischen Kreisen, traf auch auf den Straßburger Bürgermeister Diétrich und wurdegebeten,  für die Truppen, die sich anschickten, in den Kampf zu ziehen, ein Lied zu komponieren. Kaum wieder daheim, griff er sogleich zur Feder und komponierte in der Nacht des 24. April 1792 den Chant de guerre pour l’armée du Rhin (Kriegsgesang für die Rheinarmee).

Am nächsten Tag führte er das Lied vor Dietrich auf, und schon bald waren Melodie und Text ein großer Erfolg und verbreiteten sich in ganz Frankreich. Doch es war der Kampf der Föderierten in Marseille, das dem Lied seinen endgültigen Namen gab: Als die Pariser am 30. Juli 1792 mit dem Lied in Paris einmarschierten, tauften sie die Hymne: „La Marseillaise“. Seit 1892  erinnert Lons-le-Saunier mit einem Denkmal an seinen Autor der Marseillaise. Es schuf der Colmarer Bildhauer Bartholdi, der auch die Freiheitsstatue von New York und den Löwen von Belfort entwart.

Bummeln unter den Arkaden

Blick auf die <em>Tour de l'Horloge</em> der <em>Place de la Liberté</em> von der <em>Rue du Commerce</em> aus. Foto: Hilke Maunder
Blick auf die Tour de l’Horloge der Place de la Liberté von der Rue du Commerce aus. Foto: Hilke Maunder

Jeder Stein in der Altstadt von Lons-le-Saunier kann Geschichten erzählen. Wie schön, dass auf der zentralen Placde de la Liberté mehrere Terrassencafés Tische und Stühle aufs Pflaster gestellt haben. Hier trifft sich die Stadt. Und geht genau dort, wo sich vierkantig ein Uhrturm erhebt, in den Arkaden der Rue du Commerce bei jedem Wetter genüsslich shoppen und flanieren.

Ursprünglich aus Holz gebaut, wurden die Arkaden nach dem Brand von 1637 vollständig aus Stein wiederaufgebaut und mit Ziegeln gedeckt. Dabei behielten sie ihre aus dem Mittelalter übernommene anmutige Kurve bei.

Die Arkaden der Rue du Commerce. Foto: Hilke Maunder
Die Arkaden der Rue du Commerce. Foto: Hilke Maunder

In der Nr. 24 befindet sich das Geburtshaus von Rouget de Lisle, dem Verfasser der Marseillaise. Ursprünglich hatte er es als Kriegslied für die Rheinarmee komponiert. Doch im Sommer 1792 sangen es die in Paris einziehenden Marseiller Föderierten. So wurde die Melodie zur Marseillaise. Rouget de Lisle wurde im Invalidendom beigesetzt.

Wein der Freundschaft

Seinen Namen trägt bis heute Wein, der im Marjorie-Viertel auf dem einzigen Weinberg der Stadt angebaut wird. Dieser Clos Rouget de Lisle-Wein wird bis heute bei den Empfängen der Stadt ausgeschenkt.

Acht Hektar groß ist der Weinberg – und ein Geschenk der deutsch-französischen Freundschaft. 1973 hatte Offenburg, die badische Partnerstadt von Lons, dessen deutsche Rebstöcke geschenkt. Allein, sie fühlten sich in den fremden Böden nicht so recht wohl.

Lons beauftragte die Domaine Pignier, lokale Rebsorten zu pflanzen: 2/3 Chardonnay, 1/3 Savagnin. Pflege und Vinifikation übertrug sie Jean-Yves Vapillon, bis heute der einzige Winzer der Präfekturstadt.

Entspannt charmant

Eine schmucke Fassade an der Place Perraud von Lons-le-Saunier. Foto: Hilke Maunder
Eine schmucke Fassade an der Place Perraud von Lons-le-Saunier. Foto: Hilke Maunder

Lons-le-Saunier lädt ein, sich einfach treiben zu lassen. Schlendert vorbei an großbürgerlichen, typisch französischen Fassaden mit schmiedeeisernen Zierbalkonen, Schieferdächern und Haussmann-Prunk. Hohe Mauern verstecken alte Gärten.

An der Place Perraud erheben sich die stattlichen Palais der ehemaligen Stadtverwaltung und das sehenswerte Musée des Beaux-Arts und der Archäologie mit Artefakten und Kunstwerken der Region.

Und wenn die Füße müde sind, locken gemütliche Restaurants wie La Table de Perraud, in denen der Patron mit Herzblut am Herd wirbelt und jeden seiner Stammgäste persönlich kennt.

Auftanken in den Thermen

Oder die Thermalquellen der Stadt – denn Lons-le-Saunier beherbergt nicht nur eine, sondern gleich mehrere Thermalquellen. Im Herzen des alten Lons wurde im Park Puits-Salé schon sehr früh die Sole, die hierentsprang, verdampft und zu Salz verarbeitet. Das weiße Gold sorgte vom Mittelalter  Jahrhunderte lang für Wohlstand. 1996 wurde die Produktion eingestellt.

Die Thermen waren nicht nur als Sole für Salz, sondenr für ihre heilende und wohltuende Wirkung bekannt. 1892 eröffneten im Parc des Bains die Thermen.

Die <em>Place de l'Hôtel de Ville</em>. Foto: Hilke Maunder
Die Place de l’Hôtel de Ville. Foto: Hilke Maunder

Die berühmteste davon ist die Lédonia-Quelle, die besonders reich an Mineralien ist. Mit 17 °Celsius sprudelt sie aus der Tiefe. Fürs Thermalbad wird sie auf 32 °Celsius erhitzt. Besonders bei Rheuma, Arthritis und Hautkrankheiten soll das Wasser wahrhaft Wunder wirken.

Wer nicht kurt, kann im Spa das Thermalwasser genießen, sich für Hydrotherapie, Massagen, Gesichts-  und andere Schönheitsbehandlungen anmelden, in Sauna und Hammam schwitzen – oder sich im Whirlpool einfach nur besprudeln lassen.

Und sich freuen, dass Lons-le-Saunier keine Stadt ist, die mit Sightseeing stresst, sondern charmant beschaulich ist. Einfach herrlich entspannend.

Das <em>Hôtel Dieu</em> von Lons-le-Saunier. Foto: Hilke Maunder
Das Hôtel Dieu (1735 – 1745) von Lons-le-Saunier. Foto: Hilke Maunder

Lons-le-Saunier: meine Reisetipps

Schlemmen & genießen

La Table de Perraud

Alte Steine, Holzbalken und traditionell eingedeckte Tische stimmen auf die köstliche französische Küche von Gabriel Janod ein, die im Rhythmus der Jahreszeiten wechselt und Mut beweist, auch unbekanntere Traditionsgerichte aus Frankreich oder dem Jura auf die Karte zu heben,
• 11, Place Perraud, 39000 Lons-le-Saunier, Tel. 03 84 86 49 68, www.restaurant-latabledeperraud.com

La Table de Perraud. Foto: Hilke Maunder
La Table de Perraud. Foto: Hilke Maunder

L’Étoile

Die junge Weinbar mit einem sehr gut sortierten Keller und kleiner saisonaler Karte trägt ihren Namen zu Recht: Sie ist ein Stern, der strahlt – und so beliebt ist, dass ihr fürs dîner unbedingt einen Platz reservieren müsst. Aber auch am Tresen munden die Speisen und Weine.
• 3, Place de la Liberté, 39000 Lons-le-Saunier, Tel. 09 71 28 15 04, www.facebook.com/etoile.lons

Im Glas ein <em>Vin Jaune</em>, auf dem Teller Comté-Käse: typische Genussmomente aus dem Jura. Foto: Hilke Maunder
Im Glas ein Vin Jaune, auf dem Teller Comté-Käse: typische Genussmomente aus dem Jura. Foto: Hilke Maunder

Schlafen

Hotel Terminus

Das Bahnhofshotel, von außen eher schlicht, überrascht im Innern mit geräumigen Komfortzimmern samt schallisolierten Fenstern und einem sehr freundlichen Empfang. Seit 2023 gehört ein Fitnessraum zum Angebot.
• 37, Avenue Aristide Briand, 39000 Lons-le-Saunier, Tel. 03 84 24 41 83, https://hotel-terminus-lons.fr

Offenlegung

Kost und Logis in Lons-le-Saunier bezahlte ich aus eigener Tasche. Das garantiert journalistische Unabhängigkeit.

Eine der vielen charmanten Brasserien und Bars von Lons-le-Saunier. Foto: Hilke Maunder
Eine der vielen charmanten Brasserien und Bars von Lons-le-Saunier. Foto: Hilke Maunder

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Château-Chalon und Baume-les-Messieurs gehören zu den schönsten Dörfern Frankreichs.

In Bruyère liegt die Heimat der berühmten Pfeife.

Chalain, Clairvaux, Vouglans: Im Pays des Lacs findet ihr viele Seen und Möglichkeiten zum Baden oder Wandern

Hofstelle im Jura bei Lons-le-Saunier. Foto: Hilke Maunder
Hofstelle im Jura bei Lons-le-Saunier. Foto: Hilke Maunder

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2 Kommentare

  1. Mit dem Auto ist man in 50 Minuten in Arc -et-Sénans und kann dort die Königliche Saline besichtigen -klassifiziertes Welterbe der UNESCO. Auch kann man in dem angegliederten Hotel übernachten, im Sommer mit hochkarätigen Konzerten….

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