Historische Aufnahme der Luftpost-Flieger am Zaun des Envol des Pionniers. Foto: Hilke Maunder
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Toulouse: das Erbe der Luftpost-Pioniere

Sie waren bewunderte Pioniere: die ersten Luftpost-Piloten. Vor mehr als 100 Jahren flogen sie Briefe und Pakete um die Welt. In Toulouse könnte ihr das Erbe der Latécoère-Linien und ihrer Helden der Lüfte besonders gut entdecken.

Die Hauptstadt Okzitaniens ist seit dem Ersten Weltkrieg eng mit der Luftfahrt verbunden. Das liegt besonders an einem Mann: Pierre-Georges Latécoère aus Bagnères-de-Bigorre.

Toulouse: L'Envol des Pionniers. Foto: Hilke Maunder
Der Nachbar einer Salmson 2A2. Foto: Hilke Maunder

1918 trat er zum ersten Flug der französischen Luftpost von Montaudran nach Barcelona an. Sein Flugzeug: eine Salmson 2A2. Dann gründete Pierre-Georges Latécoère die ersten Flugzeugfabriken in Toulouse.

Dort stellte er Piloten wie Mermoz oder Saint-Exupéry ein. Sie brachten anfangs die Luftpost bis nach Casablanca und Dakar, später bis nach Südamerika.

Die Luftpost-Linie von Toulouse nach Santiago de Chile. Foto: Hilke Maunder
Die Luftpost-Linie von Toulouse nach Santiago de Chile. Foto: Hilke Maunder

Die Piste des Géants

Luftposterbe und Erinnerung verknüpft seit Herbst 2018 La Piste des Géants im Toulouser Vorort Montaudran.

Luftpost-Erbe ganz lebendig: La Piste des Géants. Foto: Hilke Maunder
Luftpost-Erbe ganz lebendig: La Piste des Géants. Foto: Hilke Maunder

In Montaudran liegt die Wiege der Toulouser Luftfahrtindustrie. Zur Rollbahn der Giganten gehören drei Bereiche.

Die Halle de la Machine

Montaudran: die Halle de la Machine. Foto: Hilke Maunder
Die Halle de la Machine. Foto: Hilke Maunder

Keine fliegenden Giganten, sondern mechanische Fantasien in XXL stellt François Delarozière in der Halle de la Machine aus.

150 mechanische Objekte, allesamt völlig verrückt, erstaunlich und überraschend, könnt ihr dort entdecken. Und, mitunter auch mithilfe menschlicher machinistes, in Bewegung setzen.

La Halle de la Machine: Mit dieser Weineinschenkapparatur wird das Befüllen eines Weinglases ein komplizierter wie anstrengender Akt. Foto: Hilke Maunder
La Halle de la Machine: Mit dieser Weineinschenkapparatur wird das Befüllen eines Weinglases ein komplizierter wie anstrengender Akt. Foto: Hilke Maunder

Den Macher der Maschinen kennt ihr bestimmt. Er machte die Île de Nantes mit dem großen Elefanten und den anderen Machines de l’Île weltberühmt.

Der Minotaurus der Maschinenhalle von Montaudran. Foto: Hilke Maunder
Der Minotaurus der Maschinenhalle von Montaudran. Foto: Hilke Maunder

In Toulouse dreht ein 12 Meter hoher Minotaurus auf der ehemaligen, zwei Kilometer langen historischen Start- und Landebahn von Montaudran seine Runde. Die Landebahn steht seit 1997 unter Denkmalschutz.

L’Envol des Pionniers

Das Museum zum Luftpost-Erbe: L'Envol des Pionniers. Foto: Hilke Maunder
Das Museum zum Luftpost-Erbe: L’Envol des Pionniers. Foto: Hilke Maunder

Dieses Museum erinnert auf 1000 Quadratmetern an die Pioniere der Fluggesellschaften Latécoère und Aéropostale. Es stellt Montaudran als Wiege der Luftfahrt von Toulouse vor.

Zu sehen ist auch der Flugsimulator Bréguet XIV, den Altran gebaut hat.

L'Envol des Pionniers: filmische Zeitreise bei der escale 1. Foto: Hilke Maunder
L’Envol des Pionniers: filmische Zeitreise bei der escale 1. Foto: Hilke Maunder

Das Museum besteht aus drei escales. Escale 1 birgt einen geräumigen Kinosaal. Dort laufen fortlaufend Videoclips von ARTE.

Madame Latécoère erzählt, wie sich niemand um das Erbe der Luftpostpioniere gekümmert hat und sie die Zeugnisse zusammengetragen und gerettet hat.

Ihr seht historische Filme von Flugabenteuern in den Kordilleren und lernt die wichtigsten Fluggeräte kennen. Eine Zeitreise in Schwarz-weiß!

Toulouse: L'Envol des Pionniers. Foto: Hilke Maunder
Die Dauerausstellung des Envol des Pionniers. Foto: Hilke Maunder

Escale 2 ist Sonderausstellungen vorbehalten. Escale 3 birgt die Dauerausstellung. Sie setzt – für mich zu sehr – auf Infotafeln mit viel Text, Poster und Fotos sowie digitale Vermittlung.

Virtuelle und filmische Präsentationen dominieren. Die Zahl echter Exponate ist sehr übersichtlich.

Toulouse: L'Envol des Pionniers. Foto: Hilke Maunder
Detail der Dauerausstellung. Foto: Hilke Maunder

Sehr gut gelungen ist indes die Inszenierung von Antoine de Saint-Exupéry. In seiner kleinen Kammer mit Bett, Schreibtisch und Schreibmaschine seht ihr digital die Umrisse des Autors von Nachtflug* und Der kleine Prinz*, hört seine Stimme und taucht virtuell ein in einen kurzen Moment seines Lebens.

Toulouse: L'Envol des Pionniers. Foto: Hilke Maunder
Die virtuell animierte Schlaf- und Schreibstube von Antoine de Saint-Exupéry. Foto: Hilke Maunder

Die Jardins de la ligne aéropostale

In den Gärten der Luftpost könnt ihr entlang der Start- und Landebahn in den drei Kontinenten umher spazieren, die die Piloten einst überflogen und verbunden haben.

Mit acht Landschaften und Klimazonen von Toulouse bis Valparaiso in Chile lassen sie auf ganze andere Art und Weise die Flugerlebnisse der Luftpostpioniere lebendig werden.

Interaktive Elemente und ein Kinderspielplatz sorgen dafür, dass die ganze Familie Spaß an den Entdeckungen hat.

Luftpost-Zeitreise im Grünen: die Jardins de la Ligne.
Luftpost-Zeitreise im Grünen: die Jardins de la Ligne.

Street Art beim Luftpost-Pionier

Die einstigen Latécoère-Werke in der Industriebrache von Montaudran sind heute Domizil des 50cinq. Seit  2014 gilt es als Hochburg der Street-Art – und beweist es alljährlich im Juni ein Wochenende lang mit dem Open Summer Festival. Dutzende Künstler verzieren dann die Außenmauern des 50cinq mit Graffiti.

Andere Latécoère-Fabrikhallen an den Bahngleisen sind bis heute verlassen und verwahrlost. Lost Places für noch mehr Street Art.

Die verwaisten Latécoère-Fabrikhallen an den Bahngleisen von Montaudran. Foto: Hilke Maunder
Die verwaisten Latécoère-Fabrikhallen an den Bahngleisen von Montaudran. Foto: Hilke Maunder

Aéroscopia: legendäre Flieger

Heute konzentriert sich die Luft-, Raumfahrt- und Drohnenbranche von Toulouse in Blagnac. Unternehmen wie Airbus und deren Zulieferer, der internationale Flughafen, zahlreiche luftfahrtaffine Branchen und Betriebe, Hochschulen und andere Ausbildungsstätten haben dort das Cluster Aerospace Valley geschaffen.

Aéroscopia: Airbus-Ikonen mit Bienenstock am See. Foto: Hilke Maunder
Ein Bienenstock am See, dahinter Ikonen von Airbus: Stillleben von Aéroscopia. Foto: Hilke Maunder

Gemeinsam mit Bordeaux ist es international führend. Und liegt mit dem Boeing-Sitz Seattle im Dauerstreit um Platz eins der Welt.

Flugzeuge, die Geschichte schrieben, präsentiert das Museum Aéroscopia. Concorde, Airbus A300B, Super Guppy sind dort ausgestellt. Und auch die A 380 hat es inzwischen ins Museum geschafft.

Aéroscopia: Die berühmte Concorde ist im Museum ebenso ausgestellt wie der Militärtransporter von Airbus Defence and Space A 400 M. Foto: Hilke MaunderH
Die berühmte Concorde ist im Museum Aéroscopia ebenso ausgestellt wie der Militärtransporter von Airbus Defence and Space A 400 M. Foto: Hilke MaunderH

Betreiber des Museums ist Manatour. Er ist ein echtes Schwergewicht des Industrie-Tourismus in Toulouse und ermöglicht euch, bei zahlreichen Betrieben hinter die Kulissen zu gucken.

Mit Manatour könnt ihr bei Airbus den Bau der A350 erleben. Oder hinter die Kulissen des Aéroport Toulouse-Blagnac gucken. Im Museum und online gibt es Kombitickets!

Die Cité de l’Espace: ab ins All

Toulouse: Die Fotogalerie im Wasserturm ist die älteste Frankreichs. Foto: Hilke Maunder
Die Replik der Ariane 5 im Weltraumpark Cité de l’Espace. Foto: Hilke Maunder

Von der Erde ins All: Die Entdeckung des Universums in all seinen Facetten stellt die Cité de l’Espace vor. Als besondere Attraktion lockt Moon Walking. Hier gibt es mehr Infos.

Das Hôtel du Grand Balcon

Luftpost-Zeitreise im Grünen: die Jardins de la Ligne.
Im Hôtel du Balcon hat der Luftpost-Pionier Antoine de Saint-Exupéry übernachtet. Foto: Hilke Maunder

Ob ihr hier schlaft oder nur etwas trinkt im legendären Hotel, in dem Henri Decoin 1949 den Spielfilm Au Grand Balcon nach dem Drehbuch von Joseph Kessel gedreht hat: Zimmer 32 des Hôtel du Grand Balcon solltet ihr auf den Fall euch ansehen.

Dort hat Antoine de Saint-Exupéry, der Autor des kleinen Prinzen, stets geschlafen. Auch andere berühmte Piloten wie Mermoz und Guillaumet logierten hier nahe der Place du Capitol.

Extratipp

Vor Einführung der Luftpost wurden Briefe und Pakete vor allem per Schiff und per Bahn transportiert. Am Bahnhof Toulouse-Raynal erzählt das Musée Postal des Anciens Ambulants de Toulouse in fünf Bahnpost-Waggons die Geschichte der Postbeförderungen und der reisenden Postler, die auf der Schiene von 1857 bis 1994 die Post sortierten.
• 70, Rue Pierre Cazeneuve, 31200 Toulouse, Tel. 06 74 55 14 19, www.facebook.com

Hier könnt ihr schlafen*

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Toulouse: Place du Capitole. Foto: Hilke Maunder
Toulouse: die Place du Capitole. Foto: Hilke Maunder

Weiterlesen

Im Blog

Über Toulouse habe ich schon mehrfach im Blog berichtet. Meinen Vorschlag für ein Wochenende findet ihr hier, die schönsten Freiluftlokale hier.

Floraler Botschafter der Stadt ist das Veilchen. Reich geworden ist Toulouse einst dank des Pastels (Färberwaid). Mit Schnäppchen-Shopping lockt bei Toulouse das Outlet-Center Nailloux.

Reinste Entspannung ist ein Hausbooturlaub auf dem Canal du Midi, der in Toulouse beginnt. Hier gibt es Infos und Impressionen.

Toulouse: Pastel trifft Backstein auf den Fassaden der Rue du Taur. Foto: Hilke Maunder
Pastell trifft Backstein auf den Fassaden der Rue du Taur von Toulouse. Foto: Hilke Maunder

Im Buch

Der andere Reiseführer

In der Reihe “111 Orte” des emons-Verlags habe ich so viele Kilometer durch Toulouse zu Fuß zurück gelegt, das meine Lieblingsschuhe danach reif für die Tonne waren. Bei meinen Recherchen entdeckte ich viele Stätten, die Öffnungszeiten ausgeliefert sind – und einfach einzigartig sind.

Mein Stadtführer stellt sie vor. Er ist nicht nur auf Deutsch erhältlich, sondern auch in einer Ausgabe auf Französisch.

Auf seinen 240 Seiten findet ihr 111 Orte und Adressen, die selbst eingefleischte Toulouse-Kennen vermutlich noch nicht kennen. Stadtperlen, zu denen keine Hinweisschilder führen. Kleinode, die noch ein kleines Geheimnis bergen.

Kapitale Bilderwelten im Rathaus, Gespensterhäuser, Schlösser des Grauens und lauschige Stätten mit Savoir-vivre und südlicher Lebenslust. Wer mag, kann die deutsche Fassung hier* bestellen, die französische Fassung hier*.

Okzitanien abseits GeheimtippsHilke Maunder, Okzitanien: 50 Tipps abseits der ausgetretenen Pfade*

Okzitanien ist die Quintessenz des Südens Frankreichs. Es in den Höhen der Cevennen, endet im Süden am Mittelmeer – und präsentiert sich zwischen Rhône und Adour als eine Region, die selbstbewusst ihre  Kultur, Sprache und Küche pflegt. Katharerburgen erzählen vom Kampf gegen Kirche und Krone, eine gelbe Pflanze vom blauen Wunder, das Okzitanien im Mittelalter reich machte.

Acht Welterbestätten birgt die zweitgrößte Region Frankreichs, 40 grands sites – und unzählige Highlights, die abseits liegen. 50 dieser Juwelen enthält dieser Band. Abseits in Okzitanien: Bienvenue im Paradies für Entdecker!  Hier* gibt es euren Begleiter.

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2 Kommentare

  1. Das Hôtel du Grand Balkon kann ich sehr empfehlen!

    Das Musée Aeroscopia ist auf jeden Fall sehr empfehlenswert. Es ist für mich eines der besten Luftfahrt-Museen weltweit: https://www.reise-wahnsinn.de/musee-aeroscopia-luftfahrtmuseum-am-flughafen-toulouse/

    Die Airbus-Werkstour sollte man auch auf jeden Fall mitmachen. Ist schon spannend, einen A380 im Bau zu sehen: https://www.reise-wahnsinn.de/dem-super-jumbo-bei-der-geburt-zuschauen-werkstour-bei-airbus-in-toulouse/

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