
Morgens um fünf startet der Trubel am Marché de Nouméa. Dicht drängen sich die Menschen, schieben sich durch die Hallen. Nur dort, wo Paradiesvögel und Porzellankübeln in schwarzen Eimern stehen, ist es etwas ruhiger.
Noch. Denn: „Alles muss richtig frisch sein, am besten noch leben. Dann wissen wir, es ist gut“, sagt Émilien Consigny (33) von New Caledonia Outdoors, unser Guide.

Daher herrscht besonders in der Fischhalle des Marché de Nouméa an der Baie de Moselle frühmorgens großer Andrang. Exoten, deren Namen ich nicht einmal im Internet übersetzt finde, stapeln sich hinter Glasscheiben, auf denen Preise und Ware mit blauen Markern notiert sind.
„Bec de Cane Gras“ als Filet oder im Stück, Pouatte, 20 – 40 Zentimeter lange „picots“, ein Meter lange „mékoua“ und „lutjans“ in allen Größen. Fisch aus der größten Lagune der Welt, gefangen in der dunklen Nacht.

Doch auch Vertrautes entdecke ich zwischen den Auslagen: Mahi-Mahi und Thunfisch, Seeteufel und Stachelmakrelen (Trevally), Meer- und Rotbarben, Hummer, Krebse und Krevetten: Was für ein Reichtum der Meeresfrüchte aus der Südsee.
Doch auch an Land ist Vielfalt vertreten – besonders bei den Wurzelgemüsen. Sie bilden den Grundstock der Ernährung bei den Kanaken, die mit den stärkehaltigen Wurzeln auch Traditionen, Legenden und Rituale verbinden.
Tapioka und Maniok stapeln sich an den Ständen, ganz oder bereits geraspelt in Plastiktüten, Taro von den Bergen und den Flussbetten. Und Lignames, Yams-Wurzeln.
Taro ist bei den Kanaken das Symbol für den Mann, Yams für die Frau. Geheiratet werden darf nur, wenn die Früchte reifen – in den Monaten April bis September. Gegessen wird bei allen Wurzelgemüsen nur das Mittelteil. Die Ende stecken die Kanaken wieder in die Erde. Daraus entwickelt sich die nächste Ernte.

Auch Bananen sind hier nicht nur Bananen, sondern gelbe, krumme Früchte, die mal dick und knubbelig, dann wieder schlang und rank sind. Einige müssen erst in den Kochtopf wandern, ehe sie genießbar sind. Andere schmecken frisch und knackig wie ein Apfel, manche sind so cremig, dass sie bei leichtem Gaumendruck im Mund zerfließen.

Isabelle bietet an ihrem Stand eine rare, aber begehrte Spezialität: Käse. Nicht importiert aus dem fernen Frankreich, sondern von ihrer Fromagerie de Païta hausgemacht mit der Milch von Kühen, die Molkerei in Sarraméa für sie melkt.
Isabelle fertigt aus der Rohmilch kleine Kuhmilch-Käse, die sie affiniert und würzt: mit Pfeffer, Kräutern und Aromen von Grande Terre.

Erst vor vier Jahren hat die 49-Jährige sich auf die Käseherstellung verlegt, den alten Job an den Nagel gehängt und beruflich wie privat den Neubeginn gewagt. Sie hat ihre Berufung gefunden. Ihre Käse-Sorten sind schlichtweg göttlich. Probiert sie!
Wenige Stände weiter ragen blühende Exoten auf: Heliconia in vielen Arten, Protea-Blüten. Und Porzellanrosen, wie sie in den regenreichen Bergwäldern der Ostküste von Grande-Terre wachsen.

Inzwischen ist der Vormittag vorangeschritten. Die erste kleine creux macht sich bemerkbar. Die Freiluftcafés am Markt, den mehrere Hallen direkt am Kai bilden, füllt sich.
Wenig weiter stöbern die ersten Touristen an den Ständen mit Schmuck, T-Shirts und anderen Andenken nach Souvenirs. Zeit, zur Buvette du Marché zu gehen: Dort trefft ihr die Einheimischen!

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Im Blog
Mein Neukaledonien-Special
Zur Einführung: Frankreich in der Südsee
Die Hauptstadt: Nouméa – zu Fuß durch die Kolonialzeit
Marché de Noumea: So schmeckt die Südsee!
Anse Vata: Das Longchamp von Nouméa
Îlot Maître: Die Spielwiese von Nouméa
Grande Terre: Der wilde Westen von Grande Terre
Île des Pins: Fast ein Paradies
Ouvéa: Bei den Kanaken
Neukaledonien: Das dürft ihr nicht verpassen!
Reise-Info, Daten & Fakten sowie Zeitstrahl zur Geschichte von Neukaledonien
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Joseph Andras, Kanaky*
Dreimal hat bereits die südpazifische Inselgruppe Neukaledonien über ihre Unabhängigkeit von Frankreich abgestimmt. Bei jeder Abstimmung überwog knapp die Zustimmung zum Verbleib beim fernen Mutterland. Einer der führenden Figuren der kanakischen Unabhängigkeitsbewegung war Alphonse Kahnyapa Dianou.
Er war einer der Anführer, die den Angriff militanter Kanak-Nationalisten auf die Gendarmerie von Fayaoué in Ouvéa am Freitag, dem 22. April 1988, geplant hatten. Die Aktion misslang. Sie führte zum Tod von vier Gendarmen, gefolgt von der Geiselnahme der anderen Gendarmen.
Alphonse Dianou und sein Bruder Hilaire flohen in den Norden und fanden schließlich Zuflucht in der „heiligen“ Höhle von Wateö, nicht weit vom Stamm der Gossanah entfernt. Dreizehn Tage später, am 4. Mai 1988, startete die Elite der Streitkräfte ihren Angriff, bei dem Dianou ums Leben kam. Seitdem ranken sich die widersprüchlichsten Legenden um dessen Tod.
Joseph Andras beginnt nachzuforschen, er reist an den Ort des Geschehens, trifft Dianous Witwe, Vertraute und Zeitzeugen. Die Erzählung beruht auf Aussagen der Kanak und stellt ihr Wort in den Mittelpunkt des Buches. Es besteht aus einem doppelten Erzählrahmen: 45 Kapitel berichten die Suche anhand von Zeugenaussagen und werden von 14 chronologischen Sequenzen unterbrochen, die den Ablauf des Angriffs und der Geiselnahme vom 22. April bis zur Erstürmung der Höhle am 5. Mai 1988 rekonstruieren.
Die Sequenz der 13 Tage der Ereignisse (22. April bis 5. Mai) verwebt die Wiedergabe der Zeugenaussagen aus den 45 Kapiteln. Die Wahl der Komposition verleiht der Erzählung Intensität und Dichte. Der Schreibstil ist eng an die Realität angelehnt.
Seine Notizen, Gespräche und Begegnungen verbindet Andras zu einem fesselnden Text, der in den Kern eines hier nur wenig bekannten Konflikts dringt. Andras erzählt vom Widerstand gegen die Kolonialmacht, von einer verdrängten Kultur und von einem Land, zerrissen im Kampf für einen unabhängigen Staat: Kanaky. Wer mag, kann den Doku-Roman hier* bestellen.
Birgit Weidt, Das Lächeln der Vergangenheit*
Eine Maske aus Holz, die ihr Großvater einst aus Neukaledonien mitgebracht hatte, wird zum Auslöser für eine Reise, bei der Birgit Weidt nicht nur die Kultur der Kanaken von Neukaledonien, sondern auch sich selbst besser kennenlernen.
Die freie Journalistin, die u.a. für DIE ZEIT schreibt, lernt auf Grande Terre den Stammeshäuptling Bergé Kawa kennen, der ihr gestattet, in seiner Dorfgemeinschaft mit seinen Ritualen, Ahnen, Geistern und Traditionen kennenzulernen. Dort lernt sie, warum man fremden Menschen nicht in die Augen sehen soll und warum Frauen ihre Altersfalten wie Schmuck zur Schau tragen.
Das Leben der Ureinwohner im Einklang mit der Natur: Mit ihrem Taschenbuch seid ihr hautnah mit dabei. Wer mag, kann den Band hier* online bestellen.
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Offenlegung
Neukaledonien entdeckte ich auf einer Pressereise, die ATOUT France mit ihren Partnern Nouvelle-Calédonie Tourisme, Air France und Aircalin organisiert hatte. Ihnen allen sage ich dafür merci und herzlichen Dank. Einfluss auf meine Blogberichte hat dies nicht. Ich berichte subjektiv, wie ich es erlebt habe, mache kein Merchandising und werde erst recht nicht für meine Posts bezahlt.
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