Der alte Hafen von Marseille
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(M)eine Hommage an Marseille

Marseille erfindet sich neu. Mit Volldampf! Schick, schön, stylish – das will die lange verkannte Metropole am Mittelmeer spätestens zu den olympischen Segelwettbewerben 2024 sein. Vom hässlichen Entlein zum stolzen Schwan?

Vielleicht. Auf jeden Fall ist der melting pot der Antike, den die Kulturen des Mittelmeerraums seit 2600 Jahren formen, im Eiltempo auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft: sicher, sauber, grün.

Marseille: Die beiden Bereiche des MuCEM verbindet Alt und Neu, Orient und Okzident. Foto: Hilke Maunder
Marseille: Die beiden Bereiche des MuCEM verbinden Alt und Neu, Orient und Okzident. Foto: Hilke Maunder

Diese Stadt für Entdecker und alle, die gerne Neues wagen, liebe ich seit meinem ersten Besuch. Nicht immer schön ist sie, aber immer spannend. Voller Vitalität und Dynamik. Um dann wieder mit stillen Winkeln, lauschigen Ecken, grünen Parks und dem in allen Farben changierenden Meer zu überraschen.

Doch noch bin ich nicht am Meer, noch stehe ich auf der Canebière, Marseilles Prachtstraße einst und heute. Gesäumt von Kaufhäusern, Hotels, Bistros und Belle-Époque-Palais strebt die städtische Hauptader zum Vieux-Port, dem alten Hafen mit seinen Ausflugsschiffen, Jachten, Kuttern. Lautstark preisen die Fischfrauen am Kai den Tagesfang an.

Der Mann fährt zur See, die Freau verkauft den Fang: die traditionelle Rollenverteilung auf dem Fischmarkt von Marseille. Foto: Hilke Maunder
Der Mann fährt zur See, die Freau verkauft den Fang: die traditionelle Rollenverteilung auf dem Fischmarkt von Marseille. Foto: Hilke Maunder

Überall wurde und wird seit der Millenniumswende in Marseille gebaut, geputzt, entstaubt, saniert. So lockt Le Panier, das älteste Viertel der Stadt, heute mit einem spannenden Mix aus mediterran-dörflichem Erbe und trendigem Zeitgeist.

Savon de Marseille im Souvenirshop. Nur der Name erinnert an die echte Seife. Foto: Hilke Maunder
Savon de Marseille im Souvenirshop. Nur der Name erinnert an die echte Seife. Foto: Hilke Maunder

Über schmale Treppen, steile Gassen und lauschige Plätze mit angesagten Lokalen komme ich immer wieder zurück an ans Meer. Und genehmige mir am Kai einen kleinen Koffeinkick mit Blick auf die Fähren, die nach Korsika und Nordafrika ablegen.

Marseille: Blick von der Villa Méditerranée über die Hafenpromenade zur Kathedrale La Joliette. Foto: Hilke Maunder
Blick von der Villa Méditerranée über die Hafenpromenade zur Kathedrale La Major. Foto: Hilke Maunder

Jetzt bin ich fit für Marseilles Euroméditerranée, das städtebauliche Großprojekt mit fast drei Kilometer langer Hafenfront. Architekten von Weltruf durften sich dort austoben und die Ikonen des neuen Marseille auf altes Hafen- und Werftgelände setzen.

La Marseillaise: Kein Glas, sondern die 3.500 Teile aus ultrafestem UHPC-Beton wurden im Werk von Hand in 26 Farbtönen gestrichen, um für Bewegung auf der Fassaden zu sorgen. Foto: Hilke Maunder

Zum Wahrzeichen wurde La Marseillaise, der 135 Meter hohe Büroturm von Jean Nouvel in den Farben der Nationalflagge. Blau, Weiß, Rot leuchtet er seit 2021 am Marseiller Himmel.

Marseille: Les Terrasse du Port. Foto: Hilke Maunder
Marken-Shopping in XXL: Les Terrasses du Port. Foto: Hilke Maunder

Die Musik spielt vor allem zwischen der Place de La Joliette und den einstigen Docks, heute die Mega-Shoppingmall Les Terrasses du Port. Mehr als all die Shops und Dependancen von ständigen wechselnden In-Labels liebe ich die 260 Meter (!) lange Terrasse mit Blick aufs Mittelmeer.

Marseille: Les Terrasse du Port. Foto: Hilke Maunder
Paradeblicke auf Stadt und Meer: die Terrasse der Terrasses du Port. Foto: Hilke Maunder

Die perfekte Kulisse, um bei einem Ricard, dem berühmten Pastis aus Marseille, den Abend zu planen. Etwas essen? Endlich wieder einmal die berühmte Fischsuppe genießen!

Schließlich bin ich in Marseille. Und da kommt nicht nur im Miramar im alten Hafen allerbeste Bouillabaisse auf den Tisch. Keine Fischsuppe ist so geheimnisumwoben wie Marseilles Suppenklassiker.

Bouillabaisse-Kochkurs bei Christian Buffa vom Restaurant Miramar im Vieux Port von Marseille. Foto: Hilke Maunder
Bouillabaisse-Kochkurs bei Christian Buffa vom Restaurant Miramar im Vieux Port von Marseille. Foto: Hilke Maunder

Was neben den fünf Edelfischen – Knurrhahn, Rotbarbe, Sankt-Petersfisch, Dorade und Wolfsbarsch, einigen kleinen Felsenfischen und Safran zum Suppenklassiker gehört? Das verrät euch weiter unten Christian Buffa – mit Rezept zum Nachkochen!

Bei Chez Fonfon gehört dazu der unglaubliche Blick auf die malerische Mittelmeerbucht des Vallon des Auffes. Kein günstiger Spaß, aber hohe Kochkunst!

Vallon des Auffes. Foto: Hilke Maunder
Malerisch: der Minihafen des Vallon des Auffes. Foto: Hilke Maunder

Und ein wahrhaft opulentes Hauptgericht mit ganzen Fischen, croûtons und rouille. Die scharfe Knoblauchmayonnaise mit Peperoni und Chili gehört zu den ältesten Saucen der Welt!

Doch jetzt erst einmal: schnell aufs Schiff und hinaus aufs Meer, hin zum Inselreich vor der Küste. Von der Sonne verbrannt, von Wind und Wellen geformt: Das sind Pomègues, Ratounneau, Tiboulen und If, vier Inseln aus Kalk in der Bucht von Marseille.

Das Château d'If vor Marseille. Foto: Hilke Maunder
Das Château d’If. Foto: Hilke Maunder

Château d’If errichtete Franz I. zum Schutz des Hafens von Marseille. Berühmt wurde es aber erst durch den Roman „Der Graf von Monte Christo“, in dem Alexandre Dumas seinen Helden im Kerker schmachten ließ.

Die Bucht von Sormiou. Foto: Hilke Maunder
Die Bucht von Sormiou. Foto: Hilke Maunder

Morgen geht es noch weiter hinaus mit dem Boot, hinein in die Calanques. In den Minifjorden, die der Küste zwischen Marseille und Cassis vorgelagert sind, locken kalkweiße Felsen, azurblaues Wasser, helle Strände, steile Klippen, würziger Pinienduft und eine leichte Brise vom Meer.

Frankreichs jüngster Nationalpark ist ein Naturparadies. Marseille und das Meer – ein Mix, der glücklich macht. Und süchtig macht nach mehr Marseille. Stöbert mal im Blog!

Die Calanques von Marseille. Foto: Hilke Maunder
Einfach paradiesisch: die Calanques von Marseille. Foto: Hilke Maunder

Marseille: meine Reisetipps

Am, aus und auf dem Meer

Drei Dinge, die zwingend zu einem Marseille-Besuch gehören

Mediterrane Entdeckungen direkt am Meer: Was im Deutschen als Museum der Zivilisationen und des Mittelmeers etwas schwerfällig daherkommt, heißt im Französischen kurz MuCEM und ist ordentlich spektakulär.

Der transparente, von einer Betonmantilla überzogene Kubus auf der ehemaligen Hafenmole ist innerhalb kürzester Zeit zu einem Wahrzeichen von Marseille geworden. Seine Dauerausstellung Galerie de la Méditerrané ist der kulturhistorischen Vielfalt des Mittelmeerraums gewidmet. Und verpasst auch nicht den Jardin Méditerranéen auf dem Dach des Fort Saint-Jean!

Der Jardin Méditerranéen des Fort Saint-Jean. Foto: Hilke Maundern des Fort Saint-Jean. Foto: Hilke Maunder
Unvergleichlich: der Blick aufs Mittelmeer vom Fort Saint-Jean. Foto: Hilke Maunder

Schnorcheln oder Tauchen im klaren Wasser der Calanques. Minitörns gibt es ab dem Alten Hafen. Bei der Calanque-Safari mit Segelboot oder Katamaran gehört der Sprung ins Wasser mit dazu. Die Unterwasserwelt vor der Küste Marseilles ist ungeheuer beeindruckend.

Bouillabaisse essen: mais oui ! Keine Fischsuppe ist so legendär und geheimnisumwoben wie die aus Marseille. Das ursprünglich einfache Reste-Essen der hiesigen Fischer gehört heute zu den kulinarischen Botschaftern der südfranzösischen Hafenstadt und hat sich längst zu einer opulenten Mahlzeit mit fünf Edelfischen aus dem Meer gemausert. Wie sie schmeckt und wo ihr sie nachkochen und kosten könnt? Klickt hier für Infos, Impressionen und das Rezept!

Über den Vieux-Port von Marseille wacht la bonne mère, die Basilique Notre-Dame de la Garde. Foto: Hilke Maunder
Über den Vieux-Port von Marseille wacht la bonne mère, die Basilique Notre-Dame de la Garde. Foto: Hilke Maunder

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Im Blog

Der Winter endet in Marseille mit der Segnung der Navettes. Ganz besonders eng mit Marseille verbunden, fühlt sich der Komponist und Sänger Jean Caprice.

Die Olivenölseife aus Marseille ist weltberühmt. Wo & wie sie bis heute handgefertigt wird, erfahrt ihr bei dem Besuch von traditionsreichen Seidensiedereien wie der Savonnerie de Licorne.

Als Szeneviertel und Street-Art-Hochburg gilt der Cours Julien von Marseille.

Mekka für Street Art - der Cours Julien von Marseille. Foto: Hilke Maunder
Ganz schön feurig, die Street-Art am Cours Julien. Foto: Hilke Maunder

Den Melting Pot Marseille in seiner ganzen Vielfalt und Farbigkeit von Menschen und Kulturen, Küchen, Kunst und Handwerk erlebt ihr in Noailles. Das älteste Viertel von Marseille heißt Le Panier.

Le Corbusier baute in Marseille die Cité Radieuse. Heute gehört das „Haus des Verrückten“ zum Welterbe. La Friche Belle de Mai war einst eine Tabakfabrik. Heute brummt hier die Kultur – und auch die Küche kommt nicht zu kurz. Vor den Toren der Stadt liegen die wundervollen Klippen und Badebuchten der Calanques.

Ihr wollt gleich die komplette Reiseplanung für ein erlebnisreiches Wochenende? Dann klickt hier für Ideen, Infos und Impressionen.

Cité Radieuse, Marseille. Foto: Hilke Maunder
Farbenfroh: die Fassade der Cité Radieuse von Marseille mit ihren unterschiedlich bunten Balkonen. Foto: Hilke Maunder

Im Buch

Der Bildband "Meeresrauschen" bietet Reise-Inspirationen für alle, die das Meer lieben, Hilke Maunder stellt darin ihr Marseille vor.
„Mein Marseille“ findet ihr auch 272 Seiten dicken Band Meeresrauschen, Im Bildband kommen in 35 reich bebilderten Kurzepisoden bekannte Reiseschriftsteller/innen und Blogger/innen zu Wort und bieten in vier Kapiteln Reiseinspirationen.

Ob sie sich nur eine kleine Auszeit am Meer nehmen oder das große Abenteuer wagen, eines haben sie alle gemeinsam: Es geht um Sehnsucht, es geht um das Meer, die beeindruckende Natur und die große Freiheit. Wer mag, kann den Band hier* bestellen.

Zur Einstimmung: DuMont Bildatlas Provence*

DuMont Bildatlas Provence 2021In meinem DuMont-Bildatlas „Provence“* stelle ich in sechs Kapiteln zwischen Arles und Sisteron die vielen Facetten der Provence vor. Ihr erfahrt etwas vom jungen Flair zu Füßen des Malerberges, vom Weltstadttrubel an der Malerküste, dem weißen Gold aus der Pfanne oder einer Bergwelt voller Falten.

Neben Aktivtipps, Hintergrund und Themenseiten gibt es in der Edition 2021 zwei neue Rubriken. “Ja, natürlich” präsentiert zahlreiche Tipps für nachhaltige Erlebnisse und Momente. In “Urlaub erinnern” stelle ich Andenken, Eindrücke und Erinnerungen vor, mit denen der Urlaub daheim noch weiter lebendig bleibt. Hinzu kommen Serviceseiten mit allen Infos, persönlichen Tipps und großer Reisekarte. Wer mag, kann den Band hier* direkt bestellen.

 * Durch den Kauf über den Partner-Link, den ein Sternchen markiert, kannst Du diesen Blog unterstützen und werbefrei halten. Für Dich entstehen keine Mehrkosten. Ganz herzlichen Dank – merci !

7 Kommentare

  1. Wir kommen seit 1988 jedes Jahr nach Massilia. Von 1989-1991 dort gelebt und gewohnt. Es ist richtig das Marseille natürlich nach wie vor problembehaftet vor allem in den nördlichen Vororten ist. Die elende Langeweile der Jugendlichen die sich mit Mopedterror in den Cités abreagieren ist einfach nur furchtbar und kaum zu begreifen.
    Dennoch hat Marseille und Umgebung(Côte Bleue!) so viel Meer zu bieten als triste Vorstädte. Selbst ein Ausflug mit dem Bus nach Pointe Rouge oder Callelongue oder den Calanques Sormiou und Mazargues wo man bis nach Cassis wandern kann, entschädigt für so vieles.

    1. Hallo und lieben Dank für Deinen Kommentar. Ja, Marseille hat Großstadtprobleme (wie Hamburg, Berlin, Toronto etc…) – und doch auch so viel Schönes. Und wo findet man eine so tolle Umgebung gleich vor der Haustür? Bises von unterwegs! Hilke

  2. liebe Ilse Schmidt , ich lebe siet 20 Jahren hier und es ist natürlich richtig , dass es problemviertel – hauptsächlich im norden – gibt . damit hat aber fast jede grosstadt hier in frankreich zu kämpfen. deswegen ist marseille nicht gefählicher als andere.das hat sich sehr gebessert in den letzten jahren .
    noch ein nicht so touristischer tip für – meiner meinung nach – die beste bouillabaisse : la baie des singes ! gelegen am südlichen ende hinter dem pointe rouge . super !

  3. Ja, das ist das hippe, touristische Marseille.
    Wenn man wie wir jedes Jahr mehrere Monate in Südfrankreich lebt, liest man in jeder Tageszeitung ganz andere Dinge von Banden, die sich bekriegen, Drogengeschäften und nicht gelungener Integration, arbeitslosen Jugendlichen
    ohne Perspektive , die ihre Zukunft im schnellen Geschäft suchen. Diese Seite gehört zum realistischen Marseille, das man nicht verschweigen kann.

    1. Liebe Frau Schmidt,
      das stimmt natürlich – wie in vielen anderen Großstädten. Da der Beitrag für einen Band verfasst worden ist, der vom Glück am Meer erzählt, wurde dieser Aspekt nicht berücksichtigt. Dennoch ist es schade, dass das Image in Marseille präsenter ist als in Hamburg, wo es in einigen Vierteln genauso aussieht. Oder in Köln…
      Viele Grüße, Hilke Maunder

  4. Hallo Hilke, ich habe Marseille im September kennengelernt, und habe mich total verliebt in diese interessante vielfältige mediterrane Stadt mit ihren offenen freundichen Bewohnern!
    Deine Hommage ist wunderbar! Dein Buch werde ich mir besorgen.
    Und ich werde Marseille ein zweites Mal besuchen!

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