Der Blick auf Martel von der D 840. Foto: Hilke Maunder

Martel-en-Quercy: die Stadt der Türme

Martel gehört zu den wenigen Orten, die ihre Existenz nicht einem castrum oder einer religiösen Stiftung verdanken. Die alte Stadt auf dem Hochplateau des causse de Martel im Lot entstand durch den regen Handel mit dem Salz des Atlantiks und Wein aus Aquitanien. Hier kreuzt bis heute eine Ost-West-Achse eine alte Nord-Süd-Achse.

Handelsstadt des Mittelalters

Diese strategische Lage machte Martel zu Beginn des 12. Jahrhunderts zu einer reichen Handelsstadt. Gleichzeitig wurde sie zu einer wichtigen Etappe auf dem Pilgerweg nach Rocamadour.

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Die Stadt war einst mit einer doppelten Mauer befestigt. Die erste stammt aus dem 12. Jahrhundert und umfasste das Handelsviertel, religiöse Bauten und Festung.

Das goldene Zeitalter

Die zweite Mauer wurde im 14. Jahrhundert, zu Beginn des Hundertjährigen Krieges, zum Schutz der von Handwerkern, Bauern und Gastwirten bewohnten Vorstädte (barris) errichtet. Diese Zeit war das goldene Zeitalter von Martel. Davon zeugen heute noch die bürgerlichen Häuser und Villen aus dieser Zeit.

Die drei Hämmer im Stadtwappen sind Symbole für Schmied, Zimmermann und Maurer. Diese drei Zünfte prägten einst das  Handwerk in Martel. Heute haben sich zahlreiche Künstler und Kunsthandwerker in der mittelalterlichen Altstadt angesiedelt.

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Trüffeln und Walnüsse

Eine zweite Blütezeit erlebte Martel im 19. Jahrhundert dank des Trüffelhandels. Der edle Pilz, der bis heute hier geerntet, gehandelt und verarbeitet wird, verlieh Martel den Titel Site Remarquable du Goût.

Landesweit gibt es mehr als 70 solcher besonderen Geschmacksorte. Sie laden ein, das kulinarische Erbe, seine Traditionen und seine Landschaften zu entdecken.

Das historische Herz von Martel bildet die <em>Place de la Halle</em> mit Markthalle, Rathaus und mehreren Lokalen. Foto: Hilke Maunder
Das historische Herz von Martel bildet die Place de la Halle mit Markthalle, Rathaus und mehreren Lokalen. Foto: Hilke Maunder

Rund um Martell erstrecken sich die Walnuss-Haine der AOP Noix du Périgord. In der nostalgischen Walnussmühle der Familie Castagné könnt ihr zusehen, wie der Steinmahlstein die Kerne zerkleinert. Im Ofen erhitzt, extrahiert danach eine hydraulische Presse das Walnussöl.

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Schlemmer-Shopping unter altem Holz

Die besten lokalen Produkte aus dem Lot und dem Tal der Dordogne findet ihr mittwochs und samstags unter dem imposanten Dach der historischen Markthalle von Martel.

Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts erhebt sie sich auf den Fundamenten eines Versammlungshauses aus der vorrevolutionären Feudalzeit.

Das eindrucksvolle Holzdach der Markthalle. Foto: Hilke Maunder
Das eindrucksvolle Holzdach der Markthalle. Foto: Hilke Maunder

Ihr Hingucker ist ihr gewaltiger Dachstuhl aus Kastanienholz. Getragen wird er nur von den äußeren Steinpfeilern. In einige von ihnen sind die offiziellen Maße für Brot und Getreide eingeritzt.

Ungewöhnlich ist auch der Boden der Markthalle. Er besteht aus faustgroßen Kieselsteinen!

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Der Stammsitz der Grafen

Direkt neben der Markthalle erhebt sich das Palais de la Raymondie. Der ehemalige Stadtsitz der Grafen von Turenne aus dem 14. Jahrhundert besitzt einen mächtigen Eckturm und Arkaden im Erdgeschoss. Heute dient es als Rathaus (Mairie) und als Office de Tourisme.

Gleich zwei Ecktürmchen schmücken das Hôtel Condamine (13./14. Jahrhundert), die ehemalige Münze von Martel. Das Hôtel de Mirandol reckt auch einem Turm in den Himmel.

Der Rathausturm. Foto: Hilke Maunder
Der Rathausturm. Foto: Hilke Maunder

Mehr als sieben Türme

Seit dem Mittelalter besaß Martel als Zeichen von Macht und Wohlstand eine Vielzahl von Türmen. Das brachte ihm den Beinamen „Stadt der sieben Türme“ ein.

Doch im 15. Jahrhundert gab es tatsächlich mehr als dreißig von ihnen. Und auch heute sind es noch mehr als sieben Türme.

Jenseits des Durchgangs findet ihr im Innenhof öffentliche Toiletten. Foto: Hilke Maunder
Jenseits des Durchgangs findet ihr im Innenhof öffentliche Toiletten. Foto: Hilke Maunder

Zu den bekanntesten Türmen gehört auch der Turm der Maison Fabri. Dort verstarb mit Henri Court-Mantel der älteste Sohn von Henri II. Plantagenêt  und Aliénor d’Aquitaine. Jener war bei der Plünderung von Rocamadour verwundet worden. Der quadratische Tournemire-Turm wurde als Wach- und Verteidigungsturm wie auch als Gefängnis genutzt.

Ebenfalls die Stadtansicht prägen der Büßertum Julianie, die Tour des Cordeliers als Überrest des Cordeliers-Klosters, das 1230 in Martel eingerichtet wurde, sowie der Glockenturm der Église Saint-Maur.

Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Martel-en-Quercy: meine Reisetipps

Schlemmen & genießen

Auberge des Sept Tours

Drinnen oder auf der großen Veranda mit Panoramaausblick könnt ihr hausgemachte Entenstopfleber, Enten-Aiguillettes oder andere lokale Spezialitäten aus der Küche von Émmanuelle kosten. Ihr Mann Vincent empfiehlt dazu Wein der Region. Wer bleiben möchte: Im Obergeschoss könnt ihr in sieben komfortablen Zimmern nächtigen, die allesamt 2012 renoviert wurden. Ihr Thema: Blumen.
Avenue de Turenne, 46600 Martel, Tel. 05 65 37 30 16, www.auberge7tours.com

Le Sans-Lys

Traditionelle Hausmannskost – im Sommer auf der Terrasse, im Winter auch am Kamin.
• 1, Place Gambetta, 46600 Martel, Tel.05 65 37 31 17

An einem breiten Strand der Dordogne findet ihr diese Adresse für entspannte Sommertage. Mittags serviert die Guinguette Snacks und Brasserie-Gerichte. Abends lädt sie zu typisch französischen Tanzabenden unter freiem Himmel.

Kanufahren, Paddeln, Schwimmen, Hüpfburg und Pétanque-Platz bereichern das Freizeitangebot.
• Lieu-dit Copeyre 46600 Martel, Tel. mobil 06 14 94 63 89, www.facebook.com/La-Guinguette-de-Copeyre; nur Mai – Sept.

Martel, die Stadt der sieben Türme im Lot. Foto: Hilke Maunder
Martel, die Stadt der sieben Türme im Lot. Foto: Hilke Maunder

Nicht verpassen

Le Truffadou

Die historische Dampfeisenbahn von Martel lädt zu einer 13 km langen Rundtour in einer Höhe von mehr als 80 Metern auf einem Felsvorsprung. Erlebt Schienennostalgie und herrliche Aussichten auf das Tal der Dordogne!
• am Bahnhof, 46600 Martel, Tel. 05 65 37 35 81, https://trainduhautquercy.info

La Fête des Tondailles

Am französischen Nationalfeiertag 14. Juli veranstalten die Schafscherer aus dem ganzen Land ein Wettscheren in Martel. Morgens gegen 8.30 Uhr beginnt das große Volksfest.

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2 Kommentare

  1. Martel ist seit vielen Jahren mein Lieblingsort im Perigord. Eine Fahrt mit dem Trüffelzug ist zu empfehlen. Sensationell ist das traditionelle Schafschererfest. Alle Einwohner und Gäste sind auf den Beinen. Und abends wird in der wunderbaren Markthalle bis spät in die Nacht getanzt. Drum herum und in den Gassen stehen lange Tische und alle speisen gemeinsam. Auch einheimische Künstler und Kunsthandwerker stellen 2x jährlich Hochkarätiges aus. Ein Highlight für Perigordliebhaber. Die historische Walnussmühle hat weit und breit das beste Walnussöl.

    1. Liebe Brigitta, danke für die vielen tollen Tipps – das Schafschererfest (Fête des tondailles) muss ich unbedingt mal dort erleben! @alle, die gerade dort in der Nähe sind: Es findet 2022 am 14. Juli statt und beginnt um 8.30 Uhr an der place de la Fontanelle.
      Herzliche Grüße! Hilke

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