Cassoulet_credits_CRT Midi Pyrénées-Dominique Viet
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Legendäres Winter-Essen: Cassoulet

Es ist deftig, herzhaft, kalorienreich – und gehört für mich zu jedem Winter: Cassoulet. Seine Grundlage sind eingemachte Entenschlegel (cuisses) und weiße Bohnen, wie sie im Lauragais zu Hause sind. Castelnaudary gilt als Hauptstadt des Cassoulet.

Seine Entstehung ist genauso legendär wie der Streit mit Toulouse und Carcassonne, die ebenfalls behaupten, den deftigen Eintopf erfunden zu haben. Doch nur in Castelnaudary wurde er zum Mythos.

Legendäres Cassoulet

Während des 100-jährigen Krieges zwischen Frankreich und England (1337–1453), so erzählt der Volksmund, haben die ausgehungerten Bewohner einst ihre letzten Vorräte zusammengetragen. Dicke Bohnen brachte der Eine, Speck ein Zweiter, eingelegte Enten eine dritte Familie.

Kunstvoll wurde alles in einer glasierten Tonschüssel aufgeschichtet – dem Cassolo oder Cassoul – der beim Bäcker in den Backofen geschoben wurde und dort stundenlang garte.

Cassoulet aus Toulouse, gefunden im Marché Victor Hugo. Foto: Hilke Maunder
Cassoulet aus Toulouse, gefunden im Marché Victor Hugo. Foto: Hilke Maunder

Dabei musste immer wieder die oberste, zur Kruste gebackene Schicht durchstoßen werden. Siebenmal verlangt die Tradition diesen Vorgang. Ganz wichtig dabei: Die Bohnen dürfen auf keinen Fall zerdrückt werden!

Und wie es sich in Frankreich gehört, wird die kulinarische Spezialität seit 1999 gebührend gefeiert – bei der Fête du Cassoulet in Castelnaudary alljährlich Ende August.

Organisiert wird das Spektakel von der Grande Confrérie du Cassoulet de Castelnaudary, einer Bruderschaft, die sich seit 1970 dafür einsetzt, dass die Qualität des Traditionsgerichtes bewahrt wird.

Cassoulet: nur echt mit weißen Bohnen aus dem Lauragais, sagt dieser Markthändler in Castelnaudary. Foto: Hilke Maunder
Cassoulet: nur echt mit weißen Bohnen aus dem Lauragais, sagt dieser Markthändler in Castelnaudary. Foto: Hilke Maunder

Das Traditionsrezept für Cassoulet

Seit ewigen Zeiten streiten sich Castelnaudary, Carcassonne und Toulouse darum, wer das Cassoulet erfunden hat. Jeder Ort, jede Familie, besitzt ein über Generationen tradiertes Rezept. Nur in einem sind sich alle einig: In das Wintergericht gehören eingelegte Entenkeulen.

Was sonst in den Topf kommt, hat mir die Bruderschaft des Cassoulet aus Castelnaudary verraten. Von ihr stammt das offizielle „Original-Rezept“ für vier Personen. Viel Spaß beim Nachkochen!

Zutaten

Für das Confit

  • 4 Entenkeulen (besonders lecker: Flugentenkeulen)
  • 1 Knoblauchknolle
  • 2 Lorbeerblätter
  • 6 Zweige Thymian, frisch
  • 6 cl Cognac
  • 1 kg Entenschmalz
  • Meersalz
Das Enten-Confit wird vorbereitet. Foto: Hilke Maunder
Das Enten-Confit wird vorbereitet. Foto: Hilke Maunder

Für das Cassoulet

  • 600 g Bohnen, kleine weiße, getrocknete
  • 200 g Saucisse de Toulouse (alternativ: Salsiccia oder eine andere Knoblauchwurst), klein schneiden
  • 2 Zwiebeln, würfeln
  • 1 Möhre, je nach Belieben grob oder fein zerkleinern
  • ½ Sellerieknolle, grob zerkleinern
  • 4 – 6 Knoblauchzehen
  • 1 Fleischtomate, in Würfel schneiden
  • 1 EL Tomatenmark
  • 500 ml Entenfond oder Brühe
  • 1 Lorbeerblatt
  • 4 Zweige Thymian, frisch
  • Meersalz
  • frisch gemahlener schwarzer Pfeffer

Zubereitung

  • Die Fußgelenke der Entenkeulen abschlagen, das Fleisch kräftig mit Meersalz und dem geschroteten Pfeffer würzen. Grob zerkleinerten Knoblauch und Lorbeer sowie die Thymianzweige zur Hälfte in eine flache Schüssel legen, das Fleisch darauf geben.
  • Den Rest des Knoblauchs und der Kräuter auf den Keulen verteilen. Mit Cognac begießen und abgedeckt 36 Stunden im Kühlschrank durchziehen lassen.
  • Das Schmalz in einem großen Topf schmelzen lassen, in dem die Entenkeulen nebeneinander Platz haben. Das Fleisch mit allen Zutaten und den Sud, der sich gebildet hat, in das Schmalz geben.
  • Die Entenkeulen, die komplett bedeckt sein müssen, bei schwacher Hitze rund zwei Stunden garen – je langsamer, desto saftiger bleibt das Confit.
  • Sobald das Fleisch leicht von der Gabel rutscht, die Entenkeulen herausnehmen, in eine Schüssel legen und das Schmalz durch ein feines Sieb darüber gießen. Den Bratensatz und die Reste aus dem Sieb mit einem Liter Wasser aufkochen. Diesen Sud für das Cassoulet beiseite stellen.
  • Die Bohnen über Nacht in kaltem Wasser einweichen, am nächsten Tag in Salzwasser 90 Minuten lang mit einem Lorbeerblatt weich kochen, danach kalt abbrausen. Das geputzte Gemüse, die abgezogene und entkernte Tomate und den Knoblauch in feine Würfel schneiden, in Entenschmalz glasig dünsten.
  • Die klein geschnittene Knoblauchwurst zwei bis drei Minuten mitdünsten, das Tomatenmark und die Bohnen zugeben und mit dem Entenfond (dem Sud) auffüllen, bis alles bedeckt ist.
  • Mit Salz und frisch gemahlenem Pfeffer abschmecken, dann die Tomatenwürfel und abgezupften Thymianblätter hinzugeben.
  • Die Entenkeulen aus dem Confit nehmen, auf die Bohnen legen und bei 200 °C Oberhitze knusprig braten.
  • Traditionell wird das Cassoulet im kleinen Steinguttöpfchen, Cassoul genannt, serviert. Dazu passt ein frisches Baguette und ein kräftiger Rotwein aus Cahors (Château Lamartine), Madiran (Château Montus) oder der Côtes-du-Frontonnais (Château Bellevue-la-Forêt).

Cassoulet vor Ort entdecken

Die Route du Cassoulet de Castelnaudary führt als 180 Kilometer lange Rundtour zu den einzelnen Produkten, die unverzichtbar sind für ein authentisches Cassoulet de Castelnaudary.

Ihr entdeckt unterwegs die weißen Bohnen harigots lingot de Castelnaudary, deren Anbau Caterina de‘ Medici als Comtesse de Lauragais initiierte, die Bio-Enten aus dem Herzen der La-Piège-Hügel, die Weingärten der AOP Malepère und AOP Cabardès, deren Tropfen perfekt das Traditionsgericht begleiten, und schließlich Issel, wo ein aus Italien immigrierter Töpfer am Ende des 18. Jahrhunderts die Cassoul-Form erfand.

Cassoulet: Auch in La Bastide d'Anjou wird köstliches Cassoulet serviert. Foto: Hilke Maunder
Auch in La Bastide d’Anjou wird köstliches Cassoulet serviert. Foto: Hilke Maunder

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10 Kommentare

  1. Cassoulet confit de canard Habe es in Ruhe und mit viel Spass ausprobiert. Es ist unglaublich super lecker, tolles Rezept. Endlich mal franz….. Geschmack. Kann ich nur weiterempfehlen.

  2. Super Rezept, danke! Einzige kurze Nachfrage: Wo und wie kommt der beiseite gestellte Sud zum Einsatz? Oder überlese ich es ständig? Viele Grüße, Karsten

    1. oops, nein, Karsten – sorry, damit löscht Du das Fleisch ab – so dass ein dickes Ragout entsteht. Gutes Gelingen! Hilke

  3. Super, vielen Dank werde ich demnächst mal nachkochen. Herzlichen Glückwunsch auch zur Medaille, deine Beiträge sind immer sehr interessant
    Grüsse aus Sigean
    Claudia

  4. Ganz herzlichen Dank für das feine Rezept. Werde ich nächste Woche nachkochen. Herzlichen Glückwunsch auch zur Medaille, ich finde deine Beiträge super.
    Grüsse aus Sigean
    Claudia

Kommentare sind geschlossen.