Colombey-les-deux-églises im Département Haute-Marne. Foto: Hilke Maunder
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Bei Charles de Gaulle

Welche Orte geben Ruhe? Wo tanken die Mächtigen aus Politik, Wirtschaft und Showbiz auf? Diese Frage finde ich ungeheuer spannend. Einige brauchen das Meer, andere die Einsamkeit der Berge.

Charles de Gaulle, 1934 noch Regimentskommandateur, erwarb damals ein Landhaus mit einem großen, angeschlossenen Garten in Colombey-les-deux-Églises, verkehrsgünstig gelegen zwischen Paris und den Garnisonen im Osten des Landes.

Ort des Friedens

Das Anwesen von Charles de Gaulle gehört zu den Maisons des Illustres in Frankreich. Foto: Hilke Maunder
Das Anwesen von Charles de Gaulle gehört zu den Maisons des Illustres in Frankreich. Foto: Hilke Maunder

Das Anwesen stellte einen Ort der Ruhe und des Friedens für seine Familie dar, vor allem für seine jüngere Tochter Anne, die am Down-Syndrom litt. Der Name La Boisserie verweist auf eine Holzwirtschaft, die früher dort ansässig war.

Während des Zweiten Weltkrieges lebte die Familie de Gaulle in London im Exil. In ihrem Landhaus fanden Flüchtlinge Unterkunft. Später richteten deutsche Truppen dort einen Posten ein. Das Haus verfiel und wurde durch einen Brand zusätzlich schwer geschädigt.

Doch die de Gaulles, die sehr am Haus hingen, renovierten es nach dem Krieg, und Charles de Gaulle, als Führer der freien französischen Streitkräfte längst zum General avanciert, baute noch einen Eckturm für sein privates Büro an.

Das Treffen der Versöhnung

Die Dorfkirche von Colombey-les-deux-églises. Foto
Die Dorfkirche von Colombey-les-deux-églises. Foto: Hilke Maunder

Im September 1958 lud General de Gaulle den deutschen Kanzler Konrad Adenauer zu einem historischen Versöhnungstreffen zwischen Frankreich und Deutschland auf La Boisserie ein. Das Treffen fand im privaten Rahmen statt. Adenauer war der einzige Regierungschef, den de Gaulle je in sein Landhaus bat.

Die offizielle Versöhnungsfeier wurde schließlich am 8. Juli 1962 in der Kathedrale von Reims zelebriert. Am 9. November 1970, im Alter von 70 Jahren, starb de Gaulle im Wohnzimmer von La Boisserie nach einem plötzlichen, fatalen Riss einer Schlagader.

Das Grab von Charles de Gaulle, seiner Ehefrau und seiner Tochter. Foto: Hilke Maunder
Das Grab von Charles de Gaulle, seiner Ehefrau und seiner Tochter. Foto: Hilke Maunder

Madame de Gaulle wohnte weiterhin in dem Haus. Als bei ihr 1978 Krebs diagnostiziert wurde, zog sie in ein Altersheim. Am 8. November 1979 erlag Yvonne de Gaulle ihrem Leiden. Das Haus ging an ihren Sohn, Admiral Philippe de Gaulle, über.

Er beschloss, es 1980 als Museum Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die drei Empfangsräume und das Büro sind weitgehend so erhalten, wie sie waren, als Madame de Gaulle auszog. Das Haus ist nun ein Ort der Erinnerung. Die Familie de Gaulle kommt noch immer von Zeit zu Zeit nach La Boisserie, deshalb sind Küche und Schlafräume für Fremde tabu.

Charles de Gaulle und seine Frau wurden auf dem Friedhof von Colombey-les-deux-Églises beigesetzt, ebenso ihre Tochter Anne, die im Alter von 20 Jahren starb.

Auf dem Friedhof vin Colombey-les-deux-églises. Foto: Hilke Maunder
Auf dem Friedhof von Colombey-les-deux-églises. Foto: Hilke Maunder

Das Mémorial

Rund einen Kilometer von der Maison des Illustres von Charles de Gaulle erhebt sich auf der Spitze des Hügels von Colombey-les-deux-Églises seit 1972 43 Meter hoch ein Lothringer Kreuz aus rosafarbenem Granit als Symbol der Résistance. Die Aussicht von dort oben ist fantastisch. Und besonders schön, wenn der Goldregen im Mai dort üppig blüht.

Das De-Gaulle-Mémorial. Foto: Hilke Maunder
Das De-GaulleMémorial. Foto: Hilke Maunder

In den Hügel hineingebaut ist die Gedenkstätte zu Ehren des einstigen französischen Präsidenten, die das Kreuz ergänzt. Das Mémorial wurde von dem Architekten André Malraux entworfen und im Jahr 1972 eröffnet. Das Lothringische Kreuz hat de Gaulle noch selbst entworfen.

Das De-Gaulle-Mémorial. Foto: Hilke Maunder
Das Café des De-Gaulle-Mémorials. Foto: Hilke Maunder

Im Inneren präsentiert eine Ausstellung das Leben und die politische Karriere von Charles de Gaulle mit persönlichen Gegenständen, Fotografien und audiovisuellem Material. Sie gewähren hautnahe Einblicke in sein Leben und seine Leistungen. Ausgestellt ist auch der Dienstwagen von de Gaulle.

Der Dienstwagen von de Gaulle. Foto: Hilke Maunder
Der Dienstwagen von de Gaulle. Foto: Hilke Maunder

Eine Bibliothek bietet die Möglichkeit, eigene Recherchen über de Gaulle und seine Zeit anzustellen. Zum Komplex gehört zudem ein Gedenkraum, in dem Besucher ihre Ehrerbietung zollen und Blumen oder andere Zeichen der Wertschätzung hinterlassen können.

Das Lothringer Kreuz von Colombey-les-deux-églises. Foto: Hilke Maunder
Das Lothringer Kreuz von Colombey-les-deux-églises. Foto: Hilke Maunder

Colombey-les-deux-église: meine Reisetipps

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• 10, tue de Pisseloup, 52330 Colombey-les-Deux-Églises, Tel. 03 25 01 51 69, https://hostellerielamontagne.com

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In der Nähe

Auf den Spuren einer amour fou in Cirey-sur-Blaise

„Wenn ich König wäre, ich würde einen Missbrauch abschaffen, der die Hälfte der Menschheit zurücksetzt. Ich würde Frauen an allen Menschenrechten teilhaben lassen, insbesondere den geistigen.“

Voltaire in Paris, 1733.

Bei einem Souper lernt Émilie Voltaire kennen. Als 18-Jährige war die Pariserin 1725 mit dem 30-jährigen Marquis Florent Claude du Chastellet (*1695) verheiratet worden. Liebesheiraten waren damals unüblich, Ehen strategische Vertragsverhältnisse. Sie hatte ihm drei Kinder geboren. Und damit als Marquise du Châtelet ihren Teil der ehelichen Pflicht erfüllt.

Nach einigen kurzen Affären saß Émilie nun François-Marie Arouet, genannt Voltaire (1694 – 1778) gegenüber. Für den Rest ihres Lebens sollte sie ihm eine intellektuell überlegende Muse, Geliebte und Partnerin sein. In seinen Philosophischen Briefen* verherrlichte Voltaire 1734 die englische Nation und überzeichnete satirisch den französischen Lebensstil. Der König war entrüstet und erließ Haftbefehl. Die Inhaftierung auf der Bastille drohte. Seine Geliebte wurde zur Retterin.

Das Liebesschloss von Voltaire

Émilie bot ihm ihr halb verfallenes Schlösschen in der Champagne bei Cirey-sur-Blaise an. Es lag strategisch günstig, ganz in der Nähe des unabhängigen Herzogtums Lothringen.Als sich abzeichnete, dass der Haftbefehl nicht aufgehoben werden würde, reiste sie ihm nach. 15 Jahre lang wurde Cirey zum Lebensmittelpunkt der beiden. Gemeinsam renovierten sie das Schloss mit Voltaires Mitteln und bauten es nach seinen Ideen aus. Im neuen Flügel erhielt Voltaire sein Laboratorium. Auch fand er dort Raum für seine rasch wachsende Bibliothek.

Émilie du Châtelet war eine hochintelligente Frau mit großer Leidenschaft für das Leben, das Lernen und die Liebe. Wissenschaftliche Erkenntnisse, die sie für wichtig hielt, wollte sie möglichst vielen Menschen zugänglich machen.

Gemeinsam mit Voltaire übersetzte sie daher Newtons Theorien vom Lateinischen ins Französische. Nach ihrem Tod 1749 trauerte Voltaire noch viele Jahre um sie. In D’Argentat schrieb er:

Ich habe keine Geliebte verloren, sondern eine Hälfte von mir selbst, eine Seele, die für mich geschaffen war, eine Freundin über 20 Jahre, die an meiner Seite geboren wurde.
Voltaire

Im Château de Cirey ist noch heute das kleine Theater zu sehen, das Voltaire auf dem Dachboden eingerichtet hat. Es ist das einzige von ihm in Auftrag gegebene Theater, das bis heute erhalten ist. Zugleich gilt es als älteste Bühne in einem privaten Schloss, die in so gutem Zustand bewahrt wurde.
• 33, rue Émilie du Châtelet, 52110 Cirey-sur-Blaise, Tel.  06 98 05 74 01, www.chateaudecirey.com

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