Die alte Ölmühle von Nyons. Foto: Hilke Maunder
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Tanche: die schwarzen Perlen von Nyons

Klein und schwarz sind die Früchte, die Nyons berühmt gemacht haben: Oliven. Mit den Griechen kamen die ersten Olivenbäume in die Provence. Heute ist die Drôme provençale das nördlichste Anbaugebiet. Rund 260.000 Olivenbäume der Sorte Tanche wachsen rund um Nyons.

Ein ganz besondere Mikroklima

Sie profitieren von einem milden Mikroklima, das Nyons auch den Beinamen Petit Nice verliehen hat. 2700 Stunden lang scheint die Sonne durchschnittlich pro Jahr. Nebel ist selten. Im Sommer und Winter regnet es wenig, Doch wenn im Frühjahr und Herbst die Niederschläge kommen, dann pladdert es mitunter heftig und tagelang.

Der einzige Unterschied zwischen Nyons und dem Paradies ist die Tatsache, das wir in Nyons noch gesund und munter sind.

Sci-Fi-Autor René Barjavel, 1911 in Nyons geboren

Typisch für Nyons ist auch sein nächtlicher Wind. Der Pontias weht meist nur von zehn Uhr nachts bis 10 Uhr früh. Der sehr trockene Nordostwind sorgt für eine perfekte Belüftung der Stadt. Im Winter vermittelt er das Gefühl von Kälte. Im Sommer indes schützt er die Stadt vor Überhitzung.

Der Blick auf Nyons vom Pont Roman. Foto: Hilke Maunder
Der Blick auf Nyons vom Pont Roman. Foto: Hilke Maunder

Frankreichs alte Olivenhauptstadt

Nyons ältestes Viertel drängt sich auf dem felsigen Bergrücken des Maupas. Eng und voller Stufen sind die Gassen der Altstadt, die unter der Ruine des Château Féodal, das im 10. Jahrhundert zum Schutz des Monastère Saint-Vincent errichtet worden war, den Hang hinauf- und hinabziehen.

Im 15. Jahrhundert umgebaut, ist die Burg heute ein privater Wohnsitz. Die Tour Randonne war einst der Bergfried der Burg – und diente auch als Kerker. Abt Francou kaufte ihn, wandelte ihn in eine Kapelle um und ließ in mit einer 3,50 Meter hohen Marienstatue schmücken.

1863 weihte der Bischof von Valence das Kirchlein Notre-Dame de Bon-Secours ein. Alljährlich am 15. August wird dort die Himmelfahrt Mariens und die Geschichte des Ortes mit einem großen Fest gefeiert. Die Rue des Grands Forts war einst der Wehrgang. Mit ihren Arkaden verläuft sie, völlig überdacht, entlang der westlichen Mauer der Altstadt.

Die gute Stube von Nyons

Arkaden säumen die Place des Arcardes von Nyons, die auch Place Docteur Bourdongle genannt wird. Foto: Hilke Maunder
Arkaden säumen die Place des Arcardes von Nyons, die auch Place Docteur Bourdongle genannt wird. Foto: Hilke Maunder

Arkaden säumen auch die Place des Arcades, die auch Place du Docteur Bourdangle genannt wird. Zugang gewährt die Porte Saint-Jacques.

Sie ist das einzige noch erhaltene Stadttor der mittelalterlichen Stadtmauer von Nyons. Seit mehr als 500 Jahren findet dort der große Donnerstagsmarkt statt. Olivenprodukte dürfen da nicht fehlen.

Die Ernte

Los geht die Ernte im Spätherbst, spätestens jedoch Anfang Dezember. Mit kleinen Rechen trennen die Erntehelfer die Oliven vorsichtig per Hand von den Zweigen, legen sie in Körbe oder Netze.

Schneller ginge es zwar, würden Netze unter die Bäume gelegt und die Zweige kräftig geschüttelt.  Doch eine solche Erntemethode kann die Früchte schädigen und kommt daher nur bei minderwertigen Oliven zum Einsatz. Auch eine maschinelle Ernte ist für die meisten Olivenbauern in der AOC Nyons tabu. Nyons setzt auf höchste Qualität – und Handarbeit.

5.500 Tonnen Oliven werden so jedes Jahr durchschnittlich geerntet, so die Statistiken des französischen Landwirtschaftsministeriums. Die großen Früchte werden sechs Monate lang in eine Salzlake eingelegt, mit Kräutern, Gewürzen oder Zitrone aromatisiert und danach zum Aperitif serviert.

Das kostbare Öl

Ausgezeichnet: das Olivenöl von Nyons. Foto: Hilke Maunder
Ausgezeichnet: das Olivenöl von Nyons. Foto: Hilke Maunder

Nur aus den kleinen Oliven wird das kostbare Huile d’Olives de Nyons AOC hergestellt. Dazu werden die Oliven von einem schweren Mühlstein gemahlen und gepresst, bis eine dicke Paste entsteht. Erst dann erfolgt die zweite, die hydraulische Pressung.

Die Ausbeute der harten Arbeit ist gering. „Für jeden Liter kalt gepressten Öls werden vier bis fünf Kilo Frucht benötigt“, sagt Geneviève Chastagner.

Bis 1952 – 13 Generationen lang – haben ihre Vorfahren am Ufer des Eygues die einheimischen Oliven zu Öl gepresst. Einst säumten dort zahlreiche Olivenmühlen das stadtseitige Ufer des Eyques. Heute sind die meisten von ihnen umgewandelt in Läden oder Wohnungen.

Das kleine Olivenmuseum der Ölmühle Dozol-Autrand. Foto: Hilke Maunder
Das kleine Olivenmuseum der Ölmühle Dozol-Autrand. Foto: Hilke Maunder

Geneviève Chastagner indes hat mit ihrem Mann Jean-Pierre Autrand in der Ölmühle Dozol-Autrand ein kleines  Olivenmuseum eingerichtet.

Anschaulich zeigt ihre Ausstellung, wie aufwendig die Herstellung des Olivenöls bis heute ist. Das Museum präsentiert neben historischen Fotos auch vielen Gerätschaften von einst. Ihr findet es wenige Schritte entfernt von der Bogenbrücke über den Eygues (auch: Aygues).

Das Wahrzeichen von Nyons

Die berühmte Bogenbrücke über den Eygues im Hochsommer. Foto Hilke Maunder
Die berühmte Bogenbrücke über den Eygues im Hochsommer. Foto Hilke Maunder

Der Pont Roman ist das architektonische Wahrzeit von Nyons. Seit 1409 überspannt die Steinbrücke mit ihrem hohen Bogen das Flüsschen, das sich nach der Schneeschmelze zum weiß schäumenden Wildwasser wandelt.

Zum Schutz vor Überschwemmungen wurden am Ufer der Eygues kleine Deiche angelegt. Dort präsentiert an der Promenade de la Digue der Jardin d’Arômes 200 Duft- und Heilpflanzen mit ihren lateinischen und volkstümlichen Namen und ihren Nutzungen.

Der duftende Garten

Einige werden zur Herstellung von ätherischen Ölen destilliert und dann beispielsweise als Blütenwasser (Hydrolat) genutzt oder finden Eingang in der Kräuterkunde oder die Küche.

In der Mitte des kleinen Gartens erinnert ein altmodischer Alambic daran, dass die Herstellung und Verwendung von ätherischen Ölen in der Drôme eine uralte Praxis ist. Von Mai bis September ist der Garten am schönsten. Außerhalb dieser Zeiten ist die Anlage leider mitunter etwas ungepflegt.

Vor der Bogenbrücke über den Eygues blüht Oleander am Ufer. Foto: Hilke Maunder
Vor der Bogenbrücke über den Eygues blüht Oleander am Ufer. Foto: Hilke Maunder

Das Olivenmuseum

Einblicke in die Geschichte der Olive sowie ihrer Verarbeitung gewährt auch die Coopérative du Nyonsais in ihrem Erlebnismuseum Vignolis. Die 300 Quadratmeter große Ausstellung blättert rund um den steinernen Mühlstein die Geschichte und die Methoden des Anbaus, der Ernte und der Verarbeitung von Oliven in Nyons auf.

Zu sehen sind verschiedene Arten von Olivenpressen sowie die historischen Instrumente, die früher zur Gewinnung von Öl und dessen Konservierung verwendet wurde.

Trendige Matten

Die Fasermatten (scourtins) für die Ölpressen stellt seit mehr als 1200 Jahren die Scourtinerie von Nyons her. In den letzten Jahren haben Inneneinrichter sie entdeckt.

Als Wohnzimmerteppiche, Badematten, Untersetzer oder Tischsets schmücken sie heute die Häuser. Wer mag, kann sich seinen scourtin für daheim nach eigenen Entwürfen weben lassen. Zur Auswahl stehen 17 Farbtöne.

Welche anderen Olivensorten es neben der Tanche noch gibt, wo sie wachsen, und wie sie verwendet werden, erfahrt ihr in diesem Blogbeitrag.

In der Altstadt von Nyons entdeckt: diese Haustür eines kleinen Produzenten von Olivenöl. Charmant! Foto: Hilke Maunder
In der Altstadt von Nyons entdeckt: diese Haustür eines kleinen Produzenten von Olivenöl. Charmant! Foto: Hilke Maunder

Die Oliven-Feste

Die Öffnung der Ölmühlen markiert Anfang November die Fête de l’Alicoque. Während des Festes werden die ersten Oliven der Saison symbolisch gepflückt und zur Mühle gebracht, um das erste Öl des Jahres zu produzieren.

Ob’s wieder ein gutes Öl wird, kosten Mitglieder der Chevaliers de l’Olivier in ihrer Festtracht. Sie gießen ein wenig vom neuen Olivenöl auf eine geröstete Scheibe Knoblauchbrot und geben ihr Urteil.

Mitte Juli feiert Nyons seine schwarze Tanche bei den Olivades, einem großen Sommerfest rund um den französischen Nationalfeiertag mit Bauernmarkt, Oliven-Wanderungen, Kochkursen und Konzerten.

Olivenbaum. Foto: Hilke Maunder
Olivenbäume und blauer Himmel: Da stellt sich gute Laune sofort ein! Foto: Hilke Maunder

Die Oliven von Jean Giono

Erster Ehrenvorsitzender der Bruderschaft war der verstorbene Schriftsteller Jean Giono (1895-1970). Der Chronist des provenzalischen Lebens, dessen Wohnhaus heute ein Museum ist, produzierte auch sein eigenes Olivenöl.

Allein ein Dufthauch von Olivenöl reiche aus, schrieb Jean Giono, um ihn in homerische Welten zu versetzen. Für ihn war der Olivenhain wie eine Bibliothek, in der man das Leben vergessen oder besser verstehen will.

In gewissen Dörfern, wo es keine andere Ablenkung gibt als Einsamkeit, gehen die Männer sonntagmorgens zu den Oliven so wie die Frauen zur Messe.

Jean Giono

Oliven selbst einlegen!

Ganz begeistert von der Olivenpracht, pflückte ich eine Olive und steckte sie in den Mund. Das war keine angenehme Überraschung! Bitter und hart schmeckte die Frucht. Schnell merkte ich: Oliven vom Baum essen? Das vertragen nur ganz hartgesottene Zeitgenossen. Wie ihre Aromen geweckt werden, hat mir Peter Weidner bei einer Anfrage in einer Facebook-Gruppe verraten.

Seine Zubereitung

  • Die Oliven vorsichtig mit der Hand ernten, ohne dass sie zerstört werden (Sauerstoff lässt Oliven oxidieren),
    säubern und nach Größe kalibrieren. mit Kern rund eine Woche in kaltem Wasser einlegen und täglich wechseln.
  • danach in Salzlake (4 Liter Wasser, 1,5 kg. Pökelsalz, etwas Essig) für vier Wochen einlegen. Dann probieren. Je nach Geschmack weiter einlegen.
  • Sind sie essfertig? Dazu die Oliven abschöpfen und in ein Glasgefäß geben. Dabei kann ruhig ein bisschen von der Lake dabei sein. Ob ihr danach Kräuter, Knoblauch o.ä. dazu gebt, ist euch überlassen.

Die Verarbeitung von Oliven stellen auch diese Beiträge im Netz vor:

• www.gartenjournal.net/oliven

• www.rustica.fr/articles-jardin/olives-noires-saumure,3332.html

Der Arkadenplatz von Nyons. Foto: Hilke Maunder
Der Arkadenplatz von Nyons. Foto: Hilke Maunder

Nyons und seine Oliven: meine Reisetipps

Ansehen

Les Vieux Moulins

Das kleine privates Ölmuseum von Geneviève Chastagner und Pierre Autrand in einer alten Ölmühle im Herzen von Nyons.
• 4, promenade de la Digue, 26110 Nyons, Tel. 04 75 26 11 00, www.lesvieuxmoulins.com

Vignolis

Eintauchen in die Vergangenheit der Ölherstellung.
• Place Olivier de Serres, BP 9, 26111 Nyons, Tel. 04 75 26 95 00, www.vignolis.fr

Moulin Dozol-Autrand

• Le Pont Roman, 26110 Nyons, Tel. 04 75 26 02 52, www.moulin-dozol.com

La Scourtinerie

Hier werden die Fasermatten für die Ölpressen hergesstellt, heute auch trendig als Bodenbelag.
• 36, La Maladrerie, 26110 Nyons, Tel. 04 75 26 33 52, www.scourtinerie.com

Infos

Les Chevaliers de l’Olive (Bruderschaft der Olivenritter)

www.chevaliersdelolivier-nyons.com

Blick von den Olivenhainen auf Nyons Foto: Hike Maunder
Blick von den Olivenhainen auf Nyons Foto: Hike Maunder

Erleben

L’Alicoque

Anfang Februar feiert Nyons die Fête de l’Alicoque, bei der Mitglieder der Chevaliers de l’Olivier in Festtracht das neue Olivenöl auf einer gerösteten Scheibe Knoblauchbrot testen.

Unterwegs auf dem Naturlehrpfad der Domaine Rocheville. Foto: Hilke Maunder
Unterwegs auf dem Naturlehrpfad der Domaine Rocheville. Foto: Hilke Maunder

Nicht verpassen

Der Naturlehrpfad der Domaine Rocheville verrät mit sieben Stationen zur Geologie, Geschichte, Flora und Fauna der Region, wie die Cabane-Hütten und Terrassen im Trockenbau aus Steinen in mühevoller Handarbeit aufgeschichtet wurden. Hier habe ich die kleine Runde durch Weinberge und Olivenhaine vorgestellt.
• RD 538, https://www.facebook.com/domainerochevillenyons

Schlafen

Le Moulin de Crupies

Fünf schöne Zimmer, Park und Pool: Die familiär geführte Auberge ist eine Oase, die für Gäste auch Pferde für Ausritte und Unterricht bereit hält.
• Le Moulin de Crupies, 26460 Crupies, Tel. 04 75 53 39 16, www.lemoulindecrupies.com

Noch mehr Betten*
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Olivenbaum. Foto: Hilke Maunder
Olivenbäume und blauer Himmel: Da stellt sich gute Laune sofort ein! Foto: Hilke Maunder

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Weiterlesen

Im Blog

Die große Vielfalt der Oliven habe ich hier vorgestellt.

Frankreichs kleine Oliven-Kunde

Im Luberon habe ich die Ölmühle Bastide de Laval besucht und hier vorgestellt.

Bastide de Laval: von L.A. in den Luberon

Im Buch

Zur Einstimmung

In meinem DuMont-Bildatlas „Provence“* stelle ich in sechs Kapiteln zwischen Arles und Sisteron die vielen Facetten der Provence vor. Ihr erfahrt etwas vom jungen Flair zu Füßen des Malerberges, vom Weltstadttrubel an der Malerküste, dem weißen Gold aus der Pfanne oder einer Bergwelt voller Falten.

Neben Aktivtipps, Hintergrund und Themenseiten gibt es in der Edition 2021 zwei neue Rubriken. “Ja, natürlich” präsentiert zahlreiche Tipps für nachhaltige Erlebnisse und Momente.

In “Urlaub erinnern” stelle ich Andenken, Eindrücke und Erinnerungen vor, mit denen der Urlaub daheim noch weiter lebendig bleibt. Hinzu kommen Serviceseiten mit allen Infos, persönlichen Tipps und großer Reisekarte. Wer mag, kann den Band hier* direkt bestellen.

Secret Citys Frankreich*

Nyons ist einer der 60 Orte in Frankreich, die echte Perlen abseits des touristischen Mainstreams sind. Le Malzieu in der Lozère, Langogne im Massif Central, aber auch Dax, das den meisten wohl nur als Kurort bekannt ist.

Gemeinsam mit meinem geschätzten Kollegen Klaus Simon stelle ich sie in diesem Band vor. Mit dabei sind auch Sens, eine filmreife Stadt im Norden von Frankreich, und viele andere tolle Destinationen. Frankreich für Kenner  – und Neugierige!

Lasst euch zu neuen Entdeckungen inspirieren… oder träumt euch dorthin beim Blättern im Sessel oder am Kamin. Wer mag, kann das Lesebuch mit schönen Bildern hier* bestellen.

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3 Kommentare

    1. Danke, Andrea, für diesen Tipp! Muss ich mir gleich mal ansehen – die Drôme steht bei mir zur Olivenernte wederauf dem Programm… da bau ich einen Besuch doch gleich einmal ein. Merci & bises! Hilke

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