Auch landschaftlich ist der Espace Killy atemberaubend schön. Foto: Hilke Maunder
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Tignes: Ski satt für Sportliche

Über drei Berge und zwei Täler erstreckt sich zwischen Tignes und Val d’Isère in den Savoyer Alpen ein Skigebiet, das zu den größten und abwechslungsreichsten der Welt gehört:  der Espace Killy. Umgeben von Gletschern, unzähligen Dreitausendern und der weißen Kuppe des Mont Blanc locken 300 Kilometer Pisten für Sportliche.

Zugang zum Skizirkus der Superlative gewähren zwei Orte, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Val d’Isère, das sein Savoyer Bauerbe bewahrt und neu interpretiert hat, und Tignes. Es vereint fünf funktionale Skistationen in einem weiten Hochtal mit kleinem See. 1956 entwarf es Raymond Pantz auf dem Reißbrett.

In Tignes-Le Lac warten Schlittenhunde (Huskies) auf die nächste Tour. Foto: Hilke Maunder
In Tignes-Le Lac warten Schlittenhunde (Huskies) auf die nächste Tour. Foto: Hilke Maunder

Funktionale Stationen für Aktive

An das alte Dorf Tignes, das 1952 beim Bau des Isère-Stausees Lac du Chevril in den Fluten versank, erinnert einzig eine kleine Ausstellung in der Maison de Tignes.

Doch längst haben sich zu den Wohntürmen der Moderne auch Hotels und Ferienwohnungen im gemütlichen Chaletstil gestellt, haben Holz und Naturstein den verputzten Beton erobert. Doch eines ist bis heute unverändert: Tignes heißt Ski intensiv – und dies früher und länger als anderswo in den Alpen.

Das Skigebiet zu Füßen des Gletschers La Grande Motte mit der Leisse-Piste (schwarz). Foto: Hilke Maunder
Das Skigebiet zu Füßen des Gletschers La Grande Motte mit der Leisse-Piste (schwarz). Foto: Hilke Maunder

Ganzjahresski auf dem Gletscher

Bereits im Oktober laufen die Lifte auf dem Glacier de la Grande Motte. In sechs Minuten rast unterirdisch die gelb-graue Raupe des Funiculaire de Grande-Motte am Seil zum Ganzjahresgletscherskigebiet unterhalb der Eispyramide der Grande Motte (3.656 Meter).

20 Kilometer Piste überziehen den Gletscher. Meist sind sie breit und weit und nur selten steil und schwarz wie die Leisse. Mannshoch sind mitunter ihre Buckel. Nur wenige Mutige springen dort kraftvoll hin und her.

Piste oder Buckel: das Skigebiet Tignes zu Füßen des Gletschers Grande Motte mit der Leisse-Piste (schwarz). Foto: Hilke Maunder
Piste oder Buckel: das Skigebiet Tignes zu Füßen des Gletschers Grande Motte mit der Leisse-Piste (schwarz). Foto: Hilke Maunder

Einige Schwünge oder Schritte bergab findet ihr der Eingang zur Grotte de la Glace, einer 200 Meter langen Galerie der Menschheitsgeschichte im Herzen des Gletschers.

Acht Künstler schlugen sie auf 3000 Meter Höhe binnen sechs Wochen im Sommer 2005 per Hand in das blau schimmernde Eis. Übergroß erhebt sich ein Mammut am Rundweg, wenig weiter faucht eine Dino-Echse aus Eis.

Die Grotte de le Glace im Gletscher Grande Motte: eine Eisskulpturengalerie auf 200 Meter Länge, die die Entwicklung der Menschheit zeigt. Foto: Hilke Maunder
Die Grotte de le Glace im Grande Motte-Gletscher: eine Eisskulpturengalerie auf 200 Meter Länge, die die Entwicklung der Menschheit zeigt. Foto: Hilke Maunder

Zurück zu den Talstationen von Tignes-Val Claret leitet von der Bergstation des Gletschers die einfache Piste Génépy, mit 5,5 Kilometer längste Abfahrt der Espace Killy.

Von Val Claret aus verbinden die beiden kuppelbaren Sechsersessel Le Bollin und Fresse über die Tovière (2.704 Meter) und den Col de Fresse (2.576 Meter) Tignes mit den Hängen von Val d’Isère.

Sonnenski am Felsentor

Rast an einem Aussichtspunkt unterhalb des 3656 Meter hohen Gipfels. Foto: Hilke Maunder
Rast an einem Aussichtspunkt unterhalb des 3656 Meter hohen Gipfels von La Grande Motte. Foto: Hilke Maunder

Auf der Sonnenseite des Talkessels von Val Claret schwingen sich zwei kuppelbare Sechser-Sessellifte hinauf zu den roten und blauen Pisten des Col du Palet (2.652 Meter). Im Nordosten endet der Espace Killy am Massiv von Brévières mit dem markanten Felsentor der Aiguille Percée (2.748 Meter).

An dessen Nordflanke führt die anspruchsvolle Sache-Piste durch das unberührte Vallon de la Sache hinab zum tiefstgelegenen Ortsteil Tignes-Les Brevières auf 1.550 Meter Höhe.

Europas größer Snowpark

Neben der Palafour-Sesselbahn können sich Boarder und Freestyler im größten Snowpark Europas austoben. Neben zwei 120 Meter und 70 Meter langen Halfpipes, Quarters, Rails, Boardercross und Air Tables findet ihr dort auch eine Beachzone mit Liegestühlen und heißen Beats sowie fachkundige Mitarbeiter, die kleine Probleme mit dem Material gleich vor Ort beheben.

Jeden Mittwochmorgen lockt Tignes mit Fresh Tracks. Dann könnt ihr 8.30 Uhr am Grande-Motte-Gletscher mit der Pistenwacht bei Kaffee und Croissant frühstücken. Und danach als erste die frisch gespurte Double-M-Piste mit 900 m Höhenunterschied hinunter brausen.

Tignes gehört auch zu den ersten Stationen im Alpenraum, die auch 100 % elektrische Snowbikes anbieten. Bis zu 42 km/h schnell saust ihr damit durch den Schnee.

Am Vanoise-Sessellift im Skigebiet von Tignes. Foto: Hilke Maunder
Am Vanoise-Sessellift im Skigebiet von Tignes. Foto: Hilke Maunder

Freeride ist Credo

Für Cracks, die Tiefschnee lieben, aber auf Sicherheit setzen, gibt es sechs Naturides. Diese schwarzen Abfahrten sind gesichert, aber nicht präpariert. Natur pur auf der Piste!

80 Prozent des gesamten Skigebiets von Tignes sind Freeride-Bereiche. Freeride ist in Tignes ein fester Bestandteil der Skikultur. Damit der Fun dabei ungetrübt bleibt, ist Tignes Vorreiter in Sachen Sicherheit.

Ob Freeride-Neuling oder Profi: Vor jeder Abfahrt abseits der Pisten muss die ARVA-Trainingszone absolviert werden. Acht verborgene Sender bieten Gelegenheit, völlig selbständig mit einem ARVA-Lawinen-Suchgerät zu arbeiten, sich damit vertraut zu machen oder sich zu perfektionieren.

In Tignes-Val Claret starten die Bergbahnen zum Gletscherskigebiet La Grande Motte. Foto: Hilke Maunder
In Tignes-Val Claret starten die Bergbahnen zum Gletscherskigebiet La Grande Motte. Foto: Hilke Maunder

Ab unters Eis

Luc Besson hat den Lac de Tignes auf 2.100 Metern Höhe mit seinem Kultfilm Im Rausch der Tiefe (The Big Blue)* weltberühmt gemacht. Im Kultstreifen ist der Schauplatz ein Anden-See, in dem Jaques Mayol seinen ersten Eistauchversuch unternimmt.

Ich machte es ihm nach. David, mein Tauchlehrer, half mir beim Einsteigen in den Trockentauchanzug und beim Anlegen der Flasche. Doch dann blieb der vermeintliche Buddy an Land. Und ich durfte an einer langen Leine alleine durch ein schmales Loch in die Unterwasserwelt des Sees abtauchen, der auf 2.000 Meter Höhe fünf Monate lang eine Eisfläche ist.

Was ich sah, war bizarr, fremdartig und einfach nur fantastisch: Tausende von Sauerstoffblasen klebten unter der Eisdecke, in immer neuen Blautönen schimmerte das Licht. Begeistert tauchte ich unter dem Eis lang, bis plötzlich die Angst einschoss, als ich gegen das Eis klopfte und spürte, wie dick der natürliche Panzer war.

Faszinierende Wunderwelt

Nachdem die erste Überraschung verklungen war, wurde ich beim Eistauchen doch leicht klaustrophob. Und warm, nun ja, war es ja auch nicht gerade. 20 Minuten lang hatte ich das Spektakel genossen, doch nun: trockene Kleidung und ran an die Heizung. Der Eindruck der winterlichen Unterwasserwelt beim Eistauchen ist jedoch bis heute unvergessen.

Mehr Infos zum Eistauchen in Tignes findet ihr hier: www.tignes.net. Getaucht bin ich mit Unterstützung von diesem netten wie kompetenten Tauchshop.

Selbst in den Höhenlagen von Tignes zeigt es sich: der Schnee wird rar - und wird mit Kunstschnee ersetzt Foto: Hilke Maunder
Selbst in den Höhenlagen von Tignes zeigt es sich: der Schnee wird rar – und wird mit Kunstschnee ersetzt Foto: Hilke Maunder

Tignes: meine Reisetipps

Schlafen

Wild Nest Tignes

Am Lac de Chardonnet steht das „wilde Nest“: eine 35 Quadratmeter große Zeltkuppel, die mitten im Parc national de la Vanoise zur Bergnacht inmitten der winterlichen Urnatur lädt. Hinauf zum Bett mit Entenfedern, Wäscheflasche und Kerzenlicht auf 2.384 Meter Höhe geht es vom Dorf zunächst bergauf, dann über den vereisten Bergsee.

Im letzten Licht des Tages seht ihr die Massive an der französisch-italienischen Grenze, ehe das helle Band der Milchstraße den Himmel schmückt – und Abenteuerlustige eine Nachtwanderung auf Schneeschuhen machen können. Oder entdeckt das finnische Ice Floating und legt euch im dicken Neoprenanzug auf das Badeloch im eisigen See, ehe es zurückgeht zum Wild Nest.

Erbaut wurde die Unterkunft aus dreieckigen Elementen aus Lärchenholz auf einem Holzboden. 2/3 der Kuppel besteht aus undurchsichtigen, isolierten Dreiecken. 1/3 der Dreiecke sind transparent. Für wohlige Wärme im Best sorgt ein Holzofen. Das Holz liegt bereit. Sonnenkollektoren versorgen die Batterien und liefern Strom für das Aufladen von Mobiltelefonen. Das gemütliche Kerzenlicht ergänzen LED-Lampen.

Das Badezimmer hat kein fließendes Wasser. Zum Waschen muss Schnee geschmolzen werden. Eine Trockentoilette steht ebenfalls im Bad. Handtücher, Waschlappen und Seife sind vorhanden. Hausschuhe, Schneeschuhe, Stirnlampen sowie Jacken für kaltes Wetter ergänzen die Ausstattung.

Im Essbereich der Kuppel findet ihr zwei Sessel und einen Couchtisch. Um eure Verpflegung kümmert sich der Hausmeister des Wild Nest, der 20 Meter entfernt in einer Berghütte wohnt. Abends serviert er ein typisches Savoyarder Abendessen mit Vorspeise, Hauptgericht, Dessert und Weinbegleitung, morgens ein französisches Frühstück.
https://evolution2.com/tignes/wild-nest-hebergement-insolite

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Bergabenteuer: die Grotte de le Glace im Gletscher Grande Motte: Eisskulpturengalerie auf 200 Meter Länge, die die Entwicklung der Menschheit zeigt.
Bergabenteuer: die Grotte de le Glace im Gletscher Grande Motte. Foto: Hilke Maunder

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