Mende: das Herz der Lozère
Mende, le cœur de Lozère : Mende, das Herz der Lozère – so rühmt sich heute die alte Hauptstadt des Gévaudan. Am Ufer des Lot liegt sie im Herzen des Départements am Kreuzpunkt von vier Landschaften, die den Charme der Lozère ausmachen: dem Nationalpark der Cevennen, dem Welterbe der Causses im Süden, dem Hochland des Aubrac im Nordwesten und dem Hügel- und Heideland der Margeride im Nordosten.
Neben der Creuse gehört die Lozère zu den am dünnsten besiedelte Départements Frankreichs. Das sorgt für herrlich entspannte Gelassenheit. Und viel Platz ringsum für tolle Wanderungen und Ausflüge.
Schon der Blick auf die Stadt von den Landstraßen, die hinein führen, ist ein Hingucker. Stolz, und nachts angestrahlt, ragt die Kathedrale aus dem Häusermeer des Marktfleckens heraus, der sich im Tal lang streckt. Im letzten Licht des Tages leuchtet die Westfassade der Kathedrale. Auf die modernen Wohnviertel haben hingegen die Berge ihre Schatten gelegt.
Und während es auf den Höhen eben noch einsam war, braust unten im Ort jetzt der Verkehr und quält sich auf der Nationalstraße N 88 mitten durch die Stadt. Vorbei am Ableger der Uni von Perpignan, dem modernen Office de Tourisme, dem barocken Hôtel de Ville, dem klassizistischen Palais der Präfektur. Und der Kathedrale.
Stellt in der Nähe des Gotteshauses euer Gefährt ab und beginnt an der Kathedrale Saint-Privat euren Stadtbummel. Das Licht der tief stehenden Sonne lässt die Westfassade leuchten. Zwei sehr unterschiedliche Glockentürme flankieren sie.
Erkenntnis am Kruzifix
Papst Urban V. beauftragte im 14. Jahrhundert den Bau der Kathedrale. Sechs Jahrhunderte später markiert sie den Wendepunkt eines berühmten Deutschen: Alfred Döblin. Der Autor des Romans Berlin-Alexanderplatz* war Jude. Und im Jahr 1940 vor den Nazis nach Frankreich geflohen. Zwei Wochen lang hauste er in einem Barackenlager bei Mende.
Am 25. Juni 1940 erlebte Döblin in der Kathedrale von Mende vor dem Kruzifix sein Bekehrungserlebnis. Döblin konvertierte kurz darauf zum Katholizismus und verarbeitete diesen Moment in seinem Werk Schicksalsreise*. Bert Brecht war entsetzt. Der Berliner Zeitgenosse verfasste ein Gedicht über die Konversion – und nannte es „Peinlicher Vorfall“.
Eine Besonderheit des Gotteshauses sind nicht nur die beiden sehr unterschiedlichen Glockentürme. 84 Meter hoch reckt sich der nördliche Clocher de l’Évêque in den Himmel. 241 Stufen führen den Clocher de l’Évêque empor. Hinauf geht es nur mit einem Führer des Office de Tourisme. Oben lockt eine atemberaubende Aussicht.
Sein prachtvoller Flamboyantstil steht im krassen Kontrast zum Südturm. Geldmangel sorgte dafür, dass dieser deutlich schlichter erbaut wurde – und auch nur 65 Meter hoch. Die Turmuhr wird immer noch per Hand aufgezogen. Da dies fast eine Stunde dauert, geht die Uhr immer ein paar Minuten nach.
Die Unvergleichliche
In den Kirchtürmen der Kathedrale hing einst die größte Glocke der Christenheit. La Non-Pareille wog 20 Tonnen! Doch 1579 eroberte der hugenottische Hauptmann Merle die Stadt – und ließ in einem symbolischen Akt die „Unvergleichliche“ zertrümmern. Seht einmal unter die Orgel. Denn dort hängt ihr Klöppel. Mit 2,15 m Länge lässt er erahnen, wie groß die Glocke gewesen sein muss!
Hinter der Kathedrale beginnt das Labyrinth der mittelalterlichen Gassen und kleinen Plätze. Unübersehbar ragt Gottes Finger über dem Gewirr der alten Dächer. Und auch auf den Häuserwänden und an den Straßenecken ist Glaube allgegenwärtig. In keiner französischen Stadt habe ich auf engstem Raum so viele Skulpturen, Bilder und Stätten mit Heiligen gesehen!
Die schwarze Madonna von Mende
Kreuzfahrer aus dem Heiligen Land sollen angeblich die schwarze Madonna nach Mende gebracht haben. Ihr findet sie nicht nur als Skulptur aus Olivenholz in der Kathedrale. Sondern auch als Schutzheilige an den Straßenecken der Altstadt.
Lauft von der Kathedrale hin zur charmanten Place du Griffon. Ihr Brunnen lieferte einst das Wasser für die Straßenreinigung. Ein Hingucker am Platz ist auch die alte holzverkleidete Ladenfassade des Uhrmachers. Ganz in der Nähe gibt es bei Éric Kermès in der Rue de Soubeyran knusprige Mandelkekse, die Kult sind in Mende: die croquants.
Das Waschhaus der Gerber und Tuchmacher
Wenig weiter kommt ihr zur Tour des Pénitents. Der Büßerturm ist der letzte Rest der Stadtmauer aus dem 12. Jahrhundert, die einst 24 Türme zählte. Den einstigen Verlauf der Stadtmauer zeichnet heute der ringförmige Boulevard um die Altstadt nach.
Dicht an der mittelalterlichen Stadtgrenze findet ihr in der Rue d’Angiran 2 das Lavoir de la Calquière. Der Name des Waschhauses verrät, was einst dort geschah: Gerbereien und Wäschereien reinigten ihre Leder und Wollstoffe mit Kalk.
Ein paar Treppenstufen führen dort hin zu einem gewölbten Raum, dessen Becken von sieben Rohren gespeist werden. Von diesem „Vorwaschsaal“ führt ein Rohr zum Hauptwaschhaus. Von dort entsorgten die Gerber und Tuchmacher das Wasser über einen Auslasskanal unter dem alten Wall.
Die Bestie von Gévaudan
Lasst euch nun ein wenig durch die Altstadt treiben. Beim Schlendern durch die Kopfsteingassen kommt ihr ihr auch am 2022 neu eröffneten Musée du Gévaudan vorbei. Für die Sammlung wurden zwei historische Bauten umgebaut: das private Stadthaus Buisson de Ressouches in der Rue de l’Épine 3 sowie der Saal der Fresken der Maison Montesquieu.
Im Erdgeschoss des Museums sind seit der Wiedereröffnung Sonderausstellungen zu sehen. Im Obergeschoss könnt ihr tiefer in die Stadtgeschichte einsteigen – und in zwei Sälen viel über das Monster von Gévaudan erfahren. Die Bestie hat im 18. Jahrhundert Angst und Schrecken verbreitet. Fast 100 Kinder und Erwachsene soll sie gerissen haben! Vermutlich war die Bestie wohl ein Wolf gewesen. Bauer Jean Chastel soll jenen im Juni 1767 mit geweihten Kugeln erlegt haben. Danach war jedenfalls der Schrecken beendet.
Am Ufer des Lot
Für Angst und Schrecken sorgten einst auch die Hochwasser des Lot. Nach der Schneeschmelze entwickelt der Fluss richtig Temperament. Die Stadtgründer legten Mende daher in sicherer Entfernung an. Lauft jenseits des Boulevardrings nun hinab zum Fluss.
Wer picknicken will, versorgt sich auf dem Weg dorthin im großen Supermarkt am Weg. Oder noch in der Altstadt in einem kleinen Laden namens La Maison des Paysans, die eine Kooperative örtlicher Erzeuger, Künstler und Kunsthandwerker betreibt.
Der Lot, der 30 Kilometer östlich in der Montagne du Goulet entspringt, fließt in Mende unter dem alten Pont Notre-Dame hindurch. Am anderen Ufer steigt dahinter steil die Felswand des Causse de Mende auf.
Picknickt hier. Oder wandert hinauf zur Einsiedelei, die sich auf dem Mont Mimat erhebt. Vom 1.067 Meter hohen Gipfel habt ihr den schönsten Blick auf die Stadt. Eine Orientierungstafel sorgt für Überblick bei Stadt und Umland!
Mende erleben: meine Reisetipps
Schlemmen & genießen
Pont Roupt Hôtel-Restaurant-Spa
Ginette Gerbail verwöhnt euch mit gehobener Lokalküche, die tief verwurzelt ist in der Lozère – mit Champignons, Käse, Wurstwaren und Aubrac-Rindfleisch. Köstlich wie die Tropfen aus dem gut sortierten Weinkeller. Zum Haus gehören 25 komfortable Zimmer. Im Spa laden Aquabikes ein, Kalorien zu verbrennen.
• 2, avenue du 11 Novembre, 48000 Mende, Tel. 04 66 65 01 43, www.theoriginalshotels.com
La Cantine
Täglich frische Bioküche mit Produkten lokaler Erzeuger serviert das beliebte Terrassenlokal La Cantine.
• 25, rue du Collège, Tel. 04 66 32 86 12, https://restaurant-la-cantine.fr
Le Sanglier
• 5, avenue du Marechal Foch, 48000 Mende, Tel. 04 66 65 12 62, www.restaurant-traiteur-lesanglier.com
Restaurant Tipaza
Der Kabyle Hacène Mebirouk holt für euch die Sonne Algeriens auf den Teller: Couscous in Vielfalt.
• 10, rue de l’Ancienne Maison Consulaire, 48000 Mende, Tel. 04 66 49 37 43, www.le-tipaza.fr
Le France
Die ehemalige Postkustschenstation ist heute ein gediegenes, gutbürgerliches Hotel. In seinem Restaurant verwöhnt euch Luc mit Regionalküche, die mit der Haute Cuisine flirtet. Dazu passt die sehr gute Weinauswahl aus dem Languedoc!
• 9, boulevard Lucien Arnault, 48000 Mende, Tel. 04 66 65 00 04, www.hoteldefrance-mende.com
Cappadoce (Chez Sad)
Sad kam vor mehr als 25 Jahren nach Mende. Damals hat er den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt . Seit vielen Jahren gilt Chez Sad als beständig bester Kebab-Imbiss. Auch Tacos stehen auf der Speisekarte!
• 3, rue Saint-Dominique, 48000 Mende, Tel. 04 66 65 36 95, www.mende-coeur-lozere.fr
Pizzeria Fan Fan
Seit einem Vierteljahrhundert pilgern die Einheimischen zu Francis, wenn sie Appetit auf Pizza haben und holen sich die leckere Pizze für daheim.
• 18, boulevard du Soubeyran, 48000 Mende, Tel. 04 66 65 01 37
La Safranière
Sehr empfehlenswert ist dieses Schlemmerlokal fünf Kilometer außerhalb. In einem alten Bauernhaus in Chabrits könnt ihr in La Safranière die köstliche kreative Saisonküche von Cécile und Sébastien Navecth genießen – im Sommer auch im Innenhof!
• 52, rue du Lavoir, 48000 Mende, Tel. 04 66 49 31 54, www.restaurant-la-safraniere.fr
La Maison des Paysans de Mende
Köstlichkeiten aus Kastanien, Käse der Region, Honig der Cevennen, Gemüse, Obst, Eier, Fleisch und Fisch von lokalen Erzeugern: In der Verkaufsstelle von zehn Bauern und Handwerkern ist alles garantiert lokal. Auch die Kunst und das Kunsthandwerk!
• Place René Estoup, 48000 Mende, Tel. 04 66 41 08 34, www.boutiquespaysannes.fr
Les Croquants de Mende
Knusprige Mandelplätzchen sind die süße Spezialität der Stadt. Die Mandeln stammen von den Mandelbäumen in den Gorges du Tarn. Die Haselnüsse wurden einst in den Hecken der Margeride und der Haute Vallée du Lot gepflückt. Der Teig aus Mehl, Zucker, Fett, crème de lait, Backpulver und Vanille wird gut geknetet, mit Mandeln und Haselnüssen versetzt, ausgerollt und dann mit einem Messer in längliche Rechtecke geschnitten. Vor dem Backen werden sie mit Eigelb bestrichen und auf dem Blech kalt gelagert, ehe sie 30 Minuten lang in den heißen Ofen geschoben werden.
Markt
Mittwoch und Sonnabend ist Marktzeit in der gusseisernen Markthalle. Freut auf lokale Produzenten und köstliche Erzeugnisse aus Mende und Umland!
Schlafen
Dormir à Mende
Hubert Grousset und seine bulgarische Lebenspartnerin Diana Nikolova haben im Obergeschoss ihres ruhig gelegenen Wohnhauses das einstige Kinderzimmer in ein Gästezimmer verwandelt: 10 qm groß, einfach und sehr günstig, sauber und schön ruhig. Das kleine, aber schöne Bad ist nebenan, das WLAN schnell. Abends lädt euch das Duo zum Apéro ein.
• 3, rue Picaucel, 48000 Mende, Tel. 06 44 17 30 09 (Mobil Diana)
Noch mehr Bettten*
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