Die 7 Hügel von Paris: Montmartre

Immer wieder taucht zwischen den Häusern auf der Butte de Mont die Basilika von Sacre-Cœur am Horizont auf. Foto: Hilke Maunder
Immer wieder taucht zwischen den Häusern auf der Butte de Mont die Basilika von Sacre-Cœur am Horizont auf. Foto: Hilke Maunder

Rom wurde auf sieben Hügeln erbaut – und so auch Paris. Warum nicht einmal sie alle besteigen, dachte ich mir und zog zum Auftakt in den Norden, hin zum berühmtesten Hügel der Hauptstadt. Bien sûr, ich weiß, Montmartre ist fürchterlich touristisch.

An der Place du Tertre wimmelt es nur von Taschendieben. Die Schnell-Portraitisten sind teure Schmierfinken. Die Butte Montmartre ist doch nur etwas für Asiaten und Amis, lebt vom Klischee seiner Legende. Mais non !

Mythos Montmatre: die Place du Tertre. Foto: Hilke Maunder
Mythos Montmartre: die Place du Tertre. Foto: Hilke Maunder

Es ist einfach schön, durch die Rue Lepic zu spazieren und vorbeizuschlendern am Café Les 2 Moulins, das der Film Die zauberhafte Welt der Amélie* berühmt gemacht hat.

Und ganz gemächlich den mit 130 Meetern über NN höchsten Hügel von Paris zu besteigen. Im Schatten von Sacré-Cœur kann man einen ganzen Tag verbringen. Und immer wieder schöne Ecken entdecken.

Paris. Die Basilika Sacré-Cœur. Foto: Hilke Maunder
Die Basilika Sacré-Cœur. Foto: Hilke Maunder
Die Spitze der Butte von Montmartre bekrönt die neobyzantische Basilika Sacré-Cœur. Foto: Hilke Maunder
Die Spitze der Butte von Montmartre bekrönt die neobyzantische Basilika Sacré-Cœur. Foto: Hilke Maunder

Aufregende aktuelle Kunst

Wie die Kadist Art Foundation, die zu den aufregendsten Galerien für Gegenwartskunst gehört. In der Rue des Trois Frères 19-21 unterstützt sie junge Künstler mit ihrem Artist in residence-Programm und zeigt aktuelle Kunst aller Sparten. Dort ausgestellt waren auch schon der Schweizer Olaf Breuning und die Leipzigerin Christiane Baumgartner.

Der stille Charme von Montmartre. Foto: Hilke Maunder
Der stille Charme von Montmartre. Foto: Hilke Maunder

Oder besucht die Halle Saint-Pierre, die Baltard 1868 mit Gusseisen, Ziegel und Glas an der Rue Ronsard 2 als Markthalle von Montmartre errichtete.

Heute birgt sie ein engagiertes Kulturzentrum mit Museum/Galerie, Hörsaal, Bibliothek und Café! Gezeigt werden Art Brut, Volkskunst und naive Kunst aus der Sammlung des ehemaligen Radrennfahrers Max Fourney.

Auch Street Art gehört zur Butte de Montmartre. Foto: Hilke Maunder
Auch Street-Art gehört zur Butte Montmartre. Foto: Hilke Maunder

Berühmt: das Bateau Lavoir

Und schließlich auch das Bateau Lavoir an der stillen Place Émile Goudeau 13. Im Winter war es eisig, im Sommer ein Backofen. Und doch war die „unheimlich große Holzbaracke“ ein Ort, an denen die Künstler später mit Wehmut zurückdachten.

Vor allem Pablo Picasso, der 1904 in der verwahrlosten einstigen Pianofabrik sein Atelier einrichtete, Gertrude Stein porträtierte und im Folgejahr mit den Demoiselles d’Avignon das Schlüsselwerk des Kubismus schuf.

Treppenwege führen hinauf und hinab an der Butte de Montmartre.
Treppenwege führen hinauf und hinab an der Butte Montmartre. Foto: Hilke Maunder

Wo ihr heute das Musée de Montmartre und die Jardins Renoir findet, hatten einst Auguste Renoir und Raoul Dufy ihr Atelier.

Susanne Valadon: Muse und Malerin

Später zog Suzanne Valadon ein. Mit ihrem Sohn Maurice Utrillo (1883 – 1955) und ihrem Lebenspartner André Utter (1886 – 1948) bildete das Aktmodell das trio infernal der Butte de Montmartre.

Typisches Pariser Wohnhaus im Stil von Baron Haussmann - hier auf der Butte de Montmartre. Foto: Hilke Maunder
Typisches Pariser Wohnhaus im Stil von Baron Haussmann – hier auf der Butte Montmartre. Foto: Hilke Maunder

Anfangs vor allem berühmt für ihre vielen Liebschaften mit Künstlern des Viertels, entwickelte sich Susanne Valadon als Autodidaktin und Schülerin von Degas so auch zu einer viel beachteten Malerin.

Treppenwege führen hinauf und hinab an der Butte de Montmatre. Hier blickt ihr gen Norden. Foto: Hilke Maunder
Hier blickt ihr gen Norden. Foto: Hilke Maunder

Ihr Anwesen erinnert heute als Museum mit Bildern, Plakaten und Fotografien an die Künstlerkolonie Montmartre.

Bewundert dort auch das originale Lapin-Agile-Schild, Plakatentwürfe von Théophile Steinlen für das Kabarett Le Chat Noir und Milieustudien von Francisque Poulbot.

Birnen- und Mandelbäumen, Fliederbüsche, Kletterhortensien und blühende Rosen schmücken den Garten. Nach den Gemälden von Renoir wurde er 2012 originalgetreu wieder angelegt.

Blick von der Butte de Montmartre hin zur Tour de Montparnasse. Foto: Hilke Maunder
Blick von der Butte Montmartre hin zur Tour de Montparnasse. Foto: Hilke Maunder

Hommage an Dalí

1929 kam der junge Dalí nach Paris, wo er Elena Dmitrievna Diakonova kennenlernt, seine Frau und Muse. Als Gala wurde sie weltberühmt.

Mehr über den spanischen Meister des Surrealismus, den so exzentrischen wie kreativen Künstler Salvador Dalí, verrät die seit 2018 mit mit mehr als 300 Werken Dalí Paris.

Dieses Lokal von Montmartre erinnert bereits mit seinem Namen an die Weinberge der "butte". Foto: Hilke Maunder
Dieses Lokal von Montmartre erinnert bereits mit seinem Namen an die Weinberge der butte. Foto: Hilke Maunder

Jour fixe bei Ary Scheffer

Wilder Wein und Glyzinien umranken die mondäne Villa der Restaurationszeit, die dem Maler Ary Scheffer (1795 – 1858) als Atelier diente. Jeden Freitag öffnete der Portraitmaler der Prominenz der Julimonarchie zum jour fixe. Zum regelmäßigen Austausch kamen Freunden und Kollegen wie Alexandre Dumas, Franz Liszt und Turgenjew.

Unter den Gästen waren auch George Sand und Frédéric Chopin, die beide am Square d’Orléans in getrennten Wohnungen lebten – und sich nachts liebten.

Inszenierte Klischees für Touristen: Auch das gehört zur Butte de Montmartre. Foto: Hilke Maunder
Inszenierte Klischees für Touristen: Auch das gehört zur Butte Montmartre. Foto: Hilke Maunder

Legendär: Lapin Agile

Zum Lapin Agile (flinkes Kaninchen) pilgerten um 1900 alle, um Aristide Bruant und seinen Freund Frédéric Gerard, Père Frédé genannt, zu hören.

Jene begeisterten dort ihr Publikum mit Dirnenliedern und anderen geistreichen, freizügig-frechen Dichtungen. Auch heute noch werden im Kabarett an der steilen Rue des Saules 22 Chansons vorgetragen.

Die Fifties trendig interpretiert: Auch solche Cafés findet ihr auf der Butte de Montmartre. Foto: Hilke Maunder
Die Fifties trendig interpretiert: Auch solche Cafés findet ihr auf der Butte Montmartre. Foto: Hilke Maunder

Erlebt sie bei einer soirée spectacle beim Glas Wein! Das Café Le Consulat diente Van Gogh als Vorbild für sein berühmtes Gemälde La Guinguette. Auch Picasso, Monet und Toulouse-Lautrec haben dort so manches Glas Wein geleert.

Kunterbunt an der frischen Luft: eine Caféterrasse an der Rue Paul Aubert
Kunterbunt an der frischen Luft: eine Caféterrasse an der Rue Paul Aubert. Foto: Hilke Maunder

Berühmte Mühle

Viel gefeiert wurde einst auch in der Moulin de la Galette. Die berühmte Mühle, deren Tanzboden für fröhliche Feste Renoir verewigt hat, ist heute eine Privatwohnung.

Ihre ruhmreiche Vergangenheit nutzt Roger Heereah in der benachbarten Moulin Badet an der Rue Lepic 83 und hat sein Restaurant Le Moulin de la Galette getauft.

Dort serviert er heute französische Spezialitäten wie bœuf bourgignon und blanquette de veau. Und freut sich, dass kaum ein Gast merkt, dass er in der falschen Mühle sitzt.

Cadet de Gascogne: eine Bistro-Klassiker an der Place du Tertre von Montmartre. Foto: Hilke Maunder
Cadet de Gascogne: ein Bistro-Klassiker an der Place du Tertre von Montmartre. Foto: Hilke Maunder

Legendäre Fotografen

1947 gründete Henri Cartier-Bresson, Robert Capa, David Seymour und George Rodger die Foto(grafen)agentur Magnum. Doch erst seit 2009 hat die Legende ihr eigenes Schaufenster in der Stadt: die Magnum Gallery.

Nicht mehr in Saint-Germain-des-Prés, sondern inzwischen auf der Butte Montmartre zeigt sie jährlich Werkschauen ihrer Vertragsfotografen, darunter Martin Parr, Lisa Sarfati, Marc Riboud und Antoine d’Agata.

Die Halle Saint-Pierre bildet das Herz des Stoff- und Schneiderzentrums auf der Butte de Montmartre. Foto: Hilke Maunder
Mekka für Stoffe und Schneidereibedarf: die Halle Saint-Pierre auf der Butte de Montmartre. Foto: Hilke Maunder
Mekka für Stoffe und Schneidereibedarf: die Halle Saint-Pierre auf der Butte Montmartre. Foto: Hilke Maunder

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Nicolas Bareau, Liebesbriefe von MontmartreNicolas Barreau, Die Liebesbriefe von Montmartre*

Der junge Schriftsteller Julien Azaulay und Vater eines vierjährigen Sohnes verliert seine Frau. Am Totenbett nimmt ihm seine Frau das Versprechen ab, dass Julien ihr für jedes ihrer Lebensjahre einen Brief schreibt. 33 Jahre alt ist Hélène geworden.

Doch anfangs ist die Trauer zu schwer, das Schreiben unmöglich. Monatelang. Doch dann greift er schließlich zu Feder, schreibt – und fühlt sich seiner verstorbenen Liebe Hélène wieder nahe.

Doch eines Tages verschwinden seine Briefe aus dem Geheimfach am Grab, und Julien erhält Antworten. Ein Gedicht von Prévert, Kinokarten für Orphée, ein kleines Herz aus Stein, eine Blume. Wer ist die Unbekannte, die sich in ihn verliebt hat?

Seine 33 Briefe erzählen seine Reise zurück ins Leben. Eine bezaubernde Liebesgeschichte, in einfachen Worten, aber gerade dadurch sehr einfühlsam und berührend erzählt von Nicolas Barreau. Kennt ihr nicht?  Sein Roman „Das Lächeln der Frauen“ war in Deutschland mit weit über einer Million verkauften Exemplaren der Jahresbestseller 2012. Wer mag, kann hier* den Roman online bestellen.

Baedeker Paris 2018

Meinen Baedeker „Paris“*  gibt es seit 4. Oktober 2023 in der komplett aktualisierten und mittlerweile 20. Auflage!

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Moulin Rouge, Ikone von Montmartre. Foto: Hilke Maunder
Moulin Rouge, Ikone von Montmartre. Foto: Hilke Maunder

 

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3 Kommentare

  1. Liebe Hilke,

    heute kam der Baedeker PARIS bei uns an, den wir natürlich über deinen Link bestellt haben. Er wird uns am Samstag in die Stadt der Liebe begleiten.

    Eigentlich braucht man keine Printversion mehr, wenn man deinen Newsletter abonniert hat und regelmäßig auf deiner Seite surft.

    Ich danke dir für viele, kurzweilige Stunden.

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