Mein Frankreich: Peter Neumann
„Mein Frankreich“ ist nicht nur Titel meines Blogs, sondern auch Programm: Ich möchte möglichst viele von euch animieren, euer Frankreich vorzustellen. Mein Frankreich – was bedeutet das für euch? Diesmal verrät es Peter Neumann.
Über sich sagt der Journalist, Medienmanager und Saarländer mit Wohnort Mannheim:
Ich fahre seit über 50 Jahren nach Frankreich. Zuerst in den Ferien mit meinen Eltern an die Côte d’Azur, nach dem Abitur an die Loire, später dann in die Provence, nach Lothringen, ins Elsass und nach Burgund, in die Champagne und auf viele Kanäle. Und natürlich immer wieder nach Paris. Der Südwesten, das Périgord, kam erst sehr spät dazu. Dafür dann umso heftiger. Die Dordogne ist unsere zweite Heimat geworden.

Mein Frankreich: Bézenac im Triangle d’Or zwischen Beynac, Castelnaud und La Roque-Gageac
„Ich glaube, dort würde es mir auch gefallen“, meine Frau klappte den Krimi von Martin Walker zu. „Wir sollten in den Ferien mal ins Périgord und nicht immer an die Côte d’Azur fahren“. Happy wife, happy life, dachte ich und im folgenden Sommer mieteten wir ein Haus in Gavaudun am südlichen Rand des Périgord, weit weg vom Fluss.
Wir hatten gar keine Ahnung, wo es am schönsten ist. Aber es wurde auch so ein zwar kurzer, aber unfassbar schöner Urlaub an der Dordogne. Und er hatte Folgen. „Was kosten eigentlich Häuser im Périgord“, fragte ich mich an einem grauen, nasskalten Novemberabend ein paar Wochen nach den sonnigen Tagen im Südwesten.

Und schon saß ich am Rechner und klickte mich durch Immobilien-Anzeigen in Frankreich. Und dann ist es passiert: Schon die zweite Anzeige, die ich aufklickte, war es. Un coup de foudre, Liebe auf den ersten Blick. Ein Steinhaus von 1855, über Eck gebaut mit großen Kaminen, in der Mitte der im Périgord traditionelle pigeonnier, nach Süden ausgerichtet, den Blick direkt in das Tal der Dordogne.
Die warmen Steine in hellem Gelb waren von Efeu und Wein überwachsen. Unfassbar schön – und tatsächlich bezahlbar. Ich kopierte den Link und schickte ihn meiner Frau. Zwei Minuten später war die Antwort da. Kurz und eindeutig: „Wann fahren wir?“.
Gefahren sind wir dann Anfang Januar mitten im Winter. Es war eiskalt. Im Tal der Dordogne lag dichter Nebel, aber darüber schien die Sonne auf die Bäume und Wiesen mit ihrer dicken Raureifkruste. Das Haus war noch schöner als auf den Fotos. Wir waren sofort verliebt. Und diese Liebe wächst mit jedem Mal, wenn wir dort sind.
Das ist inzwischen Jahre her, mittlerweile ist das Périgord unsere zweite Heimat geworden. Zu jeder Jahreszeit. Im Winter, wenn die Bäume ihr Laub verloren haben und die Sonne zwischen den Ästen durchscheint. Wenn es nach Kaminfeuer riecht, das hier in vielen Häusern dann brennt. Wenn die mittelalterlichen Fußgängerzonen von Sarlat oder Bergerac nicht voll sind mit Touristen, sondern sich nur ab und zu ein Einheimischer auf der Straße blicken lässt. Wenn die Trüffelmärkte vorbei und viele Geschäfte geschlossen sind.

Dann ist es im Périgord einsamer und stiller, aber genauso schön, wie im Sommer. Im Sommer pulsiert in jedem Dorf das Leben, vom Vogelscheuchen-Fest in Meyral bis zum High-End-Bach-Konzert in Saint-Cyprien oder dem weltbekannten Theater-Festival von Sarlat.
Dann trifft man sich zu den fröhlichen marchés gourmands auf den Marktplätzen, bei denen jeder seinen Teller und sein Besteck mitbringt und sich alle zusammen an den Grills und Pfannen bedienen, die rundum aufgestellt sind. Man trinkt den lokalen Rosé und sitzt zusammen mit Freunden, Nachbarn und Fremden auf langen Bänken. Jeder schwätzt mit jedem, jung mit alt, Einheimische mit Gästen, in Französisch, Englisch oder Holländisch, nur ganz selten mischt sich Deutsch mit rein.

Es ist die Zeit, in der Dordogne und Vézère mit den bunten Punkten der Kanus und Kajaks gesprenkelt sind. In der morgens früh und spät nachmittags die Ballons über den wolkenlosen Himmel ziehen und das ganze Perigord vor Festen, Musik und Kultur geradezu vibriert.
Und dabei habe ich noch gar nicht von Frühling und Herbst gesprochen, wenn das Wetter schon oder noch warm ist, die Menschen entspannt und ohne die Hektik der Urlaubssaison ihren Geschäften nachgehen und die wunderbaren Bauernmärkte der Region voll sind mit Obst und Gemüse, mit Tomaten, courgettes und den berühmten Erdbeeren, die es hier von April bis Oktober gibt.
Das Périgord wird oft als das kulinarische Kernland Frankreichs bezeichnet. Und natürlich sind die Trüffel und der Foie Gras, die Nüsse und Erdbeeren, Enten und Gänse aus der Region zu Recht weltbekannt. Aber es dabei zu belassen, täte vielen anderen Regionen Frankreichs Unrecht, wo auch fantastisch gekocht und gegessen wird.
Und gleichzeitig würde es das Pérrigord zu sehr reduzieren, wenn man nur über das Essen und nicht über die unglaubliche Geschichte und Kultur, die stillen Täler und traumhaften Schlösser, die zauberhaften Gärten und den wunderbaren Wein redet, die das Périgord ebenfalls ausmachen. Aber vor allem fehlt dann der Hinweis auf die freundlichen Menschen hier. Es gibt wohl kaum eine Region in Frankreich, deren einheimische Bewohner so offen, freundlich und entspannt mit Gästen und Besuchern umgehen, wie es hier im Périgord der Fall ist.
Nein, Einheimische sind wir sicher noch nicht – auch wenn unser Französisch ab und zu für Komplimente sorgt und wir in jeder Unterhaltung mitreden können. Aber Touris sind wir inzwischen sicher auch nicht mehr. Wir sind Mitglieder im örtlichen Tennisclub (Wir haben die Mitgliedsnummern 33 und 34!) und bei den Amis de Bézenac, dem Heimatverein, der es in mühevoller Kleinstarbeit geschafft hat, die mittelalterliche Kirche unseres 300-Seelen-Dorfes wieder instand zu setzen und dank vieler Spenden dafür sogar eine neue Glocke kaufen konnte.

Wir treffen den Bürgermeister zum Apéro und werden jedes Jahr zur Feier des 8. Mai am Kriegerdenkmal neben der Kirche eingeladen. Als Deutsche! Und wir haben enge Freunde vor Ort gefunden, mit denen wir jedes Mal, wenn wir da sind, zusammensitzen und feiern. Natürlich kennt inzwischen auch fast jeder in der Umgebung unseren französischen Simca-Oldtimer, mit dem wir unterwegs sind, wenn wir Brot holen oder zur déchetterie fahren.
Wir lachen mit Martin Walker, dem Erfinder von Dorf-Polizist Bruno, der in über einem Dutzend Fällen in seinem fast fiktiven Ort St. Denis ermittelt, bei jedem unserer Treffen darüber, dass er uns mit seinen Büchern ins Périgord gelockt hat. Und es gibt inzwischen so viele wahre Geschichten über unser Leben vor Ort, dass ich dreimal Peter Mayles „Mein Jahr in der Provence“ für unser Haus im Périgord schreiben könnte. Wenn ich schreiben könnte. Mittlerweile haben auch unsere Kinder, die längst keine Kinder mehr sind, das Haus für sich entdeckt und genießen die Zeit mit ihren Freunden und Freundinnen dort. Es ist ein echtes Familienhaus geworden – mit allem, was dazu gehört. Und das Périgord zur zweiten Heimat.

Der Beitrag von Peter Neumann ist ein Gastartikel in einer kleinen Reihe, in der alle, die dazu Lust haben, ihre Verbundenheit zu Frankreich ausdrücken können. Ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit Frankreich, Erlebnisse, Gedanken. Ihr wollt mitmachen? Dann denkt bitte daran:
• Keine PDFs.
• Text: per Mail in Word, Open Office oder per Mail. Denkt daran, euch mit ein, zwei Sätzen persönlich vorzustellen.
• Fotos: Bitte schickt nur eigene Bilder und jene möglichst im Querformat und immer in Originalgröße. Sendet sie gebündelt mit www.WeTransfer.com (kostenlos & top!) – oder EINZELN ! – per Mail. Bitte denkt an ein Foto von euch – als Beitragsbild muss dies ein Querformat sein.
• Ganz wichtig: Euer Beitrag darf noch nicht woanders im Netz stehen. Double content straft Google rigoros ab. Danke für euer Verständnis.
Vor der Veröffentlichung erhaltet ihr euren Beitrag zur Voransicht für etwaige Korrekturen oder Ergänzungen. Erst, wenn ihr zufrieden seid, plane ich ihn für eine Veröffentlichung ein. Merci !
Ich freue mich auf eure Beiträge! Alle bisherigen Artikel dieser Reihe findet ihr hier.
Hallo Peter, diese Liebeserklärung an das Perigord ist wunderbar; meine Frau und ich haben ebenfalls die Region durch Martin Walker kennengelernt. Sein Bruno hat uns neugierig gemacht. Von Bergerac aus haben wir das Perigord propre besucht; von St. Cyprien aus das Perigord noir. .
Und in Le Bugue haben wir tatsächlich Martin Walker dienstags auf dem Markt getroffen.
Wir sind immer deutsche Touristen gewesen und nirgendwo auf Abneigung gestoßen: im Gegenteil, die Gespräche, die Begegnungen waren freundlich, offen.
Und wir kommen wieder ins Perigord…….a bientot Jürgen Friedrich
Hallo Jürgen,
Wenn Sie wieder da sind, würden wir uns sehr über einen gemeinsamen Apero auf unserer Terrasse freuen.
À bientôt !
Mensch Peter, jetzt muss ich hier rumsurfen um Alex und Dich hier zu treffen! Euer Haus ist wirklich ein Traum, unsere Freundschaft noch mehr. Wenn es auch bereits schöne Stunden und Tage zusammen waren, es sollten noch mehr werden! Lass uns planen!
Liebe Grüsse
Euer Freund Hilmar
Hallo Hr. Neumann
das 1. Wort, welches mir ins Auge fiel: Saarländer.
Ich bin ebenfalls Saarländerin, seit 28 Jahren in Moselle lebend.
Ich habe mich in Ihrem Bericht total wiedergefunden. Seit Kindheit an die Cote d’Azur, wie das halt bei den Saarländern so üblich ist. Auch immer wieder zurück gekehrt mit dem Wunsch einen Wohnsitz dort zu finden. Leider konnte ich den Traum nie verwirklichen.
Tolles Haus, toller Bericht,kann Ihnen und Ihrer Familie nur gratulieren
Danke. Authentischer Bericht. Einfach anhalten und nicht gleich zum Meer. Viel besser. Domme fehlt leider. Bastide royale. Dordogne – so schön.
Ja, jedes frz. Wort und jeder Satz bringt ein wenig Lächeln. Die dt-frz. Freundschaft hätte so viele Möglichkeiten … ist zum Verzweifeln.
Domme ist tatsächlich ein ganz wunderbares Dörfchen – und die Lage ist einmalig. Es gehört absolut zu Recht zu den plus belles villages de France – wie Beynac, Castelnaud, La Roque-Gargeac auch. Und wie Montpazier, St. Léon und Belvés, alle um Umkreis von weniger als 30 Kilometer um unser Haus. Aber es gibt eben noch so viel mehr schöne Orte in der Gegend, die nicht dazu zählen, aber trotzdem einen unglaublichen Charme haben. Eigentlich muss man losfahren und selbst schauen. Man wird überall Lieblingsplätze finden.
Liebe Kathy
wir Saarländer sind halt einfach halbe Franzosen. Und auch, wenn die Pfälzer dauernd Witze darüber machen – ich bin da sehr stolz darauf. Und man darf auch nicht vergessen: wir haben einen hohen Preis bezahlt, so oft wie unser Land und seine Menschen die Nationalität wechseln mussten. Auch dass meine erste Fremdsprache Französisch war in der Schule, hat mir später sicher auch geholfen, die Sprache zu beherrschen. Ich bin froh, dass dieses französische Erbe des Saarlandes heute wieder mehr geschätzt und genutzt wird.
Lieber Peter Neumann,
wenn Sie denn schreiben könnten? Über diesen Satz in Ihrem wundervollen Bericht musste ich wirklich schmunzeln.
Was hindert Sie daran – neben Martin Walker und dem mittlerweile verstorbenen Peter Mayle – weitere tolle Bücher über das Perigord zu schreiben? Sicherlich nicht schriftstellerisches Unvermögen! Das haben Sie hier doch bereits mit Ihrer kleinen Kostprobe bewiesen. Und träumt nicht eigentlich jeder Journalist davon – über die Grenzen eines ( zumeist recht kurzlebigen) Artikels ein umfangreicheres Werk ( möglichst für die Ewigkeit😉) zu hinterlassen? Bei mir zumindest ist das der Fall…
Aber ich schaffe es irgendwie nicht. Immer kommt irgendetwas dazwischen… meistens das, was man Leben nennt. Oder Bequemlichkeit, oder, oder – irgendeinen Grund finde ich immer und allzuviel Zeit bleibt mir nun nicht mehr…😉
Dabei haben Sie doch mit Martin Walker einen tollen Unterstützer – und/oder vielleicht gar Kritiker?
Die Liste der von Martin Walker geschriebenen Bücher ist lang. Ungeheuer fleißig schreibt er immer noch Buch für Buch – Krimis und auch Kochbücher. Ich habe ihn in diesem Jahr bei einer Lesung hier im Lauersforter Schloss ( passende Location zu seinem Buchtitel „im Château“) kennen lernen dürfen. Ich beneide Sie ( im positiven Sinne) um Ihre Freundschaft mit ihm. Es muß toll sein von ihm ( und seiner Frau) bekocht zu werden.
Ihr Haus im Perigord ist wirklich ein Traum – es sieht so aus, als sei es für Feste mit vielen Gästen wie geschaffen. Genauso wie wir es auch lieben.
Was mich am Perigord ein ganz klein wenig stört, das haben Sie in Ihrem Bericht auch benannt, allerdings positiv dargestellt. ( Da muss ich noch an mir arbeiten, um es auch so sehen zu können…) Es gibt seeeeeehr viele Touristen dort, speziell Holländer. Vielleicht liegt es daran, dass wir – dafür sind die Holländer bekannt – auch Camper sind. Ich hatte bei einem unserer letzten Aufenthalte das Gefühl, dass das Perigord ( vor allem die Campingplätze) sich fest in holländischer Hand befinden. Dabei bin ich bei unseren zahlreichen Aufenthalten in Frankreich am liebsten mit Franzosen zusammen… 😉
Abschließend meine Bitte an Sie: Schreiben Sie ein Buch über Ihr wunderschönes Leben in Frankreich. Ich verspreche Ihnen, dass ich es gerne kaufen und lesen werde!
Mit herzlichen Grüßen – auch an Martin Walker 😉
Angelika Küpperbusch
Liebe Angelika,
ja, das Perigord ist ein Tourismusziel geworden. Und natürlich ist im Sommer auf den Camping-Plätzen einiges los. Schon auch deshalb, weil die ja oft an den Flüssen und Bächen der Region liegen und besonders hübsch sind. Aber es ist trotzdem kein Vergleich mit der Côte d’Azur oder der Atlantikküste. Im Perigord steht man auch der Hochsaison nirgendwo an oder sucht einen Parkplatz vorm Supermarkt. Mein Tipp: kommen Sie an Pfingsten oder im September. Da ist es schon oder noch warm und es ist einfach niemand da.
Und was Martin Walker angeht: wir sehen uns – auch schon mal zufällig im Restaurant – und sind auf Facebook befreundet, zum Inner Circle, der bei Walkers zum Essen eingeladen wird, gehören wir aber nicht. Und das ist auch gut so: Wenn Martin mit jedem kochen würde, den er und Bruno ins Perigord gelockt hat, würde er kein einziges Buch mehr schreiben können.
Dieser Beitrag hat mich sehr beeindruckt, und wenn ich könnte, würde ich sofort losfahren! Auch ich mag die Romane über „Bruno“, und diese Liebeserklärung ans Périgord ist wirklich ansteckend! Vielen Dank dafür!
Liebe Friederike,
wie schön, ich freue mich, wenn ich Sie für diese traumhafte Gegend gewinnen konnte!
Ja, Martin Walker ist mittlerweile eine Legende, wie auch sein Bruno. Danke für diesen tollen Bericht, und Euer Haus ist ja eine Schönheit. Wir leben mittlerweile in der Provence Verte und können von ähnlichen Erfahrungen berichten. Tolle Leute, großer sozialer Zusammenhalt, und ich lerne in meinem Chor Italienisch…Va pensiero.
Vielen Dank, Beatrix. Ich glaube, es ist überall dasselbe: wenn man offen und freundlich ist, sich den lokalen Gewohnheiten anpasst und bereit ist, sich auf das Land und die Leute einzulassen – und speziell die Sprache! -, dann wird man gerade in Frankreichs ländlichen Regionen unglaublich herzlich aufgenommen.