Der Phare de la Coubre an der Atlantikküste des Départements Charente-Maritime. Foto: Hilke Maunder

Phare de la Coubre: der bedrohte Riese

45° 41′ 47,4″ N, 1° 13′ 59″ W sind die Koordinaten des Phare de la Coubre. 64 Meter hoch ragt das Signalfeuer an der Nordwestküste der Halbinsel Arvert auf dem Land der Gemeinde La Tremblade empor. Er ist damit das höchste Signalfeuer des Départements Charente-Maritime von Nouvelle-Aquitaine und gehört zu den fünf höchsten Leuchttürmen Frankreichs. Noch.

Denn das Wahrzeichen ist bedroht. Immer dichter kommen die Wellen des Atlantiks an das Leuchtfeuer 15 Kilometer nordwestlich von Royan heran. Unablässig nagen Wind und Wellen am Land und kürzen die Küste genau dort, wo die Brandung des Ozeans in Europas größter Trichtermündung auf die Fluten der Gironde trifft.

Ungeheuer berührend und hautnah erzählt der Phare de la Coubre vom ewigen Kampf des Menschen mit dem Meer . Seit vier Jahrhunderten leiten Leuchtfeuer an der Pointe de la Coubre Seeleute sicher in der Mündung der Gironde. Bereits 1690 gab es dort ein erstes Leuchtfeuer. Doch erst mit der Industrialisierung begann die gezielte Sicherung dieser Küste, die ständig ihr Gesicht verändert. Damals wichen die einst hölzernen Holztürme blinkenden Riesen aus Stein, und auch die Pointe de la Coubre erhielt ab 1897 einen solchen Leuchtturm.

Zehn Jahre später brachte die Küstenerosion das 57 Meter hohe Signalfeuer zum Einsturz. Mit Wellenbrechern geschützt und nun in Beton auf den Sand gestellt, entstand 1905 in drei Kilometer Entfernung zum Meer Turm Nummer drei. Heute ist der Flutsaum bis auf wenige hundert Meter herangerückt an die rot-weiße Spitze, die 52 Kilometer weit leuchtet. Bis heute zeugt sein Dekor vom Stolz auf diese Meisterleistung.

Ein geschnitzter Stern ziert seine schwere Holztür. Drinnen schmücken  7.500 blaue Opalinum-Fliesen die Wände entlang der frei hängenden Wendeltreppe aus Metall aus den Werkstätten von Gustave Eiffel, die sich mit 300 Stufen aus Gusseisen spiralförmig zur Spitze windet, hinauf zur Aussichtsplattform. 62 Sekunden brauchte der schnellste Athlet beim Treppenlauf Extreme 300 dort hinauf!

Eine kurze, steile Holztreppe, den Kopf durch die Luke, und ein 360 Grad-Panorama eröffnet sich. Gen Norden erstreckt sich die Côte Sauvage der Arvert-Halbinsel mit ihren langen Dünenstränden und gefährlichen Baïnes-Strömungen, die sich vor dem Ende von Flut oder der Ebbe bilden. Gen Süden ist die Bucht von Bonne Anse in ständiger Bewegung. Das Hinterland bedeckt der Wald von La Coubre mit Strandkiefern und Steineichen. Zistrosen leuchten im Unterholz. Strandhafer und Sandsegge klammern sich an den Dünensand. Was für paradiesische Ausblicke!

Doch die Tage sind gezählt. Heute gilt der Phare de la Coubre als wichtigstes Mahnmal für die Folgen des Klimawandels an Frankreichs Küsten. 1905 betrug sein Abstand zum Meer noch 1,8 Kilometer. Heute sind es, Stand Frühjahr 2025, nur noch 130 bis 150 Meter. Als kritische Schwelle gelten 65 Meter. Ab dieser Distanz droht die Unterwanderung der Fundamente – und damit Instabilität.

Schuld an der Bedrohung des Bauwerks ist der Klimawandel, der mit häufigeren Stürmen und steigendem Meeresspiegel die Erosion beschleunigt. Die schützende Düne schrumpft um jedes Jahr um zweieinhalb bis drei Meter und ist nur noch zehn Meter von Nebengebäuden entfernt. Schon vier Vorgängerbauten hat sich seit 1830 die See geholt.

Angesichts der Bedrohung erlebt der Phare de la Coubre inzwischen einen wahren Ansturm. Die Besucherzahlen stiegen von 37.000 (2017) auf 70.000 (2024) – viele wollen den Leuchtturm „noch einmal sehen“, ehe er sein Leben aushaucht.

Wie eine derartige „apokalyptische“ Kulisse die Attraktivität eines Leuchtturms enorm steigert, hatte Dänemark bereits beim Rubjerg Knude Fyr erlebt. 250.000 Besucher/Jahr pilgern – trotz Schließung 1968  – dorthin. Als der 23 Meter hohe Backsteinturm (1899), inmitten der Wanderdünen Nordjütlands gelegen, im Jahr 2018 nur noch vier Meter vom Flutsaum entfernt war und ins Meer zu stürzen drohte, wurde er 2019 um 70 Meter landeinwärts versetzt. 670.000 Euro ließ sich der dänische Staat die Rettung des Wahrzeichens kosten.

In Frankreich hingegen plant nicht nur das Meer, sondern auch der Mensch das Ende des Leuchtfeuers. Ähnlich wie die ehemalige Ferienwohnanlage Le Signal von Soulac-sur-Mer droht auch dem Phare de la Coubre der Abriss. So arbeiten bereits französische Behörden an einem plan de démontage, um die historische Laterne, Fresnel-Linse und Metallteile zu retten. Die Gemeinde versucht derweil, durch Dünenschutz und Betretungsverbote den Rückgang zu verlangsamen und den ersten vollständig aus Beton gebauter Leuchtturm Frankreichs für die Nachwelt zu retten.

Der genaue Zeitpunkt der Demontage hängt von der Erosionsgeschwindigkeit ab, die durch Stürme unberechenbar ist. Bis dahin zucken zwei Lichtblitze alle zehn Sekunden durch die Nacht und zeigen noch in 50 Kilometern Entfernung: Der Phare de la Coubre lebt. Noch. Und steht exemplarisch für 2.200 gefährdete Küsten-Campingplätze und Infrastrukturen in Frankreich.

• Lieu dit La Coubre, 17390 La Tremblade, Tel. 05 46 06 26 42, Febr. – Nov., Buslinie 5 oder 104 ab Royan Saint-Pierre bis Les Mathes, ab dort per Rad, zu Fuß oder Mitfahrgelegenheit (9,1 km)

Der Phare de la Coubre: meine Reisetipps

Hinkommen

Fatbiking zum Leuchtfeuer

Im Süden die sanften Familienstrände der Côte de Beauté, geschützt von den Sandbänken der Baie de Bonne Anse. Im Norden die Côte Sauvage, die wilde Küste der Arvet-Halbinsel mit ihren Surferstränden und Dünenketten. Und, landein, ein fast 80 Quadratkilometer großer Pinienwald: Bereits die Lage von La Palmyre ist einfach paradiesisch! Und hat doch einen ganz entscheidenden Nachteil. Mit gewöhnlichen Rädern lassen sich die maritimen Traumlandschaften an der Gironde-Mündung kaum entdecken. Das Netzwerk an unbefestigten Routen und Wegen ist dafür zu sandig.

Umso schöner geht es mit Fatbikes. Ultradicke Reifen, gemütlich breiter Sattel und Gepäckkorb, so stehen sie in La Palmyre in den Fahrradshops. Ein Knopfdruck, und der E-Motor springt an: grüne Power fürs Gelände! Der befestigte Radweg hinaus aus dem Ort hilft beim Einfahren – denn etwas ungewohnt ist das Radeln mit Fatbikes schon. Ein Schlenker und hinauf auf den Waldweg. Wer mag, bucht mit dem Rad auch gleich einen Guide – und saust so sicher zum Phare de la Coubre.

Wie Butter gleitet das Rad durch den Kiefernwald, nimmt Wurzeln ohne Murren, kommt an schlammigen Stellen nicht ins Rutschen. Der Wald endet an großen Dünen. Die elektrische Unterstützung eine Stufe hochgeschaltet, und schon saust das Fatbike die steile Passage hin zu den Salzmarschen der Küste hinauf. Je weniger man den Lenker führt, desto besser hält er die Spur. Am Rand der Salzsümpfe beweist das Rad, welch ein Alleskönner es ist: Schlamm, Wurzeln und Pfützen: kein Problem!

Der Mut wächst, die anfängliche Angst beim Fahren weicht spielerischen Fahrmanövern, die Falte der Konzentration strahlenden Augen. Und nun hin zum Strand, ganz nah ran ans Meer. Das Rad saust über goldenen Sand. Gischt schäumt unter den Speichen. Die Reifenspuren malen Schlangenlinien, dann Blumen und Fische im Sand. Kinderleicht geht das Strampeln. 15 Kilometer pro Stunde zeigt der Tacho bei Stufe 1, 20 Kilometer bei Stufe 2, 30 Kilometer bei der nächsten Stufe. Fatbiking ist wie Fliegen: ein grenzenloses Vergnügen, umbraust vom Meer und Salz auf der Haut. Welch eine herrliche Radtour zum Phare de la Coubre !
• Fat Sand Bikes 17, 2 – 6, Chemin du Périgord, 17570 La Palmyre, Tel. 06 74 58 17 70, Apr. – Sept. & Schulferien

Hier könnt ihr schlafen*

 

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Im Blog

Alle Beiträge aus dem Département Charente-Maritime vereint diese Kategorie. Mehr über die Küstenerosion, die besonders Frankreichs Westküste bedroht, erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Im Buch

Hilke Maunder, Glücksorte in Südwestfrankreich*

Glücksorte Südwestfrankeich

Le bonheur heißt Glück auf Französisch, und das gibt es im Südwesten von Frankreich fast an jeder Ecke.

970 Kilometer lang präsentiert die Atlantikküste zwischen La Rochelle und Spanien ihre atemberaubende Natur mit Dünen, Kliffs und Küstenflüssen wie der verwunschen wilde Courant d’Huchet, die die Badeseen in den Kiefernwäldern der Forêt des Landes mit der Brandung am Atlantik verbinden.

Le bonheur serviert der Südwesten von Frankreich auch ganz weit oben – vom Leuchtturm Phare de la Coubre wie in den höchsten Bergregionen der Pyrenäen, wo der Petit Train d’Artouste in offenen Waggons auf 2.000 Metern Höhe durch eine erstaunliche Bergwelt rattert. Le bonheur findet ihr auch in der cusine du terroir. Kostet das Land – und erlebt den Südwesten Frankreichs mit meinen 80 Tipps für alle Sinne! Hier* gibt es die Glückstipps!

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