Antibes: Picasso-Museum. Foto: Hilke Maunder
| | | |

Antibes: Picasso in der Burg

Hoch über den Klippen von Antibes an der französischen Riviera erhebt sich seit dem 14. Jahrhundert aus grau-gelbem, grob behauenem Fels die Festung der Fürstenfamilie Grimaldi.

Drinnen barg die Burg seit 1925 ein kleines Museum zur Stadtgeschichte, das Romuald Dor de la Souchère leitete.

Antibes: Picasso-Museum. Foto: Hilke Maunder
Béatrice di Vita erklärt das Leben von Picasso anhand von alten Schwarzweißfotos. Foto: Hilke Maunder

Atelier in der Burg

Als Kurator lernte er auch Pablo Picasso kennen, der 1946 auf der Reise nach Nizza einen Stopp in Antibes einlegte. Und sich in das Städtchen, das damals hauptsächlich von der Fischerei lebte, verliebte. Hier wollte er arbeiten!

Romuald Dor de la Souchère bot ihm die oberen Räume der Burg als Atelier. Dort verraten heute Schwarz-Weiß-Aufnahmen, in welch einfacher und kargen Umgebung Picasso seine Meisterwerke schuf.

Antibes: Picasso-Museum. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Schwierige Arbeitsbedingungen

Die Wände waren feucht und kühl, durch Ritzen und Fensterläden pfiff der Mistral. Eine schmale Matratze als Bett musste genügen. Zumal Picasso vor allem abends und nachts malte. Das Ende des Zweiten Weltkrieges hatte beim Kubisten mit spanischen Wurzeln einen ungeheuren Schaffensrausch ausgelöst.

Den lebte Picasso nicht auf Leinwand oder Papier aus.  Sondern – durch den Mangel der Nachkriegsjahre – auf Materialien, die es im Überfluss gab: Holzreste und Betonplatten.

Antibes: Picasso-Museum. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Verhaltene Farben

„Durch den anderen Untergrund leuchten die Farben nicht so sehr“, erklärt mir Béatrice di Vita (53). Die gebürtige Pariserin, die Jahrzehnte lang für Museen und große Kunsthändler der Hauptstadt Sammlungen kuratierte, betreut heute als Presseattachée beim Office de Tourisme von Antibes ausländische Journalisten wie mich.

Antibes: Picasso-Museum. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Von Picasso fasziniert

Picassos Werk hat fast ihr ganzes Leben begleitet – und fasziniert sie noch immer. Bild für Bild interpretiert sie mir im Musée Picasso das Werk. Sie verrät mir, wie Picasso auf immer neue Weise Frauenkörper dekomponiert hat und damit reduziert auf geometrische Formen, auf Kegel, Dreiecke, Halbkugeln und Kreise.

Antibes: Picasso-Museum. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Keramiken & Gemälde

Kurz vor Ende des Rundgangs schmücken Teller aus Keramik eine ganze Wand. 1946 hatte der Wahlfranzose Picasso in Vallauris den Reiz keramischer Arbeiten entdeckt – die schönsten sind jetzt ebenfalls in Antibes ausgestellt, Wie auch diese Kopfskulpturen, die mir ausgezeichnet gefallen haben.

Antibes: Picasso-Museum. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Reiches Erbe

Als Pablo Picasso schließlich Antibes verlässt, hinterlässt er der Stadt 23 Gemälde und 44 Zeichnungen. Darunter befanden sich auch weltberühmte Werke wie La Joie de vivre, Satyre, Faune et centaure au trident, Le Gobeur d’oursins, La Femme aux oursins, Nature morte à la chouette et aux trois oursins und La Chèvre.

Antibes: Picasso-Museum. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Picassos Wegbegleiter

Gen Süden öffnet sich am Château de Grimaldi eine kleine Terrasse zum Meer. Sie schmücken Skulpturen von Künstlern, die Wegbegleiters Picassos waren, oder von ihm beeinflusst wurden – hier Mirò, dort Germaine Richier, Anne und Patrick Poirier sowie Arman. Und dahinter das silbrig funkelnde Mittelmeer.

Wenig weiter blickt der Nomade des Katalanen Jaume Plensa aufs Meer. Zu seinen Füßen sind schmucke Segler und Jachten im historischen Vauban-Hafen vertäut. An der neuen Promenade auf dem Julien-Baudino-Kai erläutern euch Infoschilder die  Geschichte des traditionsreichen Hafens, der mit seinem Namen an den Festungsbaumeister des Sonnenkönigs erinnert, Vauban.

Antibes: "Der Nomade" von Jaume Plensa. Foto: Hilke Maunder
„Der Nomade“ von Jaume Plensa. Foto: Hilke Maunder

Antibes entdecken

Antibes Juan-les-Pins hat das Herz vieler Maler gewonnen. Vor Picasso war bereits Monet ganz begeistert von den  Landschaften, dem einzigartigen Licht und der sanften Lebensfreude. Andere Maler machten die geschichtsträchtigen Festungen der Altstadt, die langen Sandstrände sowie die üppige mediterrane Vegetation  zum Motiv ihrer Bilder.

In den Hügeln von Antibes haben inmitten von Oliven zwei Meister der abstrakten Kunst in den 1960er-Jahren eine Villa gebaut und ihre Studios eingerichtet: der Deutsch- Franzose Hans Hartung und die Norwegerin Anna-Eva Bergman.

Heute führt ihr Anwesen die Fondation Hartung Bergman, die von April bis Oktober Architektur und Atelier sowie die Arbeiten der beiden Künstler vorstellt.

23 Kilometer Küste gehören zur Stadt. Neben den Sandstränden, wo ihr euch mit Blick auf die schneebedeckten Gipfel der Seealpen selbst im Winter auf dem warmen Sand sonnen könnt, zählen dazu auch die Buchten des Cap d’Antibes. Zu Recht zählen sie zum Netz der europäischen Schutzgebiete Natura 2000.

Auf 3,7 Kilometer Länge führt der ehemalige Zöllnerpfad sentier des douaniers um das Cap d’Antibes hin zur Bucht der Milliardäre.

Cap d'Antibes: Blick über den Strand auf die schneebedeckten Gipfel der Seealpen. Foto: Hilke Maunder
Cap d’Antibes: Blick über den Strand auf die schneebedeckten Gipfel der Seealpen. Foto: Hilke Maunder

Antibes: meine Reisetipps

Le Figuier de Saint-Esprit

Dieses stilvolle kleine Restaurant an der Stadtmauer wurde um einen Feigenbaum errichtet. Sternekoch Christian Morisset mit seinem berühmten Schnurrbart serviert hier kreativ verjüngte Klassiker wie Cannelloni mit Tintenfisch und Muscheln sowie Kaninchenrücken mit Zucchiniblüten.
• 14, rue st-Esprit, Tel. 0493 34 50 12, https://restaurant-figuier-saint-esprit.fr

Einkaufen

Märkte

In Antibes findet am Cours Masséna ein schöner Obst-, Gemüse- und Blumenmarkt statt  (Juni–Aug. tägl., Sept.–Mai Di–So). Donnerstags und sonnabends erobern Flohmarktstände die Place Jacques Audiberti.

Schlafen

La Villa Port d’Antibes & Spa

Nur einen Steinwurf vom Port Vauban eröffnete ein französisches Ehepaar, das ursprünglich aus der Champagne stammt, im Juni 2020 sein stilvoll designtes Viersternehotel mit 56 Zimmern, Spa, kleinem beheizten Freibad und Wintergarten.
• 6 Rue Frédéric Mistral, 06600 Antibes, Tel. 04 22 58 04 10, https://villa-port-antibes.com

La Jabotte*

Bereits 1923 eröffnete La Jabotte als versteckte, charmante Unterkunft mit Stil. Ende der 1990er-Jahre verliebten sich zwei Belgier, die in Antibes Urlaub gemacht hatten, in das Kleinod nahe der Plage de Salis und verwandelten es in ein charmantes Boutique-Hotel mit künstlerischer Prägung. Seine zehn Zimmer, farbenfroh und exquisit dekoriert, liegen um einen Innenhof. Einige von ihnen haben eine eigene kleine Terrasse.
• 13, avenue Max Maurey, Tel. 0493 61 45 89, www.jabotte.com

Le Relais du Postillon*

Diese komfortable alte Herberge im Herzen von Antibes bietet 16 Zimmer in Laufweite zum Musée Picasso. In der Nähe gibt es einen öffentlichen Parkplatz.
• 8, rue Championnet, Tel. 0493 34 20 77, www.relaisdupostillon.com

Hôtel du Cap-Eden-Roc

Das Luxushotel, eines der teuersten Hotels der Welt, diente als Vorbild für F. Scott Fitzgeralds Roman „Tender Is the Night“. Eine Besichtigung steht noch auf der Wunschliste. Ein visionärer Hotelier, Antoine Sella, hatte es 1870 auf Le Cap eröffnet.
•  167-165 Boulevard J. F. Kennedy, 06160 Antibes, Tel. 04 93 61 39 01, www.oetkercollection.com

Noch mehr Betten*
Booking.com

Wellness

Thalazur Antibes

Thalassotherapie-Komplex mit Schwimmbecken,  Sporthalle, Hamam, Sauna, Whirlpool und Kinderbetreuung.
• 770, Chemin des Moyennes Bréguières, 06600 Antibes, www,thalazur.fr

In der Nähe

Der 26 Hektar große Themenpark Marineland zeigt Orcas, Delfine und Seelöwen in seinen Meeres-Shows nach US-Vorbild. Pinguine und Eisbären lassen sich in der Arktiswelt, Haie hautnah im Plexiglastunnel beobachten. Familienspaß bietet das Erlebnisbad Aquasplash mit Wasserrutschen, ein Minigolfplatz und ein Kidsland mit Tieren zum Streicheln.
• 306, Avenue Mozart. 06660 Antibes, Tel. 04 93 33 49 49, www.marineland.fr

Keine Bezahlschranke. Sondern freies Wissen für alle.
Keine Werbung. Sondern Journalismus mit Passion.
Faktentreu und frankophil.
Das gefällt Dir? Dann wirf etwas in die virtuelle Kaffeetasse.
Unterstütze den Blog! Per Banküberweisung. Oder via PayPal.

Weiterlesen

Im Blog

Postkarte aus … Antibes

Pablo Picasso: das Werk

Künstler-Freunde: Matisse und Picasso

Im Buch
Baedeker smart Cote d'Azur

Hilke Maunder,  Baedeker smart Côte d’Azur*

Handlich und kompakt sind die Baedeker-Reiseführer der smart-Reihe. Mit maßgeschneiderten Tagestouren,Insidertipps und vielen selbst getesteten Adressen könnt ihr die Côte d’Azur ganz entspannt genießen.

Entdeckt mit Christine Cazon, Krimiqueen der Küste, das mondäne wie volkstümliche Cannes und die Stadt ihres Ermittlers Leon Duval. Folgt mir beim Wandern auf dem Sentier Littoral, erlebt in Nizza einen Tag voller Genüsse – oder Monaco einen Tag lang rund ums Meer. Und verpasst auch nicht den maßgeschneiderten Ausflug ins Hinterland der azurblauen Küste. Wer mag, kann den Band hier* direkt bestellen.

Tiefer einsteigen in Küste und Hinterland?

Auch Ralf Nestmeyer  kennt die Küste und ihr Hinterland wie seine Westentasche – und hat zur Region nicht nur zig Reiseführer verfasst, sondern auch Krimis wie Roter La­ven­del* und Die Toten vom Mont Ven­toux*.

Auch seinem Côte d’Azur-Band kommt diese Expertise zugute. Neben den klassischen must-sees von Saint-Tropez, Cannes, Antibes und Nizza hält er auch zahlreiche Tipps fürs bergige Hinterland parat.

Und für aktive Entdeckungen, mit Ge­birgs­wan­de­run­gen zu ein­sa­men Berg­se­en oder zu den Fels­zeich­nun­gen in der Val­lée des Mer­veil­les. Klar, dass auch die legendäre Strand­wan­de­rung rund um die Halb­in­sel von Saint-Tro­pez nicht fehlt. Kurzum perfekt für alle, die gerne individuell und auch mal off the beaten track unterwegs sind. Wer mag, kann den Band hier* direkt bestellen.

 * Durch den Kauf über den Partner-Link, den ein Sternchen markiert, kannst Du diesen Blog unterstützen und werbefrei halten. Für Dich entstehen keine Mehrkosten. Ganz herzlichen Dank – merci !

Antibes: Picasso-Museum. Foto: Hilke Maunder
Blick von der Grimaldi-Burg auf den Hafen und die Seealpen am Horizont. Foto: Hilke Maunder

15 Kommentare

  1. Zufälliger Weise war ich im Juni in Antibes. Mir hat das Picasso-Museum ausgesprochen gut gefallen, wenngleich ich kein ausgesprochener Picasso-Kenner bin. Das Schloss lässt den Atem spüren, der hier herrschte, als Picasso hier lebte. Die Gestaltung ist liebevoll gemacht, die Terrasse und der Blick aufs Meer sind einzigartig.

  2. Wieder so schön bei Dir zu lesen, cher Hilke!
    Am 2.4.1973 wurde im Museum der flötespielende Faun als Postkarte mein. Als DIN A3-Kopie hängt er ins Spiel versunken seit 43 Jahren bei mir überm Fernseher – immer im Blick.
    Bleib gesund und zuversichtlich! Hanns

  3. Wer sich zufällig vom 2. bis 23. September in Antibes aufhält, kann ja mal die Ausstellung besichtigen von der Association „Amis du Musée Picasso d’Antibes“… unter dem Motto: „Ran an die Masken“ (tous masqués à vos pinceaux). Salle du 8. Mai , Antibes Port VAUBAN. Vernissage 26.9.2020 , 11h00.
    Ok , ich stelle da auch aus und zwar unter Collages / Kitsch-Art….mit einer Maquette vom Musée Picasso … aber eben spécial… 😉
    https://nainportequoi.de.tl/EXPO-h-s-PEINTURES.htm

  4. Hi, ja dann warten wir doch auch mal auf das schöne Musée de Peynet in Antibes auf dem Place Nationale ! Die Werke von Raymond Peynet sind 10 x witziger als die von Picasso !
    Grüsse aus Antibes
    Gitte

    1. Dank für den Tipp! Das Besondere an Picassos Werken in Antibes ist ihre Entstehung – und ihr Material. Ich finde es ungeheuer beeindruckend, was der Katalane in einem feuchtkalten Minizimmer mit den kriegsbedingten Materialengpässen dort geschaffen hat. Raymond Peynet kommt auf meine Must-See-Liste! Merci! Bises, Hilke

  5. wo finde ich eine Abbildung vom
    La femme aux oursins
    das Picasso dem Museum geschenkt hat? Es ist niergendwo zu finden.
    Wer kann mir helfen??
    Gibt es einen Kunstdruck o.ä. davon?

    1. Lieber Herr Professor Brieler,
      danke für Ihre Anfrage. Wenn ich den Online-Infos glauben darf, hängt das Werk im Musée Picasso von Antibes – eine Schulklasse berichtet von einer Malklasse zum Werk dort: http://lespetitsaicards.free.fr/artplastiq/picassocm1.htm
      Vielleicht wenden Sie sich einmal direkt an das Museum, http://www.antibes-juanlespins.com/culture/musee-picasso, T. 04 92 90 54 28, Mail: publics.musees@ville-antibes.fr
      Beste Grüße, Hilke Maunder

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert