Im Atelierhaus von Renoir in Essoyes. Foto: Hilke Maunder
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Auf den Spuren von Pierre-Auguste Renoir

Pierre-Auguste Renoir (1841-1919) gehört neben Claude Monet zu den bedeutendsten französischen Malern des Impressionismus. Seine Muse war eine junge Frau aus dem Département Aube im Nordosten von Frankreich. Pierre-Auguste Renoir traf Aline Charigot, als er in Paris arbeitete. Mit 20 Jahren insgesamt 18 Jahre jünger als er, verkörperte sie sein Ideal weiblicher Schönheit. Aline wurde erst Modell, dann Ehefrau des Malers und taucht in vielen seiner Bilder auf.

Aline stammt aus dem Dorf Essoyes in der Champagne. Eingebettet zwischen Wäldern und Weinbergen liegt es am Ufer der Ource. Renoir war verzaubert von dem Dorfleben, dem Frieden und der Schönheit der Umgebung. Das Paar kam jeden Sommer nach Essoyes. Erst nur im Juli, dann im Juli und August. Und blieb schließlich weit bis in den September hinein.

Essoyes an der Ource. Hier lebte und arbeitete Renoir. Foto: Hilke Maunder
Essoyes an der Ource. Hier lebte und arbeitete Pierre-Auguste Renoir. Foto: Hilke Maunder

Das Heim der Familie Renoir

1896 kaufte das Paar dort zwei einstige Winzerhäuser und fügte sie in fast fünfjähriger Bauzeit zusammen. 4000 französische Franc, und damals zehnmal so viel wie der Lohn eines Landarbeiters, kostete das Anwesen. Mit ihm erfüllte sich ein Herzenswunsch von Aline: Sie hatte immer von einem eigenen Domizil in ihrem Geburtsort geträumt.

Um die Häuser zu verbinden, bauten die Renoirs einen Turm als Treppenhaus. Das Dachgeschoss wurde mit Gäste- und Dienstbotenzimmern ausgebaut. Vier bis fünf Bedienstete waren für die Renoirs tätig. Erst 1906 folgte im Garten ein Studio, wo Pierre-Auguste Renoir in Ruhe malen konnte. Er fand dort die Inspiration, die er brauchte. Alines Kusine Gabrielle Renard wurde sein Lieblingsmodell.

Das Atelier von Renoir im Obergeschoss des Atelierhauses. Foto: Hilke Maunder
Das Atelier von Renoir im Obergeschoss des Atelierhauses. Foto: Hilke Maunder

Alterssitz am Mittelmeer

Nach einem produktiven Leben litt der Impressionist im Alter unter rheumatischer Arthritis. Trotz der verkrüppelten Hände malte er weiter. 1903 entdeckt er das Licht und die Wärme der Côte d’Azur.

In Cagnes-sur-Mer kaufte er dort am 28. Juni 1907 das drei Hektar große Anwesen Domaine des Collettes mit hundertjährigem Olivenhain, Orangenbäumen und kleinem Bauernhaus aus dem 19. Jahrhundert. Pierre-Auguste Renoir hätte liebend gerne dort gewohnt.

Doch Madame wünschte sich ein größeres, standesgemäßeres Anwesen. So ließ er 1908 von dem in Nizza ansässigen Architekten Jules Febvre ein Haus im neo-provenzalischen Stil mit zwei Künstlerateliers bauen. Noch im Herbst des gleiches Jahres zog er dort ein. Elf Jahre lang malte und bildhauerte er dort, umgeben von seiner Frau Aline und den drei Kindern Pierre, Jean und Claude. Heute erinnert dort das Musée Renoir an sein Leben und Werk.

Auf den Spuren von Renoir in Essoyes

In seiner mediterranen Zuflucht verstarb Pierre-Auguste Renoir 1919 im Alter von 78 Jahren, vier Jahre nach seiner Frau. Es war ihr beider Wunsch, in Essoyes begraben zu sein. So ruhen beide nun auf ewig vereint auf dem Friedhof des Dorfes, zusammen mit ihren drei Kindern.

6000 Werke hinterließ Pierre-Auguste Renoir – Landschaftsbilder, Stillleben, Porträts von Erwachsenen und Kindern, Aktbilder, Bilder vom Tanzvergnügen und vom Familienleben. Ihre drei Söhne erbten das kreative Talent des Vaters. Jean Renoir wurde erfolgreicher Filmemacher. Pierre machte sich einen Namen als Maler, Claude („Coco“) als Keramiker.

Das Grab der Familie Renoirn in Essoyes. Foto: Hilke Maunder
Das Grab der Familie Renoirn in Essoyes. Foto: Hilke Maunder

Der beste Einstieg: der Espace des Renoir

Direkt beim großen Parkplatz an der Ource, die bei Bar-sur-Seine in die Seine mündet, stellt euch das Centre Culturel Renoir als eine der drei Stätten von Du Côté des Renoir den Maler und seine Familie vor. Die Ausstellung konzentriert sich auf Schlaglichter aus Leben und Werk. Und stellt als Frage in den Raum: Was inspirierte Pierre-Auguste Renoir?

Der Espace des Renoir zwischen Rathaus und Ource. Foto: Hilke Maunder
Der Espace des Renoir zwischen Rathaus und Ource. Foto: Hilke Maunder

Wer war seine Muse? Wie war seine Kindheit gewesen? Und wie war der Genussmensch Renoir? Denn wie Monet war auch Pierre-Auguste Renoir ein leidenschaftlicher Koch und Genießer.

Ein 20-minütiger Film macht euch mit den Werken und Motiven vertraut, den Landschaften, Menschen und dem Savoir-vivre seiner Zeit. Das Kulturzentrum ergänzen ein Saal für Wechselausstellung sowie ein Museumshop samt saisonaler Tourist-Info.

Spurensuche im Dorf

Der Parcours Renoir führt euch zu Werken und Motiven von Pierre-Auguste Renoir. Foto: Hilke Maunder
Der Parcours Renoir führt euch zu Werken und Motiven von Pierre-Auguste Renoir. Foto: Hilke Maunder

Am Kulturzentrum beginnt auch der Parcours Renoir.

Der markierte Weg führt euch in großer Runde einmal durch das Dorf. Unterwegs begegnen euch Motive, die Gemälde inspirierten. Fotografien an den Fassaden stellen euch großformatig das Dorf zu Renoirs Zeiten vor.

Vorbei an den Ateliers heutiger Künstler kommt ihr auch zu einem Blumengarten, dessen Anlage durch Renoirs Gemälde inspiriert wurde.

Ein Motiv am Parcours Renoir in Essoyes. Foto: Hilke Maunder
Ein Motiv am Parcours Renoir in Essoyes. Foto: Hilke Maunder

Das Atelier von Renoir

So kommt ihr schließlich zum Atelier von Renoir. Dort lebt das Ambiente von einst fort. Mit Farbklecksen auf dem Fußboden, dem XXL-Bett für die Modelle, Staffage, Leinwand und weiteren Kopien seiner Werke.Renoir ließ es 1906 erbauen, um die Kinder nicht bei ihren Spielen zu stören.

Durch ein Glasdach strömt gleichmäßig Licht in jenen Raum, in dem Pierre-Auguste Renoir seine Meisterwerke schuf. Das Erdgeschoss präsentiert multimedial die Hauptwerke des Malers. So lädt es dazu ein, die verschiedenen Facetten dieses Künstlers zu entdecken: seine Vorliebe für Farben, seine Lust an Skulpturen und seine Leidenschaft für Porträts.

Doch zunächst zieht ein Rollstuhl in der Mitte des Raumes, wie in der Luft schwebend, den Blick auf sich. Er ist ein kraftvolles Symbol für den Mut und die Hingabe jenes von der Arthrose gebeutelten Mannes, der lieber auf das Gehen als auf die Malerei verzichtet hat.

Im Obergeschoss könnt ihr neben mehreren Skulpture auch die Transportbox, die dazu diente, die in Essoyes entstandenen Gemälde nach Paris zu bringen. Eine historische Filmaufnahme lässt Renoir auf der Leinwand lebendig werden und ermöglicht es, dem Maler bei seiner Arbeit zu beobachten. Faszinierend!

Im Erdgeschoss stimmt das Atelierhaus voin Renoir in Essoyes multimedial auf den Künstler ein. Foto: Hilke Maunder
Im Erdgeschoss stimmt das Atelierhaus voin Renoir in Essoyes multimedial auf den Künstler ein. Foto: Hilke Maunder

Renoirs Anwesen – eine Maison d’Illustre

Wie die Renoirs als Familie gelebt haben, und wie und wo Pierre-Auguste Renoir arbeitete, verrät das einstige Anwesen der Familie, das 2012 die Kommune von Renoirs Enkelin Sophie erwarb.

Seit 2017 sind Atelier und Wohnhaus ein Museum. Es gehört zu den Maisons d’Illustres von Frankreich. Und damit zu all jenen Gedenkstätten, die auf ganz besondere Weise Arbeit und Werk von Menschen lebendig halten, die das Land politisch, sozial oder kulturell geprägt haben.

Der Schreibtisch von Renoir. Foto: Hilke Maunder
Der Schreibtisch von Renoir. Foto: Hilke Maunder

Für das Museum baute die Kommune einen neuen Eingangsbungalow, den viele Besucher für das Atelier halten – und das Eckhaus für das Wohnhaus.

Doch tatsächlich ist das Eckhaus das Atelier. Das eigentliche Wohnhaus der Renoirs könnt ihr erst sehen, wenn ihr den Eingangsbungalow mit Kasse, WC und kleinem Shop durchquert habt.

Die gute Stube der Familie Renoir. Foto: Hilke Maunder
Die gute Stube der Familie Renoir. Foto: Hilke Maunder

Daheim bei den Renoirs

Der Besuch bei den Renoirs beginnt im Garten, wie alle anderen Gärten des Dorfes ein schmaler, langer Schlauch mit ein paar Obstbäumen, Immergrünem und Blütenpflanzen. Die Kommune ließ jüngst ein paar Reihen mit Wein pflanzen. Denn schließlich sei man ja in der Champagne, so die Führerin.

Die Szenografie der Räume, die 2017 eröffneten, entwarf Catherine Jarrier mit ihrem Team von Clap 35. Gemeinsam mit Thierry François hatte sie einen César in der Kategorie „Bestes Szenenbild“ für den Kinofilm Séraphine erhalten, der in Senlis spielt – und eine dortige Malerin vorstellt. Mehr darüber erfahrt ihr hier.

Filmreife Zeitreise

Die Küche der Familie Renoir in Essoyes. Foto: Hilke Maunder
Die Küche der Familie Renoir in Essoyes. Foto: Hilke Maunder

Doch zurück zu Renoir. Catherine Jarrier hat dort Arbeitszimmer und gute Stube, Küche, Kinderzimmer und die beiden Schlafzimmer von Auguste und Aline ganz im Stil der Zeit inszeniert.

Original erhalten ist zum Großteil des Mobiliar, für die Atmosphäre und den Zeitgeist sorgen Requisiten, die Jarrier in monate-, nein, jahrelanger Suche liebevoll zusammengetragen hat. Und dabei darauf geachtet hat, dass Renoir als Mensch wirklich lebendig wird. Wie mit den handgerollten Zigaretten in einem Porzellankelch – Renoir war ein starker Raucher.

Renoir war zeitlebens viel schlanker, als Fotos vermuten lassen. Bei 1,69 m Körpergröße wog er in den letzten Lebensjahren nur noch 44 Kilogramm!

Der einstige Speisesaal wandelte sich beim Umbau zum Ausstellungsraum. Er entspricht höchsten Museumsstandards – und kann daher auch Originalwerke von Renoir zeigen.

Das Schlafzimmer von Ehepaar Renoir. Foto: Hilke Maunder
Das Schlafzimmer von Ehepaar Renoir. Foto: Hilke Maunder

Wege zu Renoir

Vier ausgeschilderte Wanderwege führen vom Dorfzentrum zu Stationen, die in im Leben von Pierre-Auguste Renoir eine Rolle gespielt haben. Dazu gehören Aline Charigots Geburtshaus, aber auch Ansichten und Aussichten, die der Maler auf die Leinwand bannte.

Inspiriert wurde er dort auch zu Werken wie Chemin montant dans les hautes herbes (Waldweg) oder Les Laveuses (Die Wäscherinnen).

Insgesamt sind die Wege 36 Kilometer lang. Die kürzeste Runde misst drei Kilometer (45 Minuten), die längst 14 Kilometer (3,5 Stunden).

Der Schreibtisch von Aline in ihrem Schlafzimmer. Foto: Hilke Maunder
Der Schreibtisch von Aline in ihrem Schlafzimmer. Foto: Hilke Maunder

Pierre-Auguste Renoir in Essoyes: meine Reisetipps

Ansehen

Centre Culturel Renoir

Die beste Einführung zum Maler und seinem Werk.
• 9, place de la Mairie, 10360 Essoyes, Tel. 03 25 29 10 94, Di. geschl.

Maison des Renoir & Atelier de Renoir

Hier hat Pierre-Auguste Renoir gelebt und gearbeitet.
• Rue de l’Extra, 10360 Essoyes

www.renoir-essoyes.fr

Der Ausstellungsbereich im Atelier de Renoir. Foto: Hilke Maunder
Der Ausstellungsbereich im Atelier de Renoir. Foto: Hilke Maunder

Schlafen

Hôtel Les Demoisselles*

Das moderne Haus am Hang besteht aus zwei Bereichen. Der Espace des Demoiselles birgt 14 Standardzimmer sowie Badezimmer mit Badewanne. Zwei Zimmer sind behindertengerecht. Die zehn Deluxe-Zimmer der Espace Art et Millésimes hingegen sind mit großen begehbaren Duschen ausgestattet. Alle Zimmer sind klimatisiert
• 1, Rue Pierre Renoir, 10360 Essoyes, Tel. 03 25 29 08 59, https://les-demoiselles-essoyes.com

Noch mehr Betten
Booking.com

Schlemmen & genießen

Außerhalb der Saison bleibt nur eine Lösung: Thermoskanne und Picknick. Alles, aber auch wirklich alles, ist geschlossen. Ich kann euch da leider – noch – keine Tipps geben.

Aber: Neun Champagnerhäuser aus dem Département Aube ließen sich von Pierre-Auguste Renoir zu eleganten Tropfen inspirieren. Dazu gehören Christian Senez, Barfontarc, Charles Collin, Thierry Mercuzot, Jacques Defrance, Richardot, Dumont & Fils, Chassenay d’Arce sowie Rémy Massin & Fils.

Côte des Bars: Champagner "sur pointe". Foto: Hilke Maunder
Champagner sur pointe. Foto: Hilke Maunder

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2 Kommentare

  1. Wir waren auf unserer Rückreise vom Atlantik in Essoyes. Liegt etwas abseits der Autobahn, wird aber schon vorher durch farbenprächtige Infotafeln angekündigt. Schönes Örtchen mit einem stationsartig gestalteten Rundgang! Doch sehr besucher-unfreundlicher Service der dort angestellten Damen: Trotz Hinweis auf eine letzte Führung um 17.30 Uhr (Samstag) bei Beeilung schroffe Abweisung durch ihre beiden Kolleginnen im Geburtshaus Renoirs. Selbst einem schon anwesenden älteren Paar mit vorhandenen Tickets wurde der Besuch des Hauses verwehrt! Ein Musterbeispiel eigentlich „deutscher Gründ- u. Pünktlichkeit“ oder sind hier nur unbedachte Mitarbeiterinnen drauf und dran, Eifer und Engagement in Ärger zu verwandeln? Schade, wir verzichten in Zukunft auf solche Erfahrungen!

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