Blick auf Saint-Céneri-le-Gérei mit seiner Brücke über die Sarthe
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Saint-Céneri-le-Gérei: Kleinod an der Sarthe

Es war ein später Nachmittag. Geschafft von der Arbeit, hatte ich meine Unterkunft in Alençon erreicht und wollte nur noch eines: etwas essen und dann schnell schlafen. Aber Madame ließ nicht locker.

St-Céneri-le-Gérei. Foto: Hilke Maunder
Wunderschön – die alten Fassaden in Saint-Céneri-le-Gérei. Foto: Hilke Maunder

„Wenn Sie schon hier in der Ecke sind, müssen Sie noch nach Saint-Céneri-le-Gérei. Es ist nicht weit – und es lohnt sich!“ Sie schwärmte so lange von dem kleinen Örtchen an der Grenze der Départements Orne und Sarthe, dass ich doch neugierig wurde. Und nicht enttäuscht.

Das Minidorf versteckt sich mit einer Handvoll Häuser an einer Schleife der Sarthe rund zwölf Kilometer entfernt von Alençon im regionalen Naturpark Normandie-Maine.

St-Céneri-le-Gérei. Foto: Hilke Maunder
Wein hat diese Fassaden umhüllt. Foto: Hilke Maunder

Felsflanken aus Granit und dichtes Grün umgeben die kleine Siedlung, die so malerisch, so zeitentrückt und baulich intakt ist, dass sie zu den schönsten Dörfern Frankreichs gehört.

Die Schwestern Moisy

Diese natürlichen Vorzüge, aber auch die Ruhe, entdeckten im 19. Jahrhundert die Impressionisten und machten das Dorf zum Motiv ihrer Werke. Courbet und Corot waren die ersten, die sich in der einfachen Herberge der Schwestern Moisy einquartierten, um in Saint-Céneri-le-Gérei zu arbeiten. Heute ist die Herberge ein Museum – mit den Konterfeis der Künstler auf den Wänden.

Der Bronze-Künstler

Vor vielen Jahren – 1984 –  flüchtete Christian Malézieux (geb. 1931) aus Paris hierher und arbeitet seitdem ganz in der Nähe der Sarthe als Maler und Bildhauer.

St-Céneri-le-Gérei. Foto: Hilke Maunder
Villenromantik à la Normandie.20 Foto: Hilke Maunder

Seine Werke begegnen euch beim Bummel durch das Dorf. In der Hauptstraße erinnert seine Bronzebüste an den französischen Maler Paul Saïn, der 25 Jahre lang in Saint-Céneri-le-Gérei gelebt hatte, ehe er 1908 in Avignon verstarb.

Für die Pfarrkirche des Dorfes fertigte er aus Bronze ein Grabtuch und einen Kreuzweg, den ihr in der romanischen Kirche aus dem 11. Jahrhundert bewundern könnt.

Wie sehr das kleine Dorf die Künstler anlockt und inspiriert, verrät alljährlich im Mai seit 1986 drei Tage lang das Festival La rencontre des Peintres.

St-Céneri-le-Gérei. Foto: Hilke Maunder
Die Pfarrkirche von Céneri-le-Gérei. Foto: Hilke Maunder
Im Innern der Dorfkirche von Saint-Cénéri-le-Gerei. Foto: Hilke Maunder
Im Innern der Dorfkirche von Saint-Cénéri-le-Gerei. Foto: Hilke Maunder

Les Jardins de la Mansonière

Auf einem der Hügel über der Sarthe leben Michelle und Philippe Manson. Rund um ihr Wohnhaus haben sie seit 1986 Les Jardins de la Mansonière angelegt.

„Jeder der neun Themengärten bildet eine Welt für sich“, erklärt mir Michelle. „Im Haselnussgarten singen die Bäume in den Fingern des Windes von ihrer verrückten Liebe zu unbeschreiblichen Rosen, während der Mondgarten seinen silbernen Hochzeitstag feiert.“

In poetischen Bildern beschreibt sie ihr Grün, das 1993 zum jardin préfére des Français gewählt wurde und 2007 auf Platz fünf der besten französischen Parks kam.

Die wundertätige Quelle

Die Sarthe bei Saint-Cénéri-le-Gérei. Foto: Hilke Maunder
Die Sarthe bei Saint-Céneri-le-Gérei. Foto: Hilke Maunder

Am Ufer der Sarthe laufe ich zurück ins Dorf. Dabei entdecke ich immer wieder stille, idyllische Orte. So wie die wundertätige Quelle, la fontaine miraculeuse. Am Ufer der Sarthe sprudelt sie in einem Brunnen, versunken im Grün. Einst habe sie den Durst des Heiligen Céneri und seines Jüngers gelöscht, heißt es. Der Legende nach hat das Quellwasser heilende Eigenschaften und lindert Augenkrankheiten.

Jazz an der Kapelle

Am anderen Flussufer erhebt sich gegenüber auf einer weiten Wiese eine kleine Kapelle vor dunklen Bäumen. Anfang Juli bildet sie die Kulisse für die Open-Air-Konzerte des Festivals Saintscène. Die Künstler, die dort auftreten, sind am Nachmittag junge Talente aus der Region, am Abend lokale Jazzgruppen.

Die kleine Waldkapelle von Saint-Cénéri-le-Gérei. Foto: Hilke Maunder
Die kleine Waldkapelle von Saint-Céneri-le-Gérei. Foto: Hilke Maunder

Saint-Céneri-le-Gérei: meine Reisetipps

Schlemmen

Direkt am Ufer der Sarthe befindet sich neben dem offiziellen Besucherparkplatz eine wirklich große Wiese – dort wird gerne gepicknickt.

L’Auberge de la Vallée

Traditionelle französische Küche mit Terrinen, Côte de Bœuf und anderen Klassikern.
• D 535 (im Dorfzentrum), Tel. 02 33 28 94 70, www.facebook.com

L’Auberge des Peintres

Rote Stühle auf dem Gehweg, die Tische genauso grün wie die nostalgische Ladenfront: Der Gasthof der Maler besitzt für mich das schönste Ambiente zum Schlemmen auf der Terrasse oder drinnen, wo tatsächlich Bilder von Künstlern die Wände schmücken. Auch die Küche des gemütlichen Bistros überzeugt. Auf der Karte: grundsolide Hausmannskost, abgestimmt auf die Jahreszeiten.
• D 535 (im Dorfzentrum), Tel. 02 33 26 49 18, www.facebook.com

L’Échoppe Gourmande

Die besten lokalen Erzeugnisse findet ihr in diesem Feinkostladen, der drinnen und draußen auch kleine Gerichte serviert: Schnecken, Crêpes, Salate und bunte Platten, allesamt tief verwurzelt in der Küche der Region.
• 23, rue Saint-Pierre, Tel. 02 33 81 91 21, www.facebook.com/lechoppegourmande61

St-Céneri-le-Gérei. Foto: Hilke Maunder
Liebt ihr auch solche alten Wegweiser wie diesen hier? Foto: Hilke Maunder

Hier könnt ihr schlafen*
Booking.com

Im Zentrum von Saint-Céneri-le-Gérei. Foto: Hilke Maunder
Im Zentrum von Saint-Céneri-le-Gérei. Foto: Hilke Maunder

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Im Buch

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Steile Klippen und weite Sandstrände, bizarre Felslandschaften und verwunschene Wälder, romantische Fachwerkstädtchen und moderne Architektur – die Normandie hat unzählige Glücksorte zu bieten.

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2 Kommentare

  1. Es lebe das Internet, sonst wäre ich nie auf diesen wunderbaren Bericht über Saint-Céneri-le-Gérei gestoßen. Vielen Dank für die Veröffentlichung Ihrer Schreibkunst! Ich werde mich durch weitere Artikel durchlesen und den Newsletter abonnieren. Nicht nur der interessante Text, sondern auch die tollen Aufnahmen haben mir gefallen. Demnächst werde ich mit Hunden und Kamera durch dieses schöne Örtchen ziehen auf meiner Strecke in die Bretagne. Das nächste Ziel ist dann Malestroit und Rochefort-en-Terre. Danach heißt es treiben lassen. Nun haben Sie mir eine schöne Einstimmung auf die Reise vermittelt. Das ist schön. Ganz herzlichen Dank.

    1. Liebe Frau von Mohrenschildt,
      oh, wie schön, das freut mich! Ich fliege heute nach Nantes… Jean Blaise wird etwas über Kulturprojekte wie L’Estuaire erzählen, die er angestoßen hat. Ich wünsche Ihnen eine wundervolle Reise!
      Beste Grüße! Hilke Maunder

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