Serres – die kleine Schwester von Sisteron
Serres wirkt ein wenig wie die kleine Schwester von Sisteron, schmiegt es sich doch genauso malerisch an einen Felsen. Der kegelförmige Felsen, der hier den Namen Pignolette trägt, erinnert an den Anblick von Sisteron, doch ihm fehlt die imposante Zitadelle, die Kardinal Richelieu 1633 zerstören ließ. Statt der Durance rauscht hier der Buëch durch das Tal.
Wie Sisteron war und ist auch Serres strategisch günstig gelegen. Hier kreuzen sich zwei wichtige Straßenverbindungen: die RD 1075 von Grenoble nach Sisteron und die RD 994, die von Pont-Saint-Esprit über den Col de Montgenèvre bis in die Alpen führt. Bereits im 8. Jahrhundert wurde Serres zu einem bedeutenden Marktflecken im Buëch-Tal und zu einem Durchgangsort für Reisende – darunter auch Päpste auf ihrem Weg nach Avignon.

Nicht ganz 1.300 Einwohner leben hier im Département Hautes-Alpes in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur und schmücken im Sommer mit ihren Blumen, ihren Präsentationen gesammelter „Schätze“ und hausgemachter Kunst die mittelalterlichen Gassen, die sich um den Felsen gruppieren.
Wer in sie eintaucht, entdeckt die romanische Kirche Saint-Arey aus dem 12. Jahrhundert, das Wohnhaus von Gaspard de Perrinet mit seinem kunstvoll geschnitzten Nussbaum-Türflügel aus dem 17. Jahrhundert – welch ein Entrée für das heutige Rathaus!

Ein Hingucker ist auch die Renaissancefassade der Maison Connétable de Lesdiguières in der Rue Henri Peuzin 39 mit ihren polychromen Gipsarbeiten – diese gypseries polychromes sind einzigartig Frankreich! Die Farbgebung wird von unten nach oben heller, was einen Eindruck größerer Höhe vermittelt. Auf der Fassade könnt ihr neben einem Löwen mit Mähne über dem Fensterkreuz des ersten Fensters auch eine Kopf-Plastik sehen. Sie soll Marie Vignon, die zweite Frau von Lesdiguières, darstellen.
Auf der Fassade der heutigen Grundschule sind eine Mittagsmarke und eine Sonnenuhr aus dem Jahr 1882 erhalten – die einzige ihrer Art des Départements.

Am 8. Oktober 1788 wurde in Serres der Geograf Alexandre Corréard geboren. Berühmt wurde er als einer der wenigen Überlebenden des berühmten Schiffsunglücks der französischen Fregatte „La Méduse“ im Jahr 1816. Als Ingenieur-Geograf war Corréard mit an Bord der Medusa, als sie am 2. Juli 1816 vor der Küste Afrikas auf Grund lief. 147 Menschen wurden für ihre Rettung auf ein provisorisches Floß gezwungen.
Nur 15 überlebten die Fahrt. Nach seiner Rettung verfasste Corréard gemeinsam mit einem anderen Überlebenden, dem Schiffsarzt Jean-Baptiste Henri Savigny, einen detaillierten Bericht über die schrecklichen Ereignisse auf dem Floß. Dieser Bericht diente später als Inspiration für das berühmte Gemälde „Das Floß der Medusa“ von Théodore Géricault, auf dem Corréard als eine der Figuren dargestellt ist.

Bedeutsam war auch Jean-Joseph-François-Alexandre Barrillon. Sein Konterfei gehört zu den Portraits, die in der Rue des Remparts eure Schritte durch die Gassen der mittelalterlichen Stadt lenken. Barrillon war ein Zeitgenosse von Corréard und wurde bereits am 1. Juli 1762 in Serres geboren. Als junger Mann ging er nach Saint-Domingue (heute Haiti), wo er als Plantagenbesitzer und Sklavenhalter zu Geld und Einfluss kam, nach Frankreich zurückkehrte und 1795 die Banque Barrillon et Cie in Paris gründete.
Von 1800 bis 1803 war Barrillon Regent der Banque de France und mehrte massiv seinen Reichtum mit Handelsschiffen, die im Sklavenhandel beteiligt waren. Sein wirtschaftlicher Erfolg ließen ihn auch politisch aktiv werden. Barrillon diente als Kapitän in der Pariser Nationalgarde, wurde 1815 als Abgeordneter des Départements Hautes-Alpes in die Chambre des Cent-Jours gewählt – und nutzte seinen Einfluss geschickt für seine wirtschaftlichen Interessen.

So belieferte Barrillon beispielsweise die französische Armee und Marine und beteiligte sich an diversen Unternehmen, wie der Compagnie des Laines und der Entreprise générale de l’habillement des troupes de la République. Barrillon hinterließ ein bedeutendes Erbe. Sein Sohn François-Sophie-Alexandre Barrillon (1801-1860) wurde ebenfalls Politiker, und seine Enkelin heiratete François-Ernest Dutilleul, der später Finanzminister wurde.
Das Flair von Serres hat in den letzten Jahren immer mehr Kunsthandwerker und Künstler angelockt. Im Sommer öffnen sie – wie die Geschäfte auch – einen Tag lang ihre Ateliers, im September verwandelt sich bei Serres Lez’ARTS die gesamte Altstadt in eine faszinierende Open-Air-Galerie.

Der Hang’Art definiert sich als ‚ungewöhnlicher Ort der künstlerischen Konvergenz‘, der mit seiner Boutique des Créateurs und seinem Café Künstler, Kunsthandwerker und andere Kreative zusammenbringt und zum Austausch mit Besuchern und Kunden lädt.
Zwischen Möbeln und Leuchten, Schmuck und Kleidung, Tischkultur und Skulpturen lässt es sich herrlich stöbern, Neues entdecken, die Neugier befriedigen oder eine genussvolle Auszeit mit Kaffee zu genießen, der in den Hautes-Alpes geröstet wurde.

2018 wurde Serre als Petite Cité de Caractère ausgezeichnet. Dennoch ist Serres nicht kein durchsaniertes Museumsdorf, sondern bis heute authentisch und ursprünglich geblieben. Jeden Samstagmorgen findet ein Markt statt, auf dem lokale Produzenten typische Köstlichkeiten der Region wie Tourtons, Ziegenkäse und Honig anbieten.
Direkt an der Altstadt beginnen Wanderwege und führen hinaus ins Umland, das Teil des Regionalen Naturparks Baronnies Provencales ist. Für den ersten Überblick steigt empor zum Orientierungstisch neben der Kapelle Notre-Dame de Bonsecour. Ein schöner Einstieg ins Wanderland ringsum bietet auch der zweieinhalbstündige Sentier des Moines ! Der Pfad der Mönche folgt dem Kamm von Fontarache und eröffnete weite Blicke auf das Tal des Buëch und auf den Pic de Bure im Massif des Dévoluy.

Serres: meine Reise-Tipps
Hinkommen
Bahn
In Serres halten TER-Lokalzüge der Linie Briançon – Marseille.
Schlemmen und genießen
Brasserie L’Estaminet
Beliebte Brasserie im Herzen von Serres.
• Place de la Liberté, 05700 Serres, Tel. 04 92 67 02 14

Ansehen & erleben
L’Estanco – Musée Auto Moto
Etwas außerhalb von Serres hat Michel Mouttet einen Schatz für Auto- und Technikliebhaber zusammengetragen. Sein Musée l’Estanco birgt eine beeindruckende Sammlung historischer Fahrzeuge und Objekte, die einen faszinierenden Einblick in die Entwicklung der Mobilität bietet.
Die Zeitreise beginnt im Jahr 1899 mit einem antiken Fahrrad und führt bis ins Jahr 1980. Prunkstücke sind unter anderem ein originaler Amilcar-Rennwagen aus dem Jahr 1926, den Mouttet noch per Handkurbel startet, eine Citroën C4-Limousine sowie Modelle der Fährbrücke von Marseille, der Caudron G3 von Montmorin und der Segelflugzeuge DFS 230 aus der Schlacht um Vercors. Jedes Exponat, von den alten Motorrädern bis hin zu den emaillierten Werbeschildern, erzählt eine eigene Geschichte und spiegelt die Leidenschaft des Sammlers wider.
Michel Mouttet begann seine Sammelleidenschaft bereits als Teenager. Seitdem hat er unzählige Stunden damit verbracht, alte Fahrzeuge zu restaurieren und ihnen zu neuem Leben zu verhelfen. Viele der in seinem Museum ausgestellten Stücke sind Unikate, die er mit viel Liebe zum Detail wiederhergestellt hat.
• 34, rue du Chemin Vert, 05700 Serres, Tel. mobil 06 81 46 10 41, https://auto-moto-museelestanco.jimdo.com

Aktiv
La Germanette
Ein Strand in den Bergen ist die Freizeitanlage am See mit seiner fünf Hektar großen Grünfläche am südlichen Ausgang des Dorfes. Ihr großer Badebereich wird in der Saison von Lebensrettern überwacht. Am Wassersportstützpunkt könnt ihr Elektro- und Tretboote sowie SUP-Boards und Paddel ausleihen. Mit Wasserspielen, Sprinklerschlange und Wassertunnel lockt der Entspannungsbreich. Der See ist zudem ein sehr beliebtes Angelgebiet, das der Verein La truite du Buëch verwaltet Fliegenfischen, Angeln, Köder und Material vor Ort, Forellen werden nach Gewicht verkauft.
• Route de Sisteron, 05700 Serres, Tel. 04 92 67 03 77, auf Facebook zu finden
Hier könnt ihr schlafen
Hôtel du Nord
Das kleines, einfache Stadthotel bietet zur Straße und zur Hofseite Einzel-, Doppel-, Dreibett- und Vierbettzimmer, die alle mit eigenem Bad, separatem WC sowie WLAN und Fernseher ausgestattet sind. Stellplätze bietet kostenlos der große öffentliche Parkplatz beim Hotel. Zum Hotel gehört ein Restaurant mit schattiger Sommerterrasse.
• 6, rue Roger Tesse, Place du Lac, 05700 Serres, Tel. 04 92 67 05 45, https://hoteldunord.sitew.fr
Hôtel Fifi Moulin*
Im Jahr 1820 wurde dieses traditionsreiche Dreisternehotel am Rande der mittelalterlichen Stadt erbaut. Es birgt neun Zimmer, darunter zwei Familienzimmer und ein möbliertes Studio. Besonders Zweiradfahrer schätzen das Haus, dessen Garage umgewandelt wurde in einen gesicherten Stellplatz für Zweiräder – für E-Bikes gibt es eine Ladestation! Hier* könnt ihr es buchen.
• 15, rue Raymond, Rue Varanfrain, 05700 Serres, Tel. 04 92 67 00 01, https://hotel-fifimoulin.fr
Noch mehr Betten*

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