Jumièges: Was für eine Ruine! Foto: Hilke Maunder
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Die Abteien der Normandie

Einflussreiche Abteien haben Jahrhunderte lang die Geschichte der Normandie geprägt. Die Abteien der Normandie waren Horte der Kultur und des Wissens, aber auch Zentren der Macht.

Bis ins 5. Jahrhundert reichen die ersten Klostergründungen zurück. Ihre Wurzeln waren zunächst Einsiedeleien, von denen aus Mönche die Christianisierung der Küstenbewohner betrieben. Unter den Merowingern, die im 7. Jahrhundert in der Neustrie als nordwestlichem Teil des fränkischen Reiches zwischen Loire und Schelde herrschten, entstanden auch in der Normandie erste große Klosteranlagen.

Die Abteikirche von Fécamp. Foto: Hilke Maunder
Die Abteikirche von Fécamp. Foto: Hilke Maunder

Ihre Blütezeit erlebten die Abteien der Normandie unter den normannischen Herzögen im 11./12. Jahrhundert, als die Normandie der reichste und mächtigste Staat Europas war. Später sorgten die Gunst und Großzügigkeit der französischen Könige für Meisterwerke, bis Religionskriege, Revolutionen und Säkularisierungen die Blüte der Abteien beendeten. Von den 120 Abteien der Glanzzeit sind heute noch 84 vorhanden. 48 könnt ihr davon besichtigen.

Aktiv arbeitende und spirituelle Klöster sind es nur wenige – beispielsweise Le Bec-Hellouin und Saint-Wandrille. Die meisten Abteien der Normandie präsentieren sich heute wie Jumièges oder die frühgotische Abtei von Hambye  im Tal der Sienne als beeindruckende Ruinen. Oder, wie in Bernay, säkularisiert als Ausstellungsraum für Kunst von heute.

Die Abtei des Mont-Saint-Michel. Foto: Hilke Maunder
Die Abtei des Mont-Saint-Michel. Foto: Hilke Maunder

Zwei Orden taten sich beim Bau der Abteien der Normandie besonders hervor: die Prämonstratenser , die in Ardenne und La Lucerne ihre schönsten Zeugnisse hinterließen, und die Benediktiner, die architektonische Neuerungen einführten – in der späten Romanik Tonnen- und Kreuzgratgewölbe wie auf dem Mont-Saint-Michel zu sehen, später bautechnisch komplizierte Kreuzrippengewölbe wie in der Abtei von Lessay auf dem Cotentin.

Die Abbaye aux Hommes in Caen. Foto: Hilke Maunder
Die Abbaye aux Hommes in Caen. Foto: Hilke Maunder

Als Vorbild und bis heute größtes Gotteshaus der normannischen Romanik diente die Abbaye aux Hommes, die Grabkirche Wilhelms des Eroberers in Caen. Der Normannenherzog und König von England hatte sie 1063 gegründet, 1077 war sie eingeweiht worden. Seitdem wirft die Laterne des Vierungsturms am Schnittpunkt von Lang- und Querschiff ein „himmlisches Licht“ in das Gotteshaus.

Das Grab von Wilhelm des Eroberers in der Abbaye aux Hommes von Caen. Foto: Hilke Maunder
Das Grab von Wilhelm dem Eroberer in der Abbaye aux Hommes von Caen. Foto: Hilke Maunder

Zur Abteikirche gehört ein Kloster, heute das Rathaus von Caen, mit einem  wunderschönen Kreuzgang.  Bereits drei Jahre zuvor, 1060, hatte Mathilde von Flandern als Ehefrau Wilhelms I., das Frauenkloster Abbaye aux Dames gestiftet. 1,5 Kilometer liegen zwischen den beiden Abteien der Normandie, deren Architektur erstaunlich deutlich eine männliche bzw. weibliche Handschrift verraten.

Die Abbaye aux Dames in Caen. Foto: Hilke Maunder
Die Abbaye aux Dames in Caen. Foto: Hilke Maunder

Das Gros der Abteien der Normandie konzentriert sich im Tal der Seine zwischen Rouen und Le Havre, rund um Caen/Bayeux/Falaise sowie bei Granville bis zum Mont-Saint-Michel. Bis heute bezeugen die majestätischen Gebäude und Ruinen der Abteien der Normandie den Reichtum des Herzogtums im Mittelalter.

Die Abteien der Normandie: die Highlights

Rouen: Abtei von Saint-Ouen

In Rouen, der „Stadt der 100 Türme“ macht seit dem 11. Jahrhundert besonders eine Kirchenspitze der Kathedrale Konkurrenz: der gotische Vierungsturm der ehemaligen Benediktinerabtei St-Ouen, die bereits in karolingischer Zeit gegründet wurde.

Mit „nur“ 130 Metern Höhe ist ihr prunkvoller Turm heute nur die Nummer zwei in der Skyline der Hauptstadt der Normandie. Ihre Kathedrale indes besitzt mit 152 Metern eine der höchsten Kirchturmspitzen Frankreichs.

Die Abteien der Normandie: Das Westwerk der Abteikirche Saint-Ouen in Rouen
Das Westwerk der Abteikirche Saint-Ouen in Rouen. Foto: Hilke Maunder

Doch auch als Nummer zwei ist die Abteikirche von Saint-Ouen bis heute ein majestätischer Bau. 137 Meter lang und 33 Meter hoch ist ihr Gewölbe. 80 Kirchenfenster lassen himmlisches Licht hinein – bei Sonnenschein eine wahrhaft göttliche Glaskunst!

Nicht minder imposant ist die Orgel. Sie ist die letzte, die der berühmte französische Orgelbauer Cavaillé-Coll vor seinem Tod gebaut hat. Der einstige Schlafsaal der Mönche birgt heute das Rathaus von Rouen.

St-Martin-de-Boscherville: Abbaye Saint-Georges

Abteien der Normandie: St-Martin-de-Boscherville: Klostergarten. Foto: Hilke Maunder
Die Abtei Saint-Georges in Saint-Martin-de-Boscherville. Foto: Hilke Maunder

Nur wenige Kilometer westlich von Rouen überragt der imposante Laternenturm der Klosterkirche St-Georges-de-Boscherville die niedrigen Sandsteinhäuser, Koppeln, Weiden und Wälder der Fôret de Roumare am rechten Seine-Ufer.

Die Klosterkirche ist heute die Pfarrkirche vom Örtchen St-Martin-de-Boscherville, die für den Bau der Klosterkirche weichen musste.

Daher heißt der Ort Saint-Martin, die Abtei jedoch Saint-Georges. Zusammen mit dem Klostergarten ist sie das letzte Überbleibsel eines Augustinerklosters, das 1114 von den Benediktinern übernommen wurde.

Schlichte Schönheit: die Abteikirche von Saint-Martin-de-Boscherville. Foto: Hilke Maunder
Schlichte Schönheit: die Abteikirche von Saint-Martin-de-Boscherville. Foto: Hilke Maunder

Erbaut wurde sie am Standort eines einst gallo-römischen Umgangstempels. Die heidnischen Ursprünge wurden erst mit einer Grabkapelle überdeckt, 1255 mit der heutigen Abteikirche.

Sie gilt  als Musterbeispiel der normannischen Romanik. Ihre Bögen symbolisieren den Himmel, die Säulen die Erde. So wie Himmel und Erde aufeinander treffen, so berühren sich das Göttliche und das Irdische.

Blutrünstig: ein Kapitel in der Abteikirche von St-Martin-de-Boscherville. Foto: Hilke Maunder
Blutrünstig: ein Kapitel in der Abteikirche von St-Martin-de-Boscherville. Foto: Hilke Maunde

Ungeheuer eindrucksvoll ist auch der Kapitelsaal mit seinen skulptierten Kapitellen, auf denen es mitunter ganz schön blutrünstig zugeht. Wer mehr wissen will: Die Abtei hat eine sehr informative Website ins Netz gestellt – auch auf Deutsch!

Der vier Hektar große Klostergarten von 1680 wurde vor einigen Jahren in seine ursprüngliche Form zurückversetzt. Dicht an dicht hängen hier die Birnen am Spalier. Üppig biegen sich alte Apfelsorten unter ihrer süßen Last.

Der Klostergarten wandelt sich mit den Jahreszeiten: wunderschön! Foto: Hilke Maunder
Der Klostergarten wandelt sich mit den Jahreszeiten: wunderschön! Foto: Hilke Maunder

Dazu Beete mit Kräutern und Gewürzen, Arzneipflanzen, riesige Sonnenblumen, duftendem Salbei und ein endlos blauer Himmel, der sich über der leicht gewellten Landschaft spannt.

Ein sanftes Plätschern des Wasserspiels in der Zentralachse, Vogelgezwitscher. Der Frieden eines späten Nachmittags: Erlebt ihn im Klostergarten!

Im Juli blüht der Lavendel im Klostergarten von Saint-Martin-de-Boscherville... in der Normandie! Foto: Hilke Maunder
Im Juli blüht der Lavendel im Klostergarten von Saint-Martin-de-Boscherville in der Normandie! Foto: Hilke Maunder

Jumièges: Abbaye Saint-Pierre

Nur noch als Ruine erhalten ist Jumièges. Im 9. Jahrhundert suchte dort Bayernherzog Tassilo als Mönch Schutz. Damals lebten hier 900 Mönche und 1.600 Bedienstete. Während der Französischen Revolution verließen die letzten Mönche Jumièges.

Nur wenige Jahre später – 1793 – wurde sie bei einer öffentlichen Versteigerung einem Holzhändler aus Canteleu zugeschlagen. Er nutzte Jumièges als Steinbruch und ließ die Laterne der Kuppel in die Luft sprengen.

Doch der Zauber von Jumièges ist bis heute einzigartig. Nationaldichter Victor Hugo lag völlig richtig, als er von Jumièges schwärmte:

Sie ist die schönste Ruine von Frankreich!

Jumièges: die Ruine der Anbteikirche. Foto: Hilke Maunder
Unter Kunsthistorikern gilt die Abtei als eine der ersten Sakralbauten mit Doppelturmfassade und innerem Stützenwechsel. Foto: Hilke Maunder

Wahrzeichen der Abtei, einst eine der reichsten Frankreichs, sind ihre 47 Meter hohen Doppeltürme. Das dachlose Hauptschiff lässt bis heute die Ausmaße der einst 120 Meter langen Kathedrale Notre-Dame erahnen.

Der im spätgotischen Stil erbaute Kreuzgang ist teilweise zerstört. Lord Stuart de Rothesay hatte einen Flügel gekauft und ihn in sein Schloss Highcliffe bei Bournemouth einbauen lassen. In der Mitte des restlichen Kreuzgangs erhebt sich eindrucksvoll eine 500 Jahre alte Eibe.

Eng mit der Abteikirche verbunden ist das Schicksal von Agnès Sorel. Sie war ab 1444 die erste offizielle Mätresse eines französischen Königs. Karl dem Siebten gebar sie vier Töchter.

Jumièges: die Ruine der Abteikirche. Foto: Hilke Maunder
Rund um die Ruine der Abteikirche ist das Heu geerntet. Foto: Hilke Maunder

Sie revolutionierte die damalige Haartracht, machte eine hohe Stirn zum Zeichen von Intelligenz und führte die Mode der unbedeckten Brust ein. 1450, als sie mit dem jüngsten Kind schwanger war, gebar sie ihren Sohn Karl VII. in einem Lager während eines Feldzugs gegen die Engländer in Jumièges.

Kurz darauf erkrankte sie schwer und verstarb. 2004 untersuchte Philippe Charlier die Leiche. Der Paläopathologe wies nach, dass Sorel im siebten Monat schwanger gewesen war und Würmer gehabt hatte.

In den Knochen fand er eine große Menge an Quecksilber, damals ein Schönheitsmittel für edle Blässe. Starb sie daran – oder verabreichte ihr jemand de la cour d’honneur eine tödliche Dosis Quecksilber? Bis heute wirft ihr Ableben Rätsel auf.

In der Peterskirche direkt neben der Hauptkirche sind Reste karolingischer Wandmalereien erhalten. Ein Bogen im Westwerk zeigt das typische Mäandermuster. Auf der Südwand ist ein Portrait zu sehen, am besten ist der Schopf zu erkennen. Wen es darstellt, ist nicht bekannt.

Jumièges: das Abtgebäude. Foto: Hilke Maunder
Das Abtgebäude. Foto: Hilke Maunder

Hinter den Sakralbauten ist inmitten des Parks das Abtgebäude erhalten. Die 14 Hektar große Grünanlage vereint einen englischen Landschaftsgarten, einen nur noch in der Grundform erhaltenen formellen, französischen Garten und einen potager, einen historischen Küchengarten. Ihn ergänzt ein Hain mit Apfelbäumen, in dem Schafe grasen.

Jumièges könnt ihr heute auf vielerlei Weise erleben. Für Fans digitaler Entdeckungsreisen gibt es Tablets mit 3D-Führern und virtuellen Zeitreisen. Bei den Musicales de Normandie wird die Abtei zur Bühne für intime Konzerte.

Jumièges: im Park der Abtei. Foto: Hilke Maunder
Jumièges: im Park der Abtei. Foto: Hilke Maunder
Jumièges: Ofenholz für den Winter. Foto: Hilke Maunder
Ofenholz für den Winter. Foto: Hilke Maunder

Von April bis Dezember verwandelt sich das weitläufige Anwesen zu einem Open-Air-Skulpturenpark. Was in den Gewölben und Kellern der Klosterruine lebt, verraten im Sommer Führungen mit der Taschenlampe und die Nuits de la Chauve-Souris: Fledermäuse!

Jumièges: Villa im Dorf. Foto: Hilke Maunder
Ist sie nicht malerisch, diese Villa im Dorfzentrum von Jumièges? Foto: Hilke Maunder

Bummelt nach dem Besuch der Ruine auch noch ein wenig durch das Örtchen mit seinen traditionellen Bauernhäusern, verspielten Belle-Époque-Häuschen aus Backstein mit weißen Holzschnitzereien und Häusern von heute.

Wenn ihr weiter hinaus lauft Richtung Seine, könnt ihr auf den Feldern mit etwas Glück Grau- und Silberreiher sehen. Im Frühjahr nisten dort auch Störche!

St-Wandrille-Rançon: Saint-Wandrille

Die Klosterruine von Saint-Wandrille. Foto: Hilke Maunder
Die Klosterruine von Saint-Wandrille. Foto: Hilke Maunder

Im Jahr 649 n. Chr. gründete der Mönch Wandregisel, der damals die Normandie missionierte, im fruchtbaren Tal der Fontanelle die Abtei Saint-Wandrille. Später wirkte dort Abt Enghard als Biograph Kaiser Karls des Großen. Bis heute leben hier rund ein Dutzend Benediktiner-Mönche nach der Devise ora et labora  – bete und arbeite.

Bestimmte Bereiche sind daher für Besucher gesperrt. Andere – wie der Kreuzgang und die cour d’honneur – könnt ihr nur auf Führungen sehen.

Der Kreuzgang von Saint-Wandrille. Foto: Hilke Maunder
Der Kreuzgang von Saint-Wandrille. Foto: Hilke Maunder

In der Parkanlage mit der gotischen Kirchenruine jedoch könnt ihr vor- und nachmittags nach Lust und Laune frei herumspazieren.

Die einstige Abteikirche wurde während der Französischen Revolution zerstört.  Als Kirche dient den Mönchen heute eine einstige Scheune aus dem 13. Jahrhundert, die an ihrem früheren Standort abgebaut und 1969 auf dem Klostergelände wieder aufgebaut wurde.

Das Innere der Klosterkirche. Foto: Hilke Maunder
Das Innere der Klosterkirche. Foto: Hilke Maunder

Sie bildet den Rahmen für regelmäßige Konzerte, bei denen auch die gregorianischen Gesänge der Mönche erklingen. Hörproben gibt es auf der Website der Klosterboutique.

Neben Einspielungen weiterer hervorragender Konzerte mit beispielsweise der Orgel, die – mal von Trompeten, dann von Violoncello begleitet – jubiliert, gibt es dort auch online alle Angebote der Abtei.

Das Craft-Bier der Mönche. Foto: Hilke Maunder
Das Craft-Bier der Mönche. Foto: Hilke Maunder

Im Klosterladen wie auch im Online-Shop entpuppt sie sich auch als wahrhaft himmlische Meisterin irdischer Genüsse. Vom pain d’épices, traditionellem Gewürzbrot, über Honig, Kekse und Bonbons bis hin zu Cidre und 13,5 % Hydromel reicht das Sortiment der Mönche. Auch himmlisches Craft Beer wird dort gebraut. Mon Dieu!

Le Havre: Abbaye Graville

Abteien der Seine: Graville. Foto: Hilke Maunder
Die Abteikirche von Graville im Innern. Foto: Hilke Maunder

Am Stadtrand von Le Havre eröffnet die Abbaye de Graville vom Kirchplatz und Friedhof bei gutem Wetter weite Ausblicke über Stadt und Umland bis ans andere Ufer der Seine und der Landschaft des Calvados.

Bei nebligem Wetter jedoch reicht die Sicht nur zu einem runden, leuchtend blauen Ei im Tal, dem nachhaltig erbauten Stadion von Le Havre, dessen Hülle die Sonnenenergie für den Betrieb erzeugt.

Abteien der Seine: Graville. Foto: Hilke Maunder
Aus Holz gebaut: das Gewölbe der Abteikirche von Graville. Foto: Hilke Maunder

Blickt man abends vom hinteren, beleuchteten Parkplatz des Grand Stade zur Abtei hinauf, sieht es aus, als sei das Gotteshaus von lauter riesigen Sternen umgeben – ein traumhaft schöner Blick!

Doch jetzt goss es in Strömen. Und ich wollte nur eins: hinein in die Abtei, die zu den Meisterwerken der Romanik in der Normandie gehört. Erbaut wurde sie in jenen Jahren, als Wilhelm I. der Eroberer gen England aufbrach.

Abteien der Seine: Graville. Foto: Hilke Maunder
Kunstwerke der Abtei von Graville. Foto: Hilke Maunder

Die alten Klostergebäude aus dem 13. Jahrhundert, im 18. Jahrhundert umgebaut, bergen vom Keller, wo der bronzene Kopf einer Madonna im Gewölbe ruht, bis zum Obergeschoss wahre Schätze, die auch interessant sind, wenn man in Religion(sgeschichte) nicht so bewandert ist.

Abteien der Seine: Graville. Foto: Hilke Maunder
Im Fundus der Abtei von Graville. Foto: Hilke Maunder

Zur Zeit der ersten Angriffe der Normannen befanden sich im Kloster die Reliquien der Heiligen Honorine vom Kelten-Stamm der Caleti, die am 27. Februar 303 n. Chr. in Rouen als Märtyrerin und Jungfrau hingerichtet und in die Seine geworfen worden war.

Die Mönche von Graville jedoch retteten die Leiche und bestatteten sie auf ihrem Friedhof. Als jedoch die Wikinger die Seine hinaufzogen, wurde die Heilige flussaufwärts nach Conflans in Sicherheit gebracht

Sammlung Gosselin in der Abtei von Graville / Le Havre
Im Abteimuseum: die Sammlung Gosselin. Foto: Hilke Maunder

Neben zwei Heiligen, die ihren Kopf unter dem Arm halten, und religiöser Kunst des 15. Jahrhunderts bis zur Gegenwart birgt das Musée de l’Abbaye die Collection Gosselin.

Diese erstaunliche Sammlung von 206 Hausmodellen fertigte ein Gelehrter im 19. Jahrhundert an und stellte sie auf der Pariser Weltausstellung 1889 aus. Hier stelle ich euch die Sammlung im Blog vor.

Abteien der Seine: Graville. Foto: Hilke Maunder
Abtei von Graville. Foto: Hilke Maunder

Doch nun zur Kirche, die erst nach dem Museumsbesuch und einem kurzen Weg über den Kirchhof zu erreichen ist. Hinter der schweren Holztür: Stille. Geschickt gesetzte Spots, die Architekturdetails hervorheben oder die ausgestellten Madonnen und Heiligen beleuchten.

Rundbögen überkreuzen sich, ein Fries schmückt die Stirnwand. Ein Gotteshaus, das Ruhe atmet, bescheiden ist statt beladen mit Prunk, wie es später Mode wurde. So, wie beim barocken Altar, der sich in Gold, Grün und Rot, den drei edelsten Farben neben dem königlichen Blau und Hermelinweiß, schmückt.

Le Havre: Abbaye Montivilliers

Der Kreuzgang von Montivillers. Foto: Hilke Maunder
Der Kreuzgang von Montivillers. Foto: Hilke Maunder

Als Kloster im 7. Jahrhundert gegründet, ab 1791 eine Salpeterfabrik, später eine Brauerei: Die Abbaye de Montivilliers kann auf sehr bewegte Geschichte zurückblicken. Ab 1970 wurde das Frauenkloster sukzessive renoviert, seit 2010 sind die Arbeiten abgeschlossen, informiert eine Tafel.

Der Pflanzenschmuck im Kreuzgang von Montivillers. Foto: Hilke Maunder
Der Pflanzenschmuck im Kreuzgang von Montivillers. Foto: Hilke Maunder

Die pflanzliche Anlage mit Buchsbaum-Einfassungen in Herz- und anderen Formen, die sich aus dem ersten Stock als Kreuz zeigen, ist wundervoll. Der Beton hingegen, der den restlichen Innenhof bedeckt, ist scheußlich. Hätte man da nicht die hellen Kiesel der Seine aufschütten können?

In der Klosterausstellung. Foto: Hilke Maunder
In der Klosterausstellung von Montivilliers. Foto: Hilke Maunder

Gelungen ist die Ausstellung in den ehemaligen Schlafsälen im ersten Stock: nicht überladen und museal, sondern auf das Wesentliche fokussiert, plakativ und doch äußerst informativ. Multimedia und geschickte Lichttechnik sorgen für Spannung und Abwechslung.

Le Bec-Hellouin: Notre-Dame du Bec

In der Benediktinerabtei von Le Bec-Hellouin wurde vom 12. bis 14. Jahrhundert der normannische Klerus ausgebildet. Ein Ritter, Herluin, begann 1034 ihren Bau – und wurde ihr Namensgeber. Vom Turm habt ihr wunderschöne Ausblicke auf die Abtei und das Tal des Bec. Mehr zum Klosterort, der zu den schönsten Dörfern Frankreichs gehört, erfahrt ihr hier.

Le Bec-Hellouin. Foto: Hilke Maunder
Le Bec-Hellouin. Foto: Hilke Maunder

Der Klosterberg Mont-Saint-Michel

Das einzige Welterbe unter den Abteien der Normandie ist der Granitkegel des Mont-Saint-Michel, den jährlich rund drei Millionen Touristen besuchen. Dicht an dicht drängen sie durch die engen Einlässe der schon von den Engländern im 100-jährigen Krieg vergeblich bestürmten Festungsmauern, schieben sich durch die viel zu schmal erscheinende Grande Rue vorbei an Souvenirshops und Restaurants hinauf zum Klosterkomplex.

Der Klosterberg des Mont-Saint-Michel, gesehen vom Roche Torin zur Hauptsaison. Foto: Hilke Maunder
Der Klosterberg des Mont-Saint-Michel, gesehen von der Roche Torin mitten in der Hauptsaison. Foto: Hilke Maunder

Erst am Abend, wenn die Besuchermassen abgereist sind, entfaltet auch die alte Inselfestung des Mont-Saint-Michel wieder einen unnachahmlichen Charme. Dann mag man fast der Legende glauben, dass es der Erzengel Michael höchstpersönlich gewesen sei, der dem Bischof Aubert von Avranches den himmlischen Auftrag erteilt hatte, auf dem Granitkegel im Meer eine Kapelle zu errichten – im Jahr 708.

Der Mont-Saint-Michel, gesehen, von der VéloMaritime-Radroute. Foto: Hilke Maunder
Der Mont-Saint-Michel, gesehen, von der VéloMaritime-Radroute. Foto: Hilke Maunder

Nach einem Benediktinerkloster des 10. Jahrhunderts entstanden in den folgenden fünf Jahrhunderten zahlreiche weitere sakrale Gebäude, die heute einen labyrinthartigen Komplex aus massiger Romanik und himmelstürmender Flamboyantgotik bilden.

Die wertvollen Manuskripte der Abtei Mont St-Michel zeigt das Scriptorial von Avranches. 1790, während der Französischen Revolution, hatte die Bibliothek der Kleinstadt 14.000 Bücher von unschätzbarem Wert zur Aufbewahrung erhalten, lange im Rathaus aufbewahrt und mit dem Scriptorial schließlich ein Museum erhalten, das zu den schönsten der Normandie gehört.

Der Blick vom Donjon auf Avranches. Foto: Hilke Maunder
Der Blick vom Donjon auf Avranches. Foto: Hilke Maunder

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