Tolbiac: Street Art ist allgegenwärtig. Foto: Hilke Maunder
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Hochburg der Street Art von Paris: le 13e

Le 13e gilt nicht als beste Adresse von Paris. Im Norden grüne Boulevards, schicke Boutiquen und die traditionsreiche Gobelinmanufaktur, im Süden Betonmonster und Hochhaustürme, im Herzen die Place d’Italie mit seinem hohen Campanile.

Er nimmt die Fahrstühle des Grand Écran auf, mit dem der japanische Architekt Kenzo Tange im 13. Arrondissement die Verbindung zwischen dem traditionellen und modernen Paris schaffen wollte.

Doch seitdem Bezirksbürgermeister Jérome Coumet mit Straßenkunst gegen Sozialverfall, Tristesse und Grau kämpft, ist le 13e sehr branché, trendy und hip. Murals, Stencils und Tags locken Menschen von weither ins Viertel.

Als Partner holte er Mehdi Ben Cheikh. Gemeinsam mit der mairie des 13. Arrondissements rief er 2009 den Parcours Street Art 13 ins Leben.

Paris 13e: Street Art. Foto: Hilke Maunder
Klappe halten: ein Verhalten, von Generation zu Generation vererbt. Foto: Hilke Maunder

Der Macher: Mehdi Ben Cheikh

Mehdi Ben Cheikh ist ein Pariser Kunsthändler und Kulturunternehmer, der seit Jahrzehnten gezielt Street-Art und urbane Kunst fördert.

1977 in Tunesien geboren, kam er im Alter von sieben Jahren nach Frankreich. Er studierte Wirtschaft und Marketing, arbeitete einige Zeit als Unternehmer und beschloss kurz nach der Jahrtausendwende, seiner Leidenschaft für zeitgenössische Kunst nachzugehen.

2004 gründete Mehdi Ben Cheikh die Galerie Itinerrance in der Rue René-Goscinny im 13. Arrondissement von Paris, die sich auf Street-Art und urbane Kunst spezialisiert hat. Zahlreiche prominente Straßenkünstler wie C215 (*1973), Invader (*1969), JR (*1983) und Shepard Fairey (*1970) waren seitdem dort zu sehen.

Die Botschaft der COP 21-Kugel

Auf Einladung von Mehdi Ben Cheikh schuf im November 2015 Shepard Fairey ein Werk, das weltberühmt wurde. Zwischen der ersten und zweiten Etage des Eiffelturms hängte der US-Amerikaner während der Klimakonferenz COP 21 seine Kugel Earth Crisis auf –  2,3 Tonnen schwer und acht Meter im Durchmesser.

Ihre bedruckte Fläche, mehr als 200 Quadratmeter groß, bildete ein Mandala aus floralen Mustern, die auf die Harmonie mit der Natur hinweisen. Sein acht Bilder wiesen auf die Bedrohung der Umwelt hin und forderten auf, sie zu respektieren.

Der Street-Art-Parcours

Für dieses urbane Freilichtmuseum im 13e Arrondissement von Paris schufen Künstler aus aller Welt eine Reihe riesiger Wandgemälden an den Fassaden der Gebäude des Arrondissements.

Als Ikone des Aufbruchs und Wandels gilt das Wandbild Liberté Egalité Fraternité von Shepard Fairey alias Obey in Erinnerung an die Oper der Anschläge vom Jahr 2019. Ihr findet es an der Rue Nationale 190.

Geführte Street-Art-Touren stellen Künstler und Motive vor. Unis machen inzwischen Exkursionen ins Viertel, Vereine führen Studenten wie Senioren zu den Wandbildern, die mal winzig, dann geradezu monumental die Fassaden schmücken.

Auch Google ist aufmerksam geworden und hat die ersten Motive verortet. Lass euch von meinen Schnappschüssen inspirieren zu eigenen ausgedehnten Spaziergängen auf den Spuren der Street-Art von Paris! Auch Ménilmontant und Belleville bieten tolle Murals!

Paris 13e: Street Art auf Google Maps.
Die Street-Art des 13. Arrondissements ist auf Google Maps verzeichnet. Credits: Google Maps.

Street-Art-Star des 13e: Miss Tic

Zu den Stars der Street-Art im 13e gehörte auch eine Pariserin auf, die besonders auf der Butte-aux-Cailles die Fassaden mit Schablonenbildern verzierte: Miss Tic. Am 22. Mai 2022 kam sie bei einem Autounfall ums Leben. Sie wurde 66 Jahre alt.

Miss Tic hieß mit bürgerlichem Namen Nadhia Novat und wurde am 20. Februar 1956 in Paris geboren. Sie wuchs im multikulturellen Pariser Viertel Belleville auf. Berühmt wurde sie mit pochoirs, ausdrucksstarken Schablonen-Bildern.

Ihr Motive waren Frauenfiguren, oft freizügig und provokant, aber auch lyrisch und poetisch.  Zu den ersten Arbeiten im öffentlichen Raum gehörte das Wonder Woman aus dem Jahr 1985.  Mit  „No pasarán“ schuf Miss Tic 1992 eine Hommage an die spanischen Antifaschisten im Bürgerkrieg. Mit „Debout les femmes“ solidarisierte sich die Künstlerin mit den Opfern sexualisierter Gewalt. Heute gilt Miss Tic als Ikone der feministischen Street-Art und inspiriert auch post mortem noch viele Künstlerinnen. Im 13e findet ihr die meisten ihrer Arbeiten in Stadtviertel. La Butte-aux-Cailles.

Le 13e: ein paar Impressionen

Street Art im 13e Arrondissement von Paris. Foto: Hilke Maunder
Street-Art auf einer Restaurantfassade der Butte-aux-Cailles. Foto: Hilke Maunder
Street Art im 13e Arrondissement von Paris. Foto: Hilke Maunder
Mural auf dem Metro-Eingang. Foto: Hilke Maunder
Street Art im 13e Arrondissement von Paris. Foto: Hilke Maunder
Wandbild in der Rue Jeanne d’Arc. Foto: Hilke Maunder
Street Art im 13e: Bemalter Stromkasten
Ein bemalter Stromkasten im 13e. Foto: Hilke Maunder
Street Art im 13e Arrondissement von Paris. Foto: Hilke Maunder
Die urbane Kunst der Rue de Chevaleret. Foto: Hilke Maunder
Paris 13e: Street Art an der Place Jeanne d'Arc. Foto; Hilke Maunder
Street-Art an der Place Jeanne d’Arc. Foto; Hilke Maunder

Politische Begegnung auf der Butte-aux-Cailles. Foto: Hilke Maunder Die Fensterguckerin der Butte-aux-Cailles. Foto: Hilke Maunder

Street Art im 13e Arrondissement von Paris. Foto: Hilke Maunder
In der Rue de Chevaleret. Foto: Hilke Maunder
Tolbiac: Street Art in der Rue de Chevaleret
Noch mehr urbane Kunst der Rue de Chevaleret von Tolbiac. Foto: Hilke Maunder
Tolbiac: Street Art in der Rue de Chevaleret
Die Rue de Chevaleret. Foto: Hilke Maunder

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Im Blog

Noch mehr Street-Art … in Paris

Im Norden von Paris ist die Rue du Retrait von Ménilmonant die Hochburg für murals, stencils, tags und andere Fassadenkunst. Klickt mal hier!

Ein schwimmendes Kulturzentrum ist die péniche Fluctuart. Sie ist am Quai d’Orsay neben dem Pont des Invalides vertäut. Das 43 Meter lange Schiff zeigt auf Ausstellungen Street-Art. Zum Kulturzentrum gehören ferner ein Buchladen, eine Bar und eine Dachterrasse.

Zu den berühmtesten Street-Art-Künstlern an der Seine gehört Christian Guémy aka C215. Seit 2006 verschönert er die Fassaden von Paris, London, Vitry-sur-Seine und Tudela. Für Le Bourget hat C215 Roland Garros, Louis Blériot und andere Pioniere der Luftfahrt auf den Fassaden verewigt.

Ella und Pitr haben auf dem Dach des Pavillon 3 des Pariser Messegeländes das europaweit größte Street-Art-Werk fertiggestellt. 1500 Liter Farbe flossen in das Motiv der älteren Dame, das sich über 2,3 Hektar erstreckt. Es ist damit so groß wie vier Fußballfelder.

… und im restlichen Land

Mekka für Street Art - der Cours Julien von Marseille. Foto: Hilke Maunder
Ganz schön feurig, die Street-Art am Cours Julien. Foto: Hilke Maunder

In Marseille könnt ihr allerfeinste urban art auf den Fassaden des Cours Julien entdecken. Hier gibt es Infos und Impressionen.

Auch Grenoble gehört zu den Hochburgen der Street-Art in Frankreich und feiert sie mit einem Festival. Mehr Infos gibt es hier.

In Besançon feiert im Juni Bien Urbain urbane Kunst. Die Infos.

Eine richtige Street Art City gibt es in Lurcy-Lévis. Hier ist sie vorgestellt.

Im Buch

Baedeker Paris 2018

Meinen Baedeker „Paris“*  gibt es seit 4. Oktober 2023 in der komplett aktualisierten und mittlerweile 20. Auflage!

„Tango unter freiem Himmel: Die Stadt der Liebe: Der neue Reiseführer ‚Paris‘ zeigt – neben Sehenswürdigkeiten – besondere Orte für Höhenflüge, romantische Momente wie ‚Tango unter freiem Himmel‘ und unvergessliche Dinners. Dazu gibt’s viele Kulturtipps…“  schrieb die Hamburger Morgenpost über meinen Paris-Führer.

Zu den Fakten, unterhaltsamer präsentiert, gibt es jetzt auch Anekdoten und Ungewöhnliches, was ihr nur im Baedeker findet. Und natürlich ganz besondere Augenblicke und Erlebnisse, die euren Paris-Aufenthalt einzigartig und unvergesslich machen. Wer mag, kann meinen Paris-Reiseführer hier* bestellen.

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4 Kommentare

  1. Sehr cooles Street Art. Leider haben wir in Düsseldorf eher wildes herumgeschmiere als kreatives Street Art. Bei meinem nächsten Paris besuch, werde ich auf jeden fall ein Besuch ins Le 13e unternehmen. Danke für den tollen Beitrag 🙂

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