Suisse Normande: Spitzenkunst im Hügelland

In der Normannischen Schweiz. Foto: Hilke Maunder
In der Normannischen Schweiz. Foto: Hilke Maunder

Bienvenue in der Suisse Normande. Fern vom Meer scheint es, als wolle die Normandie der Schweiz Konkurrenz machen. Steile Felswände säumen den Flusslauf der Orne. Hervorspringende Felsen und Überhänge prägen die Schluchten der Vire. 320 Meter hoch schwingen sich Hügelketten die Perche empor.

Wander-Mekka

https://meinfrankreich.com/gerard-samson_arpents-du-soleil/
Pferdekoppel am Wanderweg zur Brèche du Diable. Foto: Hilke Maunder

Die Normannische Schweiz ist ein traumhaftes Terrain zum Wandern, Bouldern und Klettern. Zu den schönsten Zielen gehört La Brèche au Diable. Am Fuße des Mont Joly führt eine gut zweistündige Wanderung durch ein tiefes, romantisches Tal, in dem ein Wildbach rauscht.

r lassen, wenn das Bild nur als dekoratives Element dient.Titel Die Felsen der Schlucht La Brèche du Diable. Foto: Hilke Maunder Beschriftung Die Felsen der Schlucht La Brèche du Diable. Foto: Hilke Maunder Beschreibung Datei-URL: https://meinfrankreich.com/wp-content/uploads/2015/10/F_La-Breche-du-Diable_2_credits_Hilke-Maunder.jpg URL kopieren Erforderliche Felder sind mit * markiert. Vorscha
Die Felsen der Schlucht La Brèche du Diable. Foto: Hilke Maunder

Am Pain de Sucre und dem Rocher de la Houle haben Kletterfreaks ihre Haken in den Fels geschlagen.

Wer mit dem Fahrrad unterwegs ist, merkt rasch, dass die Heimat des fünffachen Tour de France-Siegers Jacques Antequil (1934-1987) längst nicht so flach ist, wie man landläufig meint.

Der Wildbach in der Brèche du Diable. Foto: Hilke Maunder
Der Wildbach in der Brèche du Diable. Foto: Hilke Maunder

Teuflische Felsen

Als Mekka für Mountainbiker gilt die Roche d’Oëtre. Der Felsen, der Barbey d’Aurevilly als Kulisse für eine Episode in seinem Roman Die Teuflischen* diente, überragt in 118 Metern Höhe die Rouvre.

Unterwegs auf den vielen Wanderwegen der Roche d'Oëtre. Foto: Hilke Maunder
Unterwegs auf den vielen Wanderwegen der Roche d’Oëtre. Foto: Hilke Maunder

Heideland und Wälder, trockene Berghänge und torfige Wiesen machen diese Landschaft zu einer der ungewöhnlichsten der Normandie.

Faszinierend, die Felsen im Tal der Rouvre! Foto: Hilke Maunder
Faszinierend, die Felsen im Tal der Rouvre! Foto: Hilke Maunder

Eichen klammern sich an den Granit, Linden und Ilex säumen die Flanken der Hänge. Aufgrund der einzigartigen Flora und Fauna wurde das Gebiet daher in die Liste der EU-Schutzzonen Natura 2000 aufgenommen.

La face humaine - eine Felsformation der Roche d'Oëtre. Foto: Hilke Maunder
La face humaine – das menschliche Antlitz, nennt sich diese Felsformation der Roche d’Oëtre. Foto: Hilke Maunder

Jungbrunnen im Wald

Südwestlich von Argentan beginnt der Parc Naturel Régional Normandie-Maine, ein fast 235.000 Hektar großes und sehr waldreiches Gebiet.

Laubbäume wie Linde, Buche und Eiche prägen die Wälder der Normannischen Schweiz. Foto: Hilke Maunder
Laubbäume wie Linde, Buche und Eiche prägen die Wälder der Normannischen Schweiz. Foto: Hilke Maunder

Aus seinem dichten Grün erhebt sich der Kurort Bagnoles-de-l’Orne mit seinen radioaktiven Thermalquellen. Sie werden nicht nur bei  Kreislauferkrankungen und Rheumaleiden angewendet. Sondern gelten seit Jahrhunderten auch als Jungbrunnen.

So erhofften sich bereits Madame Pompadour, Bismarck und Churchill dort Linderung ihrer altersbedingten Gebrechen. Und wie es sich für einen Kurort gehört, ist das gesellschaftliche Leben fast wichtiger als die Anwendungen. Im Kasino, beim Golf oder bei Theatervorführungen zeigt man gerne, wer man ist – und was man hat.

Das goldene Pferd

Herbst in der Normannischen Schweiz. Foto: Hilke Maunder
Herbst in der Normannischen Schweiz. Foto: Hilke Maunder

Hart und von Armut geprägt war Jahrhunderte lang hingegen das Leben im Perche. Nur der alte römische Name Sylva Pertica lässt heute noch erahnen, welch große Wälder einst die bis zu 320 Meter hohen Hügelkämme bedeckten, die heute die Heckenlandschaft der bocage überzieht.

Wo keine Schafe weideten, wurden die schweren Böden noch bis in die 1960er-Jahre mit kräftigen Kaltblütern bearbeitet, den Percherons. Wenngleich es ihre massige Statur kaum vermuten lässt, so tragen sie doch Araberblut in sich.

Ein Wohnhaus im Quartier St-Léonhard von Alençon. Foto: Hilke Maunder
Ein Wohnhaus im Quartier St-Léonhard von Alençon. Foto: Hilke Maunder

Im Jahr 732 kämpften die Sarazenen mit diesen Pferden in der Schlacht von Poitiers gegen die fränkischen Ritter, die nach dem Sieg über die Mauren die arabischen Rösser mit heimischen Rassen kreuzten.

Und das erfolgreich: Mehr als 7.500 Tiere wurden allein in die USA exportiert, weitere nach Australien, Afrika und Japan. Heute besinnt sich auch Frankreich wieder auf das Arbeitspferd. In Trouville sur-Mer transportieren Percherons den Müll ab.

Legendär ist vor allem die enorme Kraft der Kaltblüter. Selbst eine Göttin konnte einst das Pferd nicht bändigen. Zur Strafe verwandelte sie das Tier in eine Statue und verbannte es.

Als goldenes Pferd galoppiert es bis heute über den Himmel von Cornon, der alten Hauptstadt der Grafschaft Perche.

Filigrane Kostbarkeiten

Alençon-Spitze. Foto: Hilke Maunder
Alençon-Spitze. Foto: Hilke Maunder

Berühmt wurde die Suisse Normande auch für ihr Kunsthandwerk. Am 5. August 1655 gründete Colbert in Alençon die Königliche Stickereimanufaktur des Point de France, wie die Nadelspitze aus Alençon auch genannt wird.

Mithilfe von italienischen Arbeiterinnen wurde dort erst die venezianische Spitze erfolgreich kopiert, dann ein Einfuhrverbot für Spitzen verhängt. Geschützt durch ein staatliches Monopol, eroberte die Nadelspitze aus Alençon erst Versailles, dann die europäischen Höfe.

Nadelspitze aus Alençon:Jocelyne Renault ist seit 1976 Dentellière im Atelier national de la Dentelle und zeigt im Museum den Besuchern die zehn Schritte zur Herstellung der Alençon-Spitze. Foto: Hilke Maunder
Jocelyne Renault ist seit 1976 dentellière im Atelier national de la Dentelle und zeigt im Museum den Besuchern die zehn Schritte zur Herstellung der Alençon-Spitze. Foto: Hilke Maunder

1851 feierte der Point d’Alençon seinen größten Triumph. Auf der Weltausstellung wurde er in London als ›Königin der Spitzen‹ ausgezeichnet. Doch bereits wenige Jahre später brachten die Erfindung der Maschinenspitze und der Wandel der Mode den Niedergang der Spitzenindustrie.

Spitze in Stein: die Kathedrale von Alençon. Foto: Hilke Maunder
Spitze in Stein: die Kathedrale von Alençon. Foto: Hilke Maunder

Heute gehört die Spitze aus Alençon zum immateriellen Welterbe der UNESCO, und ein hervorragendes Museum, in dem die Herstellung live vorgeführt wird, zeigt, wie lebendig die Nadelspitze aus Alençon noch heute ist.

Insider-Tipp

Nadelspitze aus Alençon. Foto: Hilke Maunder
Bouquet mit Point d’Alençon, 19. Jahrhundert, Leinen, 8 x 48 x 28 cm. Foto: Hilke Maunder

Auf den Spuren der Spitze

Entlang der Route des dentelles normandes halten sieben Städte heute mit Werkstätten und Museen die Tradition der Spitzenherstellung lebendig und erläutern regionale Unterschiede. Während in Argentan und Alençon die Nadelspitzen aus sehr feinem Leinen gefertigt werden, entsteht die Spitze von Bayeux als Klöppelarbeit aus schwarzer Seide.

Weiße Seide wird bei der Blonde de Caen geklöppelt, mehrfarbige Seide in Courseulles-sur-Mer verarbeitet. La Perrière hingegen ist für seine filets bekannt, Netzstickereien auf gewebtem oder fein geklöppeltem Grund.

Wahrzeichen für die Spitze von Villedieu-les-Poêles ist eine Sequenz aus drei floralen Motiven. Hoch im Norden präsentiert schließlich die Cité de la dentelle die nordfranzösische Maschinenspitze. Mehr dazu erfahrt ihr hier.

Die Cité de la Dentelle et de la Mode von Calais. Foto: Hilke Maunder
Die Cité de la Dentelle et de la Mode von Calais. Foto: Hilke Maunder

Gefällt Dir der Beitrag? Dann sag merci mit einem virtuellen Trinkgeld.
Denn nervige Banner oder sonstige Werbung sind für mich tabu.
Ich setze auf Follower Power. So, wie Wikipedia das freie Wissen finanziert.

Unterstütze den Blog mit Deiner Spende. Per Banküberweisung. Oder via PayPal.

Unterwegs in den Schlucht der Rouvre. Foto: Hilke Maunder
Unterwegs im Tal der Rouvre. Foto: Hilke Maunder

Weiterlesen

Im Blog

Wandertipp: die Cascades de Mortain

Die höchsten Wasserfälle Westfrankreichs stürzen sich bei Mortain zu Tal. Aus mehr als 20 Metern Höhe rauschen die Wassermassen über die Felsen. Erfahrt hier mehr.

Im Buch

Glücksorte in der Normandie*

Steile Klippen und weite Sandstrände, bizarre Felslandschaften und verwunschene Wälder, romantische Fachwerkstädtchen und moderne Architektur – die Normandie hat unzählige Glücksorte zu bieten.

Gemeinsam mit meiner Freundin Barbara Kettl-Römer stelle ich sie euch in diesem Taschenbuch vor. Wir verraten, wo die schönste Strandbar an der Seine liegt, für welche Brioches es sich lohnt, ins Tal der Saire zu fahren, und wo noch echter Camembert aus Rohmilch hergestellt wird.

Unser Gemeinschaftswerk stellt euch insgesamt 80 einzigartige Orte vor, die oftmals abseits der eingetretenen Pfade liegen. Wer mag, kann es hier* bestellen.

Hilke Maunder_Normandie_Abseits

Normandie: 50 Tipps abseits der ausgetretenen Pfade*

Die Netflix-Serie „Lupin“ hat die Normandie zu einem touristischen Hotspot gemacht. Garantiert keine Massen triffst Du bei meinen 50 Tipps. Sie sind allesamt insolite, wie die Franzosen sagen – ursprünglich, authentisch und wunderschön.

Die Landpartie durch die andere Normandie beginnt im steten Auf und Ab der Vélomaritime, führt zu den Leinenfeldern der Vallée du Dun, zu zottigen Bisons und tief hinein ins Bauernland des Pays de Bray, Heimat des ältesten Käses der Normandie.

Im Tal der Seine schmücken Irisblüten auf hellem Reet die Giebel alter chaumières, und Störche brüten im Marais Vernier. Von den Höhen vom Perche geht es hin zur Normannischen Schweiz und bis zur Mündung des Couesnan an der Grenze zur Bretagne. Hier* kannst Du den handlichen Führer bestellen.

 * Durch den Kauf über den Partner-Link, den ein Sternchen markiert, kannst Du diesen Blog unterstützen und werbefrei halten. Für Dich entstehen keine Mehrkosten. Ganz herzlichen Dank – merci !

Merci fürs Teilen!

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.