Blick auf Talmont-sur-Gironde von der Klippe von Caillaud. Foto: Hilke Maunder
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Postkarte aus … Talmont-sur-Gironde

Helle Kalksteinklippen, kleine weiß getünchte Häuser, eine romanische Kirche aus Sandstein und tief unten die Fluten der Gironde: Talmont-sur-Gironde ist ein Bilderbuch-Ort. Und zur Hauptsaison im Sommer als eines der schönsten Dörfer Frankreichs ein Touristenmagnet.

Wer da nicht früh kommt, hat Pech an der Zufahrtsschranke. Dann ist der Großparkplatz, der längst mehr Fläche einnimmt als das eigentliche Dorf, bis in den Abend hinein voll.

Die kleine Bucht von Talmont-sur-Gironde. Foto: Hilke Maunder
Die kleine Bucht von Talmont-sur-Gironde bei Niedrigwasser. Foto: Hilke Maunder

Doch sobald der 15. August vorbei ist, werden die Straßen leerer. Bereits im September schließen die ersten Souvenirläden. Von Oktober bis Ostern fällt der Ort zurück in seinen Dornröschenschlaf. Dann habt ihr seinen Charme ganz für euch. Ein Picknick auf der Klippe, dazu der Weitblick auf die Mündung und das ferne Meer: traumhaft!

Doch jetzt: hinein ins Dorf! Stockrosen säumen die verkehrsberuhigten Gassen. Rosen ranken vor den Fassaden. Apfel- und Kirschbäume recken hinter alten Steinmauern ihre Krone in den Himmel.

Leitern zum Boot

Talmont-sur-Gironde: Über dem Hafen stand einst ein altes Zollhaus. Der heutige Bau wurde 1930 errichtet. Foto: Hilke Maunder
Über dem Hafen stand einst ein altes Zollhaus. Der heutige Bau wurde 1930 errichtet. Foto: Hilke Maunder

Folgt der Grande Rue du Port hin zum im kleinen Hafenkanal. Die Bootsstege verraten euch, wie groß der Tidenhub an der Gironde ist. Bei Niedrigwasser müssen die Fischer eine Leiter hinab zum Boot klettern.

Der kleine Hafen von Talmont-sur-Gironde. Foto: Hilke Maunder
Der kleine Hafen von Talmont-sur-Gironde. Foto: Hilke Maunder

Gegenüber der Stege findet ihr das alte Zollhaus, das ein jahrhundertealter Baum ein wenig versteckt. In den oberen Etagen haben Valerie und John ein charmantes chambre d’hôtes eingerichtet.

Talmont-sur-Gironde: Das alte Zollhaus birgt heute Gästezimmer. Foto: Hilke Maunder
Das alte Zollhaus birgt heute Gästezimmer. Foto: Hilke Maunder

Biegt nun in die Rue du Médoc ein und folgt ihr, bis linker Hand ein Pfad Richtung Küste abzweigt. Er führt zu einem Panoramaweg, der den Klippen hin zum bekanntesten Bauwerk des Ortes folgt: der katholischen Kirche Sainte-Radegonde.

Eine thüringische Prinzessin

Talmont-sur-Gironde: die romanische Kirche Sainte-Radegonde. Foto: Hilke Maunder
Die romanische Kirche Sainte-Radegonde. Foto: Hilke Maunder

Sainte-Radegonde ist niemand anderes als die heilige Radegunde, die um 520 n. Chr. in Thüringen geboren wurde. Sehr früh wurde sie Vollwaise. Daher wuchs siemit ihren beiden Brüder am Hofe ihres Onkels, König Herminafried, auf.

Der Dorffriedhof zwischen Mündung und Kirche. Foto: Hilke Maunder
Der Dorffriedhof zwischen Mündung und Kirche. Foto: Hilke Maunder

Nach der Schlacht an der Unstrut, die die Thüringer gegen Chlothar I. verloren, wurde sie im Jahr 531 an die Somme verschleppt und neun Jahre später gegen ihren Willen mit dem Frankenkönig verheiratet.

Der Dorffriedhof zwischen Mündung und Kirche. Foto: Hilke Maunder
Und ewiglich der Blick aufs Meer…. Foto: Hilke Maunder

Bei Hofe lebte sie sehr asketisch. Sie ließ die Fleischschüsseln vorbeigehen und ernährte sich ausschließlich von Gemüse. Er habe sich eine Nonne genommen, spottete der Hof, als die Ehe kinderlos blieb.

Radegundis entzog sich dem Hofleben. Sue widmete sich lieber den Armen und Kranken – und floh ins Kloster. Als Diakonin gründete sie 558 n. Chr. mit der Abtei zum Heiligen Kreuz das erste Frauenkloster Europas.

Naturstein, blaues Tor und Stockrosen: Talmont-sur-Gironde. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Im 9. Jahrhundert heiliggesprochen, entstanden in Frankreich rund 150 ihr geweihte Kirchen. Auch in England, in Kanada, sogar im Kongo bauten man ihr zu Ehren Kirchen. Ihre letzte Ruhestätte fand sie in Abteikirche Sainte-Croix de Poitiers. Dort gedenkt man alljährlich am 13. August der Schutzheiligen der Weber und Töpfer.

Talmont-sur-Gironde. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Folgt dem Panoramaweg entlang der Klippe so weit, bis ein kleiner Weg rechts abzweigt und euch zurückbringt zur Grande Rue du Port. Blickt vorher aber noch einmal gen Westen!

Bio-Tropfen von der Klippe

Die Boutique des Weingutes im Ortszentrum von Talmont. Foto: Hilke Maunder
Die Boutique des Weingutes im Ortszentrum von Talmont. Foto: Hilke Maunder

Zurück auf der südlichsten Shoppingstraße des Dorfes, kommt ihr nach wenigen Schritten zur kleinen, aber stylischen Boutique des Weingutes Les Hauts de Talmont. Meist steht der Kellermeister höchstpersönlich hinter dem Verkostungstresen.

Dreifach bio und richtig stylisch: das Weingut Les Hauts de Talmont. Foto: Hilke Maunder
Dreifach bio und richtig stylisch: das Weingut Les Hauts de Talmont. Foto: Hilke Maunder

Les Hauts de Talmont ist das einzige Weingut der Charentes, das dreifach als nachhaltig und umweltfreundlich zertifiziert ist: Demester, AB und Biodyvin.

Die Trauben von Les Hauts de Talmont wachsen auf Muschelkalk hoch über der Gironde. Foto: Hilke Maunder
Die Trauben von Les Hauts de Talmont wachsen auf Muschelkalk hoch über der Gironde. Foto: Hilke Maunder

Seine Reben wachsen zwischen der Falaise de Caillaud und der romanischen Kirche von Talmont hoch über der Gironde-Mündung auf Maastricht-Muschelkalk. Seit 2011 wird der 5,5 Hektar große Rebgarten, der nicht nur vom Blick her herrliche Aussichten bietet, biodynamisch bewirtschaftet.

Talmont-sur-Gironde. Foto: Hilke Maunder
Les Hauts-de-Talmont. Foto: Hilke Maunder

Vinifiziert werden drei Süßweine in Weiß, Rosé und Rot. Durch die mutage mit  Eau de Vie vom Colombard sind sie aber weniger alkoholhaltig als der Pineau de Charente.

Talmont-sur-Gironde, Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Zum Essen könnt ihr zwischen zwei weißen Colombards, einem Rosé und einem Rotwein des Labels „Expression“ wählen. Festliche Momente begleitet mit sanftem Perlen ein Brut de Colombard und ein Brut de Merlot nach Champagnermethode.

Talmont-sur-Gironde. Foto: Hilke Maunder
Foto: Hilke Maunder

Talmont-sur-Gironde: meine Reise-Infos

Praktisches

Der Ort ist autofrei. Für die Besucher wurde ein gebührenpflichtiger Großraumparkplatz eingerichtet. Auf ihm dürft ihr im Wohnmobil oder Wohnwagen auch übernachten.

In der Nähe

Le Fâ Barzan

Seit 10. September 2005 präsentiert das archäologische Museum Ausgrabungen und Fundstücke der gallorömischen Antike. Unter den flavischen Kaisern war gegen 69–96 rund einen Kilometer nördlich vom heutigen Barzan die Römerstadt Novioregum angelegt worden – samt Hafen am Gironde-Ufer bei Barzan-plage.

Ihre Blüte erlebt die gallorömische Stadt im 2. Jahrhundert. Ausgegraben sind bislang die Ruinen von Therme und Theater, Rundtempel und Speicher.
• 25, Route du Fâ, 17120 Barzan, Tel. 05 46 90 43 66, www.fa-barzan.com

Foto: Hilke Maunder

Schlemmen

Auberge du Promontoire

Rochen, Lachs, Muscheln und andere Meeresfrüchte sind die Spezialitäten dieses beliebten Gasthofes mit Gartenterrasse, aber auch Ente und Rind kommen aus der Küche.
• Rue de l’ancien château, 17120 Talmont-sur-Gironde, Tel. 05 46 90 40 66, www.restaurant-talmont17.fr

L’Ane culotte

Bar, Crêperie und Lokal mit einfacher, aber leckerer Küche, die im Sommer auf der Terrasse serviert wird. Sonnensegel sorgen dort für Schatten.
• Rue de l’ancien château, 17120 Talmont-sur-Gironde, Tel.05 46 90 41 58, www.laneculotte.fr

Zeitentrückt: Talmont-sur-Gironde. Foto: Hilke Maunder
Zeitentrückt: Talmont-sur-Gironde. Foto: Hilke Maunder

Shopping

Les Hauts de Talmont

Auf der Klippe von Caillaud mit Blick auf die Gironde-Mündung und die Halbinsel von Talmont haben Lionel Gardrat, Michel Gaillard und Jean-Jacques Vallée im Jahr 2003 einen 5,5 ha großen Weinberg angelegt. 2011 stellten sie ihn auf Biodynamie um. Ihre Tropfen könnt ihr im Herzen von Talmont-sur-Gironde verkosten und kaufen.
• Ecke Rue du Port/Rue de l’Église, Tel. 06 61 67 17 17, www.leshautsdetalmont.com, tgl. 11-13, 15-19 Uhr, Ostern bis Ende September

Schlafen

La Vieille Maison de La Douane*

Im Juli und August könnt ihr im ersten Stock nur die gesamte Ferienwohnung mieten, die restliche Zeit des Jahres zwei Gästezimmer. La Suite de l’Estuaire eröffnet vom 1,40 m breiten Doppelbett den Blick auf die Mündung der Gironde,  Les Jardins de Talmont vom 1.60 m breiten Bett auf die Gärten von Talmont.
• rue des Fleurs, 17120 Talmont-sur-Gironde, Tel. 06 79 87 44 18,

L’Estuaire*

Grundsolides Haus direkt an der Bucht mit sieben Doppel- und Dreibettzimmern und gehobener Hausmannskost im Restaurant.
• Avenue de l’Estuaire, 17120 Talmont-sur-Gironde, Tel. 05 46 90 43 85, https://www.facebook.com/LEstuaire-Hotel-Restaurant

Auch in Talmont findet ihr die Fischerhütten auf Stelzen, die typisch sind für die Küsten der Charentes und Vendée. Foto: Hilke Maunder

Weitere Unterkünfte*

Booking.com

Talmont-sur-Gironde. Foto: Hilke Maunder
Weiße Fassade, blaue Fensterläden: Talmont-sur-Gironde. Foto: Hilke Maunder

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Talmont-sur-Gironde. Foto: Hilke Maunder
Weiße Fassade, blaue Fensterläden: Talmont-sur-Gironde. Foto: Hilke Maunder
Naturstein, blaues Tor und Stockrosen: Talmont-sur-Gironde bleibt sich treu. Foto: Hilke Maunder
Naturstein, blaues Tor und Blütenpracht: Talmont-sur-Gironde bleibt sich treu. Foto: Hilke Maunder
Auch in Talmont findet ihr die Fischerhütten auf Stelzen, die typisch sind für die Küsten der Charentes und Vendée. Foto: Hilke Maunder

4 Kommentare

  1. Bonjour,
    am schönsten ist es am Dienstagabend bei Einbruch der Dämmerung im Juli und August.
    „A la tombée de la nuit, les rues du village se découvrent à la lueur tamisée des bougies. A cette occasion, les commerces et boutiques d’artisans restent ouverts jusqu’à 23h. Du 1er juillet au 31 août, les mardis à partir de 21h.“
    Es ist wirklich einzigartig hunderte von Kerzen beleuchten die Gassen. Leider ist es da inzwischen auch sehr voll, aber noch nicht so überlaufen wie tagsüber.

    1. Oh, danke für den Tipp – die Kerzen habe ich leider verpasst. Wusste ich nicht… nun aber steht es auf meiner Liste! Merci und frohe Pfingsten! Hilke

    1. Bonjour,
      ja, das stimmt. Allerdings machen die Schranken schon viel früher aus, als die ersten Busse und die vielen Gäste eintreffen Vor 11 Uhr ist dort der Charme auch in der Hauptsaison zu spüren – und abends nach Abfahrt der Busse und meisten Touristen. Ich war im Hochsommer schon öfters dort- und bin dann beim Ansturm der Besucher einfach in der Umgebung an der Steilküste gewandert. Dort gibt es tolle markierte Touren! Und wenn man gegen 17/1.30 Uhr zurück kommt, ist auch Talmont wieder sehr schön …
      Viele Grüße, Hilke

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