
Das menschenfressende Monster Tarasque, halb Mensch, halb Tier, das der Stadt an der ViaRhôna ihren Namen gegeben hat, versteckt sich in einem dunklen Schaukasten unter den Arkaden der Place du Marché.
Nur zu Pfingsten, wenn Tarascon die Fête de la Tarasque feiert und der Drache beim Umzug durch die Straßen getragen wird, darf das Ungeheuer sein Gefängnis verlassen.

Hoch über der Rhône sonnt sich an der Flutmauer eine zweite Tarasque, groß aus hartem Stein geschlagen, nur einen Steinwurf entfernt von der Kirche, die der Heiligen geweiht ist, die das Monster bezwang: Sainte-Martha.
Allein mit Weihwasser und Keuschheit soll die Jungfrau diese ungeheure Tat begangen haben.

Der gezähmte Drache
60 tapferen Männern, die zuvor versucht hatten, die Tarasque zu besiegen, war die Zähmung nicht gelungen. Die Hälfte von ihnen wurde vom Feuerstrahl des Drachen verbrannt, die Restlichen flüchteten – froh, den Kampf überlebt zu haben. Der Drache ist heute im Wappen verankert, Sainte-Martha die Stiftskirche von Tarascon geweiht.
Drinnen zeigt ein Gemälde hinter der Kanzel, wie die Heilige Martha die Tarasque zähmte. Charles André van Loo hat es gefertigt. Die Gebeine der Sainte-Martha ruhen in der Krypta in einem vergoldeten Reliquiarum.

Die Heimat von Tartarin
Frankreichweit berühmt wurde die antike Handelsniederlassung auch durch einen Schriftsteller: Alphonse Daudet wählte Tarascon zur Heimat von Tartarin. Als beliebte literarische Figur führte der gewiefte Südfranzosen ab 1872 mit seinen Prahlereien andere hinters Licht.

Im Cabinet des curiosités de Tartarin im einstigen Kloster erfahrt ihr alles über den heldenmütigen Rentner, der auf Löwenjagd gehen wollte.
Zwar wurde er bei der Überfahrt, wie auch beim Kamelritt, seekrank. Doch zurück kehrte er wahrhaftig mit einem erlegten (wenngleich blinden und lahmen…) Löwen. Und Tarascon bereitete ihm einen rauschenden Empfang.
Provenzalische Lebensart

Der nächste große Name, den alle Franzosen mit Tarascon verbinden, heißt Souleïado. Seit zwei Jahrhunderten residiert die Textilmanufaktur mitten in der Altstadt im prachtvollen Stadtpalais Hôtel d’Ayminy.
Dort erzählt heute ein Museum die Geschichte der Stoffherstellung in der Provence und gewährt Einblicke in die Produktion der berühmten Stoffe.


Im Innenhof serviert eine Teestube Getränke und Kuchen auf Souleïado-Decken. In der Boutique gibt es Souleïado zum Tragen für sie und ihn.
Zum Sortiment gehören seidenfeine Baumwollhemden und Kleider und Mode, die mit Farbe, Mut zu Mustern und schlicht-raffinierten Schnitten wie ein Sonnenstrahl die Lebensart der Provence in alle Welt bringt.

Die Burg des guten Königs


Im großen Bogen laufen wir durch Gassen mit hell verputzten Fassaden und Fensterläden in den typischen Farben der Provence zurück zu einer Trutzburg, die der beliebteste Herrscher des Südens bewohnt hat: le bon roi Réné.

Seit dem 15. Jahrhundert sicherte die imposante Wehrburg am Ufer der Rhône die damals noch unabhängige Provence vom Einflussbereich des französischen Königs ab.
Vorbei an Sälen, die Christian Lacroix mit rotem Teppich ausgelegt hat, auf denen sich Vögel und andere Tiere im tiefen Schwarz tummeln, steigen wir ausgetretene Treppen hinauf zur Dachterrasse.

Was für ein Ausblick! Gen Osten die Kalksteinspitzen der Alpilles, gen Westen am anderen Ufer der Rhône, und damit im Languedoc, das Städtchen Beaucaire, gen Norden und Süden die sanften Bögen der Rhône. Schuten und Tanker passieren auf dem Strom.

Ausflugsschiffe von Mireio machen am Kai fest. Und auch und Flussschiffe unterbrechen dort immer häufiger ihre Kreuzfahrt. Tarascon ist im Kommen. Es gibt viel zu entdecken!

Künstler-Freunde
Dass die südfranzösische Rhônestadt eine norddeutsche Freundin hat, erfuhr ich per Zufall von meiner Freundin Claudine, mit der ich auf der ViaRhôna unterwegs war.
Im Hotel Le Provence entdeckt sie das Wappen ihrer Heimatstadt. Und das Werk eines Mannes, der zu den besten Freunden ihres Bruders gehörte: Anders Petersen aus Elmshorn.

2005 war der freie Künstler, dessen Arbeiten die klassischen Genres sprengen, nach Tarascon gekommen und hatte dort seine Werke im Kreuzgang des ehemaligen Franziskanerklosters gezeigt. Und im Zuge der Städtepartnerschaft mit Elmshorn einen fruchtbaren künstlerischen Austausch mit Françoise Vadon begonnen.
Inzwischen hat die Künstlerin aus Tarascon ihre Arbeit mehrfach im Großraum Hamburg gezeigt, und Anders Petersens Werk ist regelmäßig in Tarascon zu sehen.

Meine Reisetipps: Tarascon
Schlafen
Hôtel de Provence
Geräumige, typisch provenzalisch eingerichtete Zimmer am Platanen bestandenen Altstadtring – die Räume im Obergeschoss haben wunderschön große Terrassen!
• 7, bd. Victor Hugo, 13150 Tarascon, Tel. 04 90 91 06 43, www.hotel-provence-tarascon.com

Schlemmen
Tailles de Bon
So zartes Stierfleisch habe ich bislang nirgends gegessen! Und das Ambiente ist einfach wundervoll: im Sommer im Garten, im Winter in einem fast opernartig opulent gestalteten Gastraum, urgemütlich und kuschelig.
• 1, place du Colonel Berrurier, 13150 Tarascon, Tel. 04 90 91 47 74, www.facebook.com/taillesdebon
Bistro des Anges
Gehobene Hausmannskost in für Frankreich recht großen Portionen, lokale Weine und schönes Ambiente drinnen wie draußen.
• 20, Place du Marché, 13150 Tarascon, Tel. 04 90 91 05 11, www.facebook.com

Le Comptoir des Gourmets
Sehr gut sortiertes Feinkostgeschäft mit Bistro am Bahnhof. Serviert werden planchettes, kleine kalte Platten, mit charcuterie, Käse oder rein vegetarisch. Mittags gibt es frische Hausmannskost mit Vorspeise, Hauptgang und Dessert für günstige Euro.
• 18, place du Colonel Berrurier, www.facebook.com/lecomptoirdesgourmets

SERVICE
Rund ums Rad
Technicycles
Verkauf, Verleih und Reparatur von Fahrrädern
• Rue des Charpentiers, 13150 Tarascon, Tel. 04 90 93 14 10, https://technicycles.fr
Offizielles Stadt- und Tourismus-Portal von Tarascon: www.tarascon.fr
Mein Buchtipp
Packt beim Besuch von Tarascon einen Krimi mit ins Gepäck, den ich in nächtlichen Stunden verschlungen habe: Im Sumpf der Camargue von Xavier-Marie Bonnot. Tarascon und seine Tarasque sind dort das Thema.
Der zweite Fall des Marseiller Kripomannes Michel de Palma, der vom Milieu seiner Heimat nur le baron genannt wird, gehört zu den besten französischen Krimis, die ich in letzter Zeit gelesen habe. Spannend, überraschend, kenntnisreich in der Region verwurzelt – ein Lesevergnügen bis zur letzten Seite!
Wer mag, kann den Krimi hier* als gebundenes Buch online bestellen. Das E-Book gibt es hier*.
Den ersten Fall von Commissaire Michel de Palma habe ich euch in meinem Blogbeitrag zum Krimiland Frankreich vorgestellt.
Gefällt euch dieser Beitrag? Helfen euch die Infos? Dann sagt merci – ich freue mich über eure Unterstützung. Fünf Möglichkeiten gibt es. Und auch PayPal.
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Das ganze Land: MARCO POLO Frankreich*
Einfach aus dem Besten auswählen und Neues ausprobieren, ist das Motto der Marco Polo-Reiseführer. Den MARCO POLO Frankreich* habe ich vor vielen Jahren von Barbara Markert übernommen und seitdem umfassend aktualisiert und erweitert.
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Beau reportage sur la jolie et méconnue ville de Tarascon! A bientôt j’espère chère Hilke pour un apéritif à l’ombre des platanes.
Et merci d’être venue hier soir au vernissage de l’exposition avec Anders Petersen à Elmshorn.
Chère Françoise,
j’étais ravie de faire votre connaissance! Vos œuvres m’ont plu beaucoup, et j’espère qu’on se revoit à Tarascon. Et/ou à Elmshorn!