Ulrich Hochlechner mit seinem Patou. Foto: privat

Mein Frankreich: Ulrich Hochlechner

„Mein Frankreich“ ist nicht nur Titel meines Blogs, sondern auch Programm: Ich möchte möglichst viele von euch animieren, euer Frankreich vorzustellen. Mein Frankreich – was bedeutet das für euch? 

Diesmal stellt Ulrich Hochlechner sein Frankreich vor. Ulrich ist Sozialpädagoge, Musiker (Blues), Hunde-, Wohnmobil- und Frankreichliebhaber – und mittlerweile auch schon 60 Jahre alt.


Ursprünglich aus Nürnberg, lebe ich seit vielen Jahren in Neustadt in der schönen Pfalz mit der – wie ich finde – sehr praktischen Nähe zu Frankreich. Mit dem Elsass vor der Haustür erleben wir hier Europa von seiner besten Seite.

Zum Einkaufen oder einfach so mal eben über die nicht mehr vorhandene Grenze – das ist hier bei uns Alltag. Der Hund auf dem Bild ist – natürlich – auch ein französischer, ein Patou oder Pyrenäenberghund, in Frankreich bekannt aus den Filmen um Belle et Sébastien.

1981 war es, und ich war noch sehr jung, als ich mit meiner damaligen Freundin, Hund und Zelt Richtung Ardèche losgefahren bin. Zuvor war ich nur zweimal in Frankreich gewesen, wobei der erste Besuch gleich am ersten Tag mit einem Autounfall in Lyon endete. Der zweite mit dem Motorrad 1979 führte mich nach Avignon zum Festival mit vielen schönen Eindrücken.

Die Ardèche war allerdings eine herbe Enttäuschung: Alles überfüllt (Hochsaison) und nirgendwo ein Campingplatz frei. Bei einem Frustkaffee nach 800 km gab uns dann jemand in Vallon-Pont-d’Arc den Tipp, es an der Cèze zu versuchen. So landeten wir schließlich todmüde in La Roque-sur-Cèze, einem traumhaften mittelalterlichen Dorf, das damals touristisch noch im Dornröschenschlaf lag.

Einige Jahre vorher noch ohne Bewohner, hatte der Staat die leerstehenden Häuser zu einem symbolischen Preis mit strengen Denkmalschutzauflagen an Liebhaber verkauft. Wir fanden zufällig eine Stelle auf einer Lichtung am Fluss und bauten das Zelt auf. Am nächsten Tag kam allerdings der Besitzer und jagte uns sehr unfreundlich weg.

Also fuhren wir weiter ans Mittelmeer in die Gegend von Sète, wo wir uns den nächsten Frust holten: wieder alles voll und auch die Küste nicht schön. In unserer Verzweiflung fuhren wir zurück nach La Roque und fragten uns zum Besitzer des Grundstückes durch. Meine damalige Freundin sprach fließend Französisch. Wir baten um die Erlaubnis, doch bitte auf seiner Lichtung zelten zu dürfen.

Nachdem er uns dies erlaubt hatte, war das der Beginn meiner großen Liebe zu Frankreich. Und der Beginn einer Bekanntschaft mit dem Inhaber der Lichtung, dem damals schon 75-jährigen Pierre Bonnet und seiner gleichaltrigen Freundin, im Dorf genannt les amoureux. Wir luden uns gegenseitig zum Essen ein, kündigten künftig unsere Besuche an, und jeder im Ort kannte uns.

Monsieur Bonnet war übrigens der Vater von Guy Bonnet, einem bekannten Musiker und Komponisten, der zweimal beim Grand Prix Eurovision de la Chanson angetreten ist und für viele bekannte Interpreten komponiert hat. In den Folgejahren waren wir einige Male auf „unserer“ Lichtung an der Cèze. Wie das aber im Leben so ist, bringt die Zeit Veränderungen mit sich.

In meinem Fall waren dies Heirat, Trennung, neue Beziehung, Kinder, Hunde. Aber die Cèze blieb. Es zieht mich immer wieder hin. Wenn ich bei Bagnols-sur-Cèze in das Flusstal einbiege, bekomme ich richtig heimatliche Gefühle.

Mittlerweile ist die Cèze allerdings schon lange kein wirklicher Geheimtipp mehr. Ich gebe daher hier gerne ein paar Hinweise auf Sehenswertes an und um die Cèze:

  • La Roque-sur-Cèze: sicherlich eines der schönstes Dörfer Frankreichs.

  • Les Cascades du Sautadet: unterhalb von La Roque gelegene Sinterterrassen, mit reißender Strömung, ein Naturschauspiel erster Güte.

  • Pont Charles-Martel: Ein Stückchen oberhalb führt eine Brücke über die Cèze, welche Karl Martell hat bauen lassen. Das war im 8. Jahrhundert. Seitdem steht sie und trotzt den vielen Hochwassern, welche in der Region zum Teil verheerende Folgen hatten. In den 1970er-Jahren stieg der Wasserpegels in einer Nacht um 12 Meter – das ist Spitze bis heute. Die Brücke war einzige, welche anschließend noch stand.

  • Goudargues: ein malerisches Städtchen mit Einkaufsmöglichkeiten und einem Bach mittendurch, an dessen Ufer Cafés sind. Hier kann man gut entspannen und auch sehr gut essen.

  • Les Concluses: Eine wunderschöne wilde Schlucht mit Sinterterassen in der Nähe von Goudargues. Das ist allerdings ein echter Geheimtipp, da man dort meistens alleine ist.

  • Montclus: Mittelalter pur oberhalb einer Schleife des Flusses.

  • Der Wochenmarkt in Bagnols-sur-Cèze: immer Mittwochs ein Erlebnis. Er ist sehr groß und hat ein Angebot vom Auto bis zum Thunfisch, vom Dachfenster bis Couscous, vom Hosenknopf bis zu Gewürzen – ein Erlebnis.

  • Uzès: Der alte Herzogssitz mit seiner sehenswerten Burg und einem mittlerweile berühmten Wochenmarkt.

  • Barjac: ein hübsches mittelalterliches Städtchen. Jedes Jahr zu Ostern findet hier ein Antiquitätenmarkt statt, zu dem die Händler aus ganz Europa anreisen.

  • Remoulins / Pont du Gard: das kennt aber nun wirklich fast jede/-r.

Zu erwähnen sind noch die Gorges de la Cèze, eine nicht soooo spektakuläre Schlucht, aber nichtsdestotrotz schön. Fährt man die Cèze ab Saint-Ambroix über Bessèges weiter flussaufwärts, kommt man in eine der – wie ich finde – schönsten Gegenden Frankreichs, nämlich in die Cevennen. Hier kann man noch urwüchsige und sehr dünn besiedelte Natur erleben.

Spektakuläre Straßen wie die Corniche des Cévennes wechseln mit kargen Hochebenen, in die tiefe Schluchten wie die Gorges du Tarn eingeschnitten sind. Nicht vergessen sollte man die „Weltwunder der Cevennen“, wie Aven d’Orgnac, ein Traum von einer Tropfsteinhöhle, den Bois de Païolive mit seinen Steinskulpturen oder die Cirque de Navacelles, eine gigantische runde Schlucht.

Und nicht zu vergessen der Mont Aigoual, der höchste Berg der Gegend. Wenn man viel Glück und die richtige Wetterlage hat sieht man von dort gleichzeitig den Mont Blanc im Nordosten sowie die Pyrenäenkette im Südwesten.

Man merkt sicher, wie ich die Gegend dort liebe. Mit dieser Liebe bin ich natürlich nicht alleine. So hatte zum Beispiel Willy Brandt ein Ferienhaus in der Nähe von Saint-Ambroix.

Also kommt und besucht die Cèze, wenn auch nicht in nicht in allzu großer Zahl, damit es so schön bleibt wie es ist. Und normalerweise einmal im Jahr trefft ihr mich dort irgendwo an.
Bis dahin. Uli


Der Beitrag von Ulrich Hochlechner  ist ein Gastartikel in einer kleinen Reihe, in der alle, die dazu Lust haben, ihre Verbundenheit zu Frankreich ausdrücken können. Ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit Frankreich, Erlebnisse, Gedanken. Ihr wollt mitmachen? Dann denkt bitte daran: 

• Keine PDFs.

• Text: per Mail in Word, Open Office oder per Mail. Denkt daran, euch mit ein, zwei Sätzen persönlich vorzustellen.

• Fotos: Bitte schickt nur eigene Bilder und jene möglichst im Querformat und immer in Originalgröße. Sendet sie gebündelt mit www.WeTransfer.com (kostenlos & top!)  – oder EINZELN ! – per Mail. Bitte denkt an ein Foto von euch – als Beitragsbild muss dies ein Querformat sein.

• Ganz wichtig: Euer Beitrag darf noch nicht woanders im Netz stehen. Double content straft Google rigoros ab. Danke für euer Verständnis.

Vor der Veröffentlichung erhaltet ihr euren Beitrag zur Voransicht für etwaige Korrekturen oder Ergänzungen. Erst, wenn ihr zufrieden seid, plane ich ihn für eine Veröffentlichung ein. Merci !

Ich freue mich auf eure Beiträge! Alle bisherigen Artikel dieser Reihe findet ihr hier.

Foto: privat

11 Kommentare

  1. salut, ich schreibe mal hier, weil in diesem Beitrag Barjac auftaucht.
    Zu Ostern und noch einmal im Herbst gibt es dort – so sagt man – den größten Openair-Flohmarkt.
    Von Donnerstag bis Sonntag, und man hat doch nicht alles gesehen.
    Wer sich normalerweise nicht für Altes interessiert, findet dennoch etwas : Spielzeug, Fotoapparate, Waffen, Werkzeug, Baumaterialien, Puppen, Geschirr, Werbung, Fahrzeuge, Kleidung, Haushaltsgeräte, Sportgeräte uvm

    Ich bin fast jedes Jahr dort.
    Hilke, da musst Du mal hinfahren. Viele schöne Fotos garantiert!

  2. Ach, Vallon Pont’Arc! 1970. Ich war 16. Am Nationalfeiertag sah ich dort mein erstes Rockkonzert. Danach lies ich mir die Haare wachsen. Und besorgte mir eine Gitarre. Aber erst jetzt rocke ich wieder. Und war in diesem Jahr wieder da. 50 Jahre. Nie habe ich diese Nacht vergessen, danach den ersten Discobesuch mit Französinnen. Na gut, trotzdem, nächstes Jahr wieder mal Italien…

  3. Ich kenne die Gegend ein bisschen und kann dem Bericht von Uli nur zustimmen: das Tal der Cèze ist mindestens genauso reizvoll wie die Ardèche und nur halb so überlaufen. Fast überall kann man an den Fluss und im klaren Wasser schwimmen, baden oder plantschen. Aber das wahre Highlight der Region sind in der Tat die Cevennen. Eine traumhafte, teilweise sehr einsame Gebirgslandschaft, ungemein vielfältig mit einer überaus reichen und teils blutigen Geschichte – ein traumhaftes Urlaubsland. Ein Geheimtipp für die Motorradfahrer unter den Lesern: http://www.le-moulin.eu: hier hat Josef, ein Aussteiger aus Deutschland in einer ehemaligen Mühle mit unglaublichem Fleiß und mit viel Kreativität eine tolle Herberge insbesondere (aber nicht nur) für Motorradfahrer geschaffen, die von hier aus die besonders für Biker traumhaften Straßen der Cevennen, der Ardeche oder eben auch der Ceze für ihre Bike-Touren nutzen. Echt empfehlenswert!

  4. Das ist eine schöne und persönliche Geschichte! Wer nach Vallon Pont d’Arc kommt, sollte einen Besuch im prähistorischen Museum mit der Nachbildung der Chauvet-Grotte nicht verpassen. https://museum-ardeche.fr/infos-pratiques/prehistoire/ Natürlich erst, wenn alles wieder déconfiné, also geöffnet ist.
    Die Karten müssen vorbestellt werden, aber ausserhalb der Saison bin ich als Einzelperson auch schon mal spontan reingekommen.
    Die Leute vor Ort nennen das Museum „La Caverne“. Über 36000 Jahre sind die Kunstwerke alt, die unsere fernen Vorfahren aus der Eiszeit in der riesigen Chauvet-Höhle schufen, die 1994 entdeckt wurde. Das Land war extrem dünn besiedelt in der Eiszeit, aber anscheinend hatten die Menschen die Muße, sich mit Kunst zu beschäftigen, vor der wir heute noch staunen können.

  5. Salut Uli,
    super deine Erinnerungen an die Cèze.
    Auch wir waren vor Jahrzehnten mit unseren damals noch kleinen Kindern dort und haben sie in sehr guter Erinnerung.
    Inzwischen haben wir ein Häuschen in der Provence, leben aber immer noch mit Hauptwohnsitz in Deutschland.
    Merkwürdigerweise fühlen wir uns aber in der Vaucluse fast mehr zuhause als hier am Bodensee. Das hängt sicher mit den außergewöhnlich liebenswerten Menschen dort zusammen.
    Wenn es mir meine Zeit erlaubt, werde ich gerne auch mal einen Betrag schreiben.
    À bietôt Ursula

  6. Liebe Uli,
    ein wunderbarer Beitrag von Dir, der mich das Fernweh ein wenig ertragen läßt. Ich fahre jedes Jahr mindestens 1x nach Frankreich und das seit 16 Jahren ( wenn es geht auch 2x/Jahr). An die Ardèche und Umgebung wollte ich auch schon lange und in diesem Jahr wäre es so weit gewesen wenn nicht Corona dazwischen gekommen wäre. Vielleicht im nächsten Jahr dann… Ich danke Dir für die herrliche Geschichte und wünsche Dir noch viele schöne Frankreichreisen und jetzt schon mal alles Gute fürs neue Jahr. LG karin

  7. Wie liebe ich diese ganz privaten Geschichten, die die Liebe zu Frankreich miterleben lassen. In den frühen 70er erlebte ich auch eine ungute Geschichte in Sete, diese Stadt hat nun sicherlich zu Unrecht einen Makel für mich. Dafür liebe ich Uzés und Umgebung umso mehr und ganz viele andere Regionen. Covid verhinderte eine neuerliche Reise in diese Gegend. Danke für die vielen Tipps, Ulrich! Ich hoffe, dass das nächste Jahr wieder Reisen zulassen wird …. Au revoir

    Danke auch an Hilke für diese wunderbare „meinfrankreich.com“ Seite
    Es grüßt Inge

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