Töpferin im Village de Poterie. Foto: Hilke Maunder
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Le Village de la Poterie: das Töpferdorf

Rot und staubig führt die letzte Offroad-Piste von Martinique zu einem einzigartigen Dorf: dem Village de la Poterie. Seit fast 300 Jahren bestimmt Ton das Leben in der Kommune von Les Trois-Îlets.

Den Grundstein legten die Jesuiten. Sie erhielten 1643 von der Compagnie des Îles d’Amérique das Gelände für den Zuckerrohranbau, um so die Missionsarbeit in der Karibik zu finanzieren.

Auf dieser Offroad-Piste kommt ihr ins Village de Poterie. Foto: Hilke Maunder
Auf dieser Offroad-Piste kommt ihr ins Village de la Poterie. Foto: Hilke Maunder

Vom Zuckerrohr zum Ziegel

Ihre Plantage gehörte einst zu den größten der Insel und erstreckte sich bis nach Le Diamant. Als die Jesuiten sich zurückzogen, wanderte die Habitation – so nennt man auf Martinique die Zuckerrohrplantagen – zwischen den Familien Faure und Audifreddy immer wieder hin und her.

Village de la Poterie: Ziegelei. Foto: Hilke Maunder
Das alte Ziegelwerk. Foto: Hilke Maunder

Sie errichteten 1783 auch das Ziegelwerk. Anfangs nur, um den Bedarf der Plantage nach Baustoff zu decken. Dort schon bald wurde die briqueterie zum wichtigsten Baustofflieferanten der Insel.

Mit dem Anschluss an die Schiene 1864 konnte das Zuckerrohr bis zur Zuckerfabrik von Pointe-Simon geliefert werden. Heute erhebt sich auf der Landspitze von Fort-de-France mit dem Centre d’Affaire das einzige Hochhaus der Insel.

Village de la Poterie: Ziegelei. Foto: Hilke Maunder
Village de la Poterie: Ziegelei. Foto: Hilke Maunder

Industrie und Handwerk

Rund um das Ziegelwerk im Mangrovenland hatte sich damals längst ein fast autonomes Dorf entwickelt – mit eigener Schule, Post und Kaufmann. Auch immer mehr freie Töpfer und Keramiker ließen sich im Umfeld des Ziegelwerkes nieder.

Village de la Poterie. Ein Töpfer an der Drehscheibe. Foto: Hilke Maunder
Ein Töpfer an der Drehscheibe. Foto: Hilke Maunder

1995 gründeten sie das Village de la Poterie. Es ist bis heute Aushängeschild für Kunsthandwerk von der französischen Karibikinsel.

Die Poterie des Trois-Îlets fertigt kommerziell Dach- und Bauziegel. Die Poterie Toiture et Sol vertreibt Kacheln, Steingut, Dachziegeln und anderes aus Ton. Construire Terre Cuite Martinique ist ein Baufachhandel.

Village de la Poterie. Foto: Hilke Maunder
Heute lassen sich immer mehr Kunsthandwerker im Village de la Poterie nieder. Foto: Hilke Maunder

Im Jahr 2000 ist der letzte Bewohner fortgezogen. Seitdem entwickelt sich das Village de la Poterie immer stärker zum Tourismus-Ziel. Und lockt auch andere Kunsthandwerker. „Es ist bis heute ein einzigartiger Ort auf Martinique“, sagt Desine Poncaldi.

Madame betreibt im Village de la Poterie eine Seidenboutique und wirbt aus Überzeugung gerne und oft für das Kunsthandwerkerdorf. „Es ist besonders – wegen des historischen Bauerbes, seiner Lage an den Mangroven und seiner Handwerks-Tradition. Und es hatte die Identität der Insel geprägt.“

In einer Töpferboutique des Village de la Poterie. Foto: Hilke Maunder
In einer Töpferboutique des Village de la Poterie. Foto: Hilke Maunder

Village de la Poterie: Shopping & Schlemmen, Sport & Selbermachen

Auf 25 Hektar erstreckt sich heute das Village de la Poterie – mit 20 Wohnhäusern und historischen Bauten der Rue Kay. Und längst auch den Kunsthandwerker-Werkstätten und Studios: Seifenmanufakturen und Batikstudios, Treibholzateliers und Papierkünstler-Shops und Werkstätten. Direkt an den Mangroven findet ihr die Terrasse des Restaurants La Mandoline.

Village de la Poterie: Lokal. Foto: Hilke Maunder
Trendiger Aussichtsplatz an der Bucht: La Mandoline, das Lokal des Village de la Poterie. Foto: Hilke Maunder

Es ist so auf Hipster und Zeitgeist gestylt, dass ich es eher in einem Szeneviertel einer angesagten Großstadt vermutet hätte als hier auf Martinique… Und auch die anderen vier Lokale, die zum Village de la Poterie gehören, sind kleine Überraschungen. Wie auch das Angebot, das das Töpferdorf Urlaubern und Ausflüglern bietet: Keramikkurse, Katamaran- und Kanuverleih. Und Karting!

Village de la Poterie, Bootssteg. Foto: Hilke Maunder
Nach dem Besuch des Töpferdorfes locken Aktivitäten. Leiht euch ein Kanu und paddelt! Foto: Hilke Maunder

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Im Buch

Cover Raphael Confiant, Unbescholtene BuergerRaphaël Confiant, Unbescholtene Bürger*

Die Lektüre ist gerade richtig pikant, würzig und deftig, wie ein frittiertes karibisches Stockfischbällchen mit dem Mord als Zugabe.

LE POINT, Paris, 2.3.2011

 

Haitianische Gangster, Voodoo, illegale Borlette-Lotterien, hispanophone Huren, syrische Händler, französische Gaullisten und dubiose Polizisten: Was für ein tropisches Wespennetz, in dem Privatdetektiv Jacky Teddyson bei seinem ersten Fall sticht!

Eigentlich heißt der drahtige Ermittler Raymond Vauban, aber für den Job muss ein englischer Name her. Doch auf der Karibikinsel, auf der jeder jeden kennt, gibt es wenig zu tun. Dies ändert sich, als er Besuch von Madame Irmine Ferdinand erhält.  Ihr Mann, ein bedeutender Unternehmer, wurde im Zimmer einer Prostituierten ermordet aufgefunden, die Polizei ist ratlos.

Handelt es sich um einen Mord aus Eifersucht oder stecken politische Intrigen, illegales Glücksspiel oder sonstige dunkle Geschäfte dahinter? Drogenhandel? Oder reinste Gier?

So bunt wie die Gesellschaft, in der Jacky Teddyson ermittelt, ist auch die Sprache, mit der Raphaël Confiant die Handlung voranpreschen lässt. Sprache und Stereotypen knallen aufeinander, Gosse und Fabulierlust, Philosophie und platte Parodie: Raymond Chandler à la Karibik.

Verfasst hat ihn Raphaël Confiant. Der Martiniquais (Jahrgang 1951) lehrt als Dekan der philosophischen Fakultät an der Université des Antilles et de la Guyanege – und schreibt. Zusammen mit Patrick Chamoiseau und Jean Bernabé ist er Mitbegründer der literarischen Bewegung der créolité, die sich von Aimé Césaires Konzept der négritude absetzt.

Raphaël Confiant erhielt zahlreiche Preise, darunter den Prix Antigone, den Preis der Casa de las Americas, den Prix RFO und den Prix des Amériques insulaireset de la Guyane.

Unbescholtene Bürger, der erste Krimi um Privatdetektiv Jack Teddyson, erschien im Original 2010 unter dem Titel Citoyens au-dessus de tout soupçon bei Caraibéditions auf Martinique und wurde 2014 von Gallimard in Paris als Taschenbuch veröffentlicht.

Jetzt hat ihn Peter Tier ins Deutsche übersetzt. Trier steht hinter dem kleinen, feinen Verlag Literadukt, der sich auf Literatur der frankofonen Karibik spezialisiert hat – und wohl als einziger Verlag im deutschsprachigen Raum auch Literatur aus Haiti verlegt. Wer mag, kann den Band hier* online bestellen.

 * Durch den Kauf über den Partner Link, den ein Sternchen markiert. kannst Du diesen Blog unterstützen und den Blog werbefrei halten. Für Dich entstehen keine Mehrkosten. Ganz herzlichen Dank – merci!

Offenlegung

Die Karibikinsel Martinique entdeckte ich auf einer Pressereise, die das staatliche französische Fremdenverkehrsamt ATOUT France, das CMT FRANCE-EUROPE und das COMITÉ MARTINIQUAIS DU TOURISME veranstaltet haben. Den Hotels und anderen Unterkünften, in denen ich wohnen durfte, den Restaurants und besuchten Orten und Stätten sagte ich herzlichen Dank für ihre Unterstützung.

Unglaublich kenntnisreich, hilfsbereit und herzlich war auch die Fremdenführerin Veronika Kuster Kudrna, die uns die gesamte Reise begleitete. Auch ihr sage ich merci und herzlichen Dank. Einfluss auf meine Blogberichte hat die Unterstützung meiner Reise nicht. Ich berichte subjektiv, wie ich es erlebt habe, mache kein Merchandising und werde erst recht nicht für meine Posts bezahlt.

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