vin de sable : Mitten in den Weinbergen der Domaine de Pive steht diese Kapelle. Foto: Hilke Maunder
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Das Reich des vin de sable

Er ist ein richtiger Sommerwein, der vin de sable. Die salzhaltige Meeresbrise und die intensive Sonneneinstrahlung verleihen den Trauben einzigartige Aromen. Die kühlen Nächte fördern die Entwicklung feiner Aromen, während die sandigen Böden den Weinen eine mineralische Note verleihen. Das Ergebnis ist ein eleganter, duftiger Wein mit einer eher geringen Säure, der perfekt zu frischen Meeresfrüchten und leichten Sommergerichten passt. 

Sein Reich erstreckt sich im Herzen der Camargue zwischen Aigues-Mortes und Saintes-Maries-de-la-Mer , wo seine Reben auf den sandigen Küstenebenen des Golfe de Lion wachsen. Mindestens 80 Prozent muss der Sandanteil der Böden betragen, auf denen der vin de sable reift – das verlangen die AOP-Vorschriften von den Winzern, die ihn im Rhône-Delta anbauen.

95 Prozent des Weinbaugebiets sind heute biologisch bewirtschaftet, in Umstellung oder HVE-zertifiziert. Der Einsatz von Herbiziden auf der gesamten Bodenfläche ist verboten. Um die sandigen Böden vor Winderosion zu schützen, wird nach der Ernte eine Vegetationsdecke angelegt, die Schafe beweiden. Und weil die Reblaus sandige Böden meidet, können hier Rebstöcke ohne Veredelung kultiviert werden.

Noch bevor sich die Sonne zeigt, werden die Trauben für den Sandwein im Dunkel der Nacht ab Mitte August geerntet. Die nächtliche Lese spielt eine entscheidende Rolle für die Erhaltung der Aromen und der Farbe der Weine. Sie minimiert die Oxidation der Trauben.

Im Keller werden sie sofort auf eine Temperatur unter zehn Grad Celsius gekühlt, gepresst, fermentiert und auf Flaschen gezogen. Als Grande Cuvée Blanc schimmert die Komposition aus Chardonnay, Sauvignon und Grenache Blanc goldgelb im Glas.

Hier wachsen die Trauben für den vin de sable, den Sandwein der Camargue. Foto: Hilke Maunder
Hier wachsen die Trauben für den vin de sable, den Sandwein der Camargue. Foto: Hilke Maunder

Poppig im Tetrapak

Berühmtester Sandwein ist der Pink Flamingo. Der lachsfarbene Rosé aus Grenache mit Carignan und Cinsault zur Abrundung stammt von Listel. Das größte Weingut der Region bietet auf seiner Domaine de Jarras ein komplettes Erlebnispaket zum Sandwein an.

Von der zweistündigen Zugfahrt durch die Rebgärten über die Besichtigung des Weinkellers bis zur anschließenden Verkostung könnt ihr den Sandwein mit allen Sinnen entdecken. Wer mag, kann auch bei der Lese mit anpacken.

Die Appellation AOC Sable de Camargue ist ausschließlich für die Weine in Rosé- und Rosé-Gris-Varianten vorgesehen. Diese Weine zeichnen sich durch eine sehr helle Farbe mit leicht lachsfarbenen Nuancen aus, die durch den sandigen Boden und eine schnelle Saftgewinnung entstehen.

Sandwein gibt es bei Listel auch im Tetrapak. Foto: Hilke Maunder
Sandwein gibt es bei Listel auch im Tetrapak. Foto: Hilke Maunder

Vom Salz bedroht

Doch in der Petite Camargue gefährdet immer stärker der wachsende Salzgehalt im Boden die Zukunft dieser Weine. Allein im Sommer 2022 verschwanden 500 Hektar Weinberge auf der dem Meer abgewonnenen Sandinsel im Rhône-Delta.

Das sind schlechte Nachrichten für den IGP Sable de Camargue, der am 18. Oktober 2023 die offizielle Anerkennung als AOC erhalten hat – 14 Jahre nach der offiziellen Anfrage. Diese AOC umfasst Weine, die auf einem einzigartigen sandigen Terroir produziert werden, das sich durch seine Armut an Ton und Lehm auszeichnet und sich über 3.000 Hektar erstreckt. Nun soll die EU-weite AOP-Auszeichnung für den vin de sable folgen.

Insgesamt vermarkten die 103 Winzer und Erzeuger der Petite Camargue jedes Jahr 200.000 Hektoliter Sandweine. Rund 20 Millionen Euro beträgt ihr Umsatz. Doch wie lange noch, wenn die Böden derzeit zunehmend versalzen.

500 Hektar Weinland weniger: Das entspricht dem Verschwinden von rund 20 Prozent der Weinberge. Sie bedecken dort 2800 Hektar. Noch. Denn der Sommer 2022 hat die jahrhundertelange Tradition infrage gestellt.

Vin de sable landais – der Sandwein aus den Landes

Der Sandwein der Camargue ist zwar der berühmteste des Landes, aber nicht der einzige. Bereits im 13. Jahrhundert pflanzten Frauen und Kinder in Capbreton die ersten Rebstöcke, um die Dünen der französischen Atlantikküste zu sichern. Während die Männer auf See arbeiteten, legten sie die Grundlage für den Weinbau im heutigen Département Landes. Der über den Templer-Orden vertriebene Sandwein, insbesondere der rote, erfreute sich am französischen Hof großer Beliebtheit und wurde damals auch Vin des Rois (Wein der Könige) genannt. . Im 19. Jahrhundert wurde der Weinbau durch Krankheiten wie Oidium, Mehltau und Schwarzfäule stark beeinträchtigt, was zu einem drastischen Rückgang der Produktion führte. Danach blieben nur noch einige wenige Weinberge in Capbreton, Moliets, Lit-et-Mixe und Messanges erhalten.

Ab den 1950-er Jahren verwandelten sich die früheren Fischerdörfer sukzessive in beliebte Badeorte. Der Weinbau geriet dabei jedoch fast in Vergessenheit. Erst 1995 kehrte der vin de sable zurück und wurden auf Initiative von Nicolas Tison, dem Betreiber der Domaine de la Pointe, wieder Weinreben in der sandigen Landschaft gepflanzt. Die Rebsorten sind auch heute noch die, die schon im Mittelalter gepflanzt worden waren: Chenin und Crouchen für die Weißweine; Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon und Tannat für die Rosé- und Rotweine.

Doch die Natur stellt hohe Anforderungen: Die Dünen erfordern bis heute viel Handarbeit, um die Reben zu pflegen und die einzigartigen Aromen des Sandweins zu erhalten. Rund 300 Hektar umfasst heute wieder das Reich des vin de sable zwischen Lit-et-Mixe bis Capbreton in den Landes. Die Initiative von Nicolas Tison, der sein Weingut 2018 aus Altersgründen abgab, hat auch andere ermutigt. Etrwas ein halbes Dutzend Winzer stellen in der IGP Sables de l’océan wieder vin de sable her – und vermarkten ihn auch als vin des dunes und nectar des dunes..

Vin de sable erleben: meine Infos

Hier könnt ihr den Sandwein der Camargue verkosten:

  • Listel, Quai Jarras, Route du Grau du Roi, 30220 Aigues-Mortes, Tel. 04 66 51 17 00, www.listel.fr
  • Domaine du Petit Chaumont, Rond Point D 62, 30220 Aigues-Mortes, Tel. 04 66 53 60 63, www.petitchaumont.com
  • Caveau Les Sablons, Maison du Terroir des Sables, Route d’Arles, 30220 Aigues-Mortes, Tel. 04 66 53 75 20, www.caveaulessablons.fr
  • Caveau du Chêne, Mas du Petit Pin, D 58, 30600 Vauvert, Tel. 04 66 73 51 67
  • Domaine de Montcalm, 30600 Montcalm, Tel. 04 66 73 51, https://domainedemontcalm.com
  • Domaine de Pive, Mas Le Pive, 30600 Montcalm, Tel. 04 67 88 80 00, www.vin-sable-camargue.com/domaine-le-pive, (zur Gruppe JeanJean gehörig)

Hier gibt es den vin de sable der Landes – er wird auch als vin des dunes angeboten:

  • Domaine de la Pointe, Ldt la Pointe, 40130 Capbreton, Tel. 06 45 97 23 52, https://domainelapointe.fr.
  • Das Weingut Domaine de la Pointe gehört zu Laballe, einem großen Armagnac-Produzenten aus Parleboscq. Ihre Cuvée Les Pieds dans le Sable stammt von den letzten Rebstöcken des historischen Weinbergs von Capbreton und vereint zwei unterschiedliche Terroirs: Les Sables Fauves im Osten und Les Sables de l’Océan im Westen. Dieser IGP-Sandwein hat eine helle, klare Farbe, erfüllt die Nase mit frischen, aromatischen Noten von exotischen und weißfleischigen Früchten, zeigt sich lebhaft und ehrlich im Mund und hinterlässt einen salzigen Abgang mit Vorfreude auf den nächsten Schluck.
  • Kooperative La Cave des Vignerons de Tursan, 30, rue Saint-Jean, 40320 Geaune, Tel. 05 58 44 51 25, www.tursan.fr

Hier könnt ihr schlafen*

 

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Im Blog

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Im Buch

Ralf Nestmeyer, Languedoc-Roussillon*

Zwischen dem Delta der Camargue und den Gipfeln der Pyrenäen hat Ralf Nestmeyer nahezu jeden Strand gesehen, jede Stadt besucht, jedes Wehrdorf besichtigt – im Languedoc etwas intensiver, im Roussillon fokussiert er auf bekannten Highlights. Inzwischen ist der wohl beste Führer für diese wunderschöne Ecke Frankreichs 2024 in der 10. Auflage erschienen.

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Okzitanien abseits Geheimtipps

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