Double Vies_Zwischen den Zeilen. Foto: 2019 Agora Film
|

Filmtipp: Zwischen den Zeilen (Doubles Vies)

Es gibt Filme, die können nur Franzosen. Solche, wo man dabei hockt, als Unsichtbare unter Freunden. Man diskutiert. Trinkt Wein. Redet. Hat Probleme. Geht Fremd. Verliebt sich.

Findet zueinander. Schweigt zusammen. Filme, die Ausschnitte aus dem ganz gewöhnlichen Leben zeigen. Das so aufregend, bei jedem so einzigartig ist, das besondere Momente entstehen. So ist auch in Doubles Vies* (Zwischen den Zeilen).

Kein Aktionsstreifen, keine platte Komödie.  Sondern 108 Minuten lang das Leben in all seinen Widersprüchen und Verwicklungen. Wenn man nicht mehr ganz jung ist, aber noch voller Leben. Schriftsteller, Lektor und eher analog als digital.

„Dieser Film erzählt davon, wie wir uns an Wandel anpassen, ganz generell. Die Welt hat sich immer verändert, aber in unserer Gegenwart ist der Motor des Wandels die digitale Revolution. Und egal ob wir uns daran anpassen oder dagegen aufbegehren – wir müssen uns auf jeden Fall dazu verhalten.“

Olivier Assayas

Zwischen den Zeilen. Foto: Alamode Film
Doubles Vies / Zwischen den Zeilen. Foto: Alamode Film

Das Drehbuch schrieb der Pariser Olivier Assayas (Jahrgang 1955), der auch Regie führte. Er hatte zuletzt mit „Personal Shopper“ (2016) für Aufsehen gesorgt. In „Doubles Vies“ greift er seine Lieblingsthema: Globalisierung und Digitalisierung – was haben sie für Folgen?

Was auf den ersten Blick sehr abstrakt und dröge klingt, endet in einem Film, der ruhig dahin fließt – und doch sehr packend, unterhaltsam, widersprüchlich, traurig, sehr lustig die Kontraste zeigt, die ihr bestimmt auch aus eurem Alltag kennt. Auch ohne all die Affären, die hier im Film kreuz und quer das Liebesleben zweier Paare der Pariser Bourgeoisie bestimmen.

Ob Guillaume Canet und Juliette Binoche als Schriftsteller Alain und seine Frau Selena, oder Vincent Macaigne als Lektor und Freund: Alle Hauptfiguren schaffen es nicht, ihr inneres und äußeres Leben in Einklang zu bringen.

Sie sind hin- und hergerissen zwischen Visionen und Pflichten, privaten Sehnsüchten und öffentlicher Moral, althergebrachten Traditionen und modernen Neuerungen.

Buch oder Kindle? Kopf oder Herz? 107 Minuten lang: gute Unterhaltung! Das sahen auch die Juroren der Internationalen Filmfestspiele von Venedig so, die ihn im August 2018 für den Goldenen Löwen nominierten.

Am 16. Januar 2019 kam der Film in die französischen Kinos. Am 6. Juni st Deutschlandpremiere, einen Tag später läuft die Komödie in Österreich an. Wie hat euch der Film gefallen? Ich bin gespannt auf eure Kommentare!

Die Darsteller

Juliette Binoche (Selena)

Juliette Binoche, geboren 1964 in Paris, feierte mit 19 Jahren in Pascal Kanés Drama LIBERTY BELLE ihr Filmdebüt. Zwei Jahre später besetzte der legendäre Jean-Luc Godard die Pariserin in seinem modernen, für zahlreiche Kontroversen sorgenden Bibeldrama MARIA UND JOSEPH (Je vous salue, Marie).

Spätestens ab diesem Zeitpunkt eilte Binoche ein exzellenter Ruf voraus, der ihr einige Prestigerollen verschaffte. So wirkte sie in Leos Carax‘ DIE LIEBENDEN VON PONT-NEUF (Les amants du Pont-Neuf) oder in Jean-Paul Rappeneaus Historiendrama DER HUSAR AUF DEM DACH mit. Unvergessen bleibt Binoches US-Debüt in Philip Kaufmans meisterlicher Literaturverfilmung DIE UNERTRÄGLICHE LEICHTIGKEIT DES SEINS.

Ein weiterer Höhepunkt ihrer unvergleichlichen, mit 10 Nominierungen für den César gekrönten Karriere war ihre gleichermaßen faszinierende wie berührende Darstellung in Anthony Minghellas preisgekröntem romantischem Drama DER ENGLISCHE PATIENT. Für ihre schauspielerische Leistung wurde sie mit dem Oscar als „Beste Nebendarstellerin“ ausgezeichnet.

In ihrer beeindruckenden Laufbahn übernahm Juliette Binoche weitere Rollen in zahlreichen populären französischen wie internationalen Produktionen, beispielsweise in Lasse Hallströms Hit CHOCOLAT… EIN KLEINER BISS GENÜGT oder in Olivier Assayas’ Drama DIE WOLKEN VON SILS MARIA. Ihrem Sohn zuliebe übernahm Binoche 2014 eine kleine Rolle in Gareth Edwards’ Monsterspektakel GODZILLA.

In ihrem jüngsten englischsprachigen Projekt, Claire Denis’ HIGH LIFE, das Ende Mai 2019 in die deutschen Kinos kommen soll, verkörpert sie eine Ärztin, ähnlich zu Rupert Sanders’ aufwendiger Manga-Verfilmung GHOST IN THE SHELL. Neben diesem Projekt wird sie 2019 auch in Hirokazu Koreedas Drama THE TRUTH zu sehen sein.

In über 60 Filmen hat Binoche verletzliche, starke, sinnliche, verführerische, temperamentvolle, gequälte und charmante Frauenfiguren mit beeindruckender Emotionalität und Überzeugungskraft verkörpert. ZWISCHEN DEN ZEILEN ist Binoches dritte Zusammenarbeit mit Regisseur Olivier Assayas.

Filmographie (Auswahl)

1988 DIE UNERTRÄGLICHE LEICHTIGKEIT DES SEINS (The Unbearable Lightness of Being)

1993 DREI FARBEN – BLAU (Trois couleurs: Bleu)
1996 DER ENGLISCHE PATIENT (The English Patient)
2000 CHOCOLAT… EIN KLEINER BISS GENÜGT (Chocolat)

2010 DIE LIEBESFÄLSCHER (Copie conforme)
2014 DIE WOLKEN VON SILS MARIA (Clouds of Sils Maria) 2017 GHOST IN THE SHELL

2017  MEINE SCHÖNE INNERE SONNE (Un beau soleil intérieur)

2018  HIGH LIFE

2018 ZWISCHEN DEN ZEILEN (Doubles Vies)

Double Vies_Zwischen den Zeilen. Foto: 2019 Agora Film
Double Vies/Zwischen den Zeilen. Foto: Foto: Alamode Film

Guillaume Canet (Alain)

Die Karriere von Guillaume Canet ist eine echte Erfolgsgeschichte. Dreimal wurde er als Schauspieler für den französischen Filmpreis César nominiert, zweimal als Drehbuchautor – und gewann ihn schließlich für die Regie seines mitreißenden Thrillers KEIN STERBENSWORT. Mit 33 Jahren war er der jüngste ausgezeichnete Regisseur in der Geschichte des César.

Dass Canet, 1973 in Boulogne geboren, eine solch steile Laufbahn hinlegen würde, war trotz seines Studiums an der renommierten Pariser Schauspielschule Cours Florent keineswegs vorhersehbar. Zu Beginn seiner Karriere drehte er für das Fernsehen, bis ihm Regisseur Phillipe Haim eine Hauptrolle in BARRACUDA anvertraute.

Ein Jahr später wurde er für seine schauspielerische Leistung in Pierre Jolivets Drama VERHÄNGNISVOLLES ALIBI (En pein couer) als „bester Nachwuchsdarsteller“ erstmals für einen César vorgeschlagen. Dies öffnete ihm die Tür nach Hollywood, wo Regisseur Danny Boyle ihm eine Rolle in der Bestsellerverfilmung THE BEACH mit Leonardo DiCaprio gab.

Von da an nahm Guillaume Canets Weg rasant an Fahrt auf, es folgten Rollen wie die des Etienne Boisset in Pitofs historischem Thriller VIDOCQ. Für seine Leistung in Cédric Angers Thriller LA PROCHAINE FOIS JE VISERAI LE COEUR sowie für sein Regiedebüt BAD, BAD THINGS wurde Canet jeweils mit einer Nominierung für den César bedacht.

Dass er auch in sanfteren Werken zu glänzen vermag, bewies er 2007 in Claude Berris romantischer Komödie ZUSAMMEN IST MAN WENIGER ALLEIN an der Seite von Audrey Tautou. Zuletzt war Canet in Gilles Lellouches zweiter Regiearbeit EIN BECKEN VOLLER MÄNNER und in Nicolas Bedos’ romantischem Drama LA BELLE EPOQUE zu sehen.

Filmographie (Auswahl)

2000  THE BEACH

2001  VIDOCQ

2005  MERRY CHRISTMAS (Joyeux Noël)

2006  KEIN STERBENSWORT (Ne le dis à personne)

2007  ZUSAMMEN IST MAN WENIGER ALLEIN (Ensemble, c’est tout)

2010  LAST NIGHT

2011  EIN BESSERES LEBEN (Une vie meilleure)

2015 THE PROGRAM – UM JEDEN PREIS (The Program)

2017  MEINE ZEIT MIT CÉZANNE (Cézanne et moi)

2018  ZWISCHEN DEN ZEILEN (Doubles Vies)

Double Vies_Zwischen den Zeilen. Foto: 2019 Agora Film
Double Vies/Zwischen den Zeilen. Foto: 2019 Agora Film

Vincent Macaigne (Léonard)

1978 in Paris geboren, hatte Vincent Macaigne sein Filmdebüt an der Seite von Emmanuelle Béart und Pascale Bussières in Catherine Corsinis Freundinnen-Drama LA RÉPÉTITION (2001). Nach kleineren Rollen verschaffte ihm schließlich Guillaume Brac seine erste Hauptrolle in der Dramödie EINE WELT OHNE FRAUEN.

Brac hielt weiter zu Macaigne und vertraute ihm auch in TONNERRE die Hauptrolle eines bekannten Musikers an, der seinen Vater in einer Kleinstadt besucht und sich dort in eine junge Journalistin verliebt. Antonin Peretjatkos‘ Komödie THE RENDEZ-VOUS OF DÉJÀ-VU (2013) brachte Vincent Macaigne schließlich eine César-Nominierung ein. Eine klassische Macaigne-Rolle hielt Louis Garrels Beziehungsdrama ZWEI FREUNDE (Les deux amis) bereit, für das er für den Prix Lumières als „Bester Darsteller“ vorgeschlagen wurde.

Weitere wichtige Werke in Macaignes Karriere sind die zwei von Anne Fontaine inszenierten Dramen AGNUS DEI – DIE UNSCHULDIGEN und MARVIN. Von seiner komischen Seite zeigte sich Macaigne u.a. in Olivier Nakaches und Éric Toledanos Hit DAS LEBEN IST EIN FEST.

Neben seiner Schauspieltätigkeit arbeitet Macaigne auch als Autor und Regisseur. So war er für zahlreiche Kurzfilme verantwortlich, darunter WAS UNS BLEIBT („Ce qu’il restera de nous“, 2012), der für den César nominiert wurde und beim Festival du Court-Métrage de Clermont-Ferrand zwei Auszeichnungen erhielt.

Mit der Molière-Adaption DOM JUAN & SGANARELLE inszenierte er darüber hinaus 2015 einen TV-Film, der auch auf dem Locarno Filmfestival aufgeführt wurde. Sein erster von ihm inszenierter Kinofilm folgte mit POUR LE RÉCONFORT (2017) zwei Jahre später. 2019 wird er in BLANCHE-NEIGE, eine moderne Variation eines berühmten Märchens der Gebrüder Grimm, in den Kinos zu sehen sein.

Filmographie (Auswahl)

2011 EINE WELT OHNE FRAUEN (Un monde sans femmes)

2013  TONNERRE

2014  TRISTESSE CLUB (Sadness Club)

2014 EDEN – LOST IN MUSIC

2016 DAS GESETZ DES DSCHUNGELS (La loi de la jungle)

2016  AGNUS DEI – DIE UNSCHULDIGEN (Les innocentes)

2017  MARVIN (Marvin ou la belle education)

2017  DAS LEBEN IST EIN FEST (Le sens de la fête)

2018  ZWISCHEN DEN ZEILEN (Doubles Vies)

2019  JOYEUX ANNIVERSAIRE

Double Vies_Zwischen den Zeilen. Foto: 2019 Agora Film
Double Vies/Zwischen den Zeilen. Foto: Alamode Film

Nora Hamzawi (Valérie)

Nora Hamzawi, geboren 1985 in Cannes, startete als Stand-up-Comedian in Frankreich, bevor sie für den Film entdeckt wurde. Sie besuchte, wie auch Guillaume Canet, die Cours Florent, eine angesehene Schauspielschule in Paris. 2009 hatte sie ihre erste One-Woman-Show, fünf Jahre später folgte die zweite Show.

Hamzawi tourte jahrelang erfolgreich durch Frankreich und glänzte dabei in ihren Programmen mit präziser Beobachtungsgabe und viel Selbstironie. Darüber hinaus lieferte sie viele Beiträge für diverse Radiosendungen und Printmagazine und war seit 2011 zu Gast in mehreren französischen TV-Shows. Ihr Filmdebüt feierte sie 2012 an der Seite von Alka Balbir und Darius in Benoît Forgeards Komödie RÉUSSIR SA VIE.

Ein Jahr später wirkte sie dann in Antonin Peretjatkos Komödie THE RENDEZ-VOUS OF DÉJÀ-VU mit. Auf Dorothée Sebbaghs Werk L’EX DE MA VIE folgten zwei weitere Komödien mit dem französischen Schauspieler und Komiker Franck Dubosc – Florent-Emilio Siris PENSION COMPLÈTE, besetzt mit Gérard Lanvin, und Pascal Bourdiaux’ BILLY AND BUDDY 2, in der Mathilde Seigner die weibliche Hauptrolle übernahm.

 * Durch den Kauf über den Referral Link, den ein Sternchen markiert, kannst Du unabhängigen Journalismus  unterstützen und meine Webseite werbefrei halten. Für Dich entstehen keine Mehrkosten. Ganz herzlichen Dank – merci!

Keine Bezahlschranke. Sondern freies Wissen für alle.
Keine Werbung. Sondern Journalismus mit Passion.
Faktentreu und frankophil.
Das gefällt Dir? Dann wirf etwas in die virtuelle Kaffeekasse.
Unterstütze den Blog! Per Banküberweisung. Oder via PayPal.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert