Ulrike Paschek. Foto: privat

Mein Frankreich: Ulrike Paschek

„Mein Frankreich“ ist nicht nur Titel meines Blogs, sondern auch Programm: Ich möchte möglichst viele von euch animieren, euer Frankreich vorzustellen. Mein Frankreich – was bedeutet das für euch? Viele haben schon bei dieser Reihe mitgewirkt. Diesmal stellt Ulrike Paschek ihr Frankreich vor. Über sich sagt sie: Meine Frankreichliebe begann vor über 30 Jahren. Nach einem Studium an der Loire und zahlreichen Reisen im ganzen Land schreibe ich heute Frankreichkrimis – neben meinem Beruf als Lehrerin an einem Abibac-Gymnasium.

Mein Frankreich ist gar kein Land. Es ist ein Lebensgefühl.

Unnötig daher, mich für diesen Artikel für einen Landstrich, eine Stadt, eine Region zu entscheiden. Und fast unmöglich, da ich so gut wie alle kennen und lieben gelernt habe. Dennoch kristallisieren sich nach längerem Nachdenken zwei Gegenden heraus unter all den traumhaften Küsten, Klatschmohn- und Lavendelfeldern des Südens, Bastiden und Hügelketten, Bergen und Wäldern aus Kastanien, Steineichen, Platanenalleen. Zwei Gegenden, die mich immer wieder anziehen und die mich schon seit Jahrzehnten begleiten.

Aber von vorne.

Mein erstes Frankreicherlebnis: ein Skiurlaub in Haute-Savoie mit meiner Familie. Ich war zwölf. Mehr als das sportliche Erlebnis begeisterte mich damals die ursprünglich französische Pension, in der wir untergebracht waren. Jeden Abend kochte die Patronne deftige Mahlzeiten für uns. Und meine halbwüchsigen Cousins stillten ihren Hunger, indem sie ein Baguettekörbchen nach dem anderen holten und eines Abends schließlich die äußerst umfangreiche Käseplatte nach dem Dîner einfach komplett aufgegessen haben.

Der Patron nahm es mit Humor. Er führte uns in seinen Keller, in dem er etwas zusammenbraute, das er chèvre nannte. Das aber nichts mit Ziegenkäse zu tun hatte. Es war ein alkoholisches Getränk, prickelnd wie Champagner und süß, das mit Hochdruck aus einem Fass ins Glas schoss. Es folgten ein Kurztrip nach Paris mit meinen Eltern, Ausflüge ins Elsass. Ich verliebte mich in die Sprache. Drei Jahre musste ich noch warten, ehe ich sie in der Schule zu lernen begann.

Eine rege Brieffreundschaft mit Séverine aus La Courneuve bei Paris: Das war in den Achtzigern unsere Möglichkeit, von zu Hause aus mit „echten Franzosen“ in Kontakt zu treten. Aufregend! Wir schickten uns gegenseitig Kassetten mit selbst aufgenommenen Radiohits. Ich lernte die großen französischen Chansonniers kennen.

In ihrer verschnörkelten französischen Schreibschrift nahm mich Séverine mit in ihre Welt. Einmal, in den Sommerferien, besuchten wir sie. Sie war mit ihrer Familie jeden Sommer wochenlang in Erquy in der Bretagne auf einem Campingplatz. Ich habe keine Ahnung mehr, wie wir das verabredet haben. Ein fröhlicher Abend im Restaurant mit der Familie, ein Ausflug mit meiner corres ( = correspondante ), meiner Brieffreundin, an die Pointe du Raz.

Wir bretterten weiter, die Schlösser an der Loire, immens weite Sandstrände am Atlantik, die goldene Dune du Pyla (auch: Dune du Pilat). Die Kette der Puys im Massif Central. Flamingos und weiße Pferde in der Camargue, romanische Kirchen und römische Bauten in der Provence. Pont du Gard, Arènes. Der Wind in den Maulbeerbäumen bei Orange.

Es war ein Rundumschlag. Und ich seitdem hoffnungslos verloren an dieses Land und seine Leute. Zahlreiche Frankreichurlaube an verschiedensten Orten und in verschiedener Begleitung folgten. Und immer war da dieses Gefühl von Freiheit und Verstandenwerden. Angekommensein. Obwohl ich auf Reisen war.

Ich studierte Romanistik, wurde Französischlehrerin. Frankreich und ich. Richtig intensiv wurde unsere Beziehung jetzt. Und das vor allem in einer Gegend: Arles, Alpilles und Petite Crau. Zahlreiche Aufenthalte dort mit und bei Freunden haben das südliche Lebensgefühl zu einem ständigen Sehnsuchtsort in meinem Herzen gemacht.

Wir kochten und aßen zusammen, was unser Freund aus dem Meer holte oder schoss. Wir verglichen Pastis und Pernod, holten Rosé en vrac beim Winzer am Fuß des Pont du Gard, aßen friture und taureau in Le-Grau-du-Roi und badeten in Les-Saintes-Maries-de-la-Mer.

Und lernten, dass man das Leben auch leicht nehmen konnte und es immer eine Lösung gab. Mit dem Licht Südfrankreichs tankte ich auch diese Lebenseinstellung. Und wir feierten! Spontan im Alten Hafen von Marseille zu einer Party auf einer Jacht eingeladen werden, nur weil man daran vorbeigeht? Passierte einfach.

Vor allem aber feierten wir auf der Féria in Arles, wenn die ganze Stadt tagelang zu einem einzigen Fest wird. Die manadiers, die Stiere durch die Straße treiben, die Kneipen das Recht zur bodéga haben und einfach ihr Mobiliar auf die Straße stellen und die Gassen der Altstadt eine einzige Tanz- und Feierfläche werden.

Später, beim Studium in Tours, lebte ich einfach dieses Lebensgefühl weiter. Es war auch im Herzen Frankreichs kein Problem, wenn man es selbst im Herzen trug. Auf der brodelnden Place Plumereau, umsäumt von uralten Fachwerkhäusern und immer voller Menschen auf Caféterrassen. Auch hier empfing mich eine malerische Landschaft, eine uralte Kulturlandschaft, Schlösser und der letzte wilde Fluss. Die Loire, Königin der Flüsse.

Mein erster Krimi! Foto: privat
Mein erster Krimi! Foto: privat

Und heute? Habe ich eine frankophile Familie. Und weil ich nicht in Frankreich lebe, bin ich im Kopf dort. Und schreibe an einer Cosy Crime Serie, die an der Loire spielt. Der erste Band, Mord an der Loire. Ein Fall für Baron Philippe, ist im April 2024 unter meinem Pseudonym Catherine Duval erschienen.

Während der erste Band der Reihe in Chinon und Tours spielt, führen die Ermittlungen des zweiten Bands Baron Philippe ins bezaubernde Schloss Chenonceau und in die Zeit von Katharina de Medici. Er erscheint am 9. April 2025.

Mein Frankreich – à suivre !


Der Beitrag von Ulrike Paschek ist ein Gastartikel in einer kleinen Reihe, in der alle, die dazu Lust haben, ihre Verbundenheit zu Frankreich ausdrücken können. Ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit Frankreich, Erlebnisse, Gedanken. Ihr wollt mitmachen? Dann denkt bitte daran: 

• Keine PDFs.

• Text: per Mail in Word, Open Office oder per Mail. Denkt daran, euch mit ein, zwei Sätzen persönlich vorzustellen.

• Fotos: Bitte schickt nur eigene Bilder und jene möglichst im Querformat und immer in Originalgröße. Sendet sie gebündelt mit www.WeTransfer.com (kostenlos & top!)  – oder EINZELN ! – per Mail. Bitte denkt an ein Foto von euch – als Beitragsbild muss dies ein Querformat sein.

• Ganz wichtig: Euer Beitrag darf noch nicht woanders im Netz stehen. Double content straft Google rigoros ab. Danke für euer Verständnis.

Vor der Veröffentlichung erhaltet ihr euren Beitrag zur Voransicht für etwaige Korrekturen oder Ergänzungen. Erst, wenn ihr zufrieden seid, plane ich ihn für eine Veröffentlichung ein. Merci !

Ich freue mich auf eure Beiträge! Alle bisherigen Artikel dieser Reihe findet ihr hier.

Ein Kommentar

  1. Ein ganz toller Beitrag! Man spürt das Herzblut und die innere Verbundenheit in jeder Zeile, hat mich emotional sehr berührt! Danke und weiterhin viel Erfolg!

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