Ursula Braunhold und Holm Dietz. Foto: privat

Mein Frankreich: Ursula Braunhold & Holm Dietz

“Mein Frankreich“ ist nicht nur Titel meines Blogs, sondern auch Programm: Ich möchte möglichst viele von euch animieren, euer Frankreich vorzustellen. Mein Frankreich – was bedeutet das für euch? Diesmal verraten es Ursula Braunhold und Holm Dietz.

Sie sind seit rund 15 Jahren ein Paar, kommen aus Bad Doberan an der Ostsee und bewegen sich mit schnellen Schritten auf das Rentnerdasein zu.  Und so freuen sie sich schon auf die  kommenden Jahre, in denen sie ihren in Okzitanien verwirklichten Traum mit den Kindern, Enkeln und Freunden teilen möchten.


Unser Frankreich – Ankunft in Selgues

Es begann eigentlich in 2009. Unsere Beziehung hatte ein gutes Jahr des Kennenlernens und des Erfahrungssammelns hinter sich und unser erster gemeinsamer Jahresurlaub war ein großer Frankreich-Trip – über Colmar, Annecy und Avignon an die Côte d‘Azur – und zurück über Montpellier, über das Tal des Lot bei Espalion und die Aubrac wieder Richtung Heimat. Heute können wir gar nicht mehr richtig verstehen, wie man das alles in 3-4 Wochen Urlaub packen konnte.

Aber Frankreich hatte uns angepiekt. Uns gefiel besonders das Unaufgeregte im Täglichen, die kleinen Pausen für die noisette und dass alle Welt freundlich zu uns war – obwohl wir zu der Zeit kaum einen Brocken Französisch hervorbrachten. Und diese alten Dörfer und Steinhäuser des südlichen Frankreich hatten es uns angetan. So hatten wir z.B. ein wunderschönes Quartier bei Espalion im Le Manoir de la Fabrègues.

Le Manoir de la Fabrègues
Le Manoir de la Fabrègues. Foto: privat

Es folgten dann erst einmal kürzere Städtereisen, u.a. nach Châlon-en-Champagne und nach Bordeaux – insbesondere um das Lebensgefühl während der jährlichen Fête de la Musique zu inhalieren.

Denn das kommt hinzu in puncto frankophiler Begeisterungsfähigkeit – meine Frau ist seit Urzeiten ein Fan des gesungenen Chansons und ich hatte mich über einen Freund in den frühen 2000ern zum Fan französischer Rock- und Avantgarde-Musik entwickelt.

Und dann kam der September 2014, als wir das erste Mal in die Region kamen, die uns heute eine 2. Heimat geworden ist. Nach dem Besuch des Festivals Rock in Opposition in der Nähe von Albi hatten wir uns noch ein Quartier auf dem Land gebucht, irgendwo, so zum Ausspannen, Relaxen und Erkunden.

Die Woche verging wie im Flug, die Gegend war wunderschön lieblich, das Quartier total urig und einen Tag vor der Abreise machten wir noch einen Abstecher nach Saint-Antonin-Noble-Val. Und da sprang der Schalter um…!!

Saint-Antonin-Noble-Val. Foto: privat

Das kann es jetzt nicht gewesen sein, dachten wir uns. Das nächste Jahr ging es noch einmal in die gleiche gîte und die Jahre darauf besuchten wir teilweise mehrmals Saint-Antonin, auch in neuen Quartieren in dieser Gegend. Wie von selbst begannen wir bei den ortsansässigen Maklern die Aushänge und Angebote zu studieren und es wuchs die Idee in uns, irgendwie so ein kleines duftes Steinhaus im Umfeld von Saint-Antonin unser Eigen nennen zu können.

Und das Gefühl des sich „heimisch Fühlens“ und „zu Hause Ankommens“ wurde bereits bestärkt durch die ersten Kontakte, die vor Ort entstanden – so wurden wir teilweise schon begrüßt, wenn wir unsere Stammlokale betraten…

Über drei Jahre schauten wir uns dann immer so ‚nebenbei‘ bestimmt an die 15-20 Häuser an, bis dann im Frühjahr 2019 die richtige (und passende zu unserem etwas schmaleren Geldbeutel) maison en pierre gefunden war.

In einem kleinen hameau namens Selgues, eingebettet in ein Ensemble von Häusern und Stallanlagen der insgesamt vier Nachbarn auf einem kleinen Bergvorsprung und sehr ruhig gelegen.

Unser manoir. Foto: privat

Der notarielle Akt dauerte dann schon ein halbes Jahr, aber im September konnten wir endlich einziehen bzw. mit dem Herrichten beginnen. Und nach ein paar Tagen luden uns unsere Nachbarn bereits zum Barbecue ein, wo gleich die ersten Kontakte im hameau geknüpft wurden.

Na ja, und dann kam Corona. Es war kaum zu glauben, aber wir konnten nicht hin. Das war hart. So sprang im Jahr 2020 gerade mal ein etwas längerer Sommerbesuch heraus.

In dieser Zeit fand auch der jährliche Putz unserer kleinen Dorfkirche statt, zu dem wir auch als Atheisten gern unseren Beitrag leisteten. Was nicht sehr schwer war, zumal es im Anschluss gleich eine nette kleine Dorfparty unter Obstbäumen gab, zu der jeder einfach etwas an Essen und Trinken mitbrachte.

Dieses Jahr nun war schon viel besser und auch viele Freunde vom ersten Zuhause haben uns inzwischen besucht. Und sie konnten wählen unter vielen Möglichkeiten, etwas zu unternehmen. Man kann prima Wandern, auf dem Aveyron durch die gorges paddeln, wunderschön hügelauf hügelab auf den Dorfstraßen Rad fahren, aber auch viele Ausflugsziele laden zum Besuch ein.

Da freuen wir uns schon auf das kommende Jahr, wenn die Frau nicht mehr arbeitet – das werden dann wohl längere Zeitspannen in unserer 2. Heimat…!!!

Morgennebel. Foto: privat

Inzwischen versuchen wir auch, die schwierige Kunst des Französisch-Sprechens zu erlernen – was sich als gar nicht so einfach herausstellt, wenn im Alter das Lernvermögen quasi nicht mehr auf dem frischesten Niveau anzusiedeln ist.

Aber wir sind zuversichtlich, dass sich der Mix aus Volkshochschule zu Hause, einer Sprachlehrerin vor Ort und der aktive Umgang mit dortigen Freunden und der Nachbarschaft in den nächsten Jahren auszahlen wird.

Auch kleine Rituale haben sich bereits herausgebildet. Jeden Freitag Abend gibt es einen Stammtisch in Saint-Antonin, wo die kleinen und großen politischen Probleme dieser Welt philosophisch diskutiert werden – zum Glück multilingual.

Und unter den Nachbarn im hameau stellt man sich gern Kleinigkeiten aus Hof und Garten vor die Tür – einfach so, als Aufmerksamkeit oder zum Verkosten. Überhaupt, dieser Umgang miteinander: Erst einmal wird jede Person auf dem Lande gegrüßt, man könnte sich ja wiedertreffen.

Und es wird sich ohne große Absprachen untereinander geholfen, wenn in einer Familie gesundheitliche Probleme auftreten. Oder in irgendeinem Dorf ist ein kleines Fest, zu dem man sich gern gesellen darf, wenn man des Weges kommt.

Abendrot. Foto: privat

Und wie es immer so ist im Leben: Vor kurzer Zeit machte uns ein Freund, der im September unser Gast war, auf den Film „Madame Mallory und der Duft von Curry“ aufmerksam.

Erst verstanden wir gar nicht warum, aber beim baldigen Anschauen des Films wurde uns klar, dass dieser Film eine einzige Hommage an diese provinzielle Lebensform im Allgemeinen und an unseren Sehnsuchtsort Saint-Antonin-Noble-Val im Besonderen ist…


Der Beitrag von Ursula Braunhold und Holm Dietz ist ein Gastartikel in einer kleinen Reihe, in der alle, die dazu Lust haben, ihre Verbundenheit zu Frankreich ausdrücken können. Ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit Frankreich, Erlebnisse, Gedanken. Ihr wollt mitmachen? Dann denkt bitte daran: 

• Keine PDFs.

• Text: per Mail in Word, Open Office oder per Mail. Denkt daran, euch mit ein, zwei Sätzen persönlich vorzustellen.

• Fotos: Bitte schickt nur eigene Bilder und jene möglichst im Querformat und immer in Originalgröße. Sendet sie gebündelt mit www.WeTransfer.com (kostenlos & top!)  – oder EINZELN ! – per Mail. Bitte denkt an ein Foto von euch – als Beitragsbild muss dies ein Querformat sein.

• Ganz wichtig: Euer Beitrag darf noch nicht woanders im Netz stehen. Double content straft Google rigoros ab. Danke für euer Verständnis.

Vor der Veröffentlichung erhaltet ihr euren Beitrag zur Voransicht für etwaige Korrekturen oder Ergänzungen. Erst, wenn ihr zufrieden seid, plane ich ihn für eine Veröffentlichung ein. Merci !

Ich freue mich auf eure Beiträge! Alle bisherigen Artikel dieser Reihe findet ihr hier.

7 Kommentare

  1. Ihr Lieben spät kommt der Kommentar, aber ich habe erst heute euren Beitrag gelesen.
    Der Beitrag erinnert mich an die Beschreibungen in den Krimis über Kommissar Bruno. Sie spielen im Perigord und der Autor Martin Walker beschreibt genau wie ihr das angenehme Lebensgefühl. Immer wenn ich ein Buch lese, möchte ich sofort die Koffer packen…
    Ich wünsche euch viel Freude mit eurem neuen Domizil
    Herzliche Grüße Renate

  2. Hallo Ursula und Holm,
    schön zu lesen was euch so umtreibt und welch schönes Fleckchen ihr da gefunden habt. Habe mich heute so gefreut den Beitrag zu lesen. Wünsche euch ganz viel Glück und Freude in der Ferne bei all Euren Unternehmungen. Klingt auf jeden Fall sehr interessant. Alles Gute für das neue Jahr – Jörg und Elke Schütze

  3. Liebe Ursula und lieber Holm,
    Bienvenue en Aveyron!
    Seit 2017 leben wir hier, in einem kleinen Dorf, 4 km von Entraygues-surTruyère.
    Unsere Liebe zunm Aveyron begann……..im: Le Manoir de la Fabrègues bei Eric und Laurent!
    Auch wir wurden hier im kleinen Dorf mit offenen Armen empfangen und ich kann nur bestätigen was Ihr über die freundlichen und sehr grosszügigen Menschen, im Aveyron, schreibt.

    Weiterhin viel Spass und alles Gute im Aveyron
    Verena und Fredy

    1. Liebe Verena und lieber Fredy,
      wir bitten um Entschuldigung für die verspätete Antwort – aber erst haben wir euren Beitrag gar nicht gesehen und dann kamen andere Dinge dazwischen…
      Aber wir haben uns sehr über euren Beitrag gefreut, zumal wir sogar die gleichen Leute kennen (wobei uns die Namen der beiden netten Herren nicht mehr geläufig gewesen wären). Und von Entraygues aus sind wir damals auf dem Lot gepaddelt…
      Witzig ist, dass wir entweder die Region um Espalion oder um Saint-Antonin in die engere Wahl eines Domizils gezogen hätten – mit dem bekannten Ergebnis jetzt ca. 100 km von euch entfernt.
      Genießt euer Leben dort – wir können das Gefühl mit Land Leuten so was von nachvollziehen! Theoretisch müsste man sich glatt mal gegenseitig besuchen kommen… ;-))
      Euch ein frohes Weihnachtsfest, Ursel und Holm

  4. Bonjour Ursula und Holm,

    ein schöner Bericht, in dem mir vieles bekannt vorkommt :-). Dieser sich so hinterhältig einschleichende Gedanke von „was wäre, wenn wir uns hier niederlassen würden?. Auch diese Vorfreude auf das immer näherrückende Dasein als Rentner, verbunden mit den Träumen, was sich im französischen Zuhause alles dann so verwirklichen und leben lässt.

    Eure Schilderungen vermitteln ein lebendiges Bild des überschaubaren und dennoch nie langweiligen Alltags dort. Einen wöchentlichen Stammtisch gibt es zwar in unserem bretonischen Dörfchen nicht, aber Ende September sind wir eigens an einem Wochenende zum Nachbarschaftsfest angereist und haben es nicht bereut. 2.200 Kilometer, nur um einen Abend lang mitzufeiern, dazu deutschen Kuchen mitgebracht – die Dorfbewohner haben es gebührend bestaunt und waren sich einig: wir müssten die Bretagne wirklich sehr lieben und es ernst meinen mit unseren Plänen, wenn wir das auf uns genommen haben. Gut erkannt!

    Und im Herbsturlaub Ende Oktober nahm ich am Handarbeitskreis teil, der sich 14tägig trifft. Herrlich, 15 Frauen (die Älteste über 80), teilweise wurden traditionelle bretonische Handarbeiten angefertigt, und zum Abschluss gab es heißen Kakao, französische Birnentarte und vieeeel Dorfklatsch.

    Ach, danke für eine weitere Runde Träumen von und nach Frankreich.

    Bises, Sylvie

    1. Bonjour de retour, chere Sylvie,
      schön, dass wir so gemeinsam von Frankreich träumen können. Und genau so ein Handarbeitskreis mit den „Einheimischen“ lässt einen so richtig eintauchen (so wie bei uns der Stammtisch). Auch wenn wir nicht gedacht hätten, dass unsere Anreisetour von Bad Doberan nach Selgues von 1700 km noch groß zu toppen wäre. Wo ist denn euer Start in Deutschland?

      Die Bretagne ist für uns auf jeden Fall auch noch mal ein Ziel, aber da werden wir uns noch 2-3 Jährchen gedulden müssen. Vorher gilt es einfach, unsere 2. Heimat noch so richtig unsicher zu machen… ;-))

      Wir wünschen ein frohes Weihnachtsfest & viele schöne Frankreichträume!
      Ursel und Holm

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