Mein Frankreich: Véronique Elling
„Mein Frankreich“ ist nicht nur Titel meines Blogs, sondern auch Programm: Ich möchte möglichst viele von euch animieren, euer Frankreich vorzustellen. Mein Frankreich – was bedeutet das für euch?
Diesmal stellt Véronique Elling, diplomierte Schauspielerin und Sängerin, Autorin, Regisseurin und Dozentin, ihr Frankreich vor.
Mein Frankreich, das sind vor allem Erinnerungen. Es lebt im Geruch der Lavendelfelder, im Geschmack einer Ratatouille, im lauten Lachen und Streiten meiner Pastis trinkenden Verwandten. Es ist Salz auf den Lippen und Sonne auf dem Rücken. Es sind die Nächte, in denen das Kind, das ich damals war, nicht einschlafen konnte, weil es so unfassbar heiß war, und weil die Grillen so laut zirpten.
Kindheit am Mittelmeer
Meine ersten Jahre habe ich in Palavas verbracht. Ein ganz kleines Fischerdorf in der Nähe von Montpellier im Languedoc. Aus dieser Zeit sind mir so gut wie keine Ereignisse in Erinnerung geblieben.
Es ist eine Zeit wie eine Landkarte aus Düften, Klängen und Aromen. Wenn ich die Augen kurz schließe, sehe ich heute noch das Licht, höre das Rauschen des Mittelmeeres und verspüre eine tiefe Geborgenheit.
Ich bin schon oft wieder dort gewesen, doch habe ich es nie, in derselben Intensität wiederfinden können, wie in meinen Erinnerungen.
Verzauberte Mittelalterwelt
Kurz vor meinem vierten Geburtstag zog ich mit meinen Eltern in die Innenstadt der Landeshauptstadt Montpellier. Hier, nur zehn Kilometer entfernt von meiner ersten Heimat, entdecke ich ein ganz anderes Frankreich.
Ich finde mich plötzlich in einer verzauberten Mittelalterwelt wieder, in einem Labyrinth aus kleinen schattigen Gassen, aus denen unvermittelt kleine Plätze und Gärten entspringen, wo Fontänen und Wasserspiele vor sich hin plätschern und kühlen Nebel in die staubige Stadtluft versprühen.
Mein Frankreich, das ist jetzt das Musikkonservatorium auf dem hübschen Place Sainte-Anne, wo ich nun dreimal in der Woche Solfège, Rhythmik, Notenlesen, Harmonielehre und Singen lerne. Es ist das Wasserbassin vom Jardin du Peyrou, in dem ich selbstgebastelte Papierboote schwimmen lasse.
Es sind die Spielplätze der Esplanade, wo ich mit meinen Freundinnen Verstecken spiele (cache cache) und kopfüber vom Gerüst hänge (cochon pendu).
Es ist der große marmorierte Place de la Comédie, wo wir Jugendliche uns jeden Samstag um Punkt 14 Uhr vor dem Kino Palace La Gaumont verabreden. Es ist der Place de la Canourgue, wo ich unter Platanen bei einem petit crème und einem Perrier tranche für meinen Bachelor in Literatur und Theaterwissenschaften lerne und meine ersten Theaterrollen einstudiere.
Künstlerischer Nährboden
Mein Frankreich ist aber auch und vor allem der künstlerische Nährboden, aus dem ich heute noch zehre: Es sind die französischen Chansons aus dem Radio, laut und inbrünstig von meiner Tante Odette mitgesungen. Es sind die alten Vinylplatten meiner Mutter, auf denen ich den Stimmen von Piaf, Brel, Barbara und Aznavour lauschte.
Es sind die Gedichte von Baudelaire, Verlaine und Eluard, die ich aus der Bibliothek meines Vaters entwendete und auswendig lernte.
Es ist auch das Festival de Musique de Radio France et de Montpellier, das mir jedes Jahr ermöglicht hat, ganz ohne Eintritt zahlreiche Konzerte aller Stilrichtungen zu besuchen. Es sind das Theaterfestival Printemps des Comédiens, das Tanzfestival Montpellier Danse und das internationale Theaterfestival in Avignon, wo ich sogar Pina Bausch tanzen sah, Isabelle Huppert als Orlando auf der Theaterbühne erlebte und von Ariane Mnouchkine persönlich in einem Workshop über Theaterregie unterrichtet wurde.
Seit 1996 lebe ich in Deutschland. Ich werde oft gefragt, warum ich Frankreich verlassen habe. Weil ich mich verliebt hatte, antworte ich dann. Und ob ich Frankreich denn nicht vermisse? Ja. Manches schon. Und Anderes überhaupt nicht.
Neue Heimat
Hier in Hamburg habe ich eine neue Heimat gefunden. Hier habe ich mein Diplom in Schauspiel und Gesang absolviert. Hier lebe ich mit meinem Lebenspartner und meinen beiden Kindern. Hier, in meinem Hamburg, lebe ich aber auch ein Stück von meinem Frankreich weiter.
Seit einigen Jahren trete ich mit französischen Chansons auf und portraitiere auf der Bühne Musik und Leben von berühmten Chansonsängerinnen wie Édith Piaf oder Barbara. In thematischen Chansonabenden wie Parlez-moi d’amour über die Macht der französischen Amour Fou oder Liberté, Liberté über den französischen Traum von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit lade ich das Publikum ein, mein Frankreich mit mir zu erleben.
Und beim Salon Français im Logensaal der Hamburger Kammerspiele gebe ich französischsprachigen Künstlern eine Plattform, sich und ihre Kunst zu präsentieren, und baue ein Netzwerk aus französischen Künstlern in Norddeutschland auf.
Mein Frankreich, das sind also doch nicht nur Erinnerungen. Es ist ein Teil von mir, den ich hier in meinem Hamburg dem Publikum mit viel Liebe näher zu bringen versuche.
Wer Véronique Elling auf der Bühne erleben möchte, findet alle aktuellen Konzerttermine auf www.veroniqueelling.com. Es sind auch alle herzlich eingeladen, ihr und dem Salon Français auf Facebook zu folgen.
Der Beitrag von Véronique Elling ist ein Gastartikel in einer kleinen Reihe, in der alle, die dazu Lust haben, ihre Verbundenheit zu Frankreich ausdrücken können. Ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit Frankreich, Erlebnisse, Gedanken. Ihr wollt mitmachen? Dann denkt bitte daran:
• Keine PDFs.
• Text: per Mail in Word, Open Office oder per Mail. Denkt daran, euch mit ein, zwei Sätzen persönlich vorzustellen.
• Fotos: Bitte schickt nur eigene Bilder und jene möglichst im Querformat und immer in Originalgröße. Sendet sie gebündelt mit www.WeTransfer.com (kostenlos & top!) – oder EINZELN ! – per Mail. Bitte denkt an ein Foto von euch – als Beitragsbild muss dies ein Querformat sein.
• Ganz wichtig: Euer Beitrag darf noch nicht woanders im Netz stehen. Double content straft Google rigoros ab. Danke für euer Verständnis.
Vor der Veröffentlichung erhaltet ihr euren Beitrag zur Voransicht für etwaige Korrekturen oder Ergänzungen. Erst, wenn ihr zufrieden seid, plane ich ihn für eine Veröffentlichung ein. Merci !
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