Mein Frankreich: Walter Messner
„Mein Frankreich“ ist nicht nur Titel meines Blogs, sondern auch Programm: Ich möchte möglichst viele von euch animieren, euer Frankreich vorzustellen. Mein Frankreich – was bedeutet das für euch?
Diesmal verrät es Walter Messner. Der 73-Jährige ist von Beruf Yogalehrer und wohnt in Achberg bei Lindau am Bodensee. Neben Schreiben, Malen und Musizieren gehören auch das Lesen und Reisen zu seinen Hobbys.
Mein Frankreich
Nein, ich habe keine Besitztümer in Frankreich, was ich habe, ist meine starke Zuneigung zu diesem Land. Das savoir-vivre der Menschen und der Klang der Sprache ziehen mich an und lenken mein Auto oft in westliche Richtung. Ich wohne bei Lindau am Bodensee.
Seit etwa fünf Jahren lerne ich Französisch mit mehr oder weniger Erfolg. Besonders das Verstehen dieser Sprache fällt mir schwer. Wenn ich das Thema, über das gesprochen wird, kenne, kann ich mich aber darauf einstellen. Jedenfalls gebe ich nicht auf, auch wegen meiner zauberhaften Französischlehrerin.
Etwa 15 Mal habe ich Paris besucht und immer wieder Neues entdeckt. Auch habe ich dort ein großartiges Konzert von Avishai Cohen im La Cigalle besucht und eine Ausstellung im Grand Palais der Gemälde von Edward Hopper, meines amerikanischen Lieblingsmalers und konnte sein berühmtes Gemälde Nighthawks betrachten.
Ich habe einer spanischen Touristin geholfen, das Grab von Jean Seberg und Serge Gainsbourg zu finden. Danach hörte ich auf meinem Rückweg zum Hotel Orgelklänge in der Église Saint-Germain. Ein Organist probte für die Hochzeit am nächsten Tag.
Jedes Mal das Grab von Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir auf dem Cimetière du Montparnasse zu besuchen war für mich eine Herzensangelegenheit!
Einmal hatte ich Glück mit meinem Besuch im Jardin du Luxembourg. Eine englische Schulklasse sang im Pavillon Lieder aus Musicals, die meine Stimmung in ungeahnte Sphären hoben. Ähnlich erging es mir Jahre später im Côte d’Azur-Städtchen Saint-Raphaël.
Man hatte dort Lautsprecher oben an den Straßenlaternen angebracht, die den Ort mit wunderschöner Musik beschallten, was meiner Stimmung zuträglich war. Auf Nachfrage erhielt ich die Auskunft, das sei die Musik der Fête des Lumières in Lyon.
Tango tanzen an der Seine
In den letzten Jahren, als ich Tango tanzen konnte, bekam ich noch intensiveren Kontakt zur Bevölkerung, ganz besonders zu den Pariserinnen. Welcher Tourist kann schon Wange an Wange mit einer stolzen Pariserin tanzen?
Ganz besonders in Erinnerung habe ich die Tangotänze am Ufer der Seine! Gegenüber lag die Île-de-France und dazwischen zogen beleuchtete Boote vorbei, deren Motorengeräusche von der Tangomusik übertönt wurden.
Nicht nur Paris ist mein Reiseziele in Frankreich gewesen. Ich habe auch Lyon, Aix-en-Provence und viele andere Orte besucht. Aber nie war es die atlantische Küste gewesen.
Martigues: ein Juwel
Es gibt unzählig viele schöne Orte in Frankreich. Wenn ich dafür einen Preis zu vergeben hätte, würde ich Martigues, westlich von Marseille gelegen, an die erste Stelle setzen. Dieser Ort ist wunderschön, ein Wunder der Schöpfung!
Mit Frank an die Côte d’Azur
Eines Tages lernte ich Frank auf einer Tango-Veranstaltung kennen. Nach einigen Begegnungen planten wir eine Tango-Reise nach Ligurien. Er hatte schon seine Erlebnisse in der Region. Ligurien war für uns auch das Tor zur Côte d’Azur, da die dortige Tangoszene grenzüberschreitend war. Schlussendlich landeten wir in Nizza.
Entdeckungen in Nizza
Nizza ist eine schöne, aufregende Stadt, die unsere Ansprüche voll erfüllt. Tagsüber genossen wir die Altstadt mit dem Markt, das Schlendern auf der Promenade des Anglais und die unzähligen Möglichkeiten gut essen zu gehen. Abends dann nutzten wir die vielen Möglichkeiten Tango tanzen zu gehen. Wir schafften in dieser Szene einen großen Bekanntenkreis, dem auch frühere Bekannte aus Ligurien zugehörten.
Hier in Nizza entdeckte ich die Apart-Hotels, eine Möglichkeit, in der man in einem Hotel wohnte, aber statt ein Zimmer zu haben, ein kleines Appartement bewohnen konnte. Hier stand auch ein Tiefgaragen-Stellplatz zur Verfügung. Notwendig, da in Nizza keine Parkplätze zur Verfügung stehen.
Ausflüge ins Hinterland
Wir unternahmen Ausflüge ins hügelige Hinterland und an der Côte d’Azur entlang bis Saint-Tropez und darüber hinaus. In einem Dorf im hügligen Hinterland wurde ich von einem Mann auf Deutsch angesprochen, der mein deutsches Kennzeichen sah. Er sei ursprünglich aus Straßburg und freue sich, wieder einmal die deutsche Sprache zu sprechen. Oder im Dorf Saint-Jeannet, als ich nach dem Weg fragte, erhielt ich die Antwort auf Deutsch.
Erstaunlich, da man in Deutschland der Meinung ist, die Franzosen würden nur ungern eine Fremdsprache sprechen, selbst wenn sie Kenntnisse davon haben. Diese Erfahrung habe ich in den letzten Jahrzehnten nie gemacht. Die Franzosen sind sofort auf Englisch eingestiegen, sie wollten sich schließlich mit mir unterhalten. Für mich war das natürlich bequemer, aber nicht im Sinne meiner Französischlehrerin.
Toulon: Liebe auf den zweiten Blick
Doch irgendwann brauchten wir eine Veränderung, ausgelöst durch die höher werdenden Übernachtungspreise in Nizza. Und so fiel unsere Wahl auf Toulon, eine Stadt, die nicht gerade als Touristenhochburg bekannt ist. Toulon liebt man erst auf den zweiten Blick, so heißt es. Frank wohnt immer im Stadtzentrum und ich in La Seyne-sur-Mer, südlich von Toulon gelegen. Dort habe ich eine Ferienwohnung in einem abgeschlossenen Areal, was gut für mein Cabrio ist.
Hier im Ort kann ich alles zu Fuß erreichen, den supermarché, die Tankstelle, die Einkaufsstraße mit vielen Geschäften und einem Markt, der an mehreren Tagen in der Woche stattfindet. Lokal an Lokal reiht sich aneinander und an der Strandpromenade sowieso. Ein ausladender Sandstrand lockt zum Baden ein, ein Park mit Rummel für danach.
Was fehlt noch? Eine Hafenpromenade und eine Altstadt und das bietet Toulon. Im etwa halbstündigen Rhythmus bringt mich ein Boot für zwei Euro nach kurzer Fahrt nach Toulon.
Dort treffe ich Frank, entweder an der Hafenpromenade oder in der Markthalle. Jedes Mal, wenn wir hier sind, machen wir neue Entdeckungen, allerdings nicht nur in der Stadt, sondern auch in der Umgebung. Westlich von Toulon, in Richtung Marseille, liegen malerische Orte wie Sanary-sur-mer, Bandol, Cassis und andere.
In östlicher Richtung begegnen wir alten Bekannten aus unserer Zeit aus Nizza. In Plan de la Tour haben wir unsere bisher besten Galettes gegessen, in Grimaud und Cogolin hervorragend gespeist.
Doch unseren Lieblingsstrand muss ich unbedingt erwähnen. Die Plage de Cabasson mit dem Fort de Brégançon, auf dem die jeweiligen französischen Präsidenten einmal im Jahr ihren Urlaub verbringen. Wir haben dazu keinen Zutritt und genießen das Strandleben an diesem traumhaften Ort. Zurück nach Toulon fahren wir über das lauschige Weinsträßchen (meine Wortschöpfung) in Richtung Hyères.
Unzählige caves und châteaux säumen die Straße, die wir alle besucht haben. Ein Chateau davon besuchen wir jedes Mal, es ist unser Favorit, weil hier alles stimmt für uns! Das château selbst mit einladender Alleeneinfahrt, gut schmeckender Wein und die Verkäuferin, wir lieben sie, so schön und charmant wie sie ist.
Inzwischen sind wir zurückgekehrt und ich muss die Wichtigkeit unserer Zwischenübernachtungen erwähnen. Da uns die ganze Strecke zu weit ist, um sie an einem Tag zu schaffen, übernachten wir ungefähr auf der Hälfte, meist auf Höhe von Valence. Hier lernen wir ein anderes Frankreich kennen, abseits der attraktiven Orte und machen erstaunliche Erfahrungen! So z. B. ein Restaurant Auberge Aux Petits Pavés im Hinterland von Salon-de-Provence.
Da wir in Salon keine Chance hatten, einen Parkplatz zu bekommen, (so erging es uns auch in Annecy und Aix-en-Provence) suchten wir ein Restaurant im Umland und machten eine erstaunliche Entdeckung. Der freundliche Wirt wies uns einen der wenigen freien Tische zu und kaum saßen wir, als eine junge und charmante Bedienung ankam. Sie erklärte uns in gutem Englisch die Speisekarte.
Ich fragte sie, ob ich sie als Mademoiselle ansprechen dürfte (ich dachte dabei an unser deutsches Fräulein-Verbot), und sie bestand sogar darauf. Etwas später stellte sie uns eine Kollegin vor, die Deutsch sprach! Ich liebe die deutsche Sprache, wenn sie von einer Französin gesprochen wird.
Am vollen Nachbartisch geschah etwas, eine hohe Kerze wurde angezündet, die Wirtin erschien und sang ein Geburtstagslied mit geschulter Stimme. Wie schön! Danach sprach ich sie mit Madame Piaf an und zum Dank für das Kompliment sang sie für mich „Non, je ne regrette rien“ Eine bewundernswerte 81-jährige Dame.
Wir wollten nicht gehen, mussten aber, da wir in der Heimat zu tun hatten. Adieu Frankreich, wir werden wiederkommen!
Ich habe drei Romane geschrieben, wovon zwei davon zu einem Großteil in Frankreich spielen. Falls ihr Interesse daran haben solltet, sind sie im Buchhandel und im Internet verfügbar: Marie* und Begegnungen in Bonnieux* von Walter Messner.
Der Beitrag von Walter Messner ist ein Gastartikel in einer kleinen Reihe, in der alle, die dazu Lust haben, ihre Verbundenheit zu Frankreich ausdrücken können. Ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit Frankreich, Erlebnisse, Gedanken. Ihr wollt mitmachen? Dann denkt bitte daran:
• Keine PDFs.
• Text: per Mail in Word, Open Office oder per Mail. Denkt daran, euch mit ein, zwei Sätzen persönlich vorzustellen.
• Fotos: Bitte schickt nur eigene Bilder und jene möglichst im Querformat und immer in Originalgröße. Sendet sie gebündelt mit www.WeTransfer.com (kostenlos & top!) – oder EINZELN ! – per Mail. Bitte denkt an ein Foto von euch – als Beitragsbild muss dies ein Querformat sein.
• Ganz wichtig: Euer Beitrag darf noch nicht woanders im Netz stehen. Double content straft Google rigoros ab. Danke für euer Verständnis.
Vor der Veröffentlichung erhaltet ihr euren Beitrag zur Voransicht für etwaige Korrekturen oder Ergänzungen. Erst, wenn ihr zufrieden seid, plane ich ihn für eine Veröffentlichung ein. Merci !
Ich freue mich auf eure Beiträge! Alle bisherigen Artikel dieser Reihe findet ihr hier.
Sehr schöner Beitrag! Ich kenne die Gegend um La Seyne fast wie meine Westentasche. Ende der 80er Jahre bis ca. 2000 haben mein Mann und ich fast jedes Jahr auf der Halbinsel St. Mandrier sur Mer Urlaub gemacht. Damals waren wir noch (gefühlt) die einzigen ausländischen Touristen in der Gegend. Der Marktbesuch am Sonntag Morgen in La Seyne – für uns ein Muss! Eine Fahrt mit dem Boot von Les Sablettes nach Toulon: herrlich. Sanary sur Mer ist mein absoluter Lieblingsort. Am Strand von Les Sablettes im Cafe sitzen mit Blick auf die „les Deux Frères…
Später haben wir viele andere Gegenden in Frankreich bereist, um dann ab 2015 wieder nach St. Mandrier zurückzukehren. Leider ist mein Mann Ende des Jahres gestorben und ich bin mir noch nicht sicher, ob ich es „wagen“ soll, die 1300 km von meinem Wohnort bis dort runter allein zu fahren…
Mit besten Grüßen,
Annette
Liebe Anette,
man kann auch sehr gut mit dem Zug runter fahren: Beispielsweise von Frankfurt oder Mannheim mit dem TGV nach Marseille (von Mannheim dauert es nur ca. 7 Stunden ohne Umsteigen), dann noch eine Dreiviertelstunde mit dem TER nach Toulon. Wir sind jedes Jahr in der Gegend und fahren fast nur mit dem Zug runter (oft für 49 Euro in der ersten Klasse, so günstig ist aber nur der Nachmittagszug, der 21:49 in Marseille ankommt, aber auch zu den anderen Uhrzeiten ist es sicher günstiger – und vor allem entspannter – als mit dem Auto, je nachdem, wie lange man im Voraus bucht (auf der Seite TGV europe). Sanary liebe ich auch … ja und am Strand von Sablettes im Cafe sitzen … herrlich!
Liebe Grüße, Christine
Liebe Christine,
an eine Fahrt mit dem Zug habe ich auch schon gedacht, von hier wo ich wohne bis Marseille braucht man ca. 12 Stunden!Dort unten ist dann ein Mietwagen – wie ich finde – sehr von Vorteil.Ich mache gern Ausflüge in die nähere (oder weitere) Umgebung und mit einem Auto ist man doch unabhängiger als mit ÖPNV. Trotzdem noch mal vielen Dank für Deinen Hinweis.
Liebe Grüße, Annette
Sehr schön!
Es macht wirklich Lust auf Frankreich.
Und mit dem Französisch lernen: ich kann es soooo nachvollziehen (ähnliche Generation), aber tröstlich.
Noch viele schöne Jahre in der „touristischen Wahlheimat“.