Der Blick vom Belvedere in Thonon-les-Bains auf den Genfer See. Foto: Hilke Maunder

Thonon-les-Bains: Vielfalt am Genfer See

Wie ein Amphitheater, dessen Häuserreihen die Ränge bilden, liegt Thonon-les-Bains am Südufer des Genfer Sees. Rund 37.000 Menschen leben in der Hauptstadt des Chablais, die auch für ihr Thermalzentrum Valvital bekannt ist – und ihren großen Markt am Donnerstag, der dann die Avenue Saint-François de Sales und zahlreiche umliegende Straßen im Zentrum erobert.

Der Markt gehört zu den größten der Region und ist ein Schlemmerreich bester savoyardischer Spezialitäten. Kostet würzige Hartwürste vom Hirsch, Reh oder Schwein, raffiniert gewürzt mit Pfeffer, Walnuss und Kräutern; herzhafte Bergkäse von den Almen der Vallée de l’Abondance oder Obst und Gemüse von kleinen Erzeugern, die seit Jahrzehnten auf Bio setzen. Andere Stände locken mit günstigen Schuhen, handgemachtem Schmuck, Naturkosmetik oder preiswerter Mode – und mitunter sind sogar Matratzen im Angebot! Welch eine Begrüßung am Donnerstag!

Am Ufer des Genfer Sees

An allen anderen Tagen beginnt euren Rundgang am Ufer des Genfer Sees, wo ein Fischereimuseum im einstigen Fischerdorf Rives mit kleinen bunten Häusern, großen länglichen Reusen und Fischernetzen, die auf den hölzernen Wäscheständern aus jener Zeit trocknen, eine authentische und überraschende Uferatmosphäre am Genfer See inszeniert.

Sie erinnert an jene Zeiten, in denen die Fischerei das wichtigste Wirtschaftsstandbein der Stadt war. Der Fischmarkt von Thonon-les-Bains war einst einer der größten und bedeutendsten in Europa. Er versorgte nicht nur die lokale Bevölkerung, sondern auch zahlreiche Städte in der Umgebung.

Nur wenige Schritte weiter kommt ihr zum Fähranleger, wo Schiffe der CGN Compagnie Générale de Navigation sur le Lac Léman hinüber in die Schweiz nach Lausanne schippern. Die ancienne douane, das alte Zollhaus am Steg des Port des Rives, war früher eine Grenzstelle für alle, die aus der Schweiz kamen oder dorthin wollten.

Wenig weiter verbindet der Funiculaire seit dem 2. April 1888 den Hafen in wenigen Minuten mit dem Stadtzentrum – mit Paradeblicken auf den See und die Stadt.

Bei ihrer Einweihung galt die steile Standseilbahn von Auguste Alesmonières als technisches Meisterwerk ihrer Zeit und war damals vor allem für den Transport von Gütern zwischen dem Hafen und der Stadt ausgelegt.

Bis 1956 wurde der Funiculaire noch mit Wasserkraft betrieben und nicht, wie heute, elektrisch. Fahrkarten für die Fahrt gibt es nur unten am Seeufer. Wer oben einsteigt, zahlt erst beim Aussteigen.

Mein Fototipp: In einer Kurve kreuzen sich die beiden Kabinen des Funiculaire! Oben angekommen sind, könnt ihr vom Belvédère, einem der schönsten Aussichtspunkte der Stadt, herrliche Ausblicke auf Thonon-les-Bains und den Genfersee genießen.

Danach wartet das Stadtzentrum auf euch – es ist zwar nicht sehr groß, lohnt aber einen Bummel mit Sehenswürdigkeiten wie dem Pôle Culturel de la Visitation, einem Kulturzentrum mit buntem Programm an Ausstellungen, Konzerten und Veranstaltungen im einstigen Kloster der Visitandines aus dem 17. Jahrhundert.

Im einstigen Schloss von Sonnaz, das einst die Souveräne von Piemont-Sardinien beherbergte, blättert das Musée du Chablais die Geschichte und Volkstraditionen des Chablais auf.

Die charmante Rue Chante Coq ist die älteste Straße von Thonon, die Place Henry Bordeaux der jüngste Stadtplatz, der im Zuge der Innenstadtaufwertung am 16. Dezember 2023 neu eingeweiht wurde. Wieder im Glanz des Art Déco präsentiert sich seit November 2023 auch das Excelsior, das sich von einer Bauruine zu einem innerstädtischen Kongresszentrum wandelte.

Vor der BasilikaSaint-François de Sales, einem beliebten Anlaufpunkt für Pilger, plätschert ein Brunnen. Hier füllen Radfahrer auf der ViaRhôna, einem Fernradweg entlang der ViaRhôna, gerne ihre Trinkflaschen auf. Die neogotische Basilika ist dem heiligen Franz von Sales geweiht. Er gehört zu den bedeutendsten Theologen des 16. Jahrhunderts und war für seine sanfte Art und seine Predigten bekannt.

Das Wein-Schloss von Thonon-les-Bains

Nicht verpassen solltet ihr auch das Schloss Ripaille. Von der Straße aus wirkt das Château de Ripaille eher unauffällig, da es eine große Steinmauer und Weinberge verdecken. Doch sobald ihr das Schlosstor passiert habt, zeigt sich ein majestätisches und imposantes Schloss mit einer hell verputzten Fassade und vier perfekt erhaltenen Türmen.

Das Schloss Ripaille ließ Amédée VIII, erster Herzog von Savoyen, im Jahr 1434 als Rückzugsort und Sommerresidenz erbauen. Amédée VIII war eine äußerst ambivalente Figur. Einerseits war er ein frommer Mann, der schließlich als Papst Felix V. abdankte, um ein Leben in Zurückgezogenheit zu führen. Andererseits war er ein äußerst ehrgeiziger Politiker, der die Macht des Hauses Savoyen erheblich ausbaute.

Auf Schloss Ripaille traf er sich mit wichtigen Persönlichkeiten seiner Zeit und schmiedete Pläne für die Zukunft seines Herzogtums. Amédée VIII träumte von einem eigenen Staat, der sich über weite Teile Norditaliens erstrecken sollte. Dieser Staat sollte unabhängig von den großen europäischen Mächten sein und eine Art Pufferzone zwischen Frankreich und dem Heiligen Römischen Reich bilden.

Die Idee eines neuen Staates, der in Ripaille geboren wurde, führte zu zahlreichen Spekulationen und Verschwörungstheorien. So wurde beispielsweise behauptet, dass Amadeus VIII. in Ripaille eine geheime Gesellschaft gegründet habe, die die Gründung eines neuen Reiches vorbereiten sollte.

Ob die Pläne für einen neuen Staat in Ripaille tatsächlich so konkret waren, wie oft behauptet wird, ist schwer zu sagen. Es gibt keine eindeutigen historischen Belege für oder gegen die legendäre „Ripaille“-Verschwörung. Die Geschichte von Ripaille ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie Machtpolitik, Religion und Ideologie im Mittelalter miteinander verwoben waren.

Nach den Reformationskriegen und dem Eingreifen des heiligen Franz von Sales wandelte sich das Schloss Ripaille im 17. und 18. Jahrhundert zu einem Kartäuserkloster, das durch seine großen Mauern vor der „Welt“ geschützt war. Während der Französischen Revolution als Nationalgut säkularisiert, verkaufte es der Staat an den General Dupas, der aus dem nahen Évian-les-Bains stammte, sich hier von den napoleonischen Kriegen erholte und seinen ehemaligen Waffengefährten die hauseigenen Tropfen der Weinberge von Ripaille anbot.

Bis heute hält das Château de Ripaille seine Weinbautradition lebendig und verkauft seine Weine von April bis Oktober an der Kellertür. Die Haupttraube auf dem 22 Hektar großen schlosseigenen Weinberg ist eine Rebe, die bereits zu Klosterzeiten angebaut wurde: Chasselas (Gutedel). Sie vinifiziert Paule Necker, eine Önologin, die den Betrieb seit 1996 leitet, zu Weißweinen, die nicht nur in ganz Frankreich verkauft, sondern auch nach Übersee exportiert werden.

Thonon-les-Bains: meine Reisetipps

Hinkommen

Von Paris aus verkehrt der TGV Lyria bis Bellegarde-Sur-Valserine Gare, Anschluss dort mit TER-Regionalzügen (kostenlose Fahrradmitnahme!) bis Thonon-les-Bains.

Erleben

L’Art dans la Rue

Seit 2019 lädt Thonon-les-Bains Künster und Künstlerinnen ein, sich für einen der 70 Plätze für die Sommerausstellung der Stadt zu bewerben. Das Thema wechselt jährlich, die Stadt stellt die 2 m x 1,60 m großen Baumwollleinwände mit Ösen kostenlos zur Verfügung. Zugelassen bei der freien Gestaltung sind alle wasserfesten Techniken.

Die Arbeiten der Künstler werden fünf Wochen lang im Freien ausgestellt, ehe das das Publikum entscheidet, wer den Preis der Stadt für das Jahr erhält. Jedes Jahr wird ein Gastkünstler eingeladen. 2024 war es Sébastien Bouchard, der nach dem Besuch der Kunsthochschule von Nantes von 2005 bis 2010 im Senegal gelebt und gearbeitet hat. Der bekannte Street-Art-Künstler Levalet hat 2022 das alte Waschhaus von Vongy mit seinen Wandbildern zum Leben erweckt. Wo ihr das ganze Jahr über Street-Art in Thonon-les-Bains findet, verrät diese Webseite.

Folies Végétales

Vor der Kulisse des Château de Ripaille organisiert das Office de Tourisme seit 2021 alljährlich Mitte April einen großen Blumen- und Pflanzenmarkt. Zum zweitätigen Frühlingsfest gehört ein Wettbewerb für riesige Skulpturen aus Stroh und Heu, die bis September die Avenue de Ripaille zieren.

Matagasse

Das Ende des Winters feiert Thonon-les-Bains alle zwei Jahre mit der Matagasse. Vereine, Schulen und lokale Gruppen ziehen in fantasievollen Kostümen mit kunstvoll dekoriert Wagen durch die Stadt, begleitet von Musik und dem Lärm der vielen Trommeln und Fanfaren. Angeführt wird der Umzug von Sa Majesté Matagasse. Am Ende des Festes wird die Symbolfigur des Festes traditionell verbrannt, was das Ende des Karnevals und den Beginn einer neuen Jahreszeit symbolisiert.

La Nuit est Belle

Die Schönheit des Nachthimmels feiert Thonon-les-Bains seit mehreren Jahren im September, schaltet die öffentliche Beleuchtung dann aus und lädt ein, das Funkeln des Firmaments zu entdecken.

Toques du Chablais

„Kochmützen des Chablais“ nennt sich dieses internationale Gastronomiefestival, das im Oktober mit kulinarischen Workshops und Kochkursen, bei denen lokale Köche und Restaurantbesitzer ihr Wissen und ihre Leidenschaft für die Gastronomie teilen, lockt.

Zum Festival gehören die Profi-Wettbewerbe Concours International des Écoles Hôtelières und der Championnat du Monde du Chablais de la Rissole.

Wandern

Mit ihrem sehr dichten Netz an Wanderwegen in und um die Stadt ist Thonon-les-Bains ist ein wahres Paradies für Wanderer. Ein wunderschöne, 5,3 Kilometer lange Runde führt euch durch den Wald von Ripaille und eröffnet immer wieder herrliche Blick auf den Genfersee. Der Wald am Schloss Ripaille war einst das Jagdgebiet der Grafen von Savoyen – ein 53 Hektar großer Eichenwald, eingegrenzt von einer Mauer. Ebenfalls an der Route liegen das 19 Hektar große Arboretum Sylvetum André Engel und eine Gedenkstätte für alle jene Männer und Frauen, die während des Zweiten Weltkriegs Juden gerettet haben.

Oder schlendert ganz gemütlich vom Hafen von Thonon-les-Bains am Seeufer entlang hin zum kleinen Fischereihafen von Anthy-sur-Léman rund sechs Kilomter westlich!

GR du Pays Littoral du Léman

Der rund 91 Kilometer lange Fernwanderweg GRP Littoral du Léman umrundet den gesamten Genfersee. Die Etappe durch Thonon-les-Bains ist besonders beliebt, weil sie nicht nur landschaftlich reizvoll, sondern auch kulturell interessant ist. Der Weg führt euch durch kleine Dörfer, vorbei an historischen Stätten und bietet immer wieder beeindruckende Ausblicke auf den See.

Die Gorges du Pont du Diable

17 Kilometer südöstlich findet ihr bei La Vernaz diese beeindruckende Schlucht mit ihren steilen Felswänden und dem türkisfarbenen Wasser der Dranse.
• https://lepontdudiable.com

Wellness

ValVital – Thermes & Spa

Zum Thermalzentrum, das medizinische Kuren in den Bereichen Rheumatologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen sowie Harnwegserkrankungen anbietet, gehört ein Spa. Auf 600 Quadrametern bietet diese Wellness-Oase ein Becken mit 32 °C warmem Thermalwasser, sprudelnden Betten und Sitzen und Massagedüsen. Zum Angebot gehören auch eine Musikgrotte, eine Sauna und ein Hammam sowie Massage- und Beautyanwendungen. Die Thermalsaison läuft von Mitte März bis Ende November, der Spa-Bereich ist das ganze Jahr über geöffnet.
• 1, avenue du Parc, 74200 Thonon-les-Bains, Tel. 04 50 26 17 22, www.valvital.fr

Schlemmen und genießen

Brasserie du Général

Die 1864 gegründete Brasserie in unmittelbarerr Nähe zum Belvédère ist eines der ältesten Restaurants in Thonon-les-Bains.
• 1, place du Château, 74200 Thonon-les-Bains, Tel. 04 50 26 64 66, www.legeneral.com

Brasserie du Belvédère

Ebenfalls am berühmten Aussichtspunkt von Thonon-les-Bains findet ihr dieses, besonders mittags und an Markttagen beliebte Restaurant.
• 1B, avenue du Léman, 74200 Thonon-les-Bains, Tel. 04 50 71 10 04

Brasserie des Arts

Beliebte Brasserie der Einheimischen mit moderner, schmackhafter Küche und französischen Klassikern. Sehr freundlicher Service, gute Musik und kreative Salate wie die salade nordique.
• 2, rue des Arts, 74200 Thonon-les-Bains, Tel. 04 50 71 78 07, www.facebook.com/BrasserieDesArtsThonon

Hier könnt ihr schlafen

Corniche 22

Véronique Pfeiffer hat eine Villa aus den 1920er-Jahren in ein Gästehaus mit geräumigen Zimmern verwandelt, die den Komfort von heute mit dem Flair von einst verbinden. Aus manchen Zimmern blickt ihr auf den Genfer See.
• 22, boulevard de la Corniche, 74200 Thonon-les-Bains, Tel. 04 50 26 62 03,

Noch mehr Betten*

 

Weiterlesen

Im Blog

Zehn Kilometer östlich liegt Évian-les-Bains am Genfer See und verbindet die Pracht der Belle Époque mit dem guten Leben von heute. Entdeckt das traditionsreiche Kurbad hier.

Alle Beiträge aus dem Département Haute-Savoie vereint diese Kategorie.

Im Buch

* Durch den Kauf über den Partner-Link, den ein Sternchen markiert, kannst Du diesen Blog unterstützen und werbefrei halten. Für Dich entstehen keine Mehrkosten. Ganz herzlichen Dank – merci !

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert