Gorges du Tarn. Foto: Hilke Maunder
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In den Schluchten der Gorges du Tarn

Die Gorges du Tarn nordöstlich von Millau gehören zu den schönsten Schluchten Frankreichs. Bis zu 500 Meter tief hat sich der Tarn auf 80 Kilometer Länge in die Karstebenen der Causses hineingegraben.

Der 380 Kilometer lange Fluss entspringt am Mont Lozère, durchfließt Millau, Albi und Montauban und mündet bei Moissac in die Garonne.

Die Gorges du Tarn bei Millau. Foto: Hilke Maunder
Die Gorges du Tarn bei Millau. Foto: Hilke Maunder

Mit zig Kurven und Kehren windet sich die Départementsstraße D 907 bis am rechten Flussufer durch die Tarnschlucht. Ihren Eingang bewacht seit dem 12. Jahrhundert das Château de Peyrelade, dessen Mauerwerk mit dem Fels verschmolzen zu sein scheint.

Die Burg stammt aus dem 11. und 12. Jahrhundert und war eine der wichtigsten Festungen der ehemaligen Provinz Rouergue. Sie thront in 50 Metern Höhe auf einem natürlichen Felsturm, der als Bergfried dient, und hatte ursprünglich eine dreifache Ringmauer.

Von der Spitze des Felsturms habt ihr einen spektakulären Blick auf die Umgebung und den Eingang zur Tarn-Schlucht. Die Burg gehört auch zu den 23 châteaux, die sich im Aveyron zur Route des Seigneurs du Rouergue zusammengeschlossen haben.

Der Fels, der hier bei Rivière-sur-Tarn in einer Flussschleife des Tarn den Eingang zu den spektakulären Schluchten der Gorges du Tarn bewacht, birgt im Innern ein köstliches Geheimnis: den Bleu des Causses. Mit Kuh- statt Schafmilch bringt dieser AOC-Blauschimmelkäse wahres Genießer-Glück.

Petra lapta: Der lateinische Name verrät, warum „gestürzter Stein“ den Käsemachern so gut gefällt. Denn in Rivière-sur-Tarn sind die geologischen Gegebenheiten ähnlich geartet wie beim viel berühmteren Käseort des Aveyron, Roquefort. Dort war vor 200.000 Jahren im Combalou-Massiv ein rund zwei Kilometer langer Felssturz entstanden, dessen Höhlen und Grotten bis zu 300 Meter tief reichen.

Gorges du Tarn: Cave de Peyrelade. Foto: Hilke Maunder
Die Käsereise Cave de Peyrelade stellt in den Gorges du Tarn den Blauschimmelkäse Bleu des Causses her. Foto: Hilke Maunder

Durch Felsspalten, von den Einheimischen fleurines genannt, zieht dort das ganze Jahr hindurch Luft durch die Keller. Sie sorgt für konstante Belüftung und gleichbleibende Temperaturen. In Roquefort verwandelten die Käsemacher die Höhlen und Grotten in weltberühmte Veredlungskeller, in denen der Blauschimmelkäse aus Schafsmilch bis zur Vollendung reift.

Genau solche Verhältnisse birgt auch der Geröllhang von Rivière-sur-Tarn, der durch den Einsturz des Puech de Fontaneilles entstand. Doch auf den Weiden ringsum grasen keine Schafe, sondern Kühe. Ihre Milch bildet den Rohstoff für den Bleu des Causses.

Seit 1856 stellt ihn die Société Fromagère de Rodez nach Vorbild des Roquefort her und lässt ihn in den Naturhöhlen, in den Caves de Peyrelade, drei bis sechs Monate lang reifen. Mit Infotafeln und einem Video erklärt die Käserei die traditionsreiche Herstellung ihres Blauschimmelkäses im Gewölbe-Shop.

Roquefort vom Schaf, Bleu des Causses von der Kuh: Trotz gleicher Herstellung und Reifung unterscheiden sich die beiden Blauschimmelkäse sehr. Der Bleu des Causses erhält durch die Kuhmilch eine gelblichere Farbe als der Roquefort. Seine Textur ist cremiger und sein Geschmack ist, je nach Reifeprozess, ausgeprägter.

Gorges du Tarn bei Millau. Foto: Hilke Maunder
Herbst in den Gorges du Tarn Foto: Hilke Maunder

Der Bleu des Causses ist zudem das ganze Jahr erhältlich, da die Kuhmilch tagtäglich frisch gewonnen wird. Das ermöglicht eine industrielle Fertigung in Ergänzung zur handwerklichen Herstellung. Die Roquefort-Herstellung indes ist ein Saisongeschäft und trotz großer Unternehmen immer noch rein handwerklich.

Beide Käse eint die Auszeichnung als Appéllation d’Origine Protégée (AOP), dem Siegel der geschützten Herkunftsbezeichnung, das genaue Regeln für die Fertigung und Verbreitung vor Ort vorschreibt.

Sämtliche Orte in den Gorges du Tarn zwischen Le Rozier und Quézac werden im Juli und August allabendlich angestrahlt.

Bei Les Vignes klettert die D 995 zum Point Sublime am Rand des Causse de Sauveterre hinauf. Von dort eröffnen sich herrliche Ausblicke auf die Tarnschlucht und den weiten Talkessel Cirque des Baumes mit seinen farbigen Felswänden.

Wer in der Schlucht verbleibt, sollte zwischen Les Vignes und La Malène 97 steile Treppenstufen am Pas de Soux hinauf zu einem Aussichtspunkt steigen. Der Belvédère wurde 1934 von Adrien Espinasse angelegt und gehört heute zu einer Terrasse mit Bar samt Boutique mit lokalen Produkten und Souvenirs. Dort steht Monsieur und achtet darauf, dass jeder, der hinaufsteigt, auch 1 Euro zahlt – es lohnt sich!

Von hoch oben blick ihr auf einen gigantischen Felssturz, bei dem vor Jahrhunderten riesige Felsblöcke von den Klippen des Causse Méjean in den Tarn fielen. . Der Legende nach entstand der Felssturz im 5. Jahrhundert durch ein Erdbeben, das angeblich bis zu den Pyrenäen zu spüren war. Bei Hochwasser kann der Wasserpegel des Tarn hier bis zu 14 Meter ansteigen.

Bei der Felsenge Les détroits zwängt sich der Fluss zwischen steilen Felshängen hindurch. Wind und Wetter haben Höhlen und Grotten in den Fels gegraben. Weitere schöne Aussichten bieten sich vom Roc des Hourtous und Roc de Serre.

Erst seit dem 20. Jahrhundert verläuft hier direkt am Fluss eine Straße, die hin und wieder durch Felstore führt oder eindrucksvoll geteilt wird.

La Malène ist der touristische Hauptort in diesem Abschnitt der Schlucht – vor allem, weil hier batelier genannte Bootsführer Touren in flachen Barken auf dem Tarn. Wer mag, kann sich hier auch ein Kajak leihen und auf dem Tarn paddeln. Auch einen kleinen Badestrand gibt es.

Das Dorf drängt sich, zweigeteilt von der D 43, im Schatten der Felsen mit seinen Natursteinhäusern an die Klippen der Schlucht. In einem Schlösschen aus dem 15. Jahrhundert residiert heute das Hotelrestaurant Manoir de Montesquiou.

Malerisch: eine Gasse in La Malène. Foto: Hilke Maunder
Malerisch: eine Gasse in La Malène. Foto: Hilke Maunder

Über Sainte-Énimie erhebt sich die Ruine der Felsenburg Castelbouc. Das mittelalterliche Örtchen gehört zu den schönsten Dörfern Frankreichs. Seine Namensgeberin war eine merowingische Prinzessin: Enimie, die Tochter von König Chlothar II. Sie war für ihre Schönheit bekannt, was viele Verehrer anzog.

Um ihre Keuschheit zu bewahren, betete sie zu Gott, der ihr daraufhin Lepra schickte. Heilung fand sie, erzählt die Legende, in der Source de la Burle in den Gorges du Tarn. Dieses Wunder soll sich im 6. Jahrhundert zugetragen haben, worauf sich Énimie mit einer Klostergründung für die Erlösung von ihrer Pein bedankte.

Mehr als 40 Quellen und Wasserfälle säumen die corniche, die Panoramaroute durch die Schlucht. Wie das Mineralwasser von Quézac in die Flasche kommt, lässt sich nach Voranmeldung auf Führungen erleben.
• SMEMQI, Maison des préfettes, Ispagnac, Tel. 04 66 45 47 15, www.quezac.com

Das Musée L’Amellio im winzigen Dörfchen Montbrun, in dem nur noch rund 70 Menschenleben, betreiben Freiwillige. Wer die Sammlung zur Geologie und Lokalgeschichte ansehen möchte, muss sich vorab anmelden.
• Mai – Okt., Tel. mobil 06 17 02 93 75

An das Landleben im 18./19. Jahrhundert erinnert die Ferme Caussenarde d’Autrefois.
• Hyelzas, Hures-La Parade, Tel. 04 66 45 65 25, www.ferme-caussenarde.com

Gorges du Tarn. Foto: Hilke Maunder
Überall ragen die Wände der Gorges du Tarn hinter den Orten steil auf. Foto: Hilke Maunder

In der Maison des Vautours dreht sich alles um die Gänsegeier, die 1920 ausgestorben waren – und 1981 erfolgreich wieder angesiedelt wurden. Rund 250 Geier leben heute in den Schluchten von Jonte und Tarn.
• Saint-Pierre-des-Tripiers, Tel. 05 65 62 69 69, Apr. – Okt.

Rivière-sur-Tarn. Foto: Hilke Maunder
Rivière-sur-Tarn. Foto: Hilke Maunder

Gorges du Tarn: meine Reisetipps

Aktiv

Tarn-Törn

In La Malène lädt die letzte französische Flussschiffer-Genossenschaft Confrérie de Bateliers zur Barkenfahrt auf dem Tarn.
• Les Bateliers de la Malène, La Malène, Tel. 04 66 48 51 10, https://lamalene.fr/les-bateliers, Apr. – Okt.

Klettern

Die Gorges du Tarn gehören zu den beliebtesten Klettergebieten in Südfrankreich. Besonders rund um Saint-Georges-de-Lévéjac findet ihr viele schöne Kletterrouten.

Wandern

Gleich drei Weitwanderrouten führen durch die Gorges du Tarn. Ihr könnt die Grandes Randonnées 6, 44 und 60 auch auf Teiletappen erlaufen oder Tagestouren machen entlang des rot-weiß markierten Wanderweges. Lokale Routen sind gelb gekennzeichnet.

Wassersport

Kanu, Kajak, Rafting: Ob actionreich oder familienfreundlich: Die Gorges du Tarn sind ein Eldorado für Wassersportler. Zentren sind La Malène und Sainte-Énimie.

Gorges du Tarn: chambre d'hôte mit Blick auf die Schlucht. Foto: Hilke Maunder
Morgenstimmung im chambres d’hôtes. Foto: Hilke Maunder

Schlemmen & schlafen

Manoir de Montesquiou*

Willkommen im 15. Jahrhundert: So begrüßen Evelyne und Bernard Guillenet ihre Gäste im Manoir de Montesquiou – geschlafen wird im Ritterzimmer oder Schlafsaal der Comtesse.
• 48210 La Malène, Tel. 04 66 48 51 12, www.manoir-montesquiou.com

Auberge du Moulin

Grundsolide und sauber ist dieser Landgasthof. Seine vorzügliche Küche mundet besonders gut auf der Terrasse mit Tarn-Blick.
• Rue de la Combe, 48210 Sainte-Énimie, Tel. 04 66 48 53 08, www.aubergedumoulin48.com

Noch mehr Betten*

 
Gorges du Tarn. Foto: Hilke Maunder
Naturstein prägt die alten Orte am Tarn. Foto: Hilke Maunder

Weiterlesen

Im Blog

Die Gorges du Tarn sind die höchsten Schluchten Okzitaniens. Sie liegen zum Großteil im Département Lozère, ein wenig auch im Département Aveyron.

Im Buch

Hilke Maunder, Okzitanien: 50 Tipps abseits der ausgetretenen Pfade*

Okzitanien abseits Geheimtipps

Okzitanien ist die Quintessenz des Südens Frankreichs. Es in den Höhen der Cevennen, endet im Süden am Mittelmeer – und präsentiert sich zwischen Rhône und Adour als eine Region, die selbstbewusst ihre Kultur, Sprache und Küche pflegt. Katharerburgen erzählen vom Kampf gegen Kirche und Krone, eine gelbe Pflanze vom blauen Wunder, das Okzitanien im Mittelalter reich machte.

Acht Welterbestätten birgt die zweitgrößte Region Frankreichs, 40 grands sites – und unzählige Highlights, die abseits liegen. 50 dieser Juwelen enthält dieser Band. Abseits in Okzitanien: Bienvenue im Paradies für Entdecker!  Hier* gibt es euren Begleiter.

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Das Viadukt von Millau. Foto: Hilke Maunder
Das Viadukt von Millau. Foto: Hilke Maunder

4 Kommentare

  1. Eine wunderschöne Region, gerne denke ich auch an die wilden Przewalski-Pferde zurück 😀danke für den Artikel.

    1. oh, die Pferde muss ich mal suchen gehen, lieber Yannick, sie siind mir dort noch nicht begegnet.

  2. Schöne Beschreibung einer beeindruckenden Region.

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