Der Löwe von Belfort erinnert an den deutsch-französischen Krieg 1870/71.Foto: Hilke Maunder
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Belfort: die Stadt der Löwen

110 Löwen sollen Belfort zieren. Doch keiner ist so berühmt wie der riesige Löwe, der hoch über der Stadt thront. Auguste Bartholdi, der Schöpfer der Freiheitsstatue, schuf das 22 Meter lange und elf Meter hohe Monument für die Zitadelle aus rosa Sandsteinblöcken aus den Vogesen. Der Löwe erinnert an die Belagerung von Belfort, die vom 3. November 1870 bis zum 18. Februar 1871 dauerte.

Belfort war damals eine strategisch wichtige Stadt. Sie liegt direkt an der Trouée de Belfort, besser bekannt als Burgundische Pforte. Der 30 Kilometer breite Sattel in 400 Metern Höhe zwischen Vogesen und Jura verbindet das Rheintal mit dem Rhônetal – und  germanische mit romanischen Kulturen.

Die Belagerung

Belfort wurde zu Beginn des Krieges von französischen Truppen unter Oberst Denfert-Rochereau besetzt. Die preußischen Truppen unter General August von Werder begannen am 3. November 1870 mit der Belagerung der Stadt. In den folgenden Monaten wurde Belfort von der Außenwelt abgeschnitten und die preußische Armee versuchte, die Stadt einzunehmen.

Eine moderne Löwen-Interpretation in Belfort. Foto: Hilke Maunder
Eine moderne Löwen-Interpretation in Belfort. Foto: Hilke Maunder

Symbol des Widerstands

Intensive Kämpfe, Bombardements und Entbehrungen prägten die Belagerung. 103 Tage lang dauerten die erbitterten Kämpfe, in denen der junge Oberst Denfert-Rochereau mit 16.000 Mann den Angriffen von 40.000 Preußen widerstand.

Belfort gab nicht auf und wurde zum Symbol des französischen Widerstands gegen die preußische Invasion. In dieser Zeit schuf der berühmte französische Bildhauer Auguste Bartholdi den eindrucksvollen Löwen von Belfort.

Der Löwe sollte nicht nur ein Denkmal für den Widerstand von Belfort sein, sondern auch ein Zeichen des Nationalstolzes und der Entschlossenheit Frankreichs in einer schwierigen Zeit. 1880 wurde das Denkmal eingeweiht. Vor dem Löwen bietet eine Terrasse (Eintritt) einen ersten Blick auf die Stadt. Kostenlos und noch höher ist der Blick von der Terrasse der Zitadelle.

Der Ausblick von der Zitadelle auf die Kathedrale von Belfort im Herzen der vieille ville. Foto: Hilke Maunder
Der Ausblick von der Zitadelle auf die Kathedrale von Belfort im Herzen der vieille ville. Foto: Hilke Maunder

Herrliche Aussichten

Das Panorama ist von beiden Terrassen aus beeindruckend. Zu Füßen liegt die mittelalterliche Stadt mit ihren Ziegeldächern und den vielen Fenstern. Rundherum erstrecken sich die Festungsanlagen mit drei Bastionstürmen. Etwas weiter folgt das Haussmann-Viertel und die Schieferkuppel des alten Magasin Gillet-Lafond.

Jenseits der Savoureuse beginnt das Belfort der Neuzeit mit dem Arbeiterviertel Faubourg des Vosges, den blauen Gebäude von Alstom und schnell hochgezogenen Sozialwohnungsbauten, den HLM.

Der Blick von der Zitadelle in Richtung der Colline de la Miotte. Foto: Hilke Maunder
Der Blick von der Zitadelle in Richtung der Colline de la Miotte. Foto: Hilke Maunder

In Richtung des 651 Meter hohen Salbert-Bergs, der Colline de la Miotte und der Kuppen der Vogesen am Horizont, setzt sich das militärische Erbe von Belfort fort:  hier die rosafarbene Fassade des Conseil Général, dort die Befestigungsanlagen des Corne de l’Espérance und anderer stillgelegter Festungen, versunken im Grünen.

Die Welterbe-Zitadelle von Vauban

Der Aufgang zur Zitadelle von Belfort. Foto: Hilke Maunder
Der Aufgang zur Zitadelle von Belfort. Foto: Hilke Maunder

Die Zitadelle ist noch heute ein beeindruckendes Bollwerk. Ihre Ursprünge gehen auf eine Burg zurück, die die Grafen von La Suze umbauten, Vauban ab 1687 konsolidierte und General Haxo im 19. Jahrhundert modernisierte.

Ein Spaziergang durch die Gräben und ein Besuch des Grand Souterrain mit seinen unterirdischen Gängen spiegelt eindrucksvoll die militärische Bedeutung von Belfort, die ihm bis in die 1990er-Jahre den Ruf einer grauen und tristen Kasernen- und Truppenstadt einbrachte.

Das Museum der Zitadelle. Foto: Hilke Maunder
Das Museum der Zitadelle. Foto: Hilke Maunder

Das alte Belfort

Wer die vieille ville betritt, sieht ein anderes Bild: bunt getünchte Häuser, inhabergeführte Boutiquen, verkehrsberuhigte Straßen, Blumen und Bäume – und immer wieder das Wappen oder der Löwe von Belfort, traditionell oder modern interpretiert. Der Giebel der Porte de Brisach ist eine Hommage an den Sonnenkönig Ludwig XIV.

Die Place de la Petite Fontaine von Belfort. Foto: Hilke Maunder
Die Place de la Petite Fontaine von Belfort. Foto: Hilke Maunder

Einfach bezaubernd ist die Grand-Rue, als mittelalterliches Kleinod mit einer schönen Buchhandlung entpuppt sich die Place de la Petite Fontaine. Mehrere Terrassen machen die Place de la Grande Fontaine zu einem beliebten Treffpunkt.

Auch an der Place d’Armes haben zahlreiche Bars und Cafés ihre Tische und Stühle auf das Trottoir gestellt, von denen der Blick zum Musikpavillon und weiter zum blumengeschmückten Rathaus aus dem 18. Jahrhundert mit Glockenturm und Ehrenhalle schweift. Oder hin zur Kathedrale Saint-Christophe, die in der Abenddämmerung rosa leuchtet in ihrem Vogesensandstein.

Die Place d'Armes mit der Kathedrale von Belfort. Foto: Hilke Maunder
Die Place d’Armes mit der Kathedrale von Belfort. Foto: Hilke Maunder

Tief im Wandel begriffen ist die Place de la République. Bagger reißen das Pflaster auf. 110 Parkplätze verschwinden – und werden durch die Erweiterung eines benachbarten Parkhauses kompensiert. Auf 2.700 Quadratmetern des insgesamt 8.000 Quadratmeter großen Platzes weicht der Stein einem Rasen.

Rund 40 Bäume – Linden, Ahorne, Zürgelbaum und japanische Sophora – werden so verteilt, dass sie eine Insel der Frische schaffen. Lokaler Vogesensandstein wird der neue Belag.

Bäume statt Beton: Die Place de la République von Belfort wird klimafreundlich umgebaut. Foto: Hilke Maunder
Bäume statt Beton: Die Place de la République von Belfort wird klimafreundlich umgebaut. Foto: Hilke Maunder

Die Pläne für die Neugestaltung entwarfen die Stadtplaner und Landschaftsgestalter vom Atelier Alfred Peter in Zusammenarbeit mit OTE Ingénierie. Sie sorgten nicht nur dafür, dass das Regenwasser künftig auf dem Platz aufgefangen wird, sondern entwarfen auch den miroir d’eau.

In seinem Wasser soll sich künftig das Denkmal der Trois Sièges spiegeln, mit dem Frédéric-Auguste Bartholdi an die drei Belagerungen der Stadt erinnert. Mit der Umgestaltung reagiert Belfort auf den Klimawandel und verwandelt die einstige Wärmeinsel in eine grüne Oase.

Das Genuss-Reich von Belfort

Der Haupteingang des Marché Fréry von Belfort. Foto: Hilke Maunder
Der Haupteingang des Marché Fréry von Belfort. Foto: Hilke Maunder

Wer weiter in Richtung Savoureuse schlendert, erblickt bald die markante Fassade des Marché Fréry. Die Markthalle ist ein imposanter Schlemmertempel aus Metall und Glas. Entworfen wurde die nostalgische Halle aus der Gründerzeit von Stadtbaurat Eugène Lux.

Gebaut wurde sie 1904/5 von der Firma Schwartz und Meurer, die damals auch die Tore des Grand Palais und die monumentalen Gewächshäuser von Paris fertigten. Mit ihrem Namen ehrt die Markthalle den Architekten und Bürgermeister Louis-Auguste Fréry (1793-1881), der eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung Belforts im 19. Jahrhundert spielte.

Gehört in der Franche-Comté in jeden Eintopf: die Saucisse de Morteau. Foto: Hilke Maunder
Gehört in der Franche-Comté in jeden Eintopf: die Saucisse de Morteau. Foto: Hilke Maunder

Im Inneren des Marktes sorgt das 17 Meter hohe Gewölbedach der 60 Meter langen Halle für ein weites, offenes Ambiente, unter dem die Stände mit frischen Lebensmitteln und regionalen Spezialitäten geradezu klein wirken. Große Fenster lassen das Tageslicht herein.

Beim Schlachter verströmt die Saucisse de Morteau einen würzigen Duft. Etwas weiter schneidet ein Käsehändler mit einem großen Messer einen Laib Comté und lässt probieren. Honig aus der einstigen Freigrafschaft, frisch gebackener Gugelhupf aus dem Elsass und Samosas aus Indien gibt es rund um das Marktcafé, in dem sich Belfort nach dem Einkauf auf ein erstes Glas Wein trifft.

Im Inneren der Fréry-Markthalle von Belfort. Foto: Hilke Maunder
Im Inneren der Fréry-Markthalle von Belfort. Foto: Hilke Maunder

Von Haussmann zu Jean Nouvel

An die Markthalle grenzen große Wohnhäuser im Haussmann-Stil. Sie wurden nach der Annexion des Elsass durch die Deutschen im Jahr 1871 für all jene gebaut, die nach Frankreich auswanderten. So kam auch die SACM Société Alsacienne de constructions mécaniques nach Belfort – aus der später Alstom wurde.

Am 25. Oktober 1971 verließ der erste französische Hochgeschwindigkeitszug TGV 001 das Alstom-Werk in Belfort. An der Autobahn A 36 erinnert heute das Denkmal seiner Lokomotive daran.

So begrüßt euch Belfort von der Autobahn. Foto: Hilke Maunder
So begrüßt euch Belfort von der Autobahn. Foto: Hilke Maunder

Die Passerelle des Arts führt von der Altstadt vieille ville über die Savoureuse hin zu Le Granit, das Jean Nouvel 1980-84 renovierte, zum Fluss hin öffnete und den klassizistischen Bau mit einem kantig modernen Glasanbau versah.

Jenseits der Savoureuse, der Bummelmeile mit Bars, Cafés und schöner abendlicher Beleuchtung am Flussufer, wird am Faubourg de France geshoppt: Bücher, Filme und Digitales bei der fnac, französischer Lifestyle in den Galeries Lafayette, Mode, Schmuck und mehr in bekannten Ketten wie Jules oder Pandora.

Belfort: Die neobarocke salle des fêtes an der Place de la République. Foto: Hilke Maunder
Die neobarocke salle des fêtes an der Place de la République. Foto: Hilke Maunder

Ein Schmelztiegel

Die von der Industrie angezogenen Arbeiter und Angestellten siedelten sich ab 1870 vor allem rund um die Avenue de Lorraine und die Rue Dannemarie an. Zuerst kamen Elsässer, dann Italiener, Polen und Türken. Nach der Unabhängigkeit der Kolonien erreichten Asiaten und Afrikaner Belfort.

Heute ist die Stadt ein Schmelztiegel, der seine kulturelle Vielfalt mit Festivals wie Eurockéennes feiert, das seit 1990 jeden Sommer mit rund 60 Konzerten in vier Tagen mehr als 125.000 Besucher vor die Bühnen der Halbinsel im Malsaucy-See lockt.

Der Blick durch ein Tor der Zitadelle auf die Altstadt von Belfort. Foto: Hilke Maunder
Der Blick durch ein Tor der Zitadelle auf die Altstadt von Belfort. Foto: Hilke Maunder

Belfort: meine Reisetipps

Schlemmen und genießen

Le Lien

Unkompliziert wie ein Bistro, raffiniert wie ein gehobenes Restaurant: Bei Enzo und Jade fühlt man sich wohl. Nach seiner Ausbildung zum Koch verfeinerte Enzo Heck sein Handwerk im Le Chambard in Kayserberg und im Restaurant Le France in Villers-le-Lac, bevor er für zwei Jahre nach Sète im Hérault ging. Zurück in Belfort wurde er Chefkoch im Dix’vins, wo er Jade kennenlernte, die Rechtswesen gelernt, aber ihre Berufung als cheffe de salle gefunden hatte. Sie verliebten sich – und machten sich 2022 mit einem eigenen Restaurant selbstständig.
• 32, Faubourg de Montbéliard, 90000 Belfort, Tel. 03 84 58 05 59, www.restaurant-lelien.com

La Maison de Jacote

Die Maison Jacote in Belfort. Foto: Hilke Maunder
Die Maison de Jacote in Belfort. Foto: Hilke Maunder

Hausgemachte Kekse und köstliche Feinkost aus der Franche-Comté.
• 8, Placede la Grande Fontaine, 90000 Belfort, Tel. mobil 06 64 83 45 21, https://maisondejacote.fr

Aktiv

EuroVelo 6

Direkt an Belfort vorbei führt die 4500 Kilometer lange Radwanderroute EuroVelo 6, die das Schwarze Meer mit dem Atlantik verbindet.

Coulée Verte

Ganz entspannt könnt ihr auf den Treidelwegen des 1882 begonnen und 1926 eröffneten Haute-Saône-Kanal 25 Kilometer lang im Süden des Territoire de Belfort nach Montbéliard radeln.

Promenade François Mitterrand

Sieben Kilometer lang ist der Wanderweg, der euch von Belfort zur Malsaucy-Halbinsel bringt.

Hier könnt ihr schlafen*
Booking.com

Street-Art in Belfort. Foto: Hilke Maunder
Street-Art in Belfort. Foto: Hilke Maunder

Weiterlesen

Im Blog

Nur einen Katzensprung von Belfort entfernt ist das Pays de Montbéliard. Entdeckt es hier.

Im Buch

Klaus Simon, Hilke Maunder, Secret Citys Frankreich*

Gemeinsam mit meinem geschätzten Kollegen Klaus Simon stelle ich in diesem Band 60 Orte in Frankreich vor, die echte Perlen abseits des touristischen Mainstreams sind. Le Malzieu in der Lozère, Langogne im Massif Central, aber auch Dax, das den meisten wohl nur als Kurort bekannt ist.

Mit dabei sind auch Senlis, eine filmreife Stadt im Norden von Frankreich, und viele andere tolle Destinationen. Frankreich für Kenner  – und Neugierige!

Lasst euch zu neuen Entdeckungen inspirieren … oder träumt euch dorthin beim Blättern im Sessel oder am Kamin. Wer mag, kann das Lesebuch mit schönen Bildern hier* bestellen.

 * Durch den Kauf über den Partner-Link, den ein Sternchen markiert, kannst Du diesen Blog unterstützen und werbefrei halten. Für Dich entstehen keine Mehrkosten. Ganz herzlichen Dank – merci !

4 Kommentare

  1. Liebe Hilke,
    auch ich möchte Dir auf diesem Wege ganz herzlich zu dieser absolut verdienten Auszeichnung gratulieren. Ich liebe deinen Blog, aktuell umso mehr, weil ich aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in das von mir so geliebte und deshalb schmerzlich vermisste Land reisen kann. Deine Artikel lindern mein Heimweh – dafür meinen allerherzlichsten Dank an Dich.

    Glücklicherweise ist seit nunmehr 30 Jahren eine tiefe Freundschaft zu einer hochgeschätzen Freundin aus Port-Vendres existent. Wir telefonieren mittlerweile täglich, unterstützen uns gegenseitig und schwelgen mit Begeisterung in gemeinsamen Erinnerungen. Die deutsch-französische Freundschaft wird auch im „Kleinen“ gelebt.

    Großen Respekt für deine mit dem Blog verbundene Arbeit, habe bitte noch lange Lust, uns mit deinen Berichten zu erfreuen.

    Liebe Grüße aus Süddeutschland – Elisabeth

  2. Liebe Hilke,
    ich bin hier vielleicht „falsch“, habe aber keine andere Antwortmöglichkeit gefunden … eigentlich will ich Dir zu der (sehr verdienten!!) Ehrung gratulieren !!
    Die deutsch-französische Freundschaft steht auf einem soliden Fundament – in den 70er Jahren, bei meinem ersten Paris-Besuch als 16-jährige war das noch ein bisschen anders – und doch hatte sich damals auch schon viel bewegt, im Vergleich zu der unmittelbaren Nachkriegszeit.
    Du leistet eine tolle und wichtige Arbeit, die Lektüre Deines Blog macht immer viel Freude und Lust auf die (für mich) gefühlt hundertste Frankreichreise – ich kann nicht genug bekommen !!
    Vielen Dank für Dein Dranbleiben, die vielen Stunden und deine bewundernswerte Energie, die Du in Dein Herzensanliegen investierst! Mit sehr „cordialen“ Grüßen aus Nizza, meiner Wahlheimat.
    Adèle

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